Landgericht Augsburg:
Urteil vom 8. September 2009
Aktenzeichen: 2HK O 1630/09

(LG Augsburg: Urteil v. 08.09.2009, Az.: 2HK O 1630/09)

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines fu€r jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs fu€r ein Abschlepp- und Parkplatzu€berwachungsunternehmen,

a) Lichtbildaufnahmen von solchen Abschleppfahrzeugen, die nicht seinem Geschäftsbetrieb angehören oder anderweitig mit ihm in geschäftlicher Verbundenheit stehen im Rahmen seiner Internetpräsenz der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne ausdrucklieh darauf hinzuweisen, dass die abgebildeten Abschleppfahrzeuge nicht seinem Geschäftsbetrieb angehören oder anderweitig mit ihm in geschäftlicher Verbundenheit stehen,

b) die Domain www.p...-polizei.de als Untemehmenshinweis oder/und als Kontaktmöglichkeit zu benutzen,

c) auf seine Mitgliedschaft im Bundesverband der Polizei-Basis-Gewerkschaften e.V. unter Veröffentlichung seines Mitgliedsausweises

hinzuweisen,

d) eine Servicedienstrufnummer als Kontaktinformation zu verwenden,

ohne dabei den fu€r die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Preis zeitabhängig je Minute oder zeitunabhängig je Inanspruchnahme einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile gut lesbar, deutlich sichtbar und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer anzugeben.

II. Der Beklagte wird weiter verurteilt an die Klägerin weitere 1.005,40 € an vorgerichtlichen Anwaltskosten nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten u€ber dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 33.300,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt einen Abschlepp-, Pannen- und Bergungsdienst. Der Beklagte betreibt ein Parkraumu€berwachungsuntemehmen und schleppt im Rahmen seines Unternehmens auch Fahrzeuge ab, die auf von ihm zu u€berwachenden Parkplätzen rechtswidrig parken.

Auf der Internetpräsenz des Beklagten www.....de machte der Beklagte in einer Bildergalerie Lichtbildaufnahmen von Abschleppvorgängen zugänglich. Unter den veröffentlichten Bildern befanden sich mehrere, die einen Abschleppvorgang durch die Klägerin oder durch andere Unternehmen die nicht mit dem Unternehmen des Beklagten in geschäftlicher Verbundenheit stehen, zeigen.

Daru€ber. hinaus warb der Beklagte mit der Intemetdomain www.p...polizei.de, u€ber die eine Umleitung zur Domain des Beklagten www.....de erfolgte. Außerdem bot der Beklagte u€ber die Domain www.p...-polizei.de seine Geschäftsbroschu€re zum Abruf an.

Unter der Domain www.....de weist der Beklagte darauf hin, dass er Mitglied im Bundesverband der Polizei-Basis-Gewerkschaften e.V. sei. Unter anderem ist ein auf den Beklagten lautender Mitgliedsausweis mit Polizeistern und den Buchstaben BPG zu sehen.

Auf den vom Beklagten zu u€berwachenden Parkplätzen stellt der Beklagte Schilder mit der Rufnummer 0900-5-... auf, ohne auf die Mehrgebu€hren hinzuweisen. Tatsächlich kann ein Anruf bei dieser Sondernummer bis zu 2.79 € pro Minute kosten.

Die Klägerin sieht in dem Verhalten des Beklagten unlautere Wettbwerbshandlungen nach §§ 3, 4 Nr. 11, 5 UWG, weil der Beklagte u€ber den Umfang seines Betriebes und der zur Verfu€gung stehenden Ausru€stung täusche. Außerdem weil er mit dem Begriff Polizei einen unlauteren Autoritätsbezug herstelle, der den Verkehr u€ber die Bedeutung des Unternehmens des Beklagten in die Irre fu€hre.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr hinsichtlich aller Handlungen ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG zustehe.

Die Klägerin hat den Beklagten deswegen vorgerichtlich abgemahnt.

Mit der Klage macht sie nunmehr gerichtlich ihren Unterlassungsanspruch geltend und zusätzlich die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung.

Die Klägerin beantragt:

1. Den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines fu€r jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu

250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs fu€r ein Abschlepp- und Parkplatzu€berwachungsunternehmen,

a) Lichtbildaufnahmen von solchen Abschleppfahrzeugen, die nicht seinem Geschäftsbetrieb angehören oder anderweitig mit ihm in geschäftlicher Verbundenheit stehen im Rahmen seiner Internetpräsenz der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne ausdru€cklich darauf hinzuweisen, dass die abgebildeten Abschleppfahrzeuge nicht seinem Geschäftsbetrieb angehören oder anderweitig mit ihm in geschäftlicher Verbundenheit stehen,

b) die Domain www.p...-polizei.de als Untemehmenshinweis oder/und als Kontaktmöglichkeit zu benutzen,

c) auf seine Mitgliedschaft im Bundesverband der Polizei Basis-Gewerkschaften e.V. unter Veröffentlichung seines Mitgliedsausweises hinzuweisen,

d) eine Servicedienstrufnummer als Kontaktinformation zu verwenden,

ohne dabei den fu€r die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Preis zeitabhängig je Minute oder zeitunabhängig je Inanspruchnahme einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile gut lesbar, deutlich sichtbar und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer anzugeben.

