Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. August 2006
Aktenzeichen: 29 W (pat) 158/04

(BPatG: Beschluss v. 16.08.2006, Az.: 29 W (pat) 158/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Register ist die Wortmarkecombipacfür verschiedene Waren der Klassen 7 und 16.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 27. Mai 2004 wegen mangelnder Unterscheidungskraft teilweise zurückgewiesen für die Waren Behälter und Packungen aus Papier, Pappe und Karton; Verpackungsmaterialien aus Papier, Pappe, Karton und/oder Kunststoffen.

In Verbindung mit den von der Teilzurückweisung erfassten Waren sei das angemeldete Zeichen ohne weiteres mit der Bedeutung von "Mehrzweck(ver)packung" verständlich. Der Begriff "Combi" weise in Wortzusammensetzungen üblicherweise auf eine Kombination oder einen kombinierten Nutzen hin. In dem weiteren Zeichenbestandteil "pac" erkenne das angesprochene Publikum wegen des identischen klanglichen Eindrucks und der geringfügigen schriftbildlichen Abweichung den beschreibenden Hinweis auf eine Packung oder ein Paket. In diesem Sinne sei der Begriff "pac" auch bereits gebräuchlich. Auf Grund der beschreibenden Bedeutung beider Bestandteile erschöpfe sich das Gesamtzeichen in einem reinen Sachhinweis auf eine Mehrzweckfunktion der so bezeichneten Waren.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine neuartige Wortzusammensetzung handle, der sich kein eindeutiger Begriffsinhalt zuordnen lasse. Die Annahme, der angesprochene Durchschnittsverbraucher werde in der angemeldeten Marke den Hinweis auf eine Mehrzweckverpackung erkennen, sei unzutreffend. Die Angabe "Kombi-Packung" könne allenfalls auf einen vielseitigen Inhalt der Packung, nicht hingegen auf einen vielseitigen Verwendungszweck hinweisen. Im Übrigen habe das Deutsche Patent- und Markenamt bereits zahlreiche Marken mit dem Bestandteil "Combi" in das Register eingetragen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Hilfsweise stellt sie den Antrag, das Warenverzeichnis einzuschränken auf die Waren Behälter und Packungen aus Papier, Pappe und Karton; Verpackungsmaterialien aus Papier, Pappe, Karton und/oder Kunststoffen; alle vorgenannten Waren nur zur Verpackung von Lebensmitteln bzw. Getränken.

Das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Recherche zur beschreibenden Verwendung der Begriffe "Combi" und "Pack" wurde der Anmelderin übersandt.

II.

Die nach § 165 Abs. 4 MarkenG a. F. i. V. m. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Für die von der Teilzurückweisung erfassten Waren "Behälter und Packungen aus Papier, Pappe und Karton; Verpackungsmaterialien aus Papier, Pappe, Karton und/oder Kunststoffen" steht der Eintragung des angemeldeten Zeichens das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen (§ 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard m. w. N.). Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 ff. - BioID). Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren. Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke u. a. dann, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage darstellt (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Als eine Angabe, die lediglich den Verwendungszweck der beanspruchten Waren beschreibt, ist das angemeldete Zeichen daher nicht unterscheidungskräftig.

1.1. Die Bezeichnung "combipac" ist sprachüblich aus den beiden Bestandteilen "combi" und "pac" zusammengesetzt. Lexikalisch belegt ist der Begriff "combi" bzw. "Kombi" als Kurzform des Wortes "Kombination" (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. 2003 [CD-ROM]). Mit dieser Bedeutung ist er in Zusammensetzung mit einer Sachangabe gebräuchlich, um eine Kombination verschiedener Funktionalitäten zum Ausdruck zu bringen, z. B. Kombimöbel, Kombischlüssel, Kombiwagen, Kombizange (vgl. BPatG 29 W (pat) 242/00 - CombiCall). In diese Art der Begriffsbildung ordnen sich auch die Bezeichnungen "Kombipack" bzw. "Combipack" ein, die nach der Recherche des Senats in unterschiedlichsten Zusammenhängen zur Bezeichnung eines kombinierten Produkt- oder Leistungsangebots verwendet werden, z. B. unter http://wortschatz.unileipzig.de - "Kombipack aus Schwimmweste und Kälteschutzanzug; Kunst und Kultur im Kombipack; Chanson und Film als Kombipack, Kombipack mit Modellen, herausnehmbaren Teilen, Beiheft sowie einer Musik-CD; traditionelle Eurocard oder der "Kombipack" mit Geldanlage; selbst gewählte Musik anstatt der im Kombipack mit oft unerträglichen Moderationen angebotenen" und unter www.google.de - "Nokia 6060 + 6030 Combipack; Topcom PMR Twintalkter 3700 Duo Combipack".

