Landgericht Dortmund:
Urteil vom 13. Juli 2005
Aktenzeichen: 5 O 38/03
(LG Dortmund: Urteil v. 13.07.2005, Az.: 5 O 38/03)
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 186.678,47 € (i. B.:hundertsechsundachtzigtausendsechshundertachtundsiebzig und 47/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 94.577,55 € vom 06.06.2002 bis zum 28.06.2002 und
aus 9.457,76 € vom 29.06.2002,
aus 94.577,55 € vom 04.07.2002 bis zum 05.08.2002 und
aus 9.457,76 € vom 06.08.2002,
aus 94.577,55 € vom 05.08.2002 bis zum 29.08.2002 und
aus 9.457,76 € vom 30.08.2002,
aus 94.577,55 € vom 05.09.2002 bis zum 03.10.2002 und
aus 9.457,76 € vom 04.10.2002,
aus 94.577,55 € vom 04.10.2002 bis zum 31.10.2002 und
aus 9.457,76 € vom 01.11.2002,
aus 94.577,55 € vom 05.11.2002 bis zum 04.12.2002 und
aus 9.457,76 € vom 05.12.2002,
aus 94.577,55 € vom 04.12.2002 bis zum 27.12.2002 und
aus 9.457,76 € vom 28.12.2002,
aus 94.577,55 € vom 05.01.2003 bis zum 05.02.2003 und
aus 9.457,76 € vom 06.02.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.02.2003 bis zum 13.03.2003,
aus 18.995,51 € vom 14.03.2003 bis zum 29.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 30.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.03.2003 bis zum 28.04.2003,
aus 18.995,51 € vom 29.04.2003 bis zum 29.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 30.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.04.2003 bis zum 28.04.2003,
aus 18.995,51 € vom 29.04.2003 bis zum 25.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 26.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.05.2003 bis 28.05.2003,
aus 18.995,51 € vom 29.05.2003 bis zum 25.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 26.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.06.2003 bis zum 24.06.2003,
aus 18.995,51 € vom 25.06.2003 bis zum 25.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 26.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.07.2003 bis zum 29.07.2003,
aus 18.995,51 € vom 30.07.2003 bis zum 29.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 30.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.08.2003 bis zum 19.08.2003,
aus 18.995,51 € vom 20.08.2003 bis zum 25.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 26.08.2003,
aus 9.457,76 € vom 05.09.2003,
aus 94.577,55 € vom 05.10.2003 bis zum 06.10.2003 und
aus 9.457,76 € vom 07.10.2003,
aus 9.457,76 € vom 04.11.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.12.2003 bis zum 05.12.2003 und
aus 9.457,76 € vom 06.12.2003,
aus 94.577,55 € vom 06.01.2004 bis zum 08.01.2004 und
aus 4.728, 33 € ab dem 09.01.2004.
zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Hilfswiderklage wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte miete mit Folgemietvertag vom 26.06.1992 von einem Fräulein I das Schloss X in E zum Betrieb eines Senioren- und Pflegeheimes sowie für verwandte Einrichtungen einschließlich Restaurantbetrieb. Als monatliche Grundmiete war ein Betrag von 178.000,00 DM vereinbart. Gemäß § 5 des Vertrages sollte der Mietzins mittels einer genehmigten Wertsicherungsklausel an die Veränderung der Lebenshaltungskosten angepasst werden. Unter § 6 Abs. 1 und 2 bestimmten die Parteien, dass der Mietzins im voraus jeweils am dritten Werktag eines Monats zu zahlen ist. Maßgeblich für die Rechtzeitigkeit der Zahlung sollte die Ankunft des Geldes beim Vermieter sein.
In § 6 Abs. 6 des Vertrages hieß es:
"Sind Mietzins und Nebenkosten bis zu den vorgesehenen Terminen nicht eingegangen, so ist der ausstehende Betrag, ohne dass es auf ein Verschulden ankommt, ab Fälligkeit bis zum Tage des Zahlungseingang mit 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Weitergehende Schuldansprüche bleiben vorbehalten."