2. Der Beklagte wird weiter verurteilt an die Klägerin weitere 1.005,40 € an vorgerichtlichen Anwaltskosten nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten u€ber dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Er bestreitet den Sachverhalt im Wesentlichen nicht, macht aber zusätzlich geltend, dass sich die von den Parteien betriebenen Unternehmen in Größe und Umfang erheblich unterscheiden wu€rden. Der Beklagte betreibe sein Unternehmen erst seit August bundesweit, während es sich bei der Klägerin um ein alteingesessenes lokal tätiges Unternehmen handle. Die Klägerin sei fu€r Polizei und Ordnungsämter tätig, während der Beklagte ausschließlich Aufträge fu€r Privatpersonen ausfu€hre. Die Klägerin sei nur in geringem Maße fu€r Privatpersonen tätig. Während die Klägerin allein auf Rechnung des Auftraggebers handle, mache der Beklagte ein an ihn abgetretenes Recht des Auftraggebers auf Kostenerstattung zur Beseitigung einer Besitzstörung direkt gegenu€ber dem Störer geltend. Die potentiellen Auftraggeber seien deshalb unterschiedlich.

Zu den Fahrzeugen der Klägerin macht der Beklagte geltend, dass jegliche Identifizierungsmerkmale unkenntlich gemacht worden seien. Er täusche auch nicht u€ber den Umfang seines Unternehmens, weil er teilweise im Besitz solcher abgebildeter Fahrzeuge sei und andere Abschleppfahrzeuge fu€r einzelne Aufträge anmiete. Außerdem seien die Fotos ebenso wie die Internetdomain www.p...-polizei.de und www.....de mittlerweile gelöscht. Zur Nutzung der 900er Servicenummer macht der Beklagte geltend, dass bei einem Anruf der Anrufer vor Beginn der Kostenpflicht auf die Kosten hingewiesen werde.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begru€ndet.

Es handelt sich allen vier Einzelfällen um eine unlautere Wettbewerbshandlung eines Mitbewerbers, so dass sich hinsichtlich jeder Handlung ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG ergibt.

1. Der Beklagte ist im Verhältnis zur Klägerin Mitbewerber im Sinne der §§ 3, 8 UWG. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist Mitbewerber jeder Unternehmer der mit einem Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht.

Ein solches konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen Unternehmen ist

jedenfalls dann anzunehmen, wenn sie gleichartige Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzunehmen versuchen mit der Folge, dass die beanstandete Wettbewerbshandlung das andere Unternehmen (den Mitbewerber) in seinem Absatz behindern oder stören kann. Erforderlich ist, dass sich beide Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen oder betätigen wollen (Hefermehl/Köhler/Bornkam UWG 26. Aufl. § 2 UWG Rdnr. 63). Unerheblich ist dabei aber, ob sich der Kundenkreis und das Angebot von Dienstleistungen völlig oder nur teilweise decken. Im Einzelnen ist festzustellen, dass sich beide Parteien auf einem gleichen sachlich relevanten Markt betätigen. Dies ist dann der Fall, wenn die von den Parteien nach ihren Eigenschaften, ihrem Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahe stehen, dass der verständige Nachfrager sie als austauschbar ansieht. Dies ist bei den Dienstleistungen der Klägerin und des Beklagten der Fall. Beide bieten Abschleppdienstleistungen an. Der Grundstu€ckseigentu€mer, den der Beklagte als potenziellen Kunden im Auge hat, kommt auch als Kunde fu€r die Klägerin in Betracht. Die entscheidende u€bereinstimmende Leistung ist dabei das Entfernen eines Fahrzeugs von einem Ort, an dem es verbotswidrig steht. Soweit sich die Leistungsabwicklung zwischen den Parteien unterscheidet, ist dieser Unterschied nachrangig.

Die Parteien sind auch auf einem sich u€berschneidenden räumlich relevanten Markt tätig. Unstreitig bieten beide Parteien ihre Dienste im Raum Augsburg an. Eine Werbemaßnahme des Beklagten kann sich hier zumindest auch auf den tatsächlichen oder potentiellen Kundenkreis der Klägerin auswirken. Diese Konkurrenz mag Sich insbesondere durch zusätzliche Leistungen des Beklagten wie Beitreibung von Forderungen noch verstärken.

