Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 18. November 2004
Aktenzeichen: 4a O 24/04
(LG Düsseldorf: Urteil v. 18.11.2004, Az.: 4a O 24/04)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Klägerin vertreibt mit Zustimmung des eingetragenen Inhabers des deutschen Patentes DE ......2 (Anlage K 2, nachfolgend Klagepatent), ihres Geschäftsführers Herrn V, backfertig vorbereitete Stückfrüchtebeläge an Bäckereien. Das Klagepatent wurde am 24. Juli 2001 angemeldet. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 10. April 2003. Das Klagepatent betrifft u.a. ein Verfahren zum Herstellen eines Fruchtkuchens.
Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 lautet wie folgt:
Verfahren zum Herstellen eines Fruchtkuchens mit mindestens einer Teigschicht (9) und mindestens einer Schicht eines vorfabrizierten Stückfrüchtebelages (6), dadurch gekennzeichnet, dass der Stückfrüchtebelag (6) unabhängig von der Teigschicht (9) in einer die Umfangsform des Stückfrüchtebelages (6) definierenden Schale (1) mit nach oben gerichteter Unterseite (8) vorbereitet wird und dass auf den auf dem Kopf liegenden Stückfrüchtebelag (6) eine Teigschicht (9) aufgebracht und dann der Stückfrüchtebelag (6) zusammen mit der Teigschicht (9) einmalig gestürzt wird, um gemeinsam im Ofen ausgebacken zu werden.
Die nachstehend abgebildete Zeichnung stellt eine bevorzugte Ausführungsform dar und dient der Erläuterung des Erfindung.
Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, bewirbt und vertreibt Schalen mit vorbereitetem Stückfrüchtebelag. Ein Original einer entsprechenden Schale haben beide Parteien zur Akte gereicht (Anlage K 5 und B 1), worauf Bezug genommen wird. Darüber hinaus haben beide Parteien jeweils Photographien vorgelegt, anhand welcher sich ergeben soll, wie die angegriffene Ausführungsform im normalen Gebrauch verwendet wird.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die von den Beklagten mit Stückfrüchten gefüllten Schalen mit Deckel dazu bestimmt und geeignet seien, erfindungsgemäß verwendet zu werden, wie sich anhand der Photodokumentation gemäß der Anlage K 6 ergebe.
Die Klägerin beantragt,
I. Die Beklagten zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
Schalen mit Stückfrüchtebelag, die zur Durchführung eines Verfahrens zum Herstellen eines Fruchtkuchens mit mindestens einer Teigschicht und mindestens einer Schicht eines vorfabrizierten Stückfrüchtebelages geeignet und bestimmt sind,
Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern,
wobei der Stückfrüchtebelag unabhängig von der Teigschicht in einer die Umfangsform des Stückfrüchtebelages definierten Schale vorbereitet ist und auf den auf dem Kopf liegenden Stückfrüchtebelag eine Teigschicht aufgebracht und dann der Stückfrüchtebelag zusammen mit der Teigschicht einmalig gestürzt wird, um gemeinsam im Ofen ausgebacken zu werden,
ohne im Falle des Anbietens ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Schalen mit Stückfrüchtebelag nicht ohne Zustimmung der Klägerin zum Herstellen eines Fruchtkuchens in der vorbezeichneten Art verwendet werden dürfen,
und im Falle der Lieferung den gewerblichen Abnehmern unter Auferlegung einer an den Patentinhaber zu zahlenden Vertragsstrafe von 500 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung, die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die mit Stückfrüchtebelag versehene Schale nicht ohne Zustimmung des Patentinhabers für ein Verfahren zur Herstellung eines Fruchtkuchens wie oben beschrieben, zu verwenden;
2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 10. Mai 2003 begangenen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den im Urteilsausspruch zu Ziffer I.1. genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,
wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. a) entsprechende Belege vorzulegen haben.
II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dem Patentinhaber durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 10. Mai 2003 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung den Beklagten nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn zugleich ermächtigen, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmt bezeichnete Lieferung oder ein bestimmt bezeichneter Abnehmer oder ein bestimmt bezeichneter Empfänger eines Angebots in der Rechnung enthalten ist.
