Bayerischer Verwaltungsgerichtshof:
Urteil vom 17. Juli 2009
Aktenzeichen: 22 A 08.40041

(Bayerischer VGH: Urteil v. 17.07.2009, Az.: 22 A 08.40041)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Mittelfranken vom 17. Oktober 2008 für den Neubau einer zweigleisigen Straßenbahntrasse vom B€platz über C€tunnel und P€ Straße zur W€straße im Bereich der Stadt N€.

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Fl.Nrn. 60/11, 61/8 und 61/9 der Gemarkung G€ in der P€ Straße in N€, auf denen die M€ GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger ist, das €€€ betreibt.

Das Planfeststellungsverfahren wurde auf Antrag der Beigeladenen vom 14. September 2007 eingeleitet. Zur Durchführung des Anhörungsverfahrens lagen die Planunterlagen in der Zeit vom 22. Oktober 2007 bis 21. November 2007 bei der Stadt N€ nach öffentlicher Bekanntmachung im Amtsblatt Nr. 21 der Stadt N€ vom 17. Oktober 2007 öffentlich zur Einsicht aus. Bei der Veröffentlichung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen gegen den Plan bei der Stadt N€ oder bei der Regierung von Mittelfranken bis spätestens 5. Dezember 2007 schriftlich oder zur Niederschrift erhoben werden können.

Im Anhörungsverfahren wurde mit einem vom Kläger unterschriebenen Schreiben vom 12. November 2007 unter Bezugnahme auf ein in Anlage beigefügtes, undatiertes Schreiben des Architekten € €fristgerecht Widerspruch gegen das Planfeststellungsverfahren€ erhoben. Dieses Schreiben ist auf einem Briefbogen des €€€ verfasst. Unter der Unterschrift des Klägers befindet sich der Zusatz €€€. Der untere Rand des Briefbogens enthält die Pflichtangaben gemäß § 35 a GmbHG zur Betreibergesellschaft M€ GmbH sowie den Zusatz €Eigentum und Direktion: €€. In dem beigefügten Schreiben des Architekten € wird darauf hingewiesen, dass von dem Planfeststellungsverfahren Grundstücke der Gemarkung G€ und insbesondere €unseres€ Hotelensembles in der P€ Straße 1 tangiert werden. Durch die Reduzierung der Verkehrsführung in der P€ Straße verschärfe sich die verkehrliche Situation; die Anlieferung für den Einzelhandel werde unmöglich. Es komme zu einem Wegfall von öffentlichen Stellplätzen, wodurch auch das Hotel betroffen sei. Durch die geplante Trassierung der Straßenbahn entfalle stadtauswärts die für die Hotelzufahrt und Hotelanlieferung erforderliche Linksabbiegespur für Reisebusse und Pkw. Aufgrund der neuen Haltestelle werde die direkte Zufahrt über ein Linksabbiegen zum Hotelparkplatz in stadtauswärtiger Richtung unmöglich. Durch die Baumaßnahmen werde der Hotelbetrieb sowohl von der Erschließung her als auch hinsichtlich der Lärmimmissionen unzumutbar tangiert. Neben den das Hotelensemble betreffenden Gründen werde die geplante Straßenbahntrassierung aus wirtschaftlichen und infrastrukturellen Gründen €als Reise in die Vergangenheit€ abgelehnt.

Im Hinblick auf die im Anhörungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen überarbeitete die Beigeladene die Planung und legte mit Schreiben vom 10. April 2008 eine Tekturplanung vor, nach der unter anderem nunmehr durch die Anordnung einer Linksabbiegespur für Reisebusse und Hotelanlieferer die Möglichkeit besteht, von Norden her links zum Hotel M€ abzubiegen und über den C€platz in Richtung Osten abzufahren.

