Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juli 2006
Aktenzeichen: 30 W (pat) 308/03
(BPatG: Beschluss v. 10.07.2006, Az.: 30 W (pat) 308/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke AMINO für die Waren der Klassen 05, 29, 30 und 32
"Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke und insbesondere für den Sport- und Fitnessbereich, Nährstoffkonzentrate als fertige Nahrungsmittel oder zur eigenen Anmischung vorzugsweise mit Ölen, insbesondere enthaltend Milchpulver und/oder tierische und/oder pflanzliche Eiweißstoffe und/oder Aminosäuren und/oder Kohlenhydrate und/oder Koffein und/oder Tein und/oder Guarana und/oder Carnitin, auch unter Zusatz von Vitaminen, Mineralstoffen, Pflanzenfasern, Getreide, getrocknetem Obst und Zucker, sowohl in fester als auch in flüssiger Form; diätische und nichtdiätische Erzeugnisse nicht für medizinische Zwecke, soweit in Klasse 29 enthalten; Milch, Milcherzeugnisse, wie Butter, und Butterzubereitungen, Buttermischfette, Milchstreichfetterzeugnisse, Milchstreichfett, Dreiviertelmilchfett und Milchhalbfett, Käse, Frischkäse und Käsezubereitungen, Sauermilcherzeugnisse, Joghurterzeugnisse, Kefirerzeugnisse, Buttermilcherzeugnisse, Sahneerzeugnisse; Trockenmilcherzeugnisse für Nahrungszwecke, ausschließlich Getränke; Milcheiweiß für Nahrungszwecke, Molkepulver für die menschliche Ernährung, Molkeprotein, Molkereierzeugnisse (ausgenommen Molkegetränke), Sauermilchquarkerzeugnisse, Cremes mit sahniger Konsistenz, im wesentlichen bestehend aus Quark, Sauermilch, Joghurt, Kefir und Sahne; Nährstoffkonzentrate als fertige Nahrungsmittel oder zur eigenen Anmischung vorzugsweise mit Ölen, insbesondere enthaltend Milchpulver und/oder tierische und/oder pflanzliche Eiweißstoffe und/oder Aminosäuren und/oder Kohlenhydrate und/oder Koffein und/oder Tein und/oder Guarana und/oder Carnitin, auch unter Zusatz von Vitaminen, Mineralstoffen, Pflanzenfasern, Getreide, getrocknetem Obst und Zucker, sowohl in fester als auch in flüssiger Form; alle vorgenannten Waren, soweit in Frage kommend, auch als diätetische oder kalorienarme Erzeugnisse, auch in Riegelform, für nichtmedizinische Zwecke und insbesondere für den Sport- und Fitnessbereich; Nährstoffkonzentrate als fertige Nahrungsmittel oder zur eigenen Anmischung vorzugsweise mit Ölen, insbesondere enthaltend Milchpulver und/oder tierische und/oder pflanzliche Eiweißstoffe und/oder Aminosäuren und/oder Kohlenhydrate und/oder Koffein und/oder Tein und/oder Guarana und/oder Carnitin, auch unter Zusatz von Vitaminen, Mineralstoffen, Pflanzenfasern, Getreide, getrocknetem Obst und Zucker, sowohl in fester als auch in flüssiger Form; alle vorgenannten Waren, soweit in Frage kommend, auch als diätetische oder kalorienarme Erzeugnisse, auch in Riegelform, für nichtmedizinische Zwecke und insbesondere für den Sport- und Fitnessbereich; diätische und nichtdiätische Erzeugnisse nicht für medizinische Zwecke, soweit in Klasse 30 enthalten; diätische und nichtdiätische Erzeugnisse nicht für medizinische Zwecke, soweit in Klasse 32 enthalten, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfrei Getränke, Getränke, soweit in Frage kommend, insbesondere als Aufbaugetränke, insbesondere enthaltend für sich oder in Kombination Carnitin, Cholin, Inositol, Vitamine, Mineralstoffe und Zucker; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken, alle vorgenannten Waren, soweit in Frage kommend, auch als diätetische oder kalorienarme Erzeugnisse für nichtmedizinische Zwecke und insbesondere für den Sport- und Fitnessbereich."