Sie vertreten die Auffassung, dass eine mittelbare Patentverletzung nicht vorliege, da die angegriffene Ausführungsform weder objektiv dazu bestimmt noch geeignet sei, für ein Verfahren gemäß des Patentanspruches 1 benutzt zu werden. Die Stückfrüchte würden in den angegriffenen Schalen nicht mit der Unterseite nach oben geliefert, so dass nicht ein Teigbelag auf diese aufgelegt und die Form anschließend gestürzt würde. Entsprechend der Beschriftung der Schalen würde die schmale Unterseite vielmehr auf den Teigboden aufgelegt und die untere Schale langsam herausgezogen. Hierüber würden die Abnehmer vor der ersten Lieferung auch informiert werden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin vermochte nicht darzutun, dass die angegriffene Ausführungsform dazu bestimmt ist, gemäß einem Verfahren nach dem Klagepatent benutzt zu werden.
I.
Gegenstand des Klagepatentes ist ein Verfahren zur Herstellung eines Fruchtkuchens mit mindestens einer Teigschicht und mindestens einer Stückfrüchteschicht, bei dem die Stückfrüchteschicht unabhängig von der Teigschicht in der Schale vorfabriziert wird, so dass die Teigschicht bei Bedarf auf die Fruchtschale aufgebracht werden kann, um anschließend die Schale mit Inhalt zu stürzen und Teig und Fruchtschicht gemeinsam in einem Ofen zu backen.
Im Stand der Technik erfolgte die Herstellung von Fruchtkuchen durch das Auflegen der Fruchtstücke in dem jeweils gewünschten Muster Stückfür-Stück in aufwendiger Handarbeit. Dies war jedoch oft in größter Eile zu erledigen, da mehrere Kuchen gleichzeitig gebacken werden müssen und schnell Saft aus den Fruchtstücken austritt.
Aus der DE ......1 (Anlage K 3) ist ein Verfahren zur Herstellung einer Torte bestehend aus Tortenboden und Stückfrüchtebelag bekannt, bei dem der Stückfrüchtebelag in einer Folie eingeschlossen und auf einem fertig gebackenen Tortenbelag aufliegend vorbereitet wird, um durch zweimaliges Stürzen der gesamten Torte zunächst den Tortenboden abzunehmen, die Kunststofffolie zu entfernen, den Tortenboden wieder aufzulegen und die gesamte Torte erneut zu stürzen, so dass der Tortenbelag auf dem Tortenboden aufliegt. Durch das zeit- und arbeitsaufwendige zweimalige Stürzen kann es zu Rissen und Brüchen in dem vorgebackenen Tortenboden kommen, zudem wird der Stückfrüchtebelag nicht gebacken bzw. mit dem Tortenboden zu einer Einheit verbacken.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, das maßstabsgetreue Aufbringen einer Stückfrüchteschicht auf eine Teig- oder Backwerkschicht beim Herstellen eines Fruchtkuchens zu vereinfachen und die Gefahr eines Zerbrechens des Tortenbodens soll gegenüber dem Stand der Technik vermindert werden. Hierzu schlägt das Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
Verfahren zum Herstellen eines Fruchtkuchens
1. mit mindestens einer Teigschicht (9)
2. und mindestens einer Schicht eines vorfabrizierten Stückfrüchtebelages (6);
3. der Stückfrüchtebelag (6) wird unabhängig von der Teigschicht (9) in einer die Umfangsform des Stückfrüchtebelages definierenden Schale (1) mit nach oben gerichteter Unterseite vorbereitet,
4. auf den auf dem Kopf liegenden Stückfrüchtebelag (6) wird eine Teigschicht (9) aufgebracht,
5. der Stückfrüchtebelag (6) wird zusammen mit der Teigschicht (9) einmalig gestürzt, um gemeinsam im Ofen ausgebacken zu werden.
II.
Eine mittelbare Patentverletzung durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform liegt nicht vor. § 10 PatG besagt, dass es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers anderen als zur Benutzung der Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
Vorliegend hat die Klägerin nicht konkret dargetan, dass die angegriffene Ausführungsform bestimmt ist für die Benutzung der Erfindung nach dem Klagepatent verwendet zu werden, wobei die Bestimmung den Angebotsempfänger oder den Belieferten trifft. Maßgebend ist sein Entschluss, die Mittel für die Benutzung der Erfindung zu verwenden. Einen solchen Entschluss hat die Klägerin nicht dargetan und ist auch anhand der von ihr vorgelegten Photographien, welche in einer Großbäckerei angefertigt wurden, nicht anzunehmen.