Die Vertragsparteien bestimmten ferner unter "§ 9 - Aufrechnung, Mietminderung" in Absatz 2:
"Der Generalmieter kann gegenüber Miete und Nebenkosten mit einer Gegenforderung nur aufrechnen oder ein Minderungs- und Zurückbehaltungsrecht an der Miete und den Nebenkosten nur dann ausüben, wenn er dieses mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete und der Nebenkosten dem Vermieter schriftlich anzeigt und sich mit den Zahlungsverpflichtungen nicht im Rückstand befindet."
§ 11 Abs. 1 des Vertrages lautete:
"Der Vermieter darf Ausbesserungen und bauliche Veränderungen, die zur Erhaltung des Hauses oder der Mieträume oder zur Abwendung drohender Gefahren oder zur Beseitigung von Schäden notwendig werden, auch ohne Zustimmung des Generalmieters vornehmen. Dies gilt auch für Arbeiten, die zwar nicht notwendig, aber zweckmäßig sind, z.B. Modernisierung des Gebäudes oder der Mieträume. Der Generalmieter hat die betroffenen Räume zugänglich zu halten; die Ausführung der Arbeiten darf von ihm dadurch nicht behindert oder verzögert werden. Der Generalmieter kann daraus, dass durch Arbeiten der Gebrauch der Mieträume zeitweilig beeinträchtigt wird, keinerlei Ansprüche gegen den Vermieter herleiten."
Unter § 14 vereinbarten die Parteien:
"Sämtliche Instandsetzungen und Reparaturen am Mietobjekt trägt der Generalmieter während der vollen Laufzeit des Mietverhältnisses. Reparaturen an Dach und Fach einschl. Fassade sind Sache des Vermieters."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Kopie des Mietvertrages verwiesen.
Die Klägerin erwarb im Jahr 1998 durch ihre Gesellschafter das Mietobjekt zu Eigentum. Der Mietvertrag wurde zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits fortgeführt.
Der monatliche Mietzins beträgt seit dem 01.11.1995 94.577,55 €.
Die Beklagte behielt ab Juni 2002 einen Teilbetrag von 9.457,76 €, also 10 % der Miete ein. Den Einbehalt begründete sie mit Schreiben vom 13.06.2002. Ferner erbrachte sie die Mietzahlungen jeweils mit Verspätung. Ab Februar 2003 bis August 2003 behielt die Beklage zunächst einen monatlichen Betrag von 18.915,51 €, dies sind 20 % des vereinbarten Mietzinses, ein. Am 29.08.2003 zahlte die Beklagte an die Klägerin auf die Mieten für Februar und März 2003 jeweils einen Betrag von 9.457,76 €. Auf die Mieten für April bis August 2003 zahlte die Beklagte am 25.08.2003 ebenfalls jeweils einen Betrag von 9.457,76 €, so dass es letztlich bei einer Mietminderung in Höhe von 10 % verblieb. In den Monaten September 2003 bis Dezember 2003 minderte die Beklagte ihre Zahlungen ebenfalls um 10 %, also 9.457,76 €. Im Januar 2004 behielt die Beklagte einen Teilbetrag von 4.728,33 € ein.
Die Beklagte leistete die Mietzinszahlungen teilweise verspätet. Wegen der Zeitpunkte und Beträge der einzelnen Zahlungen wird auf die Aufstellung auf Seite 2 des Schriftsatzes der Beklagtenvertreter vom 06.08.2003 (Blatt 393 der Gerichtsakte ), die Tabelle auf Seite 8 f. des Schriftsatzes der Klägervertreter vom 17.10.2004 (Blatt 458 f. der Gerichtsakte) und die Tabelle auf Seite 9 des Schriftsatzes der Klägervertreter vom 03.03.2004 (Blatt 706 der Gerichtsakte) verwiesen.
