Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Juli 2009
Aktenzeichen: 28 W (pat) 41/09
(BPatG: Beschluss v. 01.07.2009, Az.: 28 W (pat) 41/09)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154
Gründe
I.
Angemeldet für die Eintragung in das Register ist die Wortmarke Tourerfür die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 12
"Fahrräder und deren Teile".
Die Anmeldung wurde von der Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts mit der Begründung zurückgewiesen, der Begriff "Tourer" sei für das angesprochene Publikum als beschreibender Sachhinweis auf ein tourentaugliches Fahrradmodell unmittelbar verständlich. Mit diesem Aussagegehalt könne das Markenwort als merkmalsbeschreibende Bestimmungsangabe für die beanspruchten Waren dienen und sei deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Aufgrund ihres beschreibenden Bedeutungsgehalts fehle der angemeldeten Marke zudem jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Gegen die Zurückweisung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, ohne jedoch zur Sache Stellung zu nehmen.
Sie beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
Zur Vorbereitung der mündlichen Hauptverhandlung hat der Senat der Anmelderin verschiedene Recherchebelege zur Gebräuchlichkeit des Sachbegriffs "Tourer" für Fahrräder übermittelt. Daraufhin hat die Beschwerdeführerin schriftsätzlich mitgeteilt, dass sie am Verhandlungstermin nicht teilnehmen werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke stehen die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.
Das zentrale Anliegen des Markenrechts ist es, einen freien Warenund Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten, wie dies im 1. Erwägungsgrund der Europäischen Markenrichtlinie (MarkenRichtl) ausdrücklich hervorgehoben wird. In ihrer Konzeption geht die MarkenRichtl dabei davon aus, dass Marken zwar einerseits eine wichtige ökonomische Rolle im europäischen Wirtschaftssystem zukommt, aufgrund ihrer Monopolwirkungen aber gleichzeitig auch die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen besteht. Aus diesem Grund sind die absoluten Schutzhindernisse darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, insbesondere die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums, und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Um dem gerecht zu werden, müssen die absoluten Schutzhindernisse in der markenrechtlichen Prüfung stets unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden, um so das angestrebte Maß an Chancengleichheit aller Mitbewerber am Markt zu gewährleisten und negative Auswirkungen von Markeneintragungen auf den freien Wettbewerb zu vermeiden (EuGH GRUR 2004, 943 Rdn. 26 -SAT.2). Dies verdeutlicht auch, dass die Schutzfähigkeit einer Marke keineswegs "großzügig" beurteilt werden kann, sondern eine strenge und umfassende Prüfung im Eintragungsverfahren unerlässlich ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029, Rdn. 45 -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).
Der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG soll die Entstehung von markenrechtlichen Monopolen an beschreibenden Zeichen und Angaben verhindern und damit dem Allgemeininteresse an der ungehinderten Verwendbarkeit solcher Bezeichnungen Rechnung tragen. Nach dieser Norm sind also alle Zeichen und Angaben von der Eintragung ausgeschlossen, die dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben, unabhängig davon, ob sie bereits lexikalisch belegbar sind oder nicht (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 35, 36 -BIOMILD; BGH GRUR 2000, 211, 212 -FÜNFER; sowie Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 260 m. w. N.). Kann eine Bezeichnung im Zusammenhang mit den jeweils einschlägigen Waren aber bereits als aktuell verwendete Sachangabe nachgewiesen werden, stellt dies einen klaren Anhaltspunkt für ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit dar.
Nach den Feststellungen des Senats wird der Begriff "Tourer" auf dem hier einschlägigen Warensektor bereits seit längerem als Produktbezeichnung für einen bestimmten Fahrradtyp verwendet. Hierzu hat der Senat der Anmelderin verschiedene Fundstellen übermittelt, die diesen Sachverhalt dokumentieren, etwa mit Formulierungen wie "Edler Tourer mit Alfine-Ausstattung" (vgl. unter http://www.fahrradlagerverkauf.com/CartCategories.asp€frmOpgID=450&frmCacID=3107), "Sogar Utopia, Spezialist für klassische Tourenräder, hat jetzt einen Tourer mit Monsterreifen im Programm" (vgl. unter http://www.echoonline.de/kultur/detail.php3€id=163615), "Die reinen Tourer sind nach STVO voll ausgestattet ... Für erstklassige Tourer zahlen Sie zwischen 700 und 1500 Euro" (vgl. unter http://www.xtrafamily.com/07_xtrabike/074_magazins+news/0743_bike/Eurobike_03/01_Tourenr%E4der.htm) sowie "Die abgebildeten Tourer belegen, wie individuell wir die Räder nach Ihren Wünschen komplettieren können" (vgl. unter http://www.norwid.de/gotland.html). Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen stellt sich die angemeldete Marke somit schlicht als eine im Inland gebräuchliche und verständliche Sachbezeichnung für einen bestimmten Fahrradtyp dar. Die Eintragung einer solchen Typenbezeichnung zugunsten eines einzelnen Wettbewerbers wäre als ungerechtfertigtes wettbewerbsschädigendes Monopol zu werten, das der Gewährleistung des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs zuwiderlaufen würde (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 -marktfrisch). Der angemeldeten Marke steht deshalb bereits der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
Ihr fehlt zudem die erforderliche markenrechtliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, da sie sich in einer unzweideutigen, produktbeschreibenden Aussage über die Beschaffenheit bzw. den Bestimmungszweck der beanspruchten Waren erschöpft. Aus diesem Grund werden ihr die angesprochenen Verkehrskreise einen ausschließlich sachbezogenen Inhalt zuordnen, so dass die betriebskennzeichnende Herkunftsfunktion bei der angemeldeten Marke gerade nicht im Vordergrund steht, wie dies aber zwingend erforderlich wäre (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029, Rdn. 35 -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Die beantragte Eintragung der Marke ins Register widerspricht deshalb auch dem im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu berücksichtigenden Interesse, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren.
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.
Stoppel Martens Schell Cl
BPatG:
Beschluss v. 01.07.2009
Az: 28 W (pat) 41/09
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