Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 22. Februar 2012
Aktenzeichen: 16 A 1456/08

(OVG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 22.02.2012, Az.: 16 A 1456/08)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. April 2008 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der 1965 in L. geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er erwarb erstmals im Jahr 1984 eine deutsche Fahrerlaubnis der damaligen Klassen 1 und 3. Mit Strafbefehl vom 19. August 1991 verurteilte ihn das Amtsgericht L. wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholkonzentration 2,61 Promille) zu einer Geldstrafe und entzog ihm die Fahrerlaubnis. Am 20. Juli 1992 wurde ihm die Fahrerlaubnis nach Ablauf einer neunmonatigen Sperrfrist neu erteilt. Nachdem er im August 1995 erneut unter Alkoholeinfluss (Blutalkoholkonzentration 3,04 Promille) am Straßenverkehr teilgenommen und dabei einen Unfall verursacht hatte, verurteilte ihn das Amtsgericht L. durch Strafbefehl vom 11. Oktober 1995 wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs wiederum zu einer Geldstrafe. Zugleich entzog es ihm die Fahrerlaubnis unter Anordnung einer Wiedererteilungssperre von 17 Monaten.

Einen nach Ablauf der Sperrfrist gestellten Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis nahm der Kläger am 11. Juli 1997 nach Durchführung einer medizinischpsychologischen Untersuchung zurück.

Mit Strafbefehl vom 10. Mai 2004 verurteilte das Amtsgericht L. den Kläger wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe.

Am 28. Mai 2007 erwarb der Kläger eine polnische Fahrerlaubnis der Klassen B und C. In dem am selben Tag ausgestellten Führerschein ist als Wohnsitz die polnische Ortschaft E. (Stadt X. , Landkreis L1. ) eingetragen.

Am 8. Oktober 2007 sprach der Kläger bei der Beklagten vor, um eine Fahrerkarte nach § 5 der Fahrpersonalverordnung zu beantragen. Ausweislich eines in diesem Zusammenhang gefertigten Aktenvermerks verwies er auf die polnische Fahrerlaubnis und gab an: "Ich habe in T. gewohnt. Die Adresse nenne ich Ihnen nicht. Ohne meinen Anwalt gebe ich hier keine weitere Auskunft. Ich habe 2-3 Monate Arbeitslosengeld bezogen und es wurde dann eingestellt. Ich habe den neuen Job seit 1. Juni 2006 bei der Firma C. , L. (hierbei handelt es sich um ein Transportunternehmen), und übe diesen seitdem aus. Ich habe mich nicht ein halbes Jahr in Polen aufgehalten, sondern bin immer ...". Danach brach er seine Angaben ab. Bei der Vorsprache bemerkte die Sachbearbeiterin einen starken Alkoholgeruch. Darauf angesprochen erklärte der Kläger, am Vortag auf einem Geburtstag gewesen zu sein.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 hörte die Beklagte den Kläger zu der Absicht an, ihm das Recht abzuerkennen, von seiner polnischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe sich im Zuge des Erwerbs der Fahrerlaubnis nicht an mindestens 185 Tagen in Polen aufgehalten. Dies ergebe sich daraus, dass er ununterbrochen in L. gemeldet gewesen sei. Zudem seien die Angaben zu einem angeblichen Aufenthalt in Polen unschlüssig. Die polnische Fahrerlaubnis sei vor diesem Hintergrund unter Verstoß gegen das europarechtlich vorgegebene Wohnsitzprinzip sowie unter Umgehung einer nach nationalem Recht erforderlichen medizinischpsychologischen Untersuchung erworben worden. Gleichwohl werde ihm im Hinblick auf die schwierige europäische Rechtslage die Möglichkeit gegeben, seine durch die wiederholte Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss in Frage stehende Kraftfahreignung durch Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens nachzuweisen. Werde das Gutachten nicht binnen einer Frist von 12 Wochen vorgelegt, habe das den Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge.

Durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. November 2007 wandte sich der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Reichweite des gemeinschaftsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes gegen die verlangte Begutachtung und legte vorsorglich Widerspruch ein.

Daraufhin entzog ihm die Beklagte mit Bescheid vom 16. November 2007 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die polnische Fahrerlaubnis mit der Folge der Aberkennung des Rechts, von dieser im Inland Gebrauch zu machen (Ziffer 1 und 2). Gleichzeitig forderte sie den Kläger auf, seinen polnischen Führerschein zur Eintragung eines vorläufigen Sperrvermerks spätestens bis zum 29. November 2007 vorzulegen (Ziffer 3), und drohte ihm für den Unterlassensfall ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro an (Ziffer 4). Für die ergriffenen Maßnahmen setzte sie Gebühren in Höhe von insgesamt 112,80 Euro sowie Auslagen in Höhe von 3,45 Euro fest (Ziffer 5).

Der Kläger hat am 23. November 2007 Klage erhoben, zu deren Begründung er geltend gemacht hat, dass die Entziehung der in Polen erworbenen Fahrerlaubnis gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoße.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28. April 2008 abgewiesen. Zur Begründung heißt es dort im Kern, dass der Erwerb der polnischen Fahrerlaubnis sich als rechtsmissbräuchlich darstelle. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass er im Zusammenhang mit der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit gestanden habe. Vielmehr habe der Kläger lediglich die strengeren Anforderungen an die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis in Deutschland umgehen wollen. Ihm sei es deshalb im Ergebnis verwehrt, sich auf die für ihn günstigeren gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zu berufen.

Am 24. Mai 2008 hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese zuletzt im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Europäische Gerichtshof habe in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 den vom Verwaltungsgericht herangezogenen Missbrauchsgedanken verworfen. Soweit der Europäische Gerichtshof nunmehr an das Wohnsitzerfordernis anknüpfend eine begrenzte Verwerfungskompetenz des sog. Aufnahmestaats anerkenne, führe das vorliegend nicht weiter. Der fragliche Führerschein weise auf einen Wohnsitz in Polen hin. Davon abgesehen fehle es an einer zutreffenden Ermessensbetätigung der Beklagten.

In der mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 2010 hat der Senat die Einholung einer sachverständigen Auskunft des Instituts für Ostrecht N. e.V. (IOR) zu den melde- und/oder aufenthaltsrechtlichen Verpflichtungen deutscher Staatsangehöriger in der Republik Polen beschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beweisbeschluss verwiesen.

Nach entsprechender Auskunft durch das IOR vom 29. Oktober 2010, auf die hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat sich der Senat an die Meldebehörde der Stadt X. gewandt und insbesondere um Mitteilung darüber gebeten, ob und gegebenenfalls für welche Dauer der Kläger im zeitlichen Zusammenhang mit der Ausstellung der polnischen Fahrerlaubnis am 28. Mai 2007 in der Republik Polen den dortigen innerstaatlichen Erfordernissen entsprechend gemeldet war. Diese hat daraufhin mit Schreiben vom 28. Juni 2011 erklärt, der Kläger sei in dem Zeitraum vom 9. Mai bis zum 9. September 2007 zum zeitweiligen Aufenthalt in E. gemeldet gewesen.

Mit Schriftsatz vom 12. August 2011 hat der Kläger geltend gemacht, die Auskunft der Stadt X. sei nicht zutreffend bzw. nicht vollständig. Richtig sei vielmehr, dass er bereits seit August 2006 in Polen wohnhaft und seit dem 11. August 2006 dort auch gemeldet gewesen sei. Zum Beleg hat er die Kopie einer Quittung über die Anzahlung von 1.700 Euro bei einer Fahrschule in T. vom 11. August 2006 sowie die Kopie einer polnischen Aufenthaltsberechtigung vom 25. August 2006 bis zum 19. August 2011 vorgelegt, in der eine Adresse in O. X1. vermerkt ist.