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 17. Oktober 2008 stellte die Regierung von Mittelfranken den Plan für das Vorhaben fest. Die Einwendungen des Klägers wurden aus Sachgründen zurückgewiesen, soweit ihnen nicht durch die Planänderung (Anordnung einer Linksabbiegespur) Rechnung getragen wurde (Ziffer A 5 des Tenors, S. 29 und 30 der Begründung) Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger mittels Einschreiben zugestellt; als Tag der Aufgabe zur Post ist in den Verwaltungsakten der 22. Oktober 2008 vermerkt.

Mit Schriftsatz vom 20. November 2008, beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen am 24. November 2008, erhob der Kläger Anfechtungsklage. Er beantragt

die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses der Regierung von Mittelfranken vom 17. Oktober 2008, hilfsweise die Feststellung von dessen Rechtswidrigkeit.

Zur Begründung macht der Kläger mit dem am selben Tag beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Schriftsatz vom 5. Januar 2009 geltend, dass das geplante Vorhaben objektiv nicht erforderlich sei. Alle Anwohner und Gewerbetreibenden seien durch die Bauarbeiten, die sich über wenigstens zwei Jahre erstreckten, gravierend betroffen. Für den Kläger stelle diese Baumaßnahme eine erhebliche und gravierende Ertragseinbuße dar. Der Betriebslärm durch die Straßenbahn führe insbesondere in den Nachtstunden sowie an Sonn- und Feiertagen zu erhöhten Lärmeinwirkungen auf alle Hotelzimmer. Diesbezüglich fehle es im angefochtenen Beschluss an Ausführungen zu den Auswirkungen, die sich aus der Notwendigkeit der Aufstellung eines Lärmaktionsplans ergeben würden. Durch den neuen Streckenverlauf trete keine wirkliche Entlastung der Anwohner von A€ Straße und W€straße ein. Das Areal hinter dem Bahnhof sei durch die bestehenden Straßenbahnhaltestellen W€straße und A€platz sowie durch die U-Bahnstation A€platz bereits gut erschlossen. Zur Verbesserung der Attraktivität des Schienenverkehrs sei eine Verkürzung der Fahrzeit um drei Minuten unerheblich. Der Wegfall des Nordastes der Linie 9 nach Inbetriebnahme der U 3 bis F€-Platz sei lediglich eine gedankliche Möglichkeit. Wenn ein Betriebsablauf an der Wendeschleife des Hauptb... mit drei gleichberechtigten Linien nicht möglich sei, komme als Variante die Einstellung der Linie 7 als einer Rumpflinie mit nur insgesamt sechs Haltepunkten in Betracht. Die Kosten für das Vorhaben hätten sich von ursprünglich 4 Mio. Euro auf 9,3 Mio. Euro verdoppelt.

Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2009 hat der Kläger zusätzlich darauf verwiesen, dass dem Planfeststellungsbeschluss nur Mutmaßungen über Erschütterungsimmissionen und tieffrequente Geräusche zugrundelägen. Hinsichtlich der Neuordnung des Betriebsablaufs vor dem Hauptbahnhof sei die Möglichkeit einer Trassenführung über die M€straße nicht geprüft worden. Die Parkraumverknappung und Verdichtung des Verkehrs führe zu einem erhöhten Verkehrsdurchfluss und mindere damit die Erreichbarkeit des Einzelhandels in der P€ Straße. Hinsichtlich der neu zu schaffenden Stellplätze am N€-Platz fehle es an einer rechtsverbindlichen Planung.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage.

