Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. September 2011
Aktenzeichen: 12 W (pat) 40/11
(BPatG: Beschluss v. 27.09.2011, Az.: 12 W (pat) 40/11)
Tenor
1. Der angefochtene Beschluss der Prüfungsstelle für F02G des Deutschen Patentund Markenamtes vom 8. April 2010 wird aufgehoben.
BPatG 152 2.
Die Sache wird zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patentund Markenamt zurückverwiesen.
3.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe
I Der Beschwerdeführer ist Anmelder der am 19. Juni 2008 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangenen Patentanmeldung mit der Bezeichnung: "Wärmehybridmotor".
Mit Beschluss vom 8. April 2010 hat die Prüfungsstelle für Klasse F02G des Deutschen Patentund Markenamtes die Anmeldung aus den Gründen des Bescheides vom 12. Mai 2009 gemäß § 48 des Patentgesetzes zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 8. Mai 2010 eingelegte Beschwerde des Anmelders. Er hat sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu erteilen.
Die Anmeldungsunterlagen enthalten unter der Überschrift "Patentansprüche" folgenden Text:
"Merkmale der Erfindung, für die Schutz begehrt wird, sind gekennzeichnet durch:
Die Nutzung des Verbrennungsmotors als von innen angetriebene Wärmepumpe und die nachfolgend angeführten Punkte worin es um das Wirkprinzip des Wärmehybridmotors geht.
1.
Das sonst übliche Kühlwasser wird durch eine ölige Flüssigkeit ersetzt zum Beispiel Silikonöl.
2.
Dieses Öl wird mit einer Umwälzpumpe 5 einem Wärmetauscher 16 zugeführt.
3.
Dieser Wärmetauscher 16 ersetzt den Fahrzeugkühler und wird mit einer Flüssigkeit gekühlt, die einen Siedepunkt weit unterhalb von 100¡C aufweist, wie zum Beispiel Alkohol, seine Derivate, oder eine ähnliche Flüssigkeit, wie Aceton oder Methanol. Dadurch kann der Verbrennungsmotor im Niederdruckbereich gekühlt werden. Die Hochdruckseite ist durch den Wärmetauscher druckseitig entkoppelt.
4.
In diesem druckfesten Wärmetauscher 16 wird die Flüssigkeit vorgewärmt und unter Druck gehalten, um einer Einspritzanlage 15 zugeführt zu werden.
5.
Diese Einspritzanlage 15 sitzt auf dem Katalysator 4, der anstatt des Abgaskrümmers 4 montiert ist und als Wärmeübertrager arbeitet.
6.
Die Kühlung des Katalysators erfolgt im innern. Der sich stark erwärmende Katalysator 4 (im weiteren Abgaswärmeübertrager 4 genannt) wird im Inneren durch Kapillaren 4.1., in denen der Dampf entsteht, gekühlt. Es entsteht also Dampf und die Zerstörung des Katalysators (Abgaswärmeübertrager) wird durch die Wärmeabführung des Dampfes verhindert. Durch die Möglichkeit der Steuerung der Temperatur des Abgaswärmeübertragers wird eine optimale Dampfproduktion gewährleistet und die Reaktionstemperatur des Katalysators wird steuerbar.
7.
Die Dampferzeugung im Abgaswärmeübertrager. Der Abgaswärmeübertrager 4 besteht aus Kapillaren 4.1., die von außen katalytisch beschichtet sind. Eine oder mehrere Kapillaren 4.1. werden von einem Einspritzventil 15 im Bruchteil von Sekunden gefüllt, wenn die im Kapillarrohr 4.1. gemessene Temperatur ausreicht um die vorgewärmte Flüssigkeit zu überhitzen und somit sofort in Dampf umzuwandeln. Da nicht die gesamte Fluidmenge zum Siedepunkt gebracht wird sondern nur ein Teil ist eine schnelle Dampferzeugung die Folge.
8.
Hat der Druck in den Kapillaren 4.1. Hochdruck erreicht, öffnet sich ein zweites