Mit Schreiben vom 09.09.2003 kündigte die Klägerin den Mietvertrag fristlos. Sie begründete dies unter anderem damit, dass die Beklagte sich im August 2003 mit mehr als zwei Monatsmieten in Verzug befunden habe. Eine weitere Kündigung erfolgte am 28.11.2003.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe kein Minderungsrecht. Dies folge bereits daraus, dass die Beklagte die erste Minderung im Juni 2002 nicht rechtzeitig nach § 9 Abs. 2 des Mietvertrages angezeigt habe. Für die Folgezeit könne die Beklagte nicht mindern, da sie sich aufgrund der unberechtigten Minderung im Juni 2002 in Zahlungsrückstand befunden habe. Die Beklagte habe es auch unterlassen, die einzelnen Mängel jeweils rechtzeitig zu rügen. Außerdem sei der Vortrag der Beklagten zu den Mängeln nicht hinreichend substantiiert. Die Beklagte müsse vortragen, inwieweit durch die Mängel die Gebrauchstauglichkeit der Gebäulichkeiten zum Betrieb einer Seniorenresidenz eingeschränkt sei. Ferner behauptet die Klägerin, die Beklagte habe sich teilweise mit der Zahlung der Nebenkosten in Rückstand befunden und auch einen Teil dieser Kosten nicht bezahlt. Es bestehe ein Restanspruch von 32,78 € sowie ein Zinsanspruch von 16,27 €.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, ihr stünde wegen verschiedener Mahnschreiben, die ihre Rechtsanwälte unstreitig an die Beklagte gerichtet haben, in Höhe der Anwaltsgebühren von insgesamt 5.614,98 € ein Schadensersatzanspruch zu. Wegen der Berechnung der Anwaltskosten wird auf den Schriftsatz der Klägervertreter vom 07.12.2004 (Blatt 1021 der Gerichtsakte) verwiesen.
Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 254.482,66 € nebst Zinsen zu zahlen. Wegen der Einzelheiten des seinerzeitigen Klageantrags wird auf den Schriftsatz der Klägervertreter vom 23.06.2003 (Blatt 333 ff. der Gerichtsakten) verwiesen. Nachdem die Beklagte - wie dargelegt - Teilzahlungen geleistet hatte, hat die Klägerin in der öffentlichen Sitzung vom 10.03.2004 beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 207.193,86 € nebst Zinsen zu zahlen. In der Sitzung vom 01.09.2004 hat sie ihren Klageantrag auf 193.006,57 € reduziert. Im Übrigen haben die Parteien den Rechtsstreit jeweils für erledigt erklärt. Mit am 12.12.2004 beim Landgericht Dortmund eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin die Klage in Höhe von 2.726,29 € zurückgenommen.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17.12.2003 Widerklage auf Feststellung der Unwirksamkeit der von der Klägerin erklärten Vertragskündigungen und auf Feststellung des Fortbestandes des Mietverhältnisses erhoben. In der Sitzung vom 10.03.2004 hat die Beklagte die Widerklage zurückgenommen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 190.280,28 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 94.577,55 € vom 06.06.2002 bis zum 28.06.2002 und
aus 9.457,76 € vom 29.06.2002,
aus 94.577,55 € vom 04.07.2002 bis zum 05.08.2002 und
aus 9.457,76 € vom 06.08.2002,
aus 94.577,55 € vom 05.08.2002 bis zum 29.08.2002 und
aus 9.457,76 € vom 30.08.2002,
aus 94.577,55 € vom 05.09.2002 bis zum 03.10.2002 und
aus 9.457,76 € vom 04.10.2002,
aus 94.577,55 € vom 04.10.2002 bis zum 31.10.2002 und
aus 9.457,76 € vom 01.11.2002,
aus 94.577,55 € vom 05.11.2002 bis zum 04.12.2002 und
aus 9.457,76 € vom 05.12.2002,
aus 94.577,55 € vom 04.12.2002 bis zum 27.12.2002 und
aus 9.457,76 € vom 28.12.2002,
aus 94.577,55 € vom 05.01.2003 bis zum 05.02.2003 und
aus 9.457,76 € vom 06.02.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.02.2003 bis zum 13.03.2003,
aus 18.995,51 € vom 14.03.2003 bis zum 29.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 30.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.03.2003 bis zum 28.04.2003,
aus 18.995,51 € vom 29.04.2003 bis zum 29.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 30.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.04.2003 bis zum 28.04.2003,
aus 18.995,51 € vom 29.04.2003 bis zum 25.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 26.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.05.2003 bis 28.05.2003,
aus 18.995,51 € vom 29.05.2003 bis zum 25.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 26.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.06.2003 bis zum 24.06.2003,
aus 18.995,51 € vom 25.06.2003 bis zum 25.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 26.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.07.2003 bis zum 29.07.2003,
aus 18.995,51 € vom 30.07.2003 bis zum 29.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 30.08.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.08.2003 bis zum 19.08.2003,
aus 18.995,51 € vom 20.08.2003 bis zum 25.08.2003 und
aus 9.457,76 € vom 26.08.2003,
aus 9.457,76 € vom 05.09.2003,
aus 94.577,55 € vom 05.10.2003 bis zum 06.10.2003 und
aus 9.457,76 € vom 07.10.2003,
aus 9.457,76 € vom 04.11.2003,
aus 94.577,55 € vom 04.12.2003 bis zum 05.12.2003 und
aus 9.457,76 € vom 06.12.2003,
aus 94.577,55 € vom 06.01.2004 bis zum 08.01.2004 und
aus 4.728, 33 € ab dem 09.01.2004.
