Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. April 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 274/02
(BPatG: Beschluss v. 23.04.2003, Az.: 32 W (pat) 274/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die am 21. Februar 1997 angemeldete und am 15. April 1997 für die Waren
"Kaffee, Tee, Kakao, Kaffee-Ersatzmittel"
eingetragene Wortmarke 397 07 695 SOMMERNACHTSTRAUM ist ua aus der deutschen Marke 396 39 733 (Anmeldetag 12. September 1996)
Sommertraum Widerspruch erhoben worden. Die Widerspruchsmarke war seit dem 24. Januar 1997 zunächst für
"Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Biere; Mineralwässer und kohlesäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtsaftgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)"
in das Markenregister eingetragen. Die Widersprechende hatte außerdem Widerspruch aus einer weiteren, für dieselben Waren eingetragenen Marke 396 39 736 "Sommernacht" erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Widersprüche in einem Erstbeschluß vom 13. November 1998 zurückgewiesen. Es liege keine Markenähnlichkeit vor. Von entscheidender Bedeutung sei dabei der Umstand, daß den kollisionsbegründenden Bestandteilen "Sommer" und "Traum" eine Originalitäts- und Kennzeichnungsschwäche innewohne. Diese Markenbestandteile kämen in zahlreichen Drittmarken auf dem relevanten Warensektor vor. Darüber hinaus sei "Traum" lediglich warenbeschreibender Natur, da dieses Wort umgangssprachlich auch für etwas traumhaft Schönes im Gebrauch sei. Diese Kennzeichnungsschwäche habe zur Folge, daß der Verkehr den weiteren Markenelementen seine Aufmerksamkeit zuwende und auf etwaige Unterschiede achte. Diese Unterschiede träten in klanglicher, schriftbildlicher und auch begrifflicher Hinsicht deutlich hervor.
Die Erinnerung der Widersprechenden ist ohne Erfolg geblieben. Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle hat die Erinnerung mit Beschluß vom 24. Juni 2002 zurückgewiesen. Die Begründung folgt - in der Sache vertiefend - der des Erstbeschlusses. Der zusätzliche Bestandteil "NACHT" innerhalb der angegriffenen Marke führe zu einem klanglich wie schriftbildlich vollständig unterschiedlichen Erscheinungsbild. Eine begriffliche Markenähnlichkeit scheide aus, da sich keine Wörter gegenüberstünden, die ihrem Sinn nach vollständig oder doch im wesentlichen übereinstimmten. Es bestehe auch nicht die Gefahr eines gedanklichen In-Verbindung-Bringens. Für das Vorliegen einer Zeichenserie mit den Bestandteilen "Sommer" oder "Traum" sei nichts vorgetragen. Zudem handele es sich um kennzeichnungsschwache Begriffe, die als Stammbestandteil einer Zeichenserie mit Hinweischarakter auf das Unternehmen der Widersprechenden nicht geeignet seien. Im Markenregister seien über 200 Marken mit dem Bestandteil "Sommer" und über 300 Marken mit dem Bestandteil "Traum" nachweisbar.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie erstrebt der Sache nach die Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle und die Löschung der jüngeren Marke.
Der Beschwerdeschriftsatz nimmt sowohl im Betreff, als auch in der Begründung lediglich auf die Widerspruchsmarke 396 39 733 "Sommertraum" Bezug. Die Widersprechende hält beide Bestandteile dieser Marke für kennzeichnungskräftig. Der Sinngehalt der Bezeichnungen "SOMMERNACHTSTRAUM" und "Sommertraum" sei, entgegen der Auffassung der Markenstelle, im wesentlichen gleich; die Wörter seien in bestimmten Zusammenhängen austauschbar. Gerade die schönen warmen Sommernächte seien für viele Menschen der wesentliche Bestandteil eines schönen Sommers und würden daher einfach als Sommertraum bezeichnet. Da es sich bei den hier maßgeblichen Waren um geringpreisige Produkte handele, die der Verkehr gewissermaßen im vorbeigehen erwerbe, und diese ohnehin nicht nebeneinander in Erscheinung träten, sei das flüchtige Erinnerungsbild an die Zeichen entscheidend. Somit bestehe die Gefahr einer assoziativen Markenverwechslung.
Die Markeninhaberin ist dem entgegengetreten. Sie verteidigt die ergangenen Beschlüsse der Markenstelle und äußert sich insbesondere zur Frage einer assoziativen Verwechslungsgefahr, die sie nicht für gegeben hält. Weiterhin bestreitet sie eine Benutzung der Widerspruchsmarke.