Die Parteien sind damit im Verhältnis zueinander Mitbewerber.

2. Durch die Darstellung von Abschleppmaßnahmen, die nicht der Beklagte sondern die Klägerin vorgenommen hat, täuscht der Beklagte im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG u€ber wesentliche Merkmale seiner Dienstleistungen insbesondere nach deren Menge. Bzw. im Sinne von §5 Abs. 1 Nr. 3 nach dem Umfang der Befähigung. Auf die Frage, ob der Beklagte die Dienstleistungen, die er nicht erbracht hat, durch eigene Fahrzeuge oder durch angemretete Fahrzeuge hätte auch erbringen können kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass der Beklagte vorgibt, Dienstleistungen erbracht zu haben, die tatsächlich die Klägerin erbracht hat. Unerheblich ist insoweit auch, dass die Fahrzeuge anonymisiert sind. Durch die Örtlichkeiten und das abzuschleppende Fahrzeug ist der Vorgang ohnehin individualisiert.

Daru€ber hinaus belegt dieser Vorgang zusätzlich, dass die Parteien Wettbewerber sind. Wu€rde die Klägerin in einem anderen Markt tätig sein, könnte der Beklagte nicht mit Bildern von deren Tätigkeit fu€r sich selbst werben.

3. Durch die Verwendung des Begriffs Polizei im Sinne der Klageanträge 1. b) und 1. c) wirbt der Beklagte ebenfalls irrefu€hrend fu€r seine Dienstleistungen im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 3. Er spiegelt dabei Eigenschaften oder Rechte seines Unternehmens vor, die nicht bestehen. Mit der 8ezeichnung Parkplatz-Polizei nimmt der Beklagte fu€r sich eine Autorität in Anspruch, die er nicht hat. Der Beklagte ist gerade keine Polizei die Parkplätze u€berwacht.

Durch die Darstellung eines Mitgliedsausweises wird der unzutreffende

Eindruck erweckt, der Beklagte sei Polizist oder ehemaliger Polizist. Typischerweise sind Mitglieder einer Gewerkschaft die eine Berufsbezeichnung im Namen trägt solche, die diesen Beruf ausu€ben oder ausgeu€bt haben.

Tatsächlich hat der Beklagte aber keine irgendwie geartete Beziehung zur Polizei, außer dass sie im Auftrag der Staatsanwaltschaft gegen ihn tätig wird. Dass er im Gegensatz zur Klägerin von der Staatsanwaltschaft verfolgt werde und deshalb kein Wettbewerbsverhältnis bestehe hat der Beklagte fu€r sich - wenn wohl auch scherzhaft - selbst in der mu€ndlichen Verhandlung in Anspruch genommen.

4. Der Beklagte verwendet auf den Schildern an den von ihm u€berwachten Parkplätzen eine sog. 0900-Nummer. Das ist ein Premiumdienst im Sinn von §66 a TKG. §66 a TKG schreibt hierzu vor, dass derjenige er Dienste anbietet oder dafu€r wirbt dabei den fu€r die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Preis anzugeben hat, wobei die Angabe des Preises gut lesbar deutlich sichtbar und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer anzugeben ist. Einen derartigen Hinweis enthalten die Schilder des Beklagten nicht. Er verstößt damit gegen §66 a TKG.

Dass bei einem Anruf der Anrufer auf die Kosten im Rahmen des Telefonats vor Auslösung der Kostenpflicht hingewiesen wird, ändert daran nichts. Insoweit handelt es sich um eine eigenständige zusätzliche Anforderung nach §66 b TKG. § 66 b TKG kann insoweit nicht auf die Spezialnorm zu § 66 a TKG verstanden werden. Die Zielrichtung der Regelung ist unterschiedlich. Nach §66 a TKG soll der Adressat der Werbung oder des Angebots bereits vor einem Anruf auf die Kostenpflicht hingewiesen werden.

Bei § 66 a TKG handelt es sich um eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.

Die Verwendung der Vorschrift ist auch im Rahmen einer Wettbewerbshandlung erfolgt. Zwar mag der vordergru€ndige Grund fu€r die Angabe der Telefonnummer sein, dass eine Person, deren Fahrzeug abgeschleppt wurde, mit dem Beklagten in Kontakt treten kann, um das Fahrzeug wieder zu erhalten. Letztlich geht es aber auch dabei darum, dass der Beklagte seine im Wettbewerb mit der Klägerin stehende Tätigkeit ausu€bt, insbesondere u€ber den Anruf auch das Ziel verfolgt, eine Vergu€tung zu erlangen.

5. Der Zahlungsanspruch ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

6. Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung u€ber

die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt aus § 709 ZPO.






LG Augsburg:
Urteil v. 08.09.2009
Az: 2HK O 1630/09


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