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hilfsweise beantragt sie widerklagend,
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 189.155,14 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.08.2003 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, das Landgericht Dortmund sei wegen einer in § 25 des Mietvertrages getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung nicht zuständig. Außerdem sei § 29 a ZPO nicht anwendbar, weil es sich nicht um ein Miet- oder Pachtverhältnis über Räume handele.
Die Beklagte rügt verschiedene, näher bezeichnete Mängel an dem Mietobjekt, insbesondere Feuchtigkeitsschäden aufgrund diverser Leckagen der Zentralheizungsrohre und durch von außen insbesondere in den Kellerbereich eindringendes Wasser. Ferner seien teilweise Wandanschlüsse der Balkone undicht. Diese Mängel seien von der Klägerin nicht unverzüglich beseitigt worden. Wegen dieser Mängel hätten sich verschiedene Bewohner der Seniorenresidenz beschwert. Es hätten auch Bewohner in andere Zimmer verlegt werden müssen. Die Beklagte ist der Ansicht, die Mängel würden eine Mietminderung von monatlich 10 % rechtfertigen. Sie ist der Ansicht, die Geltendmachung der Minderung sei durch § 9 Abs. 2 des Vertrages nicht ausgeschlossen. Ferner habe sie die Minderung rechtzeitig angekündigt. Für den Fall, dass eine unmittelbare Minderung nicht zulässig sei, müsse sie zwar die Mieten zunächst zahlen. Sie könne die Zahlungen in Höhe des Minderungsbetrages aber jedenfalls nach § 812 BGB zurückfordern, so dass für den Fall, dass eine Minderung nach der vertraglichen Regelung ausgeschlossen sei, zumindest der Hilfswiderklage stattzugeben sei. Die Beklagte ist außerdem der Ansicht, die Kläger könnten nur Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins verlangen, da § 6 Abs. 6 des Vertrages insoweit eine abschließende Regelung bilde.
Ferner rechnet die Beklagte mit durch die Reparaturarbeiten entstandenen Kosten auf. Sie behauptet hierzu, sie habe an Stromkosten für die Trocknungsgeräte, Arbeitsaufwand für die Entleerung der Geräte und Endreinigungen insgesamt 8.537,39 € aufwenden müssen. Wegen der Einzelheiten wird auf die mit Schriftsatz vom 08.05.2003 zur Gerichtsakte gereichte Aufstellung nebst Anlagen verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.
Die Kammer hat zu den von der Beklagten behaupteten Mängeln und die Maßnahmen zur Mängelbeseitigung Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen F und T sowie durch Vernehmung der Zeugen H, H2, T2, H3 W und H4. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der Sitzungen vom 01.09.2004, 05.01.2005 und 08.06.2005 verwiesen.
Gründe
A. Die zulässige Klage ist zum ganz überwiegenden Teil begründet, die ebenfalls zulässige Hilfswiderklage ist unbegründet.
I. Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Dortmund ist zur Entscheidung des Rechtsstreits auch örtlich zuständig.
Die in § 25 Abs. 3 des Mietvertrages enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung ist gemäß § 38 Abs. 1 ZPO unwirksam. Diese Vorschrift lässt eine Gerichtstandsvereinbarung nur zu, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlichrechtliche Sondervermögen sind. Maßgeblich ist hierbei der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Auflage Köln 2005, § 38 Rdnr. 19 m.w.N.). Jedenfalls im Zeitpunkt des Abschlusses des Folgemietvertrages war die damalige Vermieterin I nicht Kauffrau.