Die Planrechtfertigung sei für das geplante Vorhaben gegeben. Es diene nicht ausschließlich der verbesserten Erschließung der Südstadt, sondern vor allem der Optimierung des Gesamtsystems €Schienengebundener öffentlicher Personennahverkehr in N€€. Der Kläger werde durch das Vorhaben nicht unzumutbar betroffen. Seiner Einwendung einer fehlenden Linksabbiegespur zum Hotelvorplatz sei durch die Tekturplanung Rechnung getragen worden. Die Zufahrt zum Hotel sei auch während der Bauphase jederzeit gewährleistet. Sein Recht auf Anliegergebrauch werde nicht dadurch tangiert, dass die Zufahrt zum Hotelparkplatz auf Fl.Nr. 60/11 der Gemarkung G€ zukünftig nur noch aus einer Richtung möglich sei. Ein Anspruch auf die Beibehaltung von Stellplätzen auf öffentlichen Straßen bestehe für den Kläger nicht. Hinsichtlich des Baulärms enthalte der angefochtene Beschluss die notwendigen Auflagen. Mit seinen Bedenken wegen des Lärms und der Erschütterungen aus dem Straßenbahnbetrieb sei der Kläger präkludiert.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls die Abweisung der Klage.

Es fehle für das geplante Vorhaben nicht an der Planrechtfertigung. Ziele der Linienführung der Straßenbahn durch die P€ Straße seien in erster Linie die Netzergänzung und die damit verbundenen betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Vorteile. In der Gesamtschau bedinge dies gegenüber der heutigen Situation ein attraktiveres Angebot für den ÖPNV-Nutzer. Als lediglich mittelbar Betroffener könne der Kläger keine Vollüberprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses fordern. Der Kläger sei bereits deswegen insgesamt präkludiert, weil er im Planfeststellungsverfahren selbst keine Einwendungen erhoben habe. Das Schreiben vom 12. November 2007 sei auf einem Briefbogen der M€ GmbH abgesandt worden. Jedenfalls sei der Kläger hinsichtlich seiner Einwendungen ausgeschlossen, die sich auf den Lärm und die Erschütterungen aus dem Straßenbahnbetrieb bezögen. Gleiches gelte, soweit er sich gegen die Variantenprüfung wende, die im übrigen nicht zu beanstanden sei. Während der Bauphase sei die Erreichbarkeit des Hotels des Klägers sichergestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag ohne Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Mittelfranken vom 17. Oktober 2008 leidet an keinem Rechtsfehler, der den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt. Insbesondere fehlt ihm nicht die Planrechtfertigung und leidet er nicht zulasten des Klägers an einem erheblichen Abwägungsfehler.

1. Der Kläger hat als vom Planungsvorhaben nur mittelbar Betroffener keinen Anspruch auf eine umfassende objektiv-rechtliche Planprüfung. Er ist darauf beschränkt, sich auf die Verletzung drittschützender Rechte zu berufen, insbesondere auf das Fehlen der Planrechtfertigung (BVerwG vom 9.11.2006 NVwZ 2007, 445/447) oder auf eine Verletzung des Abwägungsgebots (§ 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG) durch eine mangelnde Berücksichtigung oder eine Fehlgewichtung seiner Belange (vgl. z.B. BVerwG vom 16.1.2007 NVwZ 2007, 462/464 und vom 23.6.2009 NVwZ-RR 2009, 753).

Vorliegend ist der Kläger durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses (§ 30 Abs. 1 Satz 2 PBefG) nicht betroffen. Soweit nach den festgestellten Planunterlagen (vgl. Anlagen 3.3.a Bl. 1, 3.5.a Bl. 2 sowie 8.1 S. 4 und 5 - Grunderwerbsverzeichnis -) auf dem Grundstück des Klägers Fl.Nr. 61/8 der Gemarkung G€ die Anbringung von zwei Wandeisen zur dauerhaften Inanspruchnahme und auf dem Grundstück Fl.Nr. 61/9 des Klägers die entsprechende Anbringung von einem Wandeisen vorgesehen ist, beruht dies auf § 32 Abs. 1 Nr. 2 PBefG. Diese Regelung erlegt dem jeweiligen Grundstückseigentümer lediglich eine Duldungspflicht hinsichtlich der Anbringung von Haltevorrichtungen für elektrische Leitungen auf, ohne das Eigentum an dem in Anspruch genommenen Grundstücksteil ganz oder teilweise zu entziehen. Sie stellt damit eine Inhaltsbestimmung im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und nicht eine Enteignung dar (vgl. BVerfG vom 26.8.2002 NJW 2003, 196/197 zu § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG a.F.). Wie insbesondere der Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses (siehe Ziffer C Nr. 3.3.6) entnommen werden kann, enthält dieser auch mit hinreichender Bestimmtheit die gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 PBefG erforderliche Entscheidung über die Verpflichtung zur Duldung.