Nach Aufforderung durch den Senat anzugeben, von wann bis wann er unter welcher Anschrift in Polen gemeldet gewesen sei, hat der Kläger sodann vorgetragen, dass er seit dem 25. August 2006 in Polen ansässig und gemeldet gewesen sei, und wegen der sonstigen Einzelheiten auf die bereits zu den Akten gereichte Aufenthaltsberechtigung verwiesen.

Der Senat hat diese Angaben zum Anlass genommen, sich mit einem weiteren Auskunftsersuchen nunmehr an die Gemeinde O. X1. zu wenden, die unter dem 3. Oktober 2011 mitgeteilt hat, der Kläger habe dort für den Zeitraum vom 11. August bis 8. November 2006 einen befristeten Aufenthalt angemeldet. Hierzu hat sich der Kläger nachfolgend nicht mehr geäußert.

In der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2012 hat die Beklagte Ziffer 1 ihrer Ordnungsverfügung vom 16. November 2007 dahin umgedeutet, dass festgestellt wird, dass der Kläger nicht berechtigt ist, von seiner am 28. Mai 2007 erworbenen polnischen Fahrerlaubnis ab Zustellung dieser Verfügung im Bundesgebiet Gebrauch zu machen.

Der Kläger beantragt im Hinblick darauf,

den Rechtsstreit hinsichtlich der ursprünglichen Ordnungsverfügung für erledigt zu erklären,

im Übrigen beantragt er,

die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. November 2007 in der umgedeuteten Fassung aufzuheben.

Die Beklagte tritt dem klägerischen Begehren entgegen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach einer Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 5. Mai 2010 hat die Staatsanwaltschaft T. im April 2009 Ermittlungen gegen den Kläger im Zusammenhang mit dem Fahrerlaubniserwerb aufgenommen.

Ein Antrag des Klägers auf Regelung der Vollziehung ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben. Einen Änderungsantrag gemäß § 80 Abs. 7 VwGO hat der Senat mit Beschluss vom 26. Mai 2010 abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich des zugehörigen Eilverfahrens VG Düsseldorf 6 L 1951/07 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

I. Die Klage gegen die teilweise umgedeutete Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. November 2007 ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist nach Umdeutung der unter Nr. 1 verfügten Fahrerlaubnisbeschränkung in einen feststellenden Verwaltungsakt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 16. November 2007 regelte in ihrer ursprünglichen Fassung die in ihrer Wirkung auf das Bundesgebiet beschränkte Entziehung der dem Kläger in Polen erteilten Fahrerlaubnis. Diese Entscheidung hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Recht in die Feststellung umgedeutet, dass der Kläger nicht berechtigt ist, von seiner am 28. Mai 2007 erworbenen polnischen Fahrerlaubnis ab Zustellung des Bescheids vom 16. November 2007 im Bundesgebiet Gebrauch zu machen.

Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann gemäß § 47 Abs. 1 VwVfG NRW in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Zudem darf die Umdeutung nicht nach § 47 Abs. 2 und 3 VwVfG NRW ausgeschlossen sein. Darüber hinaus schreibt Absatz 4 der Vorschrift die Anhörung des Betroffenen entsprechend § 28 vor. Diese Bedingungen sind hier erfüllt.

a) Die unter Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids verfügte Aberkennung des Rechts des Klägers, von seiner polnischen Fahrerlaubnis auch in Deutschland Gebrauch zu machen, war rechtswidrig. Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung, hier also des Bescheids vom 16. November 2007. Zugrunde zu legen sind danach das Straßenverkehrsgesetz StVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl I S. 310, ber. S. 919), bis dahin zuletzt geändert durch Art. 26 des Gesetzes vom 7. September 2007 (BGBl I S. 2246), und die Fahrerlaubnis-Verordnung FeV vom 18. August 1998 (BGBl I S. 2214) in der Fassung durch Art. 2 des Gesetzes vom 19. Juli 2007 (BGBl I S. 1460). Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Wenn es sich um eine ausländische Fahrerlaubnis handelt, hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 StVG). Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis; bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland (§ 46 Abs. 5 Satz 2 FeV). Die Voraussetzungen für eine Fahrerlaubnisbeschränkung nach diesen Vorschriften lagen nicht vor.

