Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 20. Januar 2012
Aktenzeichen: I-6 U 168/10

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 20.01.2012, Az.: I-6 U 168/10)

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird das am 27. Mai 2010 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf auf die Anschlussberufung der Beklagten teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Die Kosten der Nebenintervention tragen die Streithelfer des Klägers jeweils selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

A.

Mit seiner am 29. September 2008 bei dem Landgericht eingegangenen und der Beklagten am 17. Oktober 2008 zugestellten Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage wendet sich der Kläger, der ebenso wie seine beiden Streithelfer Aktionär der beklagten Gesellschaft ist, gegen die in deren Hauptversammlung vom 28. August - 2008 zu TOP 6 „Wahlen zum Aufsichtsrat“ gefassten Beschlüsse, mit denen die Mitglieder A., B., C. und D. wiedergewählt sowie die Mitglieder E. und F. neu in den Aufsichtsrat der Beklagten gewählt worden sind.

Zwischen den Parteien ist allerdings in zweiter Instanz unstreitig, dass alle sechs genannten Personen in der Zeit vom 01. Oktober 2008 bis 05. Februar 2009 ihre Ämter als Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten niedergelegt haben, und zwar im einzelnen B. mit Schreiben vom 01. Oktober 2008 (Eingang bei dem Vorstand der Beklagten: 06. Oktober 2008), E. mit Schreiben vom 14. November 2008 (Eingang beim Vorstand der Beklagten: 18. November 2008), A. mit Schreiben vom 28. November 2008 (Eingang beim Vorstand der Beklagten: 01. Dezember 2008), C. mit Schreiben vom 19. November 2008 (Eingang beim Vorstand der Beklagten: 21. November 2008), D. mit Schreiben vom 21. Januar 2009 (Eingang beim Vorstand der Beklagten: 26. Januar 2009) und F. mit Schreiben vom 02. Februar 2009 (Eingang beim Vorstand der Beklagten: 05. Februar 2009). Die Amtsniederlegungen der Aufsichtsratsmitglieder B. und E. erfolgten jeweils mit sofortiger Wirkung, diejenigen der Mitglieder A. und C. mit Wirkung zum 30. November 2008, die des Mitgliedes F. mit Wirkung zum 01. Februar 2009 und diejenige des Mitgliedes D. mit Wirkung zum Ablauf der nächstfolgenden Hauptversammlung, die am 25. März 2009 in Düsseldorf stattgefunden hat.

Mit Rücksicht auf diese - in der ersten Instanz zwischen den Parteien noch streitigen - Amtsniederlegungen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2010 zwar vorrangig auch weiterhin beantragt, die Beschlüsse der Hauptversammlung vom 28. August 2008 zur Wahl der genannten sechs Aufsichtsratsmitglieder für nichtig zu erklären oder hilfsweise deren Nichtigkeit festzustellen, jedoch weiter hilfsweise außerdem begehrt, festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen aller weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und wegen der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, soweit die hier getroffenen Feststellungen davon nicht abweichen, hat das Landgericht auf den zweiten Hilfsantrag des Klägers festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei, soweit er den Beschluss in der Hauptversammlung der Beklagten vom 28. August 2008 über die Wahl des Aufsichtsratsmitgliedes E. betreffe. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention hat das Landgericht gegeneinander aufgehoben.

Gegen diese Entscheidung wenden sich der Kläger mit seiner Berufung und die Beklagte mit ihrer Anschlussberufung.

Der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Er macht geltend:

1.Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne das Rechtsschutzbedürfnis für den Haupt- und den ersten Hilfsantrag der Klage nicht mit der Begründung verneint werden, der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil sämtliche betroffenen Mitglieder des Aufsichtsrates bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden und von den in der Hauptversammlung vom 28. August 2008 gefassten Wahlbeschlüssen deshalb im Ergebnis keinerlei rechtliche relevante Auswirkungen ausgegangen seien.

a)Gemäß § 252 Abs. 2 Satz 1 AktG führe die erfolgreiche Anfechtung eines Beschlusses über die Wahl eines Gesellschaftsorgans zu dessen rückwirkender Vernichtung mit Wirkung für und gegen jedermann. Allein diese Statuswirkung der Beschlussmängelklage verleihe ihr bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne außerdem für das Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses nicht allein auf das Abstimmungsverhalten der fehlerhaft gewählten Aufsichtsräte abgestellt werden. Die Tätigkeit der Aufsichtsräte beschränke sich nicht allein auf deren Stimmverhalten. In die Betrachtung mit einzubeziehen sei vielmehr auch z.B. die Abgabe von Erklärungen im Namen des Aufsichtsrates gegenüber Dritten, die Ausübung des Rechts zur Einberufung einer Hauptversammlung gemäß § 110 Abs. 1 AktG, das Rederecht des Aufsichtsrates in der Hauptversammlung, die Frage der Haftung für etwaige Pflichtverletzungen oder die Frage, ob auch einem fehlerhaft gewählten Aufsichtsrat eine Vergütung zustehe. Entgegen der in der Literatur zum Teil vertretenen „Lehre vom fehlerhaften Organmandat“ sei die Rechtsstellung eines in anfechtbarer Weise gewählten Aufsichts­ratsmitgliedes für die Zeit bis zur rechtskräftigen Vernichtung der Wahlentscheidung durch die Entscheidung über die Beschlussmängelklage auch nicht derjenigen eines rechtmäßig gewählten Organmitgliedes gleichzustellen. Dass auch der Bundesgerichtshof dieser unzutreffenden Auffassung nicht folge und allein die Statuswirkung der Beschlussmängelklage für die Begründung des Rechtsschutzbedürfnisses ausreichen lasse, sei zumindest mittelbar auch dessen Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 185/07 - in der Sache Kirch ./. Deutsche Bank [= BGHZ 180, 9 = WM 2009, 459 ff.] zu entnehmen, wo ebenfalls sämtliche betroffenen Aufsichtsratsmitglieder bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschlussmängelklage seit langem nicht mehr im Amt gewesen seien.

b)Selbst wenn man dem Landgericht im Grundsatz folge, sei außerdem die Beklagte ihrer - in dem angefochtenen Urteil allerdings ebenfalls verkannten - Darlegungs- und Beweislast für einen ausnahmsweisen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für eine Beschlussmängelklage oder - wenn man auch eine solche Darlegungs- und Beweislast nicht annehmen wolle - zumindest ihrer sekundären Behauptungslast in diesem Zusammenhang durch ihren Vortrag nicht gerecht geworden. Dass von den angefochtenen Wahlbeschlüssen tatsächlich keine rechtlich relevanten Auswirkungen mehr ausgegangen seien, könne dem bisherigen Vortrag der Beklagten schon deshalb nicht entnommen werden, weil die Herren B., E. und C. dem Aufsichtsrat nicht nur als einfache Mitglieder angehört hätten, sondern Herr B. zugleich stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats und Vorsitzender des Finanz- und Prüfungsausschusses, Herr E. zugleich dessen Nachfolger als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats und Herr C. zugleich Mitglied des Verkaufsausschusses gewesen sei und sich der Vortrag der Beklagten mit diesen zusätzlichen Funktionen der betroffenen Aufsichtsräte überhaupt nicht befasst habe. Wenn schon nicht auf die Beschlüsse des gesamten Aufsichtsrates habe sich die Beteiligung der fehlerhaft gewählten Aufsichtsräte somit im Zweifel zumindest auf die Entscheidungen des Aufsichtsratspräsidiums und der Ausschüsse in der Zeit bis zu ihrer jeweiligen Amtsniederlegung ausgewirkt. Konkret betroffen seien insbesondere die Sitzung des Aufsichtsratspräsidiums vom 20. September 2008, die Sitzungen des Finanzausschusses vom 28. August 2008 und 09. Oktober 2008 und die Sitzung des Verkaufsausschusses vom 23. Oktober 2008, wo die jeweiligen Gremien bei einer hinweggedachten Teilnahme der jeweils anfechtbar gewählten Mitglieder des Aufsichtsrates sämtlich nicht mehr mit der gemäß § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG erforderlichen Mindestzahl von drei Personen besetzt und deshalb nicht mehr beschlussfähig gewesen wären.