2. Nicht mehr Prüfungsgegenstand können hier Einwendungen sein, mit denen der Kläger ausgeschlossen ist. Dies betrifft Einwendungen gegen den Plan, die nach Ablauf der Einwendungsfrist am 5. Dezember 2007 erhoben worden sind (§ 29 Abs. 4 Satz 1 PBefG). Hierdurch ist eine materielle Präklusion, das heißt ein materiell-rechtlicher Rechtsverlust eingetreten (vgl. z.B. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, RdNr. 92 zu § 73, m.w.N.). Der Eintritt einer derartigen Präklusion kommt vorliegend deshalb in Betracht, weil das Bekanntmachungs- und Auslegungsverfahren nicht mit einem Mangel behaftet war, bei dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass er für das Nichtvorbringen entsprechender Einwendungen des Klägers innerhalb der Einwendungsfrist ursächlich war (vgl. BVerwG vom 4.8.2008 NVwZ 2008, 1237).

a) Entgegen dem Vorbringen der Beigeladenen ist der Kläger nicht in vollem Umfang mit seinen Einwendungen präkludiert. Vielmehr ist bei rechtsschutzfreundlicher Auslegung im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass die mit Schreiben vom 12. November 2007 erhobenen Einwendungen sich nicht nur auf die M€ GmbH als Hotelbetreiberin beziehen, sondern auch auf den Kläger als Eigentümer der Grundstücke, auf denen sich das €€€ befindet. Dieses Schreiben ist zwar auf einem Briefbogen der M€ GmbH abgesandt, jedoch vom Kläger persönlich unterschrieben. Am unteren Rand des Briefbogens befindet sich neben den Pflichtangaben gemäß § 35 a GmbHG zur Betreibergesellschaft aber der Zusatz: €Eigentum und Direktion: € Loew€. Es kommt hinzu, dass in dem zur Begründung beigefügten Schriftsatz des Architekten € auch darauf hingewiesen wird, dass von dem Planfeststellungsverfahren insbesondere auch das Grundstück P€ Straße 1 tangiert wird, auf dem sich das Hotelensemble €€€ befindet und das im Eigentum des Klägers steht.

b) Der Kläger ist damit aufgrund des fristgerechten Einwendungsschreibens vom 12. November 2007 nicht präkludiert, soweit er die Planrechtfertigung bezweifelt und die Beeinträchtigung der Hotelzufahrt, die Erschwernisse bei der Zufahrt zum Hotelparkplatz sowie die Lärmimmissionen während der Bauphase rügt. Dasselbe gilt hinsichtlich des geltend gemachten Wegfalls von Stellplätzen sowie der Behinderung des Einzelhandels. Dagegen sind Einwände, die sich auf den Betriebslärm der Straßenbahn, die durch den Straßenbahnbetrieb verursachten Erschütterungsimmissionen und tieffrequenten Geräusche sowie auf die Notwendigkeit der Aufstellung von Lärmaktionsplänen beziehen, mit Ablauf der Einwendungsfrist (5.12.2007) ausgeschlossen, weil das Einwendungsschreiben hierzu keine Ausführungen enthält. Insoweit fehlt es damit an einem konkreten Gegenvorbringen, aus dem die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, auch wenn ihm eine Begründung ebenso wenig abverlangt werden kann wie eine rechtliche Einordnung seiner Einwendungen (vgl. BVerwG vom 24.7.2008 BVerwGE 131, 316/325). Von einem Einwender kann insbesondere erwartet werden, dass er gegen die Planung sprechende Gesichtspunkte geltend macht, die sich anknüpfend an die ausgelegten Unterlagen einem Laien in seiner Lage von dessen eigenem Kenntnis- und Erfahrungshorizont her erschließen. Wenn etwa - wie hier - der Lärm und die Erschütterungen aus dem Straßenbahnbetrieb in den Planunterlagen ausführlich behandelt worden sind, kann von einem Betroffenen erwartet werden, dass er der Behörde seine diesbezüglichen Beeinträchtigungen zumindest in laienhafter Form benennt (vgl. BVerwG vom 30.1.2008 NVwZ 2008, 678/679). Der diesbezügliche Vortrag in der Klagebegründung ist damit unbeachtlich. Ob dies auch hinsichtlich einer unzureichenden Untersuchung von Trassenvarianten gilt, kann letztlich dahingestellt bleiben. Wie sich aus unten stehenden Ausführungen ergibt, ist insoweit kein erheblicher Abwägungsmangel ersichtlich.