Das ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass es der Aberkennungsentscheidung an einem Bezugsobjekt, d. h. einer im Inland gültigen Fahrerlaubnis, mangelte. Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts inzwischen entschieden, dass die in einem anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaat wie vorliegend der Fall (dazu unten) unter Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis erteilte Fahrerlaubnis von Anfang an kraft Gesetzes nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland berechtigt (§ 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV in der bis zum 18. Januar 2009 geltenden Fassung [a. F.] bzw. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der am 19. Januar 2009 in Kraft getretenen Neufassung [n. F.]).

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 3 C 25.10 , juris, Rdnr. 13 ff., 16 (= NJW 2012, 96).

Jedoch konnte die Beklagte bei Erlass der Verfügung nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Reichweite des gemeinschaftsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes nicht sicher davon ausgehen, dass sie dem Kläger die in § 28 Abs. 4 FeV geregelten Ausnahmen von der inländischen Geltung einer EU-Fahrerlaubnis und insoweit auch den von ihr im Ergebnis mit Recht angenommenen Wohnsitzverstoß entgegenhalten durfte. Um gleichwohl zu gewährleisten, dass der Kläger im Falle nicht gegebener Kraftfahreignung in Deutschland kein Kraftfahrzeug würde führen dürfen, war sie daher berechtigt, die Geltung der polnischen Fahrerlaubnis im Inland zu unterstellen und ein förmliches Aberkennungsverfahren durchzuführen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 3 C 26.07 , juris, Rdnr. 25 (= BVerwG 132, 315).

War der Beklagten somit grundsätzlich der Weg zu einer förmlichen Aberkennungsentscheidung eröffnet, war sie im Weiteren aber an die rechtlichen Voraussetzungen eines solchen Verfahrens gebunden, zu denen insbesondere der Nachweis fehlender Eignung gehört.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008, a. a. O.

Dieser Nachweis war vorliegend nicht geführt. Die Beklagte konnte nicht gemäß § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 8 FeV auf die fehlende Kraftfahreignung des Klägers schließen. Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Anwendung dieser Regelung steht hier entgegen, dass die Beklagte die Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens gegenüber dem Kläger nicht ausdrücklich angeordnet hat. Das Schreiben vom 29. Oktober 2007 war vielmehr lediglich als Angebot an den Kläger formuliert, seine Kraftfahreignung mittels Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens nachzuweisen. Ein solches Angebot, das von einer Pflicht des Fahrerlaubnisinhabers zum Nachweis seiner Kraftfahreignung und damit von einer unzutreffenden rechtlichen Prämisse ausgeht, kann angesichts der für den Betroffenen aus der Nichtvorlage des Gutachtens erwachsenden gravierenden Konsequenzen einer strikten Begutachtungsanordnung regelmäßig und so auch hier nicht gleichgesetzt werden.

b) Der infolge der Umdeutung anzunehmende feststellende Verwaltungsakt ist auf das gleiche Ziel wie die förmliche Aberkennungsverfügung gerichtet, nämlich darauf zu verhindern, dass der Kläger aufgrund der polnischen Fahrerlaubnis im Inland ein Kraftfahrzeug führt. Eine Feststellung des Inhalts, dass die polnische Fahrerlaubnis den Kläger nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt, hätte die Beklagte in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig erlassen können. Zwar fehlte es in § 28 Abs. 4 FeV a. F. anders als in der Neufassung der Vorschrift, deren Satz 2 der Fahrerlaubnisbehörde in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 nunmehr die Möglichkeit zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts über die fehlende Inlandsberechtigung einräumt, an einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung, durch feststellenden Verwaltungsakt zu handeln. Jedoch reicht es aus, wenn die Ermächtigungsgrundlage für eine Feststellung dem Gesetz im Wege der Auslegung unter Rückgriff auf den Normzweck entnommen werden kann.