Denn es ist nicht ersichtlich, dass bei Abnehmern der Beklagten die angegriffenen Schalen gefüllt mit Früchten nach dem patentgemäßen Verfahren verwendet werden. Dies kann zum einen daraus geschlossen werden, dass bereits nicht zu ersehen ist, dass sich in der Schale mit dem höheren Rand, welche von der Klägerin als untere Schale, von den Beklagten hingegen als Deckel bezeichnet wird, Früchte mit nach oben gerichteter Unterseite befinden. Die Klägerin hat dies in der Klageschrift pauschal behauptet und zur Stützung ihres Vorbringens weiter auf die in der als Anlage K 6 vorgelegten Photographien verwiesen. Danach solle man auf dem Bild 1 erkennen können, dass die dort sichtbare linke Schale der Beklagten mit Früchten (Pflaumen) mit nach oben gerichteter Unterseite versehen sei. Anhand dieser Photographie ist jedoch nicht zu erkennen, ob die Pflaumen mit der Oberseite nach unten oder andersherum auf die Unterseite der Schale aufgelegt wurden. Demgegenüber haben die Beklagten in Abrede gestellt, dass bei den von ihnen gelieferten Stückfrüchtebelägen die Oberseite der Früchte sich auf der unteren Schale mit dem breiteren Rand befinde. Ihr entsprechendes Vorbringen haben sie durch Vorlage von Photographien konkretisiert (Anlage B 3). Anhand der Photographien ist zu erkennen, dass die dort auf die Schale ohne Rand aufgelegten Erdbeeren eine Anordnung aufweisen, bei welcher die spätere Oberseite auch schon vor dem Auftragen auf die Teigschicht nach oben zeigt. Denn die Spitze der Erdbeeren zeigt nach oben, wie dies auch bei zum Verkauf stehenden Kuchen die Regel ist. Die entsprechende Anordnung der Früchte ergibt sich anhand der Photographien, die einen Stückfrüchtebelag bestehend aus Äpfeln betreffen. Auch anhand dieser ist zu ersehen, dass die Äpfel in der Schale mit dem schmaleren Rand so angeordnet sind, wie sie auch später auf dem Teig zu liegen kommen. Würde man die Schalen um 180° drehen, mit der Folge, dass - wie von der Klägerin behauptet - die Schale mit dem breiteren Rand als Bodengefäß angesehen werden würde, würden die Früchte mit der Oberseite nach unten zum Liegen kommen. Eine solche Ausgestaltung sieht das Klagepatent jedoch nicht vor.
Gegen die Annahme der Klägerin, dass die Früchte auf dem Schalenteil mit dem breiteren Rand gelagert, entsprechend dem Klagepatent mit einer Teigschicht versehen und anschließend gestürzt werden, spricht weiter, dass die von den Beklagten gelieferten Schalen einen Aufkleber mit der Kennzeichnung "Hier ziehen" auf dem Schalenteil mit dem breiteren Rand tragen. Ein Anwender würde auf Grund dieses Hinweises davon abgehalten werden, entsprechend dem Vorbringen der Klägerin zu verfahren. Denn entsprechend der Kennzeichnung mit dem Aufkleber werden die gefüllten Schalen auch so auf einer Oberfläche abgelegt, dass der Aufkleber nach oben zeigt, wie sich auch anhand des Bildes 3 der Anlage K 6, vorgelegt von der Klägerin, ergibt.
Die vorstehenden Umstände lassen mithin den Schluss zu, dass bei der angegriffene Ausführungsform die Früchte mit der Oberseite nach oben auf der Schale gelagert werden, die keinen Rand aufweist und durch die Schale mit dem breiten Rand bedeckt werden. Die Früchte fallen dann bei Wegziehen der unteren Schale über dem Teigbelag entsprechend der Kennzeichnung auf den Teigbelag. Soweit die Klägerin gegen ein solches Vorgehen eingewandt hat, dass auf diese Weise die Fruchtflüssigkeit auf den Teigbelag gelangen würde, kann dies nicht überzeugen, da überschüssige Flüssigkeit bereits vor dem Auftragen der Früchte ausgelaufen und damit entfernt worden wäre, da die untere Schale über keinen Rand verfügt und mithin nicht als Auffangbehälter dienen kann, so dass sich hierin auch keine Flüssigkeit sammeln kann, die dann auf den Teigbelag gelangen könnte.
Es ist daher nicht zu ersehen, dass die angegriffene Ausführungsform dazu bestimmt ist, so benutzt zu werden, dass auf den fertigen Stückfrüchtebelag eine Teigschicht aufgelegt wird und anschließend die Früchte-Teig-Schicht gestützt und gebacken wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.
Der Streitwert beträgt 750.000,- EUR.
LG Düsseldorf:
Urteil v. 18.11.2004
Az: 4a O 24/04
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