Auch wenn man nicht auf den Abschluss des Folgemietvertrages, sondern auf den Eintritt der Klägerin in den Vertrag abstellen wollte, wäre die Gerichtsstandsvereinbarung unwirksam, da weder die Klägerin selbst als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, aaO, § 38 Rdnr. 18) noch der Gesellschafter C Kaufmannseigenschaft aufweisen.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund folgt daher aus § 29 a ZPO. Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Räume, nämlich einem Gebäude, geltend. Dass zu dem Gebäude auch eine Parkanlage gehört, steht der Anwendbarkeit des § 29 a ZPO nicht entgegen. Dies folgt schon aus dem Zweck der Vorschrift, der darin besteht, die mit Mietstreitigkeiten über Räume zusammenhängende Verfahren bei einem ortsnahen Gericht zu konzentrieren.
II. Der Klägerin steht ein Zahlungsanspruch in Höhe des ausgeurteilten Betrages zu.
1. Die Klägerin hat aus dem Mietvertrag Anspruch auf Zahlung restlichen Mietzinses gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Die Beklagte war nicht berechtigt, in der Zeit zwischen Juni 2002 und Januar 2004 die Miete zu mindern. Es kann dabei dahinstehen, ob die Regelung des § 9 Abs. 2 des Mietvertrages wirksam war. Es lagen jedenfalls keine erheblichen Mängel der Mietsache vor, die eine Minderung nach § 536 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB rechtfertigen würden.
Unter einem Mangel ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten zu verstehen. Hierbei bleiben unerhebliche Mängel außer Betracht. Gegenstand des Mietvertrages war ein Wasserschloss, dass in Teilen schon mehrere Jahrhunderte alt ist. Angesichts der Größe und des Alters des Mietobjektes musste die Beklagte aus objektiver Sicht redlicherweise damit rechnen, dass es gelegentlich zu kleineren Schadensfällen, Defekten an Wasserleitungen und auch Feuchtigkeitsschäden kommen konnte. Dem haben die Parteien auch dadurch Rechnung getragen, dass sie in § 11 des Mietvertrages der Klägerin ein Recht zur Ausbesserung und Modernisierung des Gebäudes und der Mieträume eingeräumt und zugleich bestimmt haben, dass die Beklagte daraus, dass durch Arbeiten der Gebrauch der Mieträume zeitweilig beeinträchtigt wird, keinerlei Ansprüche gegen die Beklagte herleiten kann. In § 14 des Vertrages haben die Mietvertragsparteien sogar die Instandsetzungen und Reparaturkosten am Mietobjekt, soweit es sich nicht um Reparaturen an Dach und Fach handelt, der Beklagten auferlegt.
Zwar hat die Beweisaufnahme ergeben, dass es im Haus 2, Obergeschoss, an den Wandanschlüssen der Balkone zu Durchfeuchtungen gekommen ist. Ferner gab es verschiedene Defekte an den Heizungsrohren, die in etwa 8 bis 10 Fällen zu Feuchtigkeitsschäden, teilweise in den Zimmern der Heimbewohner, teilweise in Betriebsräumen und dem Empfang geführt haben. Darüber hinaus steht nach den Bekundungen sämtlicher zu diesem Beweisthema vernommener Zeugen fest, dass es mehrfach Wassereinbrüche im Kellerbereich, insbesondere einem unterirdischen Verbindungsgang, gegeben hat. Zeitweise waren dadurch der Fahrstuhlschacht und einige Kontrollschächte teilweise überflutet. Darüber hinaus waren nach den Bekundungen der Zeugin F, die bei der Beklagten als Heimleiterin beschäftigt ist, und des Zeugen H, der von der Klägerin als Architekt mit der Schadensbeseitigung betraut war, im Giebelbereich des Hauses 1 Risse aufgetreten, die zu einem Eindringen von Wasser führten. Schließlich war zeitweise der Übergang vom Cafe zur Terrasse durch einen Wasserschaden beeinträchtigt.