Ständige Rechtsprechung, siehe etwa BVerwG, Urteile vom 22. Oktober 2003 6 C 23.02 , juris, Rdnr. 14 (= BVerwGE 119,123), und vom 14. Februar 2007 6 C 28.05 , juris, Rdnr. 29 (= Buchholz 442.066 § 150 TKG Nr. 3), jeweils mit weiteren Nachweisen.

So verhält es sich hier. Auch wenn die sich aus § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV a. F. ergebende Rechtsfolge kraft Gesetzes gilt, ist das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zwischen der Fahrerlaubnisbehörde und dem betroffenen Fahrerlaubnisinhaber häufig umstritten. Aus Gründen der Rechtsklarheit besteht daher nicht zuletzt angesichts der Bestimmung des § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, die das Fahren ohne Fahrerlaubnis unter Strafe stellt, ein praktisches Bedürfnis für eine verbindliche Feststellung der fehlenden Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Eine entsprechende Feststellung treffen zu dürfen, entspricht in diesen Fällen dem Normzweck des § 28 Abs. 4 FeV a. F.

VGH Bad.-Württ., Urteile vom 9. September 2008 10 S 994/07 , juris, Rdnr. 24 (= DAR 2008, 660), und vom 16. September 2008 10 S 2925/06 , juris, Rdnr. 29 (= ZfSch 2009, 56); Saarl. OVG, Urteil vom 2. Dezember 2009 1 A 472/08 , juris, Rdnr. 103 (= DAR 2010, 416 [nur Leitsatz]).

c) Die materiellrechtlichen Anforderungen an den Erlass der angefochtenen Feststellung waren sowohl im Zeitpunkt des Ergehens des umgedeuteten Verwaltungsakts als auch im Zeitpunkt der Umdeutung erfüllt. Der Kläger war und ist gemäß § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a. F. bzw. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV n. F. nicht berechtigt, mit seiner in Polen erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen.

Zu der Frage, auf welchen Zeitpunkt sich das Erfordernis der materiellen Rechtmäßigkeit des umgedeuteten Verwaltungsakts bezieht, vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 47 Rdnr. 19; Meyer, in: Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 47 Rdnr. 12.

aa) Nach § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV in der bei Erlass des Bescheids vom 16. November 2007 noch maßgeblichen Ursprungsfassung vom 18. August 1998 (BGBl I S. 2214) galt die Berechtigung, Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie was hier nicht in Rede steht als Student oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

Diese Voraussetzungen für eine Nichtanerkennung einer EU-/EWR-ausländischen Fahrerlaubnis waren hier auch unter Beachtung der europarechtlich gebotenen einschränkenden Auslegung der Norm gegeben.

Der vom Europäischen Gerichtshof in Auslegung von Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 sowie 8 Abs. 2 und 4 der vorliegend noch heranzuziehenden Richtlinie 91/439/EWG entwickelte Anerkennungsgrundsatz sieht im Ausgangspunkt die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine (Fahrerlaubnisse) ohne jede Formalität vor. Es ist grundsätzlich Aufgabe des Ausstellermitgliedstaats zu prüfen, ob die im Gemeinschaftsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, namentlich diejenigen hinsichtlich des Wohnsitzes und der Fahreignung, erfüllt sind. Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat erteilten Führerscheins ist als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber des Führerscheins am Tag der Erteilung diese Voraussetzungen erfüllte. Eine Verpflichtung zur Anerkennung einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis besteht jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn der neue Führerschein unter Missachtung der in der Richtlinie geregelten Wohnsitzvoraussetzung ausgestellt worden ist, weil zum Zeitpunkt der Ausstellung sein Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedsstaats hatte, und dieser Umstand auf der Grundlage von Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht.