Die Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und als freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe zurückgewiesen mit der Begründung, sie stelle eine gängige Abkürzung für die Aminogruppe dar, die am Aufbau der Peptide und Proteine beteiligt sei, und werde von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres als Beschaffenheitsangabe für die beanspruchten pharmazeutischen Erzeugnisse und Milchprodukte verstanden. In einer solchen Sachangabe erblicke der Verkehr auch keinen betrieblichen Herkunftshinweis.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, der sich auf bereits früher eingetragene Marken mit dem Bestandteil "Amino" beruft und zur Begründung ausführt, dass dem in Alleinstellung weder lexikalisch nachweisbaren noch sonstwie verwendeten Markenwort keinesfalls die von der Markenstelle unterstellte allgemeine Bekanntheit zukomme, geschweige denn ein präziser Sinngehalt zugeordnet werde, so dass weder ein aktuelles noch ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis zu erkennen sei. Selbst wer sich möglicherweise an "Aminosäure" erinnert fühle, könne der Marke keinen eindeutigen beschreibenden Sinngehalt zuordnen, zumal die beanspruchten Waren breiteste Verkehrskreise ansprächen. Letztendlich führe dies allenfalls zu einem sprechenden Zeichen, dem das Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden könne. Zumindest müsse der Marke der Schutz für solche Waren gewährt werden, die keine eiweißhaltigen Stoffe aufwiesen. Hierzu reicht der Anmelder hilfsweise ein eingeschränktes Verzeichnis von Waren ein, die sämtlich keine eiweißhaltigen Inhaltsstoffe oder Aminosäuren enthalten.
Der Senat hat dem Anmelder weitere Unterlagen mit Internet-Fundstellen zur Verwendung von "Amino(s)" zugesandt und ihm Gelegenheit zu Stellungnahme vor der abschließenden Beratung gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Anmelders ist nicht begründet. Nach Ansicht des Senats unterliegt die angemeldete Wortfolge sowohl dem Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als auch dem einer freihaltungsbedürftigen beschreibenden Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Die beanspruchte Wortkombination stellt sich auch für den Senat als bloßer Sachhinweis dar, da sie eine im Kontext der konkreten Waren ohne weiteres verständliche Aussage vermittelt, nämlich dass diese "Aminos" enthalten, was vom Verkehr als Abkürzung für aminosäurehaltige Bestandteile verstanden wird. Einen solchen beschreibenden Charakter von "AMINO" hat der Senat bereits in einer früheren Entscheidung festgestellt (Az. 30 W (pat) 201/01 vom 17. Juni 2002 - Amino plus/ AMINO PUR). Seit dieser Entscheidung hat die Werbung mit dem fraglichen Bestandteil insbesondere bei Muskelaufbaupräparaten weiter zugenommen, wie bereits eine kurze Recherche im Internet belegt, die dem Anmelder in Auszügen übersandt worden ist. So wird dort unter anderem für "Weider Whey Aminos Aminosäuren aus hochwertigen Molke-Proteinen", "Weider Victory Super Aminos" (vgl. www.fitshop.de//shopjs/fitshop_de_sporternaehrung_online_produk,) oder für "Best Body Nutrition - Amino Liquid ...20 verschiedene Aminosäuren", "Perfest Fitness - Amino Liquid 500 ml 250.000 mg Aminosäuren und 10 mg Vitamin B6 pro Flasche", "Perfest Fitness - Amino Power 1600 Aminosäure Tabletten zur optimalen Versorgung der Muskulatur Prosport - Amino 400 Molkenprotein-Hydrolysat-Tabletten Aminosäuren + Peptide ... AMINOS FÜR ALLE PROFIS ..", "Scitec-Nutrition - Ultra Amino" geworben. Mithin werden die beteiligten Verkehrskreise "AMINO" lediglich als Bezeichnung für ein aminosäurehaltiges Präparat identifizieren, zumal es sich nicht um ein Wortneuschöpfung handelt. Ob die Angabe - wie der Anmelder behauptet - lexikalisch nicht nachweisbar ist oder in verschiedener Richtung verstanden werden kann, spielt dabei keine Rolle. Für das Freihaltungsbedürfnis reicht es, wenn die Angabe sprachüblich verwendet und dementsprechend als Sachhinweis benötigt wird (vgl. EuGH MarkenR 03, 450 - DOUBLEMINT; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 195, 199 m. w. N.).