2.Zu Unrecht sei das Landgericht bei der von ihm nur im Rahmen seines weiteren Hilfsantrages abgehandelten, richtigerweise aber auch schon für die Entscheidung der vorrangigen Klageanträge erheblichen Frage der materiellen Rechtswidrigkeit der angegriffenen Wahlbeschlüsse weiter zu dem Ergebnis gelangt, dass allein sein gegen die Wahl des Aufsichtsrates E. gerichtetes Anfechtungsbegehren ursprünglich zulässig und begründet gewesen sei.

a)Anders als das Landgericht meine, strahle der in dem angefochtenen Urteil zu Recht bejahte Anfechtungsgrund des nicht ordnungsgemäßen Wahlvorschlages in dem Einladungsschreiben für die Hauptversammlung vom 28. August 2008 auch auf die Wahlen der übrigen Aufsichtsratsmitglieder aus. Der Wahlvorschlag sei unvollständig und daher im Ganzen fehlerhaft gewesen. Auf die tatsächliche Durchführung von Einzelwahlen in der Hauptversammlung komme es schon deshalb nicht an, weil die Aktionäre nach dem Inhalt des Einladungsschreibens mit der Abhaltung solcher Einzelwahlen jedenfalls nicht hätten rechnen müssen. Die durch das fehlerhafte Einladungsschreiben verletzte Vorschrift des § 124 Abs. 4 AktG diene ausdrücklich dem Zweck, dass die Aktionäre durch die dort vorgeschriebenen Informationen in die Lage versetzt werden sollten, auch über ihre Teilnahme an der Hauptversammlung als solche zu entscheiden. Sei eine Einladung fehlerhaft, komme es daher auch aus diesem Grund auf den tatsächlichen Verlauf der späteren Hauptversammlung nicht an.

b)Nicht zutreffend sei auch die Ansicht des Landgerichts, die Anfechtung der Wahlen für die übrigen Mitglieder des Aufsichtsrates könne nicht mit der gemachten Verletzung von Informationsrechten begründet werden. Wenn schon nicht aus einer Weigerung des Vorstandes, den Inhalt des G.-Sonderuntersuchungsberichts offenzulegen, dann doch zumindest aus der Nichtbeantwortung der von ihm im Einzelnen in der ersten Instanz dargelegten Aktionärsfragen über die bisherige Amtswahrnehmung der betroffenen Aufsichtsräte in ihrer jeweiligen Funktion ergebe sich sehr wohl die Anfechtbarkeit der streitbefangenen Wahlbeschlüsse, da es den Aktionären ohne die Beantwortung dieser Fragen für ihre Wahlentscheidungen an der erforderlichen Entscheidungsgrundlage gefehlt habe. Erst recht offenkundig sei die Relevanz für die Wahlentscheidung außerdem auch für die in der Hauptversammlung vom 28. August 2008 ebenfalls unbeantwortet gebliebene und in dem angefochtenen Urteil nicht einmal erwähnte Frage nach möglichen Absprachen über einen vorzeitigen Rücktritt der sich zur Wahl stellenden Kandidaten für den Fall der sich damals bereits abzeichnenden Übernahme der Mehrheitsbeteiligung der Beklagten durch die amerikanische Investmentgesellschaft H.

c)Ebenso zu Unrecht habe das Landgericht die Anfechtbarkeit der Wahlentscheidungen wegen eines Verstoßes der damaligen Mehrheitsgesellschafterin I. gegen ihre gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten abgelehnt, der sich daraus ergebe, dass diese für die Wahl der vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitglieder gestimmt habe, obwohl deren Verantwortlichkeit für die vorangegangenen Existenzkrise noch bis heute nicht geklärt sei. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei in der Wahl eines fachlich, persönlich oder charakterlich ungeeigneten Organs oder sonstigen Funktionsträgers durch einen Mehrheitsaktionär sehr wohl ein Verstoß gegen dessen gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten gegenüber den Minderheitsaktionären zu sehen. Der Umkehrschluss des Landgerichts aus § 36 Abs. 3 KWG, wonach jedenfalls vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift zu Beginn des Jahres 2009 die fachliche, persönliche und charakterliche Eignung eines Kandidaten für dessen Wahl zum Mitglied des Aufsichtsrates ohne Bedeutung gewesen sei, könne gerade nicht gezogen werden. Aus den mit dieser Vorschrift geschaffenen Eingriffsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörde für den Fall einer fehlenden Eignung der Aufsichtsratsmitglieder sei vielmehr zu entnehmen, dass diese Eignung auch schon in der Vergangenheit von erheblicher Bedeutung gewesen sei und es lediglich an wirksamen Sanktionen für den Fall gefehlt habe, dass die Eignung nicht vorhanden gewesen sei.

d)Entgegen der Ansicht des Landgerichts führe die mangelnde fachliche und persönliche Eignung der gewählten Aufsichtsratsmitglieder schließlich auch zu einem Verstoß gegen § 161 AktG. Die nach dieser Vorschrift abgegebene Entsprechungserklärung des Vorstands und des Aufsichtsrates der Beklagten sei unrichtig geworden, weil durch den Wahlvorschlag gegen Ziffer 5.4.1 DCGK in der im Jahre 2008 geltenden Fassung verstoßen worden sei, wonach bei Wahlvorschlägen ausdrücklich darauf zu achten sei, dass dem Aufsichtsrat jederzeit Mitglieder angehören, die über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beschlüsse in der Hauptversammlung der Beklagten vom 28. August 2008 zu TOP 6 „Wahlen zum Aufsichtsrat“, mit denen die Mitglieder A., B., C. und D. wiedergewählt sowie die Mitglieder E. und F. neu in den Aufsichtsrat der Beklagten gewählt worden seien, für nichtig zu erklären,

hilfsweise,festzustellen, dass die vorgenannten Hauptversammlungsbeschlüsse nichtig seien,

weiter hilfsweise,

festzustellen, dass der Rechtsstreit im Hinblick auf die Beschlüsse in der Hauptversammlung der Beklagten vom 28.08.2008 zu TOP 6 „Wahlen zum Aufsichtsrat“ nicht nur betreffend das Mitglied E., sondern auch betreffend die Mitglieder A., B., C., D. F. in der Hauptsache erledigt sei.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung die Klage unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils vollständig abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit das Landgericht die Klage abgewiesen hat. Darüber hinaus ist sie der Ansicht, dass die Klage auch mit dem hilfsweise gestellten Antrag auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache in Bezug auf die Wahl des Aufsichtsrates E. hätte als unzulässig abgewiesen müssen. Im Einzelnen macht die Beklagte geltend:

1.Das Landgericht habe die Klage mit ihrem Haupt- und ersten Hilfsantrag zu Recht und aus zutreffenden Gründen wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses zurückgewiesen.

a)Von einem ohne weiteres bestehenden Rechtsschutzbedürfnis des klagenden Aktionärs sei bei einer Beschlussmängelklage nur dann auszugehen, wenn der angefochtene Hauptversammlungsbeschluss - wie in der Regel - auch für die Zukunft noch weitere Rechtswirkungen entfalten könne. Habe sich der Gegenstand des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses aber - so wie in dem hier vorliegenden Fall - ausnahmsweise in der Zeit bis zur letzten mündlichen Verhandlung über eine Beschlussmängelklage erledigt, dann werde diese unzulässig, wenn nicht der Kläger ausnahmsweise ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die in der Vergangenheit bereits eingetretenen Auswirkungen des angefochtenen Beschlusses darlege. Etwas anderes sei auch der von dem Kläger zu seinen Gunsten angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Sache Kirch ./. Deutsche Bank nicht zu entnehmen, die sich mit der Frage des Rechtsschutzbedürfnisses in derartigen Fällen überhaupt nicht befasse.