Vgl. EuGH, Urteile vom 26. Juni 2008 C329/06 und C343/06 (Wiedemann u. a.) , Slg. 2008, I-4635, Rdnr. 72 (= NJW 2008, 2403), sowie C334/06 bis C336/06 (Zerche u. a.), Slg. 2008, I-4691, Rdnr. 69 (= DAR 2008, 459).

Die Aufzählung der zu einer Ausnahme vom Anerkennungsgrundsatz berechtigenden Erkenntnisquellen in den Urteilen Wiedemann und Funk sowie Zerche u. a. ist abschließend.

Vgl. EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 C445/08 (Wierer) , Rdnr. 53 ff. (= DAR 2009, 637); BVerwG, Urteile vom 25. Februar 2010 3 C 15.09 , juris, Rdnr. 15 (= BVerwGE 136, 149), und 3 C 16.09, juris, Rdnr. 16 (= VRS 119 [2010], 58).

Damit ist der früheren Rechtsprechung des Senats, allein aufgrund eines Eingeständnisses des Fahrerlaubnisinhabers oder aufgrund ihm als eigener Verlautbarung zurechenbarer Angaben auf einen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG zu schließen, die Grundlage entzogen. Zugleich steht fest, dass auch der vom Verwaltungsgericht herangezogene Einwand des Rechtsmissbrauchs ungeeignet ist, vom gemeinschaftsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz abzuweichen.

Ablehnend zu diesem Ansatz zuletzt EuGH, Urteil vom 1. März 2012 C467/10 (Akyüz) , Rdnr. 76.

Allerdings liegen aufgrund der vom Senat eingeholten Auskünfte der Stadt X. vom 28. Juni 2011 sowie der Gemeinde O. X1. vom 3. Oktober 2011 nunmehr vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vor, aus denen sich ergibt, dass der Kläger im Zeitpunkt des Erwerbs der polnischen Fahrerlaubnis am 28. Mai 2007 seinen ordentlichen Wohnsitz entgegen der im Führerschein vorgenommenen Eintragung nicht im Gebiet der Republik Polen hatte.

Als ordentlicher Wohnsitz gilt nach Art. 9 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen gewöhnlich, d. h. an mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt, wobei allein die Absicht des Wohnens nicht genügt.

BVerwG, Beschluss vom 21. September 2011 - 3 B 28.11 -, juris, Rdnr. 7.

Diese Anforderungen waren im Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung bezogen auf die Stadt X. oder einen anderen Ort auf dem Gebiet der Republik Polen unbestreitbar nicht erfüllt. Ausweislich der dortigen Mitteilung war der Kläger in der Zeit vom 9. Mai bis zum 9. September 2007 zum zeitweiligen Aufenthalt in X. gemeldet. Daraus folgt ein Meldezeitraum von lediglich 124 Tagen. Dass er über den melderechtlich erfassten Zeitraum hinaus gleichwohl in dem erforderlichen zeitlichen Umfang in Polen gewohnt haben könnte, etwa indem er dort schon im August 2006 einen ordentlichen Wohnsitz begründet und diesen auch noch bei Erteilung der Fahrerlaubnis Ende Mai 2007 unterhalten hat, kann mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Gewissheit verneint werden.

Zur Geltung dieses Maßstabs richterlicher Überzeugungsbildung für die Bejahung eines Wohnsitzverstoßes aufgrund "unbestreitbarer Informationen", vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 18. Juni 2010 10 A 10411/10 , juris, Rdnr. 30 (= Blutalkohol 47 [2010], 366).