Sämtliche Mängel rechtfertigen aber weder einzeln für sich betrachtet noch in ihrer Summe eine Mietminderung. Wie die Beweisaufnahme nämlich ergeben hat, wurden die Mängel jeweils zeitnah von der Klägerin beseitigt. Der Zeuge H4, der nach Wassereinbrüchen regelmäßig mit der Durchführung von Feuchtigkeitsmessungen beauftragt worden war, bekundete glaubhaft, dass die Reparaturarbeiten seines Wissens jeweils sofort durchgeführt wurden. Auch der Zeuge H gab an, das eigentliche Reparieren habe ein bis zwei Tage gedauert. Sogar der Zeuge W, der nach Einschätzung der Kammer tendenziell eher zugunsten der Beklagten aussagte, bekundete, dass innerhalb von zwei Tagen die Heizungsrohrbrüche durch die Klägerin repariert worden seien. Dass es - wie der Zeuge W bemängelte - manchmal mehrere Wochen dauerte, bis ein Schaden endgültig beseitigt war, ist leicht damit zu erklären, dass die Feuchtigkeit erst vollständig beseitigt werden musste, bis die Renovierungsarbeiten fachgerecht abgeschlossen werden konnten. Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass die Klägerin die Auswirkungen der Schäden nach Möglichkeit auf ein geringes Maß beschränkt hat.
Als Beeinträchtigungen von einiger Dauer verblieben daher nur die offenen Gruben im Außenbereich und die Beseitigung des Parketts im Übergangsbereich zur Terrasse. Die offenen Gruben beeinträchtigten den Heimbetrieb nicht. Sie dienten lediglich dazu, die Abdichtung der Gebäude gegen eindringendes Wasser zu überprüfen. Von daher bestand auch ein vernünftiger Grund, die Gruben zu Beobachtungszwecken eine gewisse Zeit offen zu halten. Wie der Zeuge W bekundete, wurden die Gruben noch vor dem anstehenden Sommerfest geschlossen. Hinsichtlich des Übergangs zur Terrasse widersprechen sich die Zeugenaussagen. Während die Zeugin F und der Zeuge H3 bekundeten, die Terrasse sei - ohne dass sie insoweit genaue Zeitangaben machen konnten, für längere Zeit unbenutzbar gewesen, gab der Zeuge H an, es sei auf die betreffende Stelle eine Spanplatte aufgelegt worden, die mühelos hätte begangen werden können. Da sämtliche Zeugenaussagen in gleichem Maße glaubhaft sind und die Beklagte hinsichtlich des Bestehens eines Mangels beweisbelastet ist, kann eine Beeinträchtigung bei der Benutzung der Terrasse nicht bejaht werden.
Bei der Prüfung, ob die festgestellten Beeinträchtigungen einen zur Minderung des Mietzinses berechtigenden Mangel darstellen, ist auch zu berücksichtigen, dass diese keinen nennenswerten Einfluss auf den Heimbetrieb der Beklagten hatten. Wie die Zeugin F bekundete, hat keiner der Heimbewohner wegen der Mängel die Heimkosten gekürzt. Finanzielle Nachteile sind der Beklagten durch die zeitweiligen Schäden somit nicht entstanden. Die Seniorenresidenz blieb auch in ihrer Gesamtheit benutzbar. Insbesondere war auch der Verbindungsgang, wie die Zeugin F und die Zeugen H, H2 und H3 bekundeten, während der gesamten Zeit begehbar. Wie der Zeuge H glaubhaft und nachvollziehbar darlegte, stellten die Trocknungsgeräte, die eine Breite von 60 cm hatten, in den unterirdischen, etwa drei Meter breiten Gängen kaum ein nennenswertes Hindernis dar. Die Kammer vermag daher der Aussage des Zeugen W, insbesondere die Bewohner mit Gehhilfen hätten die Verbindungsgänge nicht benutzen können, nicht zu folgen.
Eine gewisse Beeinträchtigung mag darin zu sehen sein, dass einzelne Räume während der Renovierung nicht bewohnt wurden und das - nach Bekundung der Zeugin F - zwischen 2002 und 2004 in 10 bis 15 Fällen Heimbewohner in ein anderes Zimmer umziehen mussten. Angesichts der Größe des Mietobjektes und des Umstandes, dass in ständig bewohnten Räumen ohnehin in regelmäßigen Abständen Renovierungsarbeiten anfallen, ist hierin kein erheblicher, also zur Mietminderung berechtigender Mangel von einigem Gewicht, zu sehen.
Die festgestellten Beeinträchtigungen stellen - auch in ihrer Gesamtheit - kein Geschehen dar, das über das bei einem Objekt der Größe und des Alters, wie sie das Schloss X aufweisen, vertretbare und zu tolerierende Maß hinausgeht. Da zudem keine Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb der Beklagten erkennbar waren, war die Beklagte zur Minderung der Miete nicht berechtigt.