In dem hier vorliegenden Fall der Anfechtung einer zwischenzeitlich erledigten Wahl zum Aufsichtsrat sei ein Rechtsschutzbedürfnis für die Vergangenheit auf der Grundlage der zutreffenden, im Vordringen befindlichen und für den in jeder Hinsicht gleich gelagerten Parallelfall der fehlerhaften Bestellung eines Vorstandsmitgliedes sogar allgemein anerkannten Lehre vom fehlerhaften Organmandat ohnehin kaum denkbar, weil ein fehlerhaft bestelltes Mitglied des Aufsichtsrats, dass sein Mandat tatsächlich ausgeübt habe, danach auch im Fall der rückwirkenden Vernichtung seiner Wahl für die Vergangenheit in jeder Hinsicht ebenso wie ein ordnungsgemäß bestelltes Organmitglied zu behandeln sei. Zu dem gleichen Ergebnis eines nicht bestehenden Rechtsschutzbedürfnisses gelange man in dem hier vorliegenden Fall aber auch dann, wenn man im Anschluss an eine ältere, mittlerweile allerdings wohl überholte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Lehre vom fehlerhaften Organmandat für Aufsichtsräte nur eingeschränkt zur Anwendung bringe. Denn auch bei einem restriktiven Verständnis dieser Lehre sei ein fehlerhaft bestelltes Mitglied des Aufsichtsrates jedenfalls im Hinblick auf die Haftung für Pflichtverletzungen, für seinen Vergütungsanspruch oder im Hinblick auf die Wirksamkeit von Beratungsverträgen und ähnlichen Abreden einem fehlerfrei bestellten Mitglied gleichzustellen. Ein Rechtsschutzbedürfnis mit Rücksicht auf die Auswirkungen der fehlerhaften Wahl in der Vergangenheit komme daher allenfalls dann in Betracht, wenn die Teilnahme der betroffenen Person an einer Sitzung des Aufsichtsrates oder dessen Stimmabgabe in einer derartigen Sitzung ausschlaggebend für das Zustandekommen eines Aufsichtsratsbeschlusses gewesen wäre und der Kläger darüber hinaus ein legitimes rechtliches Interesse daran hätte, auf dem Weg über die Wahlanfechtung gerade den so zustande gekommenen Aufsichtsratsbeschluss zu vernichten.

b)Wie sie schon in erster Instanz ausführlich dargelegt habe, hätten die Beschlüsse des Aufsichtsrates in dem in Betracht kommenden Zeitraum aber in keinem Fall von der Mitwirkung der in der Hauptversammlung vom 28. August 2008 gewählten Mitglieder abgehangen. Dieser Vortrag sei der Entscheidung auch weiterhin zugrunde zu legen, denn der in dieser Hinsicht richtigerweise selbst darlegungs- und beweispflichtige Kläger habe ihren diesbezüglichen Vortrag nur in unzulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten. Auch eine sekundäre Behauptungslast treffe sie - die Beklagte - in dieser Hinsicht nicht. Selbst wenn man jedoch von dem Bestehen einer sekundären Behauptungslast ausgehe, sei sie dieser durch ihren Vortrag gerecht geworden. Eine Pflicht zur weitergehenden Darlegung des Abstimmungsverhaltens der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder treffe sie nicht, denn dieses unterliege der Vertraulichkeit. Seine Offenlegung sei ihr deshalb nicht zuzumuten.

Das Abstimmungsverhalten der von der Klage betroffenen Aufsichtsräte im Präsidium des Aufsichtsrats und in den Ausschüssen, auf das der Kläger in der Berufungsbegründung erstmals und unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 531 Abs. 2 ZPO verspätet abstelle, könne das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschlussmängelklage ebenfalls nicht begründen. Für die Herren A., D. und F. folge dies schon daraus, dass diese in der Zeit vom 28. August 2008 bis zur Niederlegung ihrer Mandate keine Mitgliedschaft im Präsidium oder in den Ausschüssen des Aufsichtsrats inne gehabt hätten. Nichts anderes ergebe sich jedoch im Ergebnis für die Herren B., E. und C., die an den in Betracht kommenden Sitzungen des Aufsichtsratspräsidiums vom 20. September, 08. Oktober und 29. Oktober 2008, an der Sitzung des Finanz- und Prüfungsausschusses vom 06. Oktober 2008 und an der Sitzung des Verkaufsausschusses im Anschluss an die Hauptversammlung 2008 entweder überhaupt nicht teilgenommen hätten oder jedenfalls die Ergebnisse der etwa dort vorgenommenen Abstimmungen angesichts der bestehenden Mehrheitsverhältnisse durch ihr Stimmverhalten nicht maßgeblich hätten beeinflussen können.

2.Der weitere Hilfsantrag des Klägers, mit dem dieser die Feststellung begehrt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei, ist nach der Auffassung der Beklagten schon aus prozessualen Gründen unzulässig und hätte daher entgegen dem angefochtenen Urteil auch in Bezug auf die Wahl des Aufsichtsrates E. ohne einen Eintritt in die Begründetheitsprüfung insgesamt abgewiesen werden müssen. Jedenfalls eine einseitige Erledigungserklärung in der Hauptsache dürfe nach zutreffender und vom Bundesgerichtshof gerade auch für die aktienrechtliche Beschlussmängelklage vertretener Ansicht niemals nur hilfsweise abgegeben werden. Das prozessuale Ziel einer solchen Erklärung, anstelle der Abweisung des Hauptantrages eine Feststellung über die Erledigung zu erreichen, sei bei einer nur hilfsweisen Erledigungserklärung von vornherein nicht zu erreichen. Hinzu komme, dass es widersprüchlich wäre, wenn ein Kläger vorrangig an seinem Hauptantrag festhalten und zugleich dem mit der Entscheidung darüber verbundenen Kostenrisiko ausweichen könnte.

Hiervon ausgehend komme es auf die von dem Kläger geltend gemachten Beschlussmängel in der Sache im Ergebnis nicht mehr entscheidend an. Selbst wenn man dies anders beurteile, habe der weitere Hilfsantrag keinen Erfolg, da die behaupteten Anfechtungsgründe sämtlich nicht vorlägen. Entgegen den Ausführungen des Klägers habe das Landgericht die Rechtsfolgen des von ihm angenommenen Einladungsmangels wegen des nicht ordnungsgemäßen Wahlvorschlages zu Recht auf die Wahl des Aufsichtsrates E. beschränkt. Auch eine Verletzung von Informationsrechten der Aktionäre könne aus den von ihr schon in der ersten Instanz im einzelnen dargelegten Gründen nicht angenommen werden, ganz davon abgesehen, dass der Kläger ohnehin mit sämtlichen von ihm in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen ausgeschlossen sei, weil er erst nach Ablauf der materiellen Ausschlussfrist des § 246 Abs. 1 AktG erstmals konkret begründet habe, warum die Antworten auf die zur Begründung der Informationspflichtverletzungen angeführten Fragen der Aktionäre nicht ausreichend gewesen seien. Wegen der angeblichen, tatsächlich aber ebenfalls nicht gegebenen Treuwidrigkeit des Abstimmungsverhaltens der I. nehme sie auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug. Ebenso habe das Landgericht schließlich auch die von dem Kläger erhobene Rüge eines Gesetzesverstoßes wegen unterlassener Offenlegung einer Abweichung von Ziffer 5.4.1 DCGK im Ergebnis zu Recht verworfen. Erstens sei der Kläger mit dieser Rüge ebenfalls schon wegen Versäumung der Frist des § 246 Abs. 1 AktG materiell präkludiert, zweitens liege auch eine Abweichung von Ziffer 5.4.1 DCGK tatsächlich überhaupt nicht vor und drittens würde selbst das Vorliegen einer solchen Abweichung jedenfalls nicht zur Nichtigkeit der Wahlvorschläge des Aufsichtsrates und somit im Ergebnis auch nicht zur Anfechtbarkeit der streitigen Hauptversammlungsbeschlüsse führen.