3. Die Planrechtfertigung für das planfestgestellte Vorhaben ist gegeben, denn das Vorhaben ist nach Maßgabe der vom Personenbeförderungsgesetz allgemein verfolgten Ziele vernünftigerweise geboten (vgl. BVerwG vom 20.4.2005 NVwZ 2005, 949/950).

Ausweislich der Begründung der Planfeststellungsbeschlusses (S. 18 ff.) soll mit dem Vorhaben nicht nur eine verbesserte Erschließung der Südstadt und des südlichen Teils des Hauptbahnhofs erreicht werden. Ziele der Linienführung der Straßenbahn durch die P€ Straße sind vielmehr in erster Linie die Netzergänzung und die damit verbundenen betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Vorteile. Nach der Stellungnahme der Stadt N€ - Verkehrsplanungsamt - vom 30. Januar 2009 ist die Straßenbahnführung durch die P€ Straße auch im Nahverkehrsplan 2005 als festes Netzelement vorgesehen. Mit dem Bau der neuen Strecke können die heutige Stichlinie 5 mit dem Südast der Linie 8 und die heutige Stichlinie 7 mit dem Nordast der Linie 8 zu sogenannten Durchmesserlinien mit reduzierten Umsteigevorgängen verbunden werden. Es kommt hinzu, dass sich gegenüber der bisherigen Führung der Linie 8 durch die A€ Straße (dort gemeinsam mit der Linie 9) eine Verkürzung der Fahrzeit für die Strecke vom Hauptbahnhof zum A€platz ergibt. Dies gilt unabhängig davon, ob nach Inbetriebnahme der U 3 Nord bis zum F€-Platz die Straßenbahnlinie 9 Nord eingestellt wird.

Abgesehen davon ist die im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss enthaltene Prognose, dass die Stilllegung dieser Straßenbahnlinie in ihrem nördlichen Abschnitt zu erwarten ist, rechtlich nicht zu beanstanden. Die Stilllegung dieser Straßenbahnlinie in ihrem nördlichen Abschnitt ist nach der oben genannten Stellungnahme der Stadt N€ € Verkehrsplanungsamt - vom 30. Januar 2009 Bestandteil der €Integrierten ÖPNV-Planung N€ (1993)€ und bildete die Grundlage für den Beschluss zum Bau der U 3, wenn auch der genaue Zeitpunkt der Streckenstilllegung noch nicht feststeht. Bei einem Wegfall des Nordastes der Linie 9 kann mit dem dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden Betriebskonzept zudem verhindert werden, dass erhebliche Betriebsprobleme bei der Abwicklung des Verkehrs über die Wendeschleife am B€vorplatz entstehen.