Die von der Beklagten gerügte Mangelhaftigkeit der Türen führt schon deshalb nicht zu einer Minderung des Mietzinses, weil die Beklagte diesen Mangel erst nach Ablauf des hier interessierenden Zeitraumes geltend macht.
2. Die Klägerin kann auch die für die Mahnungen aufgewandten Anwaltskosten in Höhe von 5.614,98 € gemäß §§ 280, 286 BGB ersetzt verlangen. Diese Kosten beruhen auf verschiedenen Mahnschreiben, die die Rechtsanwälte der Klägerin jeweils an die Beklagte versandt haben, nachdem sich die Beklagte gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Schuldnerverzug befunden hat. Da die Klägerin jeweils die Mindestgebühr nach § 118 Abs. 1 Satz 1 BRAGO geltend macht, bedurfte es der Einholung eines Gutachtens nach § 12 Abs. 2 BRAGO nicht.
3. Die Klägerin muss sich allerdings gemäß §§ 677, 693 BGB die Kosten anrechnen lassen, die die Beklagte für die durch die Wasserschäden verursachten zusätzlichen Reinigungsarbeiten, die Entleerung der Wasserbehälter und zusätzliche Stromkosten aufwenden musste. Die Zeugen H3 und T haben glaubhaft bekundet, dass zusätzliche Arbeitszeit für die Entleerung der Behälter und Reinigungsarbeiten aufgebracht werden musste. Der Zeuge H3 bekundete zudem, hierüber Aufzeichnungen gefertigt zu haben. Die Höhe des Stromverbrauchs ist durch die vorgelegten Bescheinigungen der Firma H4 (Anlage zum Schriftsatz vom 08.05.2003, Blatt 278, 280, 284, 285 der Gerichtsakte) belegt. Es ergeben sich insgesamt Beträge von 859,94 € für die Behälterentleerung und 1.916,12 € für Reinigungsarbeiten. An Strom musste die Beklagte - wie sich aus den vorgelegten Bescheinigungen ergibt - insgesamt 12.883,9 kWh zu je 0,0455 €, also 586,22 € aufwenden. Die Beklagte kann insgesamt mit 3.362,28 € aufrechnen.
4. Einen Anspruch auf die ferner geltend gemachten Nebenkosten von 32,78 € und 16,27 € hat die Klägerin nicht. Die von ihr angestellte Berechnung beruht auf der Annahme, die Beklagte habe sich bei der von ihr erbrachten Teilzahlungen in Verzug befunden. Für einen Verzugseintritt hinsichtlich der Nebenkosten ist aber nichts ersichtlich.
5. Die Klägerin hat daher gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in Höhe von 19 x 9.457,76 € + 4.728,33 € + 5.614,98 € - 3.362,28 € = 186.678,47 €.
II. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB. Die Parteien sind nicht Verbraucher, so dass § 288 Abs. 2 BGB Anwendung findet. Die Regelung des § 6 Abs. 6 des Mietvertrages steht nicht entgegen, da § 6 Abs. 6 Satz 2 des Vertrages ausdrücklich weitergehende Schuldansprüche unberührt lässt. Im Übrigen sollte die Regelung des Mietvertrages die Zinsansprüche gegenüber den damals geltenden gesetzlichen Vorschriften erweitern, so dass sie nicht im Sinne einer Einschränkung der heute gültigen gesetzlichen Regelungen über die Höhe des Verzugszinses ausgelegt werden kann.
II. Die zulässige Hilfswiderklage ist unbegründet, weil - wie dargelegt - der Beklagten kein Recht zur Minderung des Mietzinses zusteht.
B. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 91 a, 269 Abs. 3, 709 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren die Kosten gemäß § 91 a ZPO der Beklagten aufzuerlegen, weil sie ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses auch hinsichtlich des durch Zahlung erledigten Teils unterlegen wäre. Soweit die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen hat, waren ihr in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO keine Kosten aufzuerlegen, weil die ursprüngliche Zuvielforderung gering war und keine zusätzlichen Kosten ausgelöst hat.
LG Dortmund:
Urteil v. 13.07.2005
Az: 5 O 38/03
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