1.2. Auch bei den hier in Rede stehenden Waren kann es sich um solche handeln, die in einer Kombination angeboten werden, z. B. in verschiedenen Ausführungen oder Abmessungen, so dass die angemeldete Bezeichnung für das angesprochene Publikum ohne weiteres als unmittelbar beschreibender Hinweis auf ein Kombipack bzw. eine Kombipackung verständlich ist. Die Unterschiede in der Schreibweise des angemeldeten Zeichens und der in der Recherche ermittelten Verwendungsbeispiele stehen dieser Beurteilung nicht entgegen. Denn bei einer Wortmarke, die sowohl gehört als auch gelesen wird, ist bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit neben der schriftbildlichen auch die klangliche Wahrnehmung der Marke zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 99 - POST-KANTOOR). Der gegenüber den Bezeichnung "Combipack" fehlende Buchstabe "k" am Wortende bleibt in der klanglichen Wiedergabe des Zeichens aber vollständig unbemerkt und verändert den beschreibenden Aussagegehalt des Zeichens daher nicht.

1.3. Für die in Rede stehenden Waren erschöpft sich das Zeichen damit in der unmittelbaren Beschreibung des Verwendungszwecks. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher erkennt in der Bezeichnung "combipac" keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft, sondern lediglich den Sachhinweis auf Behälter, Verpackungen und Verpackungsmaterialien, die das kombinierte Verpacken von Waren im Sinne eines Kombipacks ermöglichen.

2. Auch der Hilfsantrag der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg.

2.1. Zum einen ist fraglich, ob es sich bei der Einschränkung auf Waren zur Verpackung von Lebensmitteln bzw. von Getränken nicht lediglich um eine rein merkmalsbezogene Einschränkung handelt, die für die beteiligten Verkehrskreise nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 144 f. - POSTKANTOOR). Denn auch wenn Verpackungen für Lebensmittel und Getränke aus hygienischen Gründen bestimmte Anforderungen erfüllen müssen, verlieren sie damit nicht ihre Eignung zum Verpacken anderer Waren. Die Verwendung für Lebensmittel und Getränke beruht daher vorrangig nicht auf charakteristischen Produktmerkmalen, sondern auf der Entscheidung des Verwenders.

2.2. Die Frage der zulässigen Einschränkung bedarf aber keiner abschließenden Klärung, denn der Begriffsinhalt der Bezeichnung "combipac" im Sinne einer Kombinationspackung verschiedener Produkte oder Leistungen ist nicht auf einen bestimmten Warenbereich beschränkt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich dem angesprochenen Publikum die beschreibende Bedeutung des Zeichens auch in Verbindung mit Lebensmittel- und Getränkeverpackungen ohne weiteres erschließt.

3. Die Voreintragung vergleichbar gebildeter Marken der Beschwerdeführerin führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen handelt es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt. Zum anderen ergibt sich aus der Registrierung ähnlicher oder selbst identischer Marken durch das Deutsche Patent- und Markenamt bzw. aus Entscheidungen der Rechtsmittelgerichte, welche die Schutzfähigkeit angemeldeter Marken bejahen, auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 GG kein Anspruch auf Schutzgewährung für spätere Markenanmeldungen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 ff., Rn. 62 - Henkel; BGH GRUR 1997, 537, 526 - Autofelge).






BPatG:
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Az: 29 W (pat) 158/04


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