Es ist nachvollziehbar, dass durch die Netzergänzung mit der Zunahme der umsteigefreien Direktverbindungen und der Fahrzeitverkürzung die Attraktivität des Betriebszweigs Straßenbahn gesteigert wird. Mit alledem verfolgt die Beigeladene damit erkennbar Ziele, die den in § 8 Abs. 3 PBefG zum Ausdruck gebrachten generellen Zielsetzungen des Gesetzes entsprechen. Keineswegs erweist sich die Konzeption der Beigeladenen als grober und einigermaßen offensichtlicher Missgriff (vgl. BVerwG vom 11.7.2001 NVwZ 2002, 350/353).

Die Planrechtfertigung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es Planungsalternativen gibt, die je nach der Sicht des Beurteilenden ebenso gut oder besser sein mögen. Solche Planungsalternativen haben rechtliche Bedeutung nicht für die Frage nach der Planrechtfertigung, sondern nur im Zusammenhang mit dem Abwägungsgebot (vgl. BayVGH vom 6.7.2004 Az. 22 A 03.40033, m.w.N.).

4. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss genügt auch dem in § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.

a) Soweit der Kläger nicht mit entsprechenden Einwendungen gegen den Plan nach § 29 Abs. 4 Satz 1 PBefG ausgeschlossen ist, hat die Regierung von Mittelfranken seine Belange zutreffend ermittelt und mit dem ihnen zukommenden Gewicht erfasst.

Was die dauerhafte Beeinträchtigung der Hotelzufahrt durch den Straßenbahnbetrieb angeht, ist der diesbezüglichen Einwendung des Klägers durch eine Tekturplanung Rechnung getragen worden. Danach ist nunmehr vor der geplanten Haltestelle €C€platz€ eine Linksabbiegespur vorgesehen, um den stadtauswärts fahrenden Hotelgästen und €anlieferern die Anfahrt nördlich zum Hotel des Klägers zu ermöglichen. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof tritt damit gegenüber der bisherigen Situation insoweit eine Verbesserung ein, als eine solche Linksabbiegespur derzeit nicht besteht. Eine Parkmöglichkeit für Busse im Bereich dieser Hotelanfahrt besteht bereits bisher nicht.

Die Erschwernis bei der Zufahrt zum Hotelparkplatz auf Fl.Nr. 60/11 der Gemarkung G€ hat die Planfeststellungsbehörde nicht verkannt. Der Bevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof eingeräumt, dass von Süden kommende Pkw€s nach wie vor dort einfahren und von Norden kommende Pkw€s durch Ausnutzung der nächstmöglichen Wendemöglichkeit ebenfalls den Parkplatz benutzen können. Für Omnibusse ist dieser Parkplatz nach den Ausführungen des Sohns des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof ohnehin nicht geeignet. Die Planfeststellungsbehörde durfte die verbleibenden Erschwernisse abwägungsfehlerfrei hintanstellen. Auch der Anliegergebrauch schützt regelmäßig nicht vor Einschränkungen oder Erschwernissen der Zufahrtsmöglichkeiten für ein innerörtliches Grundstück; insbesondere kann aus diesem Rechtsinstitut kein Anspruch auf eine optimale Zufahrt zu einem Stellplatz oder Garagengrundstück oder auf die Bequemlichkeit und Leichtigkeit des Zugangs zu einem solchen Grundstück hergeleitet werden (vgl. z.B. BayVGH vom 15.3.2006 BayVBl 2007, 45/47). Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beeinträchtigungen der Hotelzufahrt während der Bauphase für den Kläger unzumutbar sind. Nach den festgestellten Planunterlagen (Erläuterungsbericht, Ziffer 9, S. 43) ist die Zufahrt zum Hotel vielmehr jederzeit gewährleistet.