3.Für den Fall, dass der Senat die Anschlussberufung ungeachtet ihrer vorstehenden Ausführungen nicht für begründet erachten sollte, greift die Beklagte mit dieser vorsorglich auch die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils selbständig an. Zur Begründung macht sie geltend, selbst wenn das Landgericht in der Sache zutreffend entschieden hätte, werde eine bloße Aufhebung der Verfahrenskosten gegeneinander, wie sie das Landgericht lediglich vorgenommenen habe, dem weitgehenden Umfang, in dem sie - die Beklagte - auch nach dem angefochtenen Urteil in der ersten Instanz obsiegt habe, im Ergebnis nicht gerecht. Eine Aufhebung der Kosten wäre allenfalls bei einem ausgeglichenen Verhältnis des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens in Betracht gekommen, das hier aber auch bei Zugrundelegung des angefochtenen Urteils nicht vorgelegen habe.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die Rechtsmittel beider Parteien sind zulässig. Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet. Die Anschlussberufung der Beklagten hat dagegen Erfolg und führt zur Abweisung der Klage, auch soweit ihr das Landgericht im Hinblick auf den zweiten Hilfsantrag im Hinblick auf das Aufsichtsratsmitglied E. teilweise stattgegebenen hat.

I.

Das Landgericht hat die von dem Kläger mit ihrem Haupt- und ihrem ersten Hilfsantrag erhobene Beschlussmängelklage zu Recht wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig angesehen.

Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss der Hauptversammlung vom 28. August 2008 über die Wahl des Aufsichtsratsmitgliedes B. war schon bei Rechtshängigkeit der Klage am 17. Oktober 2008 nicht (mehr) vorhanden und das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen die Beschlüsse der genannten Hauptversammlung über die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder E., A., C., D. sowie F. ist jedenfalls im Verlaufe der ersten Instanz nachträglich entfallen, weil alle sechs von den streitigen Wahlen betroffenen Personen zu den sich im einzelnen aus dem Sachbericht ergebenden Zeitpunkten in der Zeit bis zum 05. Februar 2009 ihr jeweiliges Amt als Mitglieder des Aufsichtsrates der Beklagten niedergelegt haben und rechtlich relevante Auswirkungen von der möglicherweise fehlerbehaften Wahl dieser Personen auch in der Zeit bis zu ihrer jeweiligen Amtsniederlegung nicht ausgegangen sind.

1. Im Grundsatz noch zutreffend weist der Kläger allerdings darauf hin, dass ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis an der Vernichtung eines Beschlusses im Wege der aktienrechtlichen Beschlussmängelklage regelmäßig nicht erforderlich ist. Denn diese dient der Kontrolle der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses (BGH WM 2009, 1141 ff. = juris Rn 13 für die Beschlussmängelklage in einer GmbH; Schmidt/Lutter/Schwab, Aktiengesetz, 2. Auflage, § 243 AktG Rn 1; Hüffer, Aktiengesetz, 9. Auflage, § 246 AktG Rn 9, jeweils m.w.N.) und der Aktionär, der auf andere Weise die gebotene Bindung der Gesellschaft an Gesetz und Recht nicht durchzusetzen vermag (MüKoAktG/Hüffer, 3. Auflage, § 246 AktG Rn 17), kann ohne weiteres verlangen, dass Beschlüsse, die nach dem Ergebnis dieser Kontrolle gegen das Gesetz oder gegen die Satzung der Gesellschaft verstoßen mit Wirkung für und gegen zumindest die in den §§ 248 Abs. 1, 252 AktG aufgezählten Personen und unter Umständen auch gegen gesellschaftsfremde Dritte (Hüffer, a.a.O., § 248 AktG Rn 7 m.w.N. ) rückwirkend bezogen auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung wieder beseitigt werden (Schmidt/Lutter/Schwab, a.a.O., § 245 AktG Rn 1. § 248 AktG Rn 5 f; Hüffer, a.a.O., § 248 AktG Rn 6, jeweils m.w.N.).

2. Ausnahmen, in denen das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, sind aber dennoch möglich und zum Beispiel für den Fall allgemein anerkannt, dass eine Vernichtung des angefochtenen Beschlusses deshalb nicht mehr notwendig ist, weil dieser von der Hauptversammlung aufgehoben worden ist oder wegen der Rücknahme seiner Anmeldung zum Handelsregister ohnehin nicht mehr wirksam werden kann (MüKoAktG/Hüffer, a.a.O., § 246 AktG Rn 17 m.w.N.) oder wenn ein lediglich ablehnender Beschluss angefochten wird, weil sich dadurch eine relevante Veränderung der Rechtslage auf keinen Fall ergeben kann (MüKoAktG/Hüffer, a.a.O., § 246 AktG Rn 17; Hüffer, a.a.O., § 246 AktG Rn 11 m.w.N.). Für den weiteren Fall, dass die Hauptversammlung den anfechtbaren Beschluss durch einen weiteren, seinerseits rechtmäßigen Beschluss bestätigt und hierdurch auf den Boden der Legalität zurückkehrt, ergibt sich mittelbar schon aus § 244 Satz 2 AktG, dass auch der Gesetzgeber für eine dann lediglich noch vergangenheitsbezogen in Betracht kommende, objektive Rechtskontrolle grundsätzlich kein Bedürfnis mehr sieht (Schmidt/Lutter/Schwab, a.a.O., § 244 AktG 22).

3. Nichts anderes kann aber in dem hier gegebenen Fall gelten, dass das mit der Vernichtung eines Beschlusses über die Wahl eines Aufsichtsratsmitgliedes angestrebte Ziel durch eine Amtsniederlegung des betroffenen Aufsichtsratsmitgliedes bereits erreicht ist (Marsch-Barner, FS K. Schmidt, S. 1109, 1119; Hüffer, a.a.O., § 246 AktG Rn 11). Ebenso wie in dem Fall der Bestätigung eines angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses (MüKoAktG/Hüffer, a.a.O., § 244 AktG Rn 15; Schmidt/Lutter/Schwab, a.a.O., § 244 AktG Rn 23) kommt eine Beschlussmängelklage daher auch im Falle der Amtsniederlegung eines anfechtbar gewählten Aufsichtsratsmitgliedes ausnahmsweise - Unterausnahme von Ziffer I 2 - nur noch dann in Betracht, wenn das Vorhandensein des anfechtbar gewählten Aufsichtsrates in der Zeit bis zu dessen Amtsniederlegung zu weiteren, rechtlich relevanten Folgen geführt hat, an deren Verhinderung für den Anfechtungskläger ein besonderes rechtliches Interesse besteht. Ungeachtet der von dem Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 08. Dezember 2011 noch einmal besonders hervorgehobenen Tatsache, dass die Mitglieder des Aufsichtsrates ihr Amt zumindest zeitweise tatsächlich ausgeübt haben, ist ein rechtliches Interesse auch hier jedenfalls in der Regel nicht mehr zu erkennen und kann nur noch in solchen Ausnahmefällen bejaht werden, in denen die in anfechtbarer Weise gewählten Aufsichtsratsmitglieder in der Zeit bis zu ihrer Amtsniederlegung weitere, ihrerseits rechtlich relevante Beschlüsse (mit-) gefasst haben, zu denen es ohne ihre Mitwirkung nicht oder jedenfalls nicht mit dem gleichen Inhalt gekommen wäre.