Die auf eine entsprechende Behauptung des Klägers eingeholte Auskunft der Gemeinde O. X1. bestätigt zwar die Anmeldung eines befristeten Aufenthalts zum 11. August 2006, dieser endete jedoch bereits am 8. November 2006. Anhaltspunkte für die Anmeldung eines weiteren, längerfristigen Aufenthalts im unmittelbaren Anschluss daran sind weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insoweit muss schließlich auch davon ausgegangen werden, dass die melderechtlich dokumentierte Situation den tatsächlichen Aufenthaltsverhältnissen des Klägers entsprach. Denn angesichts dessen, dass der Kläger der in Polen bestehenden Meldepflicht wiederholt nachgekommen ist, wäre nicht nachvollziehbar, warum er sich trotz längeren tatsächlichen Aufenthalts nur vier bzw. etwa drei Monate gemeldet haben sollte. Eine andere Bewertung ergibt sich im Übrigen nicht daraus, dass die vom Kläger im Berufungsverfahren (in Kopie) vorgelegte Aufenthaltsberechtigung eine Gültigkeitsdauer vom 25. August 2006 bis zum 19. August 2011 ausweist. Das Bestehen eines solchen Aufenthaltstitels sagt für sich genommen über eine Wohnsitznahme im Sinne von Art. 9 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG nichts aus.

Dass die Umstände, aus denen sich der Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis ergibt, erst durch die Ermittlungen des Senats zu Tage getreten sind, hindert deren Verwertung nicht. Sowohl gemeinschaftsrechtlich als auch nach innerstaatlichem Recht sind Nachforschungen der Fahrerlaubnisbehörden oder der Verwaltungsgerichte zum ordentlichen Wohnsitz des Betroffenen zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung bei den Behörden des Ausstellermitgliedstaats zulässig, sofern ernstliche Zweifel daran bestehen, dass der Erwerber der Fahrerlaubnis bei deren Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat hatte.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 2010 3 C 15.09 , a. a. O., Rdnr. 19 ff., und 3 C 16.09, a. a. O., Rdnr. 20 ff., jeweils unter Bezugnahme auf EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 C445/08 (Wierer) , a. a. O., Rdnr. 58 ff., 63.

Derartige ernstliche Zweifel waren vorliegend gegeben. Sie resultierten zunächst daraus, dass der Kläger selbst ausweislich der Gesprächsniederschrift vom 8. Oktober 2007 gegenüber der Beklagten wenngleich ohne den begonnenen Satz zu beenden erklärt hat, sich nicht ein halbes Jahr in Polen aufgehalten zu haben. Zudem war er nach eigener Einlassung seit Juni 2006 und somit auch während der Zeit des angeblichen Aufenthalts in Polen durchgängig bei einer Firma in L. beschäftigt. Ferner war (oder ist) er Ziel staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen in Polen, die offenbar durch den dort entstandenen Verdacht eines unrechtmäßigen Führerscheinerwerbs ausgelöst worden sind.

Schließlich ist mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Mai 2011

C-184/10 (Grasser) , juris (= DAR 2011, 171),

nunmehr geklärt, dass allein eine nach den oben beschriebenen Grundsätzen offenkundige Verletzung des Wohnsitzerfordernisses ausreicht, die Befugnis des Aufnahmemitgliedstaats zur Nichtanerkennung der EU-/EWR-Fahrerlaubnis auszulösen, es mit anderen Worten nicht erforderlich ist, dass der Aufnahmemitgliedstaat auf den Fahrerlaubnisinhaber zuvor eine Maßnahme im Sinne des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG angewandt hat.

bb) Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass vorliegend auch die Voraussetzungen einer Inlandsungültigkeit der polnischen Fahrerlaubnis des Klägers nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der im Zeitpunkt der Umdeutung maßgeblichen Fassung der Dritten Änderungsverordnung zur Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) erfüllt sind. Die Neufassung der Vorschrift unterscheidet sich von der Vorgängerbestimmung lediglich dadurch, dass sie die sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergebenden Anforderungen an den Nachweis einer Verletzung des Wohnsitzerfordernisses im Normtext nachvollzieht und damit nur das regelt, was ohnehin schon galt.