Was die im Einwendungsschreiben vom 12. November 2007 angesprochenen Lärmimmissionen während der Bauphase angeht, enthält der angefochtene Planfeststellungsbeschluss unter Ziffer A Nr. 3.3 entsprechende Auflagen und Bedingungen zur Lärmreduzierung, die rechtlich nicht zu beanstanden sind. Nach Nr. 3.3.2 sollen durch die Bautätigkeit zu erwartende Schallimmissionen auf die Zeit von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr und während dieser Zeit auf ein Mindestmaß beschränkt werden; die Regelungen der 32. BImSchV und der AVwV-Baulärm sind dabei zu beachten. Die Beigeladene hat zudem nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass nicht von einer lärmbehafteten Bauzeit von zwei Jahren ausgegangen werden kann. Vielmehr wechseln sich danach bei innerstädtischen Bauarbeiten zur Herstellung eines Schienenwegs laute und weniger laute Bauphasen ab, wobei lautere Arbeiten, wie zum Beispiel das Aufbrechen der Asphaltdecke und das Verdichten des Untergrunds im engeren Umfeld des Immissionsorts, nur stundenweise und an wenigen Tagen auftreten.

Den Wegfall von Stellplätzen hat die Planfeststellungsbehörde gesehen und in ihre Abwägung eingestellt. Sie brauchte diesem Belang von Rechts wegen nicht den Vorrang einzuräumen. Sie hat dabei zutreffend darauf verwiesen, dass für einen Anlieger ein Anspruch auf Beibehaltung öffentlicher Parkflächen nicht besteht. Auch aus dem Recht auf Anliegergebrauch kann ein solcher Anspruch nicht hergeleitet werden (vgl. BVerwG vom 6.8.1982 BayVBl 1983, 57).

Soweit der Kläger schließlich auf nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den örtlichen Einzelhandel hinweist und eine Verdoppelung der ursprünglich für das Vorhaben geschätzten Baukosten rügt, bezieht sich dieses Vorbringen nicht auf eigene Belange des Klägers und die ihnen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange. Ob solche anderen gegen das Vorhaben sprechenden Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, ist vorliegend aber nicht Gegenstand der gerichtlichen Abwägungskontrolle. Wie bereits oben dargestellt kann der Kläger als nur mittelbar von einem Planvorhaben Betroffener lediglich eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfung der planerischen Abwägung verlangen und hat er keinen Anspruch darauf, dass die Planung insgesamt und in jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruht (vgl. BVerwG vom 16.1.2007 NVwZ 2007, 462/464).

b) Die Variantenwahl zugunsten der planfestgestellten Trasse ist rechtlich nicht zu beanstanden. Hierbei handelt es sich um eine fachplanerische Abwägungsentscheidung, die nur einer begrenzten gerichtlichen Kontrolle auf erhebliche Abwägungsmängel zugänglich ist (§ 28 Abs. 1 Satz 2, § 29 Abs. 8 PBefG). Nach ständiger Rechtsprechung handelt eine Planfeststellungsbehörde nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine andere als die von ihr bevorzugte Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. etwa BVerwG vom 20.4.2005 NVwZ 2005, 949/953, vom 9.7.2008 NVwZ 2009, 302/317 und vom 24.4.2009 NVwZ 2009, 986/987). Dies ist hier nicht der Fall.