a) Die hiervon abweichende Rechtsansicht des von dem Kläger vorgelegten Privatgutachtens seines Sozius J. vom 07. August 2009 (Anlage K 19) vermag den Senat nicht zu überzeugen. Entgegen der Ansicht von J. sind die in Rechtsprechung und Literatur bereits allgemein anerkannten Fälle der Bestätigung, der Aufhebung oder der Nichtanmeldung eines Beschlusses oder der Anfechtung einer lediglich ablehnenden Entscheidung mit der hier vorliegenden Situation im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis der Aktionäre für eine Beschlussmängelklage sehr wohl vergleichbar. Warum es in diesem Zusammenhang einen Unterschied ausmachen soll, ob die Entscheidung über die Wahl eines bestimmten Aufsichtsrates (nur) wegen eines Verfahrensfehlers oder (jedenfalls auch) wegen einer mangelnden fachlichen Qualifikation des betroffenen Kandidaten angefochten wird (vgl. Gutachten, Seite 18), erschließt sich dem Senat nicht. Im Übrigen mag es durchaus zutreffen, dass es ein gewähltes Aufsichtsratsmitglied auf der Grundlage der hier vertretenen Ansicht in der Hand hat, einer gegen seine Wahl gerichteten Beschlussmängelklage durch die vorzeitige Niederlegung seines Amtes im Ergebnis den Boden zu entziehen (vgl. Gutachten, Seite 18 f). Ein generelles Interesse der Aktionäre an der Verhinderung eines derartigen Ablaufs der Ereignisse ist jedoch nicht zu erkennen und die Möglichkeit einer Darlegung des konkreten Rechtsschutzbedürfnisses im jeweiligen Einzelfall - hierzu siehe weiter unten - bleibt dem Aktionär auch nach der hier vertretenen Ansicht unbenommen.

b) Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht der hier eingenommenen Sichtweise entgegen der Ansicht des Klägers nicht entgegen. Etwas anderes kann insbesondere auch dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Februar 2009 - II ZR 185/07 - in der Sache Kirch ./. Deutsche Bank [= BGHZ 180, 9 = WM 2009, 459 ff.] nicht entnommen werden. Denn selbst wenn die - von der Beklagten in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestrittene - Behauptung des Klägers zutreffen sollte, dass zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof am 27. Oktober 2008 die Amtszeit des am 10. Juni 2003 gewählten Aufsichtsrates der Deutschen Bank gerichtsbekannt bereits abgelaufen und keines der von der dort streitgegenständlichen Beschlussmängelklage betroffenen Aufsichtsratsmitglieder mehr aufgrund des dort angegriffenen Hauptversammlungsbeschlusses im Amt gewesen sein sollte, ist diese Tatsache jedenfalls weder in dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 21. Dezember 2005 - 3/9 O 98/03 - (ZIP 2006, 335 ff.) noch in dem Berufungsurteil des OLG Frankfurt vom 17. Juli 2007 - 5 U 229/05 - (WM 2007, 1704 ff.) festgestellt oder auch nur erörtert worden. Gemäß § 559 Abs. 1 ZPO hätte sie daher durch den Bundesgerichtshof auch im Rahmen des Revisionsverfahrens allenfalls dann berücksichtigt werden können, wenn sich die prozessuale Rechtslage für seine Entscheidung in dieser Hinsicht erst im Verlaufe des Revisionsverfahrens verändert hätte (Zöller/Heßler, Zivilprozessordnung, 29. Auflage, § 559 ZPO Rn 4 m.w.N.) und auch dies wäre allenfalls dann möglich gewesen, wenn die entsprechenden Tatsachen zumindest in irgendeiner Form in das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof eingeführt worden wären. Dass dies jedoch der Fall gewesen wäre, ist der Entscheidung des Bundesgerichtshofs gerade nicht zu entnehmen und wird auch von dem Kläger selbst nicht behauptet, der vielmehr im Gegenteil sogar ausdrücklich einräumt, dass sich der Bundesgerichtshof mit der Frage des Rechtsschutzbedürfnisses in seiner Entscheidung mit keinem Wort auch nur ansatzweise auseinander gesetzt hat.

4. Das damit erforderliche Interesse des Klägers an einer rückwirkenden Anfechtbarkeit der streitgegenständlichen Wahlbeschlüsse ergibt sich nicht bereits mit Rücksicht auf die allgemeinen Amtsbefugnisse des Aufsichtsrates, mit Rücksicht auf eine etwaige Haftung der angeblich fehlerhaft bestellten Aufsichtsräte oder mit Rücksicht auf die Frage, ob diesen für ihre Tätigkeit in der Zeit bis zu ihrer jeweiligen Amtsniederlegung eine Vergütung zusteht, sondern allenfalls aus dem Zustandekommen weiterer Beschlüsse des Aufsichtsrats, seines Präsidiums oder seiner sonstigen Gremien unter entscheidungserheblicher Mitwirkung der betroffenen Personen.

a) Nach der entgegen der Ansicht des Klägers keineswegs nur vereinzelt vertretenen, sondern jedenfalls in einem eingeschränkten Umfang bereits seit geraumer Zeit herrschenden und auch durch den Bundesgerichtshof vertretenen „Lehre vom fehlerhaft bestellten Organ“, der sich auch der Senat anschließt, ist nämlich ein Aufsichtsratsmitglied, das sein Amt angenommen und ausgeübt hat, ungeachtet einer etwaigen Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit seiner Bestellung zumindest partiell und bis zum Widerruf seiner Bestellung oder bis zur Niederlegung seines Amtes wie ein wirksam bestelltes Mitglied des Aufsichtsrates zu behandeln (BGH WM 2006, 1529 ff. = juris Rn 14 m.w.N.; MüKoAktG/Habersack, § 101 AktG Rn 69; Hüffer, a.a.O., § 101 AktG Rn 17; Hopt/Roth, Großkomm AktG, 4. Auflage, § 101 AktG Rn 216 ff.; KölnKomm/Mertens, § 101 AktG Rn 92 ff., jeweils m.w.N.).

Insbesondere die Pflichten und die Haftung eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsrates sind daher nach den gleichen Maßstäben wie diejenigen eines ordnungsgemäß bestellten Aufsichtsrates zu beurteilen (RGZ 152, 273, 279; MüKoAktG/Habersack, a.a.O., § 101 AktG Rn 69; Hopt/Roth, Großkomm AktG, 4. Auflage, § 101 AktG Rn 218; KölnKomm/Mertens, § 101 AktG Rn 93), das fehlerhaft bestellte Mitglied des Aufsichtsrates hat in gleicher Weise wie ein ordnungsgemäß bestelltes Mitglied des Aufsichtsrates Anspruch auf Vergütung gemäß § 113 AktG (BGH WM 2006, 1529 ff. = juris Rn 14; MüKoAktG/Habersack, a.a.O., § 101 AktG Rn 69; KölnKomm/Mertens, § 101 AktG Rn 93) und die Wirksamkeit von mit ihm abgeschlossenen Beratungs- und ähnlichen Verträgen beurteilt sich ebenso wie bei einem ordnungsgemäß bestellten Mitglied des Aufsichtsrates nach den §§ 113, 114 AktG (BGH WM 2006, 1529 ff. = juris Rn 14; MüKoAktG/Habersack, a.a.O., § 101 AktG Rn 69).

b) Selbst bei einem entgegen der wohl im Vordringen befindlichen Ansicht (MüKoAktG/Habersack, a.a.O., § 101 AktG Rn 70; Hüffer, a.a.O., § 101 AktG Rn 18; Schmidt/Lutter/Drygala, a.a.O., § 101 AktG Rn 35 f.; Schmitt/Lutter/Schwab, a.a.O., § 244 ZPO Rn 23 jeweils m.w.N.) nur restriktiven Verständnis der „Lehre vom fehlerhaft bestellten Organ“ in dem vorgenannten Sinne können sich rechtliche Konsequenzen aus der Tätigkeit eines anfechtbar gewählten Aufsichtsrates in der Zeit bis zu der Niederlegung seines Amtes daher allenfalls aus dessen Mitwirkung an der weiteren Beschlussfassung im Aufsichtsrat selbst oder in dessen Gremien ergeben, wobei aber selbst solche weiteren, unter Mitwirkung eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsrates gefassten Beschlüsse ihrerseits wirksam zustande kommen, wenn feststeht, dass sie nicht auf der Stimme des fehlerhaft bestellten Mitgliedes beruhen, sie mithin also nicht auch ohne die Mitwirkung des fehlerhaft bestellten Mitgliedes in gleicher Weise zustande gekommen wären (BGHZ 47, 341, 346 = NJW 1967, 1711 = juris Rn 33; Hüffer, a.a.O., § 101 AktG Rn 17; MüKoAktG/Habersack, a.a.O., § 101 AktG Rn 69; Schmidt/Lutter/Drygala, a.a.O., § 101 AktG Rn 33).

5. Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger somit die erforderlichen Tatsachen für ein trotz der zwischenzeitlichen Amtsniederlegung der nach seinem Vortrag fehlerhaft gewählten Aufsichtsratsmitglieder ausnahmsweise fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis hätte vortragen und gegebenenfalls beweisen müssen.

a) Allerdings handelt es sich bei dem Rechtsschutzbedürfnis um eine Prozessvoraussetzung (Zöller/Greger, a.a.O., vor § 253 ZPO Rn 18; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 3. Auflage, Rn 11), deren Vorliegen das Gericht grundsätzlich in jeder Lage des Verfahrens schon von Amts wegen zu prüfen hat (Zöller/Greger, a.a.O., vor § 253 ZPO Rn 9; Musielak/Foerste, Zivilprozessordnung, 8. Auflage, vor § 253 ZPO Rn 12; BeckOK ZPO/Bacher, Stand: 01.06.2011, § 253 ZPO Rn 10, jeweils m.w.N.).

Ungeachtet dessen sind aber auch die für die Beurteilung des Vorliegens einer Prozessvoraussetzung erforderlichen Tatsachen von den Parteien selbst in das Verfahren einzuführen (MüKoZPO/Rauscher, a.a.O., Einl. Rn 312) und erforderlichenfalls zu beweisen (MüKoZPO/Becker-Eberhard, a.a.O., vor § 253 ZPO Rn 15). Die Beibringungs- und Beweislast für die zur Beurteilung durch das Gericht erforderlichen Tatsachen liegt dabei für eine Prozessvoraussetzung - wie hier das Rechtsschutzbedürfnis - bereits nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen grundsätzlich bei demjenigen, der sich zu seinen Gunsten auf das Vorliegen dieser Prozessvoraussetzung beruft, in der Regel also bei der jeweils klagenden Partei (MüKo ZPO/Becker-Eberhard, a.a.O. m.w.N). Für die hier gegebene Situation wird diese Verteilung der Beibringungs- und Beweislast zudem auch durch das für den vergleichbaren Fall der Bestätigung eines anfechtbaren Hauptversammlungsbeschlusses in der Regelung des § 244 Satz 2 ZPO vorausgesetzte Regel-/Ausnahmeverhältnis ausdrücklich bestätigt, aus dem zu entnehmen ist, dass auch der Gesetzgeber jedenfalls in derartigen (Sonder-)Situationen von einer Darlegungslast des Beschlussmängelklägers ausgeht.

b) Hiervon zu trennen ist die auch mit der Berufungsbegründung von dem Kläger erneut ausdrücklich angesprochene Frage einer sekundären Behauptungslast, welche dann in Betracht kommt, wenn eine darlegungs- und beweispflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner über entsprechende Kenntnisse verfügt und ihm nähere Angaben zugemutet werden können (BGHZ 163, 209 ff., 214 = juris Rn 18; NJW 1997, 128, 129 = juris Rn 17; Zöller/Greger, a.a.O., § 138 ZPO Rn 8b und vor § 284 BGB Rn 34, Prütting/Gehrlein/Laumen, Zivilprozessordnung, 3. Auflage, § 286 ZPO Rn 81, jeweils m.w.N.).

Eine sekundäre Darlegungslast in diesem Sinne kommt hier zwar insbesondere im Hinblick auf das interne Abstimmungsverhalten der möglicherweise fehlerhaft gewählten Mitglieder in dem Aufsichtsrat der Beklagten und in dessen Untergremien grundsätzlich in Betracht. An der Verteilung der (primären) Beibringungs- und Beweislast für das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses der Klägerseite ändert sich dadurch jedoch nichts. An dem Grundsatz, dass eine Partei die ihr günstigen Tatsachen darlegen und beweisen muss und der Gegner nicht verpflichtet ist, ihr die in diesem Zusammenhang erforderlichen Informationen zu verschaffen, wird vielmehr auch in den Fällen einer sekundären Behauptungslast gerade festgehalten (BGH NJW 1997, 128, 129 = juris Rn 17; Zöller/Greger, a.a.O., vor § 284 ZPO Rn 34 m.w.N.).

Der Kläger ist daher auch durch das mögliche Eingreifen einer sekundären Behauptungslast der Beklagten zumindest im Hinblick auf das interne Abstimmungsverhalten der von der Klage betroffenen Aufsichtsratsmitglieder nicht seiner Verpflichtung enthoben, zunächst auf der Ebene seiner primären Darlegungslast in dem ihm nach seiner Kenntnis der Umstände möglichen Umfang zumindest pauschal zu dem Bestehen seines Rechtsschutzbedürfnisses vorzutragen. Auch wenn ihm das etwaige Abstimmungsverhalten der betroffenen Aufsichtsratsmitglieder und deren Teilnahme oder Nichtteilnahme an den verschiedenen Sitzungen im einzelnen nicht bekannt sein mag - und der Bundesgerichtshof die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Entscheidungserheblichkeit dieses Abstimmungsverhaltens der Aufsichtsratsmitglieder im Übrigen wohl ohnehin bei der Gesellschaft sieht (BGHZ 47, 341, 346 = NJW 1967, 1711 = juris Rn 33) -, hätte der Kläger dennoch zumindest allgemein dazu vortragen müssen, welche Beschlüsse in welchen Sitzungen des Aufsichtsrates in dem in Betracht kommenden Zeitraum vom 28. August 2008 bis zum 05. Februar 2009 überhaupt gefällt worden sind, aus deren wegen der möglichen Mitwirkung der anfechtbar gewählten Aufsichtsräte unter Umständen fehlerhaftem Zustandekommen sich trotz der zwischenzeitlichen Amtsniederlegung derselben ein etwa fortdauerndes Rechtsschutzbedürfnis für seine Beschlussmängelklage ergeben könnte. Ein zumindest pauschaler Vortrag dazu wäre dem Kläger, wie er sogar selbst nicht in Abrede stellt, auch unter dem bloßen Rückgriff auf öffentlich zugängliche Informationsquellen wie z.B. den Geschäftsbericht der Beklagten für das Jahr 2008/09 (Anlage BK 1)oder auf sonstige, ihm in seiner Eigenschaft als Aktionär bekannt gewordene oder zumindest zugängliche Tatsachen jedenfalls möglich gewesen.

6. Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird der Vortrag des Klägers jedoch im Hinblick auf die Beschlüsse des gesamten Aufsichtsrates in dem in Rede stehenden Zeitraum auch in der Berufungsinstanz nach wie vor nicht gerecht. Dem- neuen - Vortrag des Klägers in diesem Zusammenhang zu den Sitzungen des Aufsichtsratspräsidiums und der weiteren Ausschüsse des Aufsichtsrates ist jedenfalls die Beklagte in erheblicher Weise entgegen getreten.

a) Wie bereits in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, hat der Kläger nämlich den Vortrag der Beklagten, es seien in dem in Betracht kommenden Zeitraum keine Beschlüsse des Aufsichtsrates unter entscheidungserheblicher Mitwirkung der nach der Behauptung des Klägers fehlerhaft gewählten Mitglieder gefasst worden, in der ersten Instanz lediglich in für ihn als primär selbst darlegungspflichtige Partei unzulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten - siehe Schriftsatz vom 03. Februar 2009, Seite 8 - und sich im Übrigen auf die Argumentation beschränkt, auf die Existenz derartiger Beschlüsse komme es für das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses schon aus Rechtsgründen nicht an, zumindest jedoch liege die (primäre) Darlegungs- und Beweislast in diesem Zusammenhang auf der Seite der Beklagten.

Unabhängig davon, ob das Landgericht den Kläger - wie dieser mit der Berufung geltend macht - auf die Unrichtigkeit dieser Ansicht im Rahmen seiner prozessualen Hinweispflichten nach § 139 ZPO hätte hinweisen müssen, hat dieser darüber hinaus seinen Vortrag zu dieser Frage auch in der Berufungsinstanz mit keinem Wort ergänzt. Stattdessen beschränkt sich sein Vortrag zu der Frage des Rechtsschutzbedürfnisses vielmehr nach wie vor und auch in Kenntnis der Gründe des angefochtenen Urteil sowie der aufwendigen und sehr in die Tiefe gehenden Stellungnahmen der Beklagten in beiden Instanzen - auf die angesprochenen, sonstigen Fragen und auf den von ihm nunmehr neu oder auch statt dessen ins Spiel gebrachten Aspekt einer etwaigen Mitwirkung der betroffenen Aufsichtsratsmitglieder an den Entscheidungen des Aufsichtsratspräsidiums, des Finanz- und Prüfungs- und des Verkaufsausschusses.

b) Auch bezogen auf das Abstimmungsverhalten der angeblich anfechtbar gewählten Personen im Präsidium des Aufsichtsrates, im Finanz- und Prüfungsausschuss oder im Verkaufsausschuss kann ein Rechtsschutzinteresse des Klägers zumindest im Ergebnis ebenfalls nicht festgestellt werden. Auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage einer möglichen Präklusion des Klägervortrages in diesem Zusammenhang wegen eines Verstoßes gegen § 531 Abs. 2 ZPO kommt es dabei noch nicht einmal an, denn dieser ist selbst dann, wenn man ihn für die Entscheidung zugrunde legt, im Ergebnis für die Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses für die von dem Kläger erhobene Beschlussmängelklage nicht ausreichend.

aa) Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Wahlbeschlüsse betreffend die Herren A., A. und F. kann sich aus der Beschlussfassung im Präsidium oder in den Ausschüssen der Beklagten schon deshalb nicht ergeben, weil diese in der Zeit vom 28. August 2008 bis zu ihrer jeweiligen Amtsniederlegung ohnehin keine Mitglieder in irgendeinem der von dem Kläger in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidungsgremien gewesen sind.

bb) Auch aus der Mitgliedschaft des Aufsichtsratsmitgliedes E. in den von dem Kläger angeführten Entscheidungsgremien kann sich ein Rechtsschutzbedürfnis für eine etwaige Anfechtung des diesen betreffenden Wahlbeschlusses nicht ergeben.

(1) Gemäß den weitgehend unstreitigen und im Übrigen von dem Kläger jedenfalls nicht mehr bestrittenen Angaben der Beklagten in der Berufungserwiderung, die darüber hinaus im Hinblick auf die Bestellung des Herrn K. als Mitglied des Aufsichtsrates auch durch den Geschäftsbericht 2008/09 (Anlage BK 1) - siehe dort Seite 18 - bestätigt werden, war Herr E. zwar in der Zeit vom Antritt seines Amtes als Aufsichtsratsmitglied am 08. Oktober 2008 bis zu dessen Niederlegung mit Wirkung zum 18. November 2008 durch sein bei dem Vorstand der Beklagten am gleichen Tage eingegangenes Schreiben vom 14. November 2008 (Anlage B 52.2) in der Zeit bis zum 30. Oktober 2008 gemeinsam mit den Herren M. und L. sowie in der Folgezeit gemeinsam mit den Herren K. und L. Mitglied des - damals - dreiköpfigen Aufsichtsratspräsidiums der Beklagten.

(2) Von den beiden in die genannten Zeiträume fallenden Sitzungen dieses Gremiums am 08. Oktober 2008 und am 29. Oktober 2008 hat er aber - zusammen mit den Herren M. und L. - unbestritten nur an der Sitzung vom 08. Oktober 2008 überhaupt teilgenommen. In der Sitzung vom 29. Oktober 2008 ist er dagegen - ebenfalls unbestritten - durch Herrn N. vertreten worden, so dass die durch das Präsidium an diesem Tage etwa gefassten Beschlüsse von einer möglichen Anfechtung der Wahl von Herrn E. ihrerseits ohnehin nicht einmal mittelbar betroffen sind.

(3) Mögliche Auswirkungen auf die Beschlussfassungen des Aufsichtsratspräsidiums kommen damit von vornherein allenfalls im Hinblick auf die Sitzung vom 08. Oktober 2008 in Betracht. Jedoch hat der Kläger dem Vortrag der Beklagten nicht widersprochen, dass sämtliche an diesem Tage gefassten Präsidiumsbeschlüsse vorsorglich durch den Aufsichtsrat in seiner vollen Besetzung bestätigt und zusätzlich noch einmal neu vorgenommen worden sind. Etwa denkbare Mängel der Beschlüsse vom 08. Oktober 2008, die aus der Teilnahme des Herrn E. an der Beschlussfassung herrühren könnten, sind deshalb mittlerweile jedenfalls geheilt. Dass diese Beschlüsse in der Zeit bis zu ihrer Heilung wiederum ihrerseits irgendeine Außenwirkung entfaltet hätten, aus der allein sich ein - mittelbares - Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an einer Anfechtung der Wahl von Herrn E. allenfalls noch herleiten könnte, ist von dem Kläger noch nicht einmal selbst behauptet worden.

cc) Aus der Mitgliedschaft des Herrn B. in den Gremien des Aufsichtsrates der Beklagten kann ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtung der Wahl dieses Aufsichtsratsmitgliedes in der Hauptversammlung vom 28. August 2008 ebenfalls kein Rechtsschutzbedürfnis abgeleitet werden.

(1) Gemäß dem wiederum überwiegend unstreitigen und im Übrigen - insbesondere auch im Hinblick auf eine teilweise Verwechslung der beiden Herren C. und M. - von dem Kläger jedenfalls nicht mehr bestrittenen Angaben der Beklagten, war Herr B. zwar in der Zeit vom 28. August 2008 bis zur Niederlegung seines Amtes als Mitglied des Aufsichtsrates mit Wirkung am 06. Oktober 2008 durch sein bei dem Vorstand der Beklagten am gleichen Tage eingegangenes Schreiben vom 01. Oktober 2008 (Anlage B 51) gemeinsam mit den Herren M. und L. Mitglied des dreiköpfigen Aufsichtsratspräsidiums sowie gemeinsam mit den Herren M., L. und O. Mitglied des vierköpfigen Finanz- und Prüfungsausschusses.

