Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Mai 2001
Aktenzeichen: 9 W (pat) 13/01

(BPatG: Beschluss v. 23.05.2001, Az.: 9 W (pat) 13/01)

Tenor

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde gilt als nicht erhoben.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I Mit Beschluß vom 19. Oktober 2000 hat das Deutsche Patent- und Markenamt die Patentanmeldung zurückgewiesen. Gegen diesen am 13. November 2000 zugestellten Beschluß hat die Anmelderin mit einem am 7. Dezember 2000 eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt. Durch Mitteilung des Bundespatentgerichts vom 30. März 2001 wurde sie darauf hingewiesen, daß die Beschwerdegebühr erst am 20. Dezember 2000 eingegangen sei.

Mit einem "Ersuchen" vom 23. April 2000 weist die Anmelderin unter Vorlage einer Hausmitteilung vom 1. Dezember 2000 darauf hin, ihr Patentsachbearbeiter, Patentingenieur M..., habe die Finanzbuchhaltung angewiesen, die Beschwer- degebühr zu überweisen. Bislang seien derartige Aufträge durch die Finanzbuchhaltung stets unverzüglich erfüllt worden. Das Versäumnis beruhe auf einer Verkettung unglücklicher Umstände. So sei im Spätsommer 2000 die Finanzbuchhaltung aus der Betriebsstätte Zaberfeld in die Betriebsstätte Peine verlagert worden. Dort sei die entsprechende Arbeitsaufgabe einer Mitarbeiterin übertragen worden, die sich für diese Aufgabe noch in einer Einarbeitungsphase befunden habe. Darüber hinaus hätten wegen einer Grippewelle akute Personalprobleme bestanden. Schließlich habe der Patentsachbearbeiter in dem relevanten Zeitraum noch gleichfalls wichtige Termine erfüllen müssen. Aufgrund des Versäumnisses habe die Geschäftsführung Vorsorge getroffen, daß eine Wiederholung auszuschließen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Amts- und Gerichtsakten verwiesen.

II Die Beschwerde gilt wegen Überschreitung der Frist für die Zahlung der Beschwerdegebühr als nicht erhoben (§ 73 Abs 3 PatG). Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr (§ 123 PatG) ist unbegründet.

Gemäß § 73 Abs 3 PatG ist innerhalb der Beschwerdefrist eine Gebühr nach dem Tarif zu entrichten. Da eine Beschwerdegebühr nicht bis Ablauf eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses (13. November 2000) beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen war, gilt die Beschwerde nach § 73 Abs 3 PatG als nicht erhoben.

Trotz Fristversäumnis wäre die Beschwerde zulässig, wenn das als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auszulegende "Ersuchen" vom 23. April 2001 begründet wäre. Nach § 123 Abs 1 Satz 1 PatG ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn der Antragsteller glaubhaft darlegt, daß er ohne Verschulden verhindert war, dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Bundespatentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumnis nach gesetzlichen Vorschriften einen Rechtsnachteil zur Folge hat. Ohne Verschulden handelt, wer bei der Fristwahrung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anwendet. Das Maß der Sorgfalt bestimmt sich dabei nach den persönlichen Verhältnissen des Säumigen und den Umständen des Einzelfalls (vgl Schulte, PatG, 5. Aufl, § 123 Rdn 24). Die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Gründe sind innerhalb der für den Wiedereinsetzungsantrag geltenden Frist von zwei Monaten darzulegen und im Verfahren über den Antrag glaubhaftzumachen (§ 123 Abs 2 Satz 1, 2 PatG).

Demgemäß kann die beantragte Wiedereinsetzung nicht gewährt werden. Die Anmelderin hat weder dargelegt noch glaubhaftgemacht, daß sie die notwendigen Vorkehrungen getroffen hat, um den rechtzeitigen Eingang der Beschwerdegebühr beim Deutschen Patent- und Markenamt zu gewährleisten. Ihrem Antrag ist nicht zu entnehmen, daß sie die für einen gewissenhaften, seine Belange sachgerecht wahrnehmenden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den konkreten Umständen zumutbare Sorgfalt beachtet hat, also alles getan hat, was bei Berücksichtigung der Umstände des Falles verständigerweise zu erwarten war (vgl BGH NJW 1976, 626; NJW 1985, 1710; BPatG GRUR 1982, 357; BPatGE 32, 32; Schulte, aaO, § 123 Rdn 23 bis 26).

Aus dem Vorbringen der Anmelderin ergibt sich, daß sie die von ihrem bevollmächtigten Vertreter zu verantwortenden organisatorischen Maßnahmen nicht getroffen hat, um sicherzustellen, daß Versehen von Bürohilfskräften nach Möglichkeit nicht zu Fristversäumnissen führen. Ein bevollmächtigter Vertreter, dessen Verschulden der Anmelderin zuzurechnen ist (§ 99 PatG, § 85 Abs 2 ZPO), läßt die im Rechtsverkehr erforderliche Sorgfalt außer acht, wenn er nicht für eine wirksame Ausgangskontrolle sorgt, durch die zuverlässig gewährleistet ist, daß fristwahrende Maßnahmen unverzüglich ausgeführt werden und daß versehentlich liegengebliebene Schriftstücke und Zahlungsanweisungen nicht unentdeckt bleiben, so daß alsbald für Abhilfe gesorgt werden kann (vgl BGH VersR 1985, 369; BPatGE 32, 32, 34). Daß derartige Vorkehrungen generell oder zumindest im vorliegenden Fall getroffen worden wären, ist dem Antrag der Anmelderin nicht zu entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus der Hausmitteilung vom 1. Dezember 2000, mit der Patentingenieur Müller die Überweisung der Beschwerdegebühr anwies, daß der rechtzeitige Eingang der Beschwerdegebühr beim Deutschen Patent- und Markenamt nicht sichergestellt war. Denn die Mitteilung enthält keinen Hinweis darauf, daß die Zahlung der Beschwerdegebühr fristgebunden ist. Dem Patentingenieur Müller oblag es, auf die fristgerechte Einzahlung der Beschwerdegebühr hinzuwirken. Zu einem Hinweis bestand im vorliegenden Fall umso mehr Anlaß, als sich die zuständige Mitarbeiterin noch in einer Einarbeitungsphase befand. Indem der Patentingenieur Müller es gleichwohl unterließ, auf den Fristablauf am 13. Dezember 2000 hinzuweisen, beachtete er nicht die erforderliche Sorgfalt. Zu Lasten der Anmelderin kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Beschwerdegebühr bei ordnungsgemäßer Aufklärung über den Fristablauf rechtzeitig beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen wäre. Deshalb ist nicht dargelegt worden, daß die Anmelderin ohne Verschulden an der rechtzeitigen Entrichtung der Beschwerdegebühr verhindert war. Darüber hinaus hat es die Anmelderin versäumt, die von ihr vorgetragenen Gründe gemäß § 294 ZPO glaubhaftzumachen (§ 123 Abs 2 Satz 2 PatG).

Da der Wiedereinsetzungsantrag mithin unbegründet ist und die Beschwerde mangels rechtzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr als nicht erhoben gilt (§ 73 Abs 3 PatG), war die Rückzahlung der - verspätet entrichteten - Beschwerdegebühr anzuordnen (vgl BPatGE 3, 223; Schulte aaO, § 73 Rdn 36).

Petzold Winklharrer Dr. Fuchs-Wissemann Küstner Mr/Fa






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Az: 9 W (pat) 13/01


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