Im Übrigen fehlt der Anmeldung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen aber auch jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG. Diese liegt vor, wenn die Marke dem Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Dienstleistungen verschiedener Hersteller genügt. Unterscheidungskraft fehlt nach ständiger Rechtsprechung Bezeichnungen, die entweder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt haben oder z. B. in der Umgangssprache oder Werbung derart "verbraucht" sind, dass sie vom Verkehr nicht als Unterscheidungsmittel akzeptiert werden. Wie bereits oben festgestellt, steht der beschreibende Bedeutungsgehalt der beanspruchten Wortfolge so deutlich im Vordergrund, dass sie von erheblichen Verkehrskreisen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden wird. Vielmehr nimmt der durchschnittlich informierte Verbraucher, der es gewohnt ist, dass wichtige Informationen in einer ansprechenden und modernen Form präsentiert werden, die Wortfolge mit ihrer klaren schlagwortartigen Aussage so hin, wie er es bei anderen ähnlichen Warenbeschreibungen gewohnt ist. Von diesen weicht die beanspruchte Marke weder durch Wortwahl noch sonst wie in erkennbarer Weise ab.
Aus den vom Anmelder geltend gemachten Voreintragungen mit dem Bestandteil "amino" lässt sich ebenfalls kein Eintragungsanspruch herleiten, da - abgesehen von deren grundsätzlichen Unbeachtlichkeit - durchgehend Mehrwort-Marken betroffen und die Begriffsbildungen mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar sind.
Soweit der Anmelder hilfsweise ein eingeschränktes Verzeichnis von Waren eingereicht hat, die sämtlich keine eiweißhaltigen Inhaltsstoffe oder Aminosäuren enthalten, steht der Anmeldung das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG entgegen. Danach sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ersichtlich geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, Beschaffenheit oder geografische Herkunft der Waren zu täuschen. Dies trifft auf die beanspruchte Marke zu. Denn die Bezeichnung "Amino" für Waren "ohne eiweißhaltige Inhaltsstoffe oder Aminosäuren" ruft beim betroffenen Verkehr nahezu zwangsläufig Fehlvorstellungen über die Beschaffenheit der damit gekennzeichneten Waren hervor, nachdem mit dem Wort aminosäurehaltige Bestandteile bezeichnet werden. Insbesondere Fachleute, Händler und informierte Endabnehmer müssen annehmen, dass ein so gekennzeichnetes Produkt auch aminosäurehaltige Bestandteile enthält. Da dies aber nach der eingeschränkten Fassung des Warenverzeichnisses ausgeschlossen ist, unterliegt der Verkehr aufgrund dieser unrichtigen verkehrswesentlichen Sachinformation Fehlvorstellungen hinsichtlich der Produktzusammensetzung. Nachdem die Fassung auch keinen Raum für eine Verwendung der Marke in einem sachlichen Zusammenhang mit aminosäurehaltigen Waren lässt, mithin also kein Fall einer nicht täuschenden Verwendung mehr in Betracht kommt, ist die Eignung zur Täuschung dann auch ersichtlich im Sinne von § 37 Abs. 3 MarkenG (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. Rdn. 378; § 37 Rdn. 10 m. w. N.; vgl. auch BPatG 26 W (pat) 36/01 - KOMBU-CHA; 30 W (pat) 170/00 - INTERNET schnell & einfach; Zusammenfassungenjeweils veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM), so dass der Versagungsgrund der Täuschungsgefahr eingreift unabhängig davon, ob man deshalb die vorgenommene Einschränkung bereits als unzulässig erachten müsste (so Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 208, 378 m. w. N.).
BPatG:
Beschluss v. 10.07.2006
Az: 30 W (pat) 308/03
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