(2) In dieser Zeit haben aber eine Sitzung des Präsidiums nur am 20. September 2008 und eine Sitzung des Finanz- und Prüfungsausschusses nur am 28. August 2008 stattgefunden. Auf die weitere Sitzung des Finanz- und Prüfungsausschusses vom 08. Oktober 2008, die der Kläger in der Berufungsbegründung zusätzlich erwähnt, kommt es schon deshalb nicht an, weil sie bereits nicht mehr in den Zeitraum bis zu der Amtsniederlegung des Herrn B. fällt. Von den beiden damit nur maßgeblichen Sitzungen hat Herr B. - neben den Herren M., L. und O. - außerdem wiederum nur an der Sitzung des Finanz- und Prüfungsausschusses vom 28. August 2008 überhaupt teilgenommen, während er in der Sitzung des Aufsichtsratspräsidiums vom 20. September 2008 - wiederum unbestritten - durch Herrn P. vertreten wurde. Etwaige Auswirkungen aus einer fehlerhaften Wahl des Herrn B. auf die Beschlussfassungen in der Sitzung des Präsidiums vom 20. September 2008 kommen daher von vornherein nicht in Betracht.

(3) Darüber hinaus können solche Auswirkungen aber auch im Hinblick auf die Sitzung des Finanz- und Prüfungsausschusses vom 28. August 2008 nicht festgestellt werden. Denn die - nicht nur für den Aufsichtsrat als Ganzes, sondern auch für seine Teilgremien geltende - Mindestzahl von drei Teilnehmern an dieser Sitzung gemäß § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG (Hüffer, a.a.O., § 107 AktG Rn 17 m.w.N.) war damit jedenfalls auch bei einem unterstellten Wegfall von Herrn B. noch gewahrt. Darüber hinaus kommt es außerdem auch auf das mögliche Stimmverhalten der übrigen Ausschussmitglieder in dieser Sitzung im Ergebnis nicht an. Sämtliche in dieser Sitzung überhaupt gefassten Beschlüsse - nur auf diese und nicht auf ihre etwaige Ablehnung kann es insoweit ankommen, denn von einem nicht gefassten Beschluss können rechtliche Folgen ohnehin nicht ausgehen (MüKoAktG/Hüffer, a.a.O., § 246 AktG Rn 17; Hüffer, a.a.O., § 246 AktG Rn 11 m.w.N.) - wären nämlich, wenn überhaupt, dann unter Mitwirkung von mindestens zwei der drei anderen Ausschussmitglieder neben Herrn B. oder aber überhaupt nicht zustande gekommen, so dass diese beiden anderen Ausschussmitglieder den gleichen Beschluss auch bei einem Wegfall von Herrn B. jeweils immer noch in gleicher Weise hätten fassen können.

dd) Schließlich kann auf der Grundlage des auch in dieser Hinsicht von dem Kläger jedenfalls nicht mehr bestrittenen Vortrages der Beklagten auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Wahl des Aufsichtsratsmitgliedes C. in der Hauptversammlung vom 28. August 2008 aus dessen Mitgliedschaft in den Gremien des Aufsichtsrates der Beklagten nicht hergeleitet werden.

Denn Herr C. war danach zwar in der Zeit von seiner Wahl bis zur Niederlegung seines Amtes mit Wirkung zum 30. November 2008 durch sein bei dem Vorstand der Beklagten am 21. November 2008 eingegangenes Schreiben vom 19. November 2008 (Anlage B 57) zusammen mit den Herren Q., P. und O. Mitglied des vierköpfigen Verkaufsausschusses und hat in dieser Eigenschaft auch an der einzigen Sitzung dieses Ausschusses in dem genannten Zeitraum vom 23. Oktober 2008 - nicht 28. August 2008, wie die Beklagte irrtümlich angibt, vgl. Anlage BK 1, Seite 26 - teilgenommen. Die Mindestzahl von drei Teilnehmern wäre aber auch bei einem Wegfall von Herrn C. gewahrt geblieben und aus den gleichen Gründen, die im Zusammenhang mit der Teilnahme des Herrn B. an der Sitzung des Finanz- und Prüfungsausschusses vom 28. August 2008 bereits ausgeführt worden sind, kommt es auch auf das Stimmverhalten der Mitglieder des Verkaufsausschusses in der Sitzung vom 23. Oktober 2008 im Ergebnis nicht an.

II.

Abweichend von dem angefochtenen Urteil hat die Klage auch mit ihrem zweiten Hilfsantrag nicht nur wegen der übrigen, von der Klage betroffenen Mitglieder des Aufsichtsrates, sondern auch wegen des Aufsichtsratsmitgliedes E. keinen Erfolg, ohne dass es in diesem Zusammenhang einer Auseinandersetzung mit den für die Anfechtung der Wahlentscheidungen von dem Kläger in der Sache vorgebrachten Gründe bedarf. Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass der Rechtsstreit im Hinblick auf die angefochtenen Wahlbeschlüsse in der Hauptsache erledigt sei, ist nämlich bereits unzulässig.

Eine - wie hier - lediglich hilfsweise abgegebene Erledigungserklärung in der Hauptsache ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zu den in der Literatur vertretenen Ansichten vgl. z.B. die Übersicht bei Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 91a Rn 35), der sich der Senat anschließt, schon deshalb nicht zuzulassen, weil eine günstige Kostenfolge nach § 91a ZPO mit einem derartigen Hilfsantrag regelmäßig selbst dann nicht zu erreichen ist, wenn der Gegner der Erledigungserklärung zustimmt. Denn es bleibt auch dann in der erforderlichen Entscheidung über die Gesamtkosten des Verfahrens stets zu berücksichtigen, dass die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen worden ist (BGH, Urteil vom 16. März 2006 - I ZR 92/03 = NJW-RR 2006, 1378ff- = juris Rn 20 und Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 55/06 = juris Rn 36; speziell für die aktienrechtliche Beschlussmängelklage auch BGH, Urteil vom 16. August 2010, II ZR 105/09 = AG 2010, 749 f. = juris Rn 4 und Urteil vom 08. Februar 2011, II ZR 206/08 = WM 2011, 749 ff. = juris Rn 22). Auch für einen Feststellungsantrag, der in einer nur einseitigen Erledigungserklärung enthalten ist, fehlt damit in der Regel das erforderliche rechtliche Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO), das üblicherweise (und auch hier) lediglich in einer günstigen - auf diese Weise aber ohnehin nicht erreichbaren - Kostenfolge liegt (a.A. BGH, Urteil vom 19. März 1998- I ZR 264/95 = WM 1998, 1699 ff. = juris Rn 23, wie hier jedoch unter ausdrücklichem Abrücken von der vorgenannten Entscheidung BGH, Urteil vom 16. März 2006 - I ZR 92/03 = NJW-RR 2006, 1378ff- = juris Rn 20). Außerdem wäre es auch in der Sache widersprüchlich, einen Rechtsstreit in ein- und derselben gerichtlichen Entscheidung gleichzeitig als bereits erledigt zu behandeln, während die dennoch aufrecht erhaltene Klage trotzdem erst noch als unzulässig oder unbegründet abgewiesen werden muss (BGH, Urteil vom 08. Februar 1989, IVa ZR 98/87 = BGHZ 106, 359, 368 = WM 1989, 960 = juris Rn 24 und 27 sowie speziell für die aktienrechtliche Beschlussmängelklage wiederum BGH, Urteil vom 16. August 2010, II ZR 105/09 = AG 2010, 749 f. = juris Rn 4 und Urteil vom 08. Februar 2011, II ZR 206/08 = WM 2011, 749 ff. = juris Rn 22 f. a.A. jedenfalls für die einseitige Erledigungserklärung BGH, Urteil vom 19. März 1998 - I ZR 264/95 = WM 1998, 1699 ff. = juris Rn 24).

III.

Eine Auseinandersetzung mit der weiteren, von der Beklagten im Rahmen der Anschlussberufung hilfsweise selbstständig erhobenen Kostenrüge ist nach alledem nicht erforderlich, weil die Kosten des Rechtsstreits als Folge der Entscheidung über die Rechtsmittel der Parteien im Übrigen bereits ohnehin vollständig von dem Kläger zu tragen sind.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs, 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, Halbsatz 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 300.000,00 €






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 20.01.2012
Az: I-6 U 168/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/df570c553db5/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_20-Januar-2012_Az_I-6-U-168-10




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