Die Widersprechende hat entgegnet, daß sich die Widerspruchsmarke ihrerseits noch im Widerspruchsverfahren befindet.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken unter keinem Aspekt einer Verwechslungsgefahr unterliegen (§ 42 Abs 2 Nr 1, § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG).
Die Widersprechende greift die Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts mit der Beschwerde nur insoweit an, als sie sich auf den Widerspruch aus der Marke 396 39 733 "Sommertraum" beziehen. Der ursprünglich erhobene weitere Widerspruch aus der Marke 396 39 736 "Sommernacht" ist nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens; insoweit ist der eine Verwechslungsgefahr verneinende Erinnerungsbeschluß bestandskräftig geworden.
Die Widerspruchsmarke "Sommertraum" war ihrerseits von dritter Seite mit einem Widerspruch angegriffen, wobei dieses Verfahren erst mit Beschluß vom 29. Juli 2002 zum Abschluß gekommen ist. Mithin ist die Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin des vorliegenden Beschwerdeverfahrens unbehelflich, weil bezüglich der Widerspruchsmarke noch die sog Benutzungsschonfrist läuft (§ 26 Abs 5 MarkenG). Zu berücksichtigen ist aber, daß das Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke aufgrund des genannten Widerspruchs eine Veränderung erfahren hat. Bezüglich der Waren "Kaffee, Kakao" wurde die Widerspruchsmarke gelöscht, nachdem die Widersprechende zuvor bereits auf "Tee" verzichtet hatte. Allerdings sind die im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke verbliebenen "Kaffee-Ersatzmittel" identisch auch für die jüngere Marke geschützt, die sonstigen Waren liegen zT im näheren (Kaffee), zT im weiteren (Kakao, Tee) Ähnlichkeitsbereich.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "Sommertraum" mag für "Kaffee-Ersatzmittel" noch im durchschnittlichen Bereich liegen (für Tee wäre dagegen eine deutliche Schwächung zu konstatieren); allerdings bezieht sich diese Beurteilung nur auf die Marke in ihrer Gesamtheit, nicht auf die Einzelteile "Sommer" und "Traum".
Jedoch kommt vorliegend - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Markenstelle - eine klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr aufgrund der deutlich unterschiedlichen Zeichenlänge der sich gegenüberstehenden Marken auch bei teilweiser Warenidentität nicht ernsthaft in Betracht. Der nur in der jüngeren Marke enthaltene mittlere Teil "NACHTS" wird weder übersehen, noch überhört.
Eine unmittelbare begriffliche Markenähnlichkeit scheidet aus, da die Wörter SOM-MERNACHTSTRAUM und Sommertraum keine Synonyme darstellen. Das Wort Sommertraum wird im Sinne eines Traumsommers = traumhaft schönen Sommers verstanden. Mit Sommer verbinden sich Assoziationen wie Sonnenschein, Helligkeit, Hitze, blauer Himmel usw, die sich sämtlich auf den (hellen) Tag beziehen. Mit SOMMERNACHTSTRAUM verbinden sich demgegenüber Vorstellungen wie Mondschein, milde warme Nacht, romantische Stimmung, leise Musik. Die atmosphärische Anmutung beider Markenwörter ist somit durchaus verschieden.
Ein halbwegs aufmerksamer Konsument hat auch keine Veranlassung, die Marken gedanklich miteinander in Verbindung zu bringen. Der jeweilige Bedeutungsgehalt ist - wie ausgeführt - unterschiedlich, die Begriffe sind auch nicht einander symmetrisch. Die Vorstellung einer Zeichenserie stellt sich nicht ein, ganz abgesehen davon, daß der Bestandteil "Traum" seiner Kennzeichnungsschwäche wegen auf dem vorliegenden Warensektor als Stammbestandteil einer Zeichenserie ohnehin kaum als geeignet erscheint. Die Annahme einer mittelbaren begrifflichen Verwechslungsgefahr, bei der es sich ohnehin um einen eher seltenen Ausnahmefall handelt, scheidet somit gleichfalls aus.
Für eine Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs 1 MarkenG) besteht kein Anlaß.
Vorsitzende Richterin Winkler ist wegen einer Dienstreise an der Unterschrift verhindert.
Viereck Rauch Viereck Hu
BPatG:
Beschluss v. 23.04.2003
Az: 32 W (pat) 274/02
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