d) Die Umdeutung ist nicht gemäß § 47 Abs. 2 VwVfG NRW ausgeschlossen. Die Feststellung der Nichtberechtigung des Klägers, von der in Polen erworbenen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrach zu machen, steht offensichtlich nicht im Widerspruch zu der erkennbaren Absicht der Beklagten bei Erlass des ursprünglichen Verwaltungsakts (vgl. Satz 1 Halbsatz 1). Ihre Rechtsfolgen für den Kläger sind auch nicht ungünstiger als die der fehlerhaften Aberkennungsentscheidung (vgl. Satz 1 Halbsatz 2). Der umgedeutete Verwaltungsakt stellt zum einen lediglich die sich bereits aus dem Gesetz ergebende Rechtsfolge klar. Zum anderen hat die Beklagte die feststellende Wirkung ausdrücklich erst auf den Zeitpunkt der Zustellung des Bescheids vom 16. November 2007 bezogen, zu dem auch die Aberkennungsverfügung nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW dem Kläger gegenüber wirksam geworden ist. Schließlich wäre die Rücknahme von Ziffer 1 des Bescheids vom 16. November 2007 nicht unzulässig (vgl. Satz 2), da fehlerhafte belastende Verwaltungsakte nach § 48 Abs. 1 VwVfG NRW ohne weitere Einschränkungen zurückgenommen werden dürfen.

e) Ebenso wenig führt § 47 Abs. 3 VwVfG NRW zum Ausschluss der Umdeutung. Die festgestellte Rechtsfolge aus § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a. F. bzw. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV n. F. steht genauso wie die auf § 3 Abs. 1 StVG und § 46 Abs. 1 und 3 FeV gründende Aberkennung des Rechts des Klägers, von seiner polnischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, nicht im Ermessen der Beklagten.

f) Die nach § 47 Abs. 4 i. V. m. § 28 VwVfG NRW vorgeschriebene Anhörung ist erfolgt. Der Kläger hatte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Gelegenheit, zur Absicht der Umdeutung der gegen ihn ergangenen Aberkennungsverfügung Stellung zu nehmen.

2. Auch die sonstigen von der Beklagten unter Ziffer 3 bis 5 des angefochtenen Bescheids getroffenen Regelungen sind nicht zu beanstanden. Die Anordnung zur Vorlage des Führerscheins zwecks Eintragung eines Sperrvermerks findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i. V. m. § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Die Androhung eines Zwangsgelds zur Durchsetzung der Vorlagepflicht ergibt sich aus §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 Abs. 1, 63 VwVG NRW. Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 6a StVG i. V. m. § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Die Verpflichtung des Klägers zum Auslagenersatz folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt.

II. Soweit der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Umdeutung der Ziffer 1 des Bescheids vom 16. November 2007 einseitig für erledigt erklärt hat, ist der darin liegende Erledigungsfeststellungsantrag jedenfalls unbegründet.

Die Umdeutung hat nicht zu einer teilweisen Erledigung des Rechtsstreits geführt. Das folgt daraus, dass bei der Umdeutung nach § 47 VwVfG NRW lediglich die zunächst begründete Rechtsfolge durch eine andere, auf das gleiche Regelungsziel gerichtete Rechtsfolge ersetzt wird, während der ursprünglich erlassene Verwaltungsakt aufrechterhalten bleibt,

vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 47 Rdnr. 4; Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2010, § 47 Rdnr. 7; Ziekow, VwVfG, 2. Aufl. 2010, § 47 Rdnr. 1,

und der Kläger seine Klage gegen die dergestalt modifizierte Ordnungsverfügung fortgeführt hat. Zwar kann ein Verfahrensbeteiligter auf die durch eine Umdeutung des angefochtenen Verwaltungsakts gegebenenfalls bewirkte Verschlechterung seiner Prozessaussichten dadurch reagieren, dass er das Verfahren insgesamt für erledigt erklärt. Eine solche Erklärung hat der Kläger jedoch nicht abgegeben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 22.02.2012
Az: 16 A 1456/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/deb79465f664/OVG-Nordrhein-Westfalen_Urteil_vom_22-Februar-2012_Az_16-A-1456-08




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share