Im Planfeststellungsbeschluss werden sechs Varianten untersucht und bewertet. Dies gilt auch für die sogenannte Nullvariante, die der Kläger mit seinem Hinweis auf die fehlende Erforderlichkeit des Vorhabens im Einwendungsschreiben vom 12. November 2007 offenbar für vorzugswürdig hält. Demgegenüber wird allerdings im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass durch die derzeitige Führung der Linie 8 zwischen Südstadt und Hauptbahnhof über die A€ Straße der Fahrzeugbedarf hoch ist, ohne dass eine gute Erschließung des Areals hinter dem Hauptbahnhof erreicht wird. Es ist auch nachvollziehbar, dass durch die neue Haltestelle €C€platz€ der Bereich südlich des Hauptbahnhofs im Hinblick auf die Entfernung zu den bestehenden Straßenbahnhaltestellen A€platz und W€straße sowie zur U-Bahnstation A€platz besser als bisher mit öffentlichen Verkehrsmitteln bedient wird. Zudem würde es bei der Nullvariante dabei bleiben, dass die Linie 8 durch die A€ Straße gemeinsam mit der Linie 9 und ab der Haltestelle S€straße durch die W€straße gemeinsam mit der Linie 6 bis zur Haltestelle €kirche geführt wird. Daran würde sich auch bei einer Einstellung der Linie 7, die vom Kläger erstmals im Klageverfahren angesprochen wurde, nichts ändern. Zwar dürften bei einer solchen Lösung die von der Beigeladenen aufgezeigten Probleme beim Betriebsablauf an der Wendeschleife des Hauptbahnhofs, die dort bei der Notwendigkeit der Abwicklung dreier Linien entstehen würden, wohl entfallen. Allerdings kann damit die von der Beigeladenen beabsichtigte Netzergänzung nicht erreicht werden. Der Nutzen der Linienführung der Straßenbahn durch die P€ Straße basiert nach dem Konzept der Beigeladenen maßgeblich auf der optimierten Verknüpfung der Linienäste der heutigen Straßenbahnlinien 5, 7 und 8. Mit dem Bau der neuen Strecke kann die heutige Stichlinie 5 mit dem Südast der Linie 8 und die heutige Stichlinie 7 mit dem Nordast der Linie 8 zu sogenannten Durchmesserlinien mit einer Reduzierung der Umsteigevorgänge verbunden werden. Wie sich der Klagebegründung vom 5. Januar 2009 entnehmen lässt, hält selbst der Kläger eine Verlängerung der jetzigen Fahrzeiten auf der Linie 7 an Werktagen über 21.00 Uhr hinaus und an Sonn- und Feiertagen, die mit der Verbindung der Linien 7 und 8 zu einer Durchmesserlinie ermöglicht wird, für dringend geboten.

Soweit der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 14. Januar 2009 € und damit nach Ablauf der Klagebegründungsfrist des § 29 Abs. 7 Satz 1 PBefG € rügt, dass im Planfeststellungsbeschluss die Möglichkeit einer Trassenführung über die M€straße nicht erörtert wird, kann dahinstehen, ob sein Vorbringen bereits deswegen außer Betracht bleiben kann, weil die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde (§ 29 Abs. 7 Satz 2 PBefG i.V.m. § 87 b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Denn auch insoweit ist ein erheblicher Abwägungsfehler nicht ersichtlich. Zwar müssen im Rahmen der Abwägung ernsthaft sich anbietende Alternativlösungen bei der Zusammenstellung des abwägungserheblichen Materials berücksichtigt werden und mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange Eingang finden (vgl. BVerwG vom 24.4.2009 NVwZ 2009, 986). Die Behörde ist damit zwar gezwungen, naheliegende Alternativen auch näher in Betracht zu ziehen, nicht dagegen dazu, alle denkbaren Möglichkeiten zu untersuchen und in das Verfahren einzuführen (vgl. BVerwG vom 12.12.1996 BVerwGE 102, 331/342, 343).

Nach diesen Kriterien stellt die Variante €M€straße€ keine solche ernsthaft sich anbietende Alternativlösung dar. Wie sich der Stellungnahme der Stadt N€ - Verkehrsplanungsamt - vom 30. Januar 2009 entnehmen lässt, wurde diese Variante von der Stadt im Vorfeld des Planfeststellungsverfahrens detailliert und umfangreich überprüft und mit Beschluss des Stadtrats vom 22. November 2007 als Alternative zur Netzergänzung P€ Straße verworfen, weil sie weder betrieblich noch betriebswirtschaftlich sinnvoll ist und erhebliche Nachteile für die Fahrgäste zur Folge hätte. Insbesondere hat sich gezeigt, dass sie nicht die Ziele der Netzergänzung P€ Straße erfüllt.

Kosten: § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).






Bayerischer VGH:
Urteil v. 17.07.2009
Az: 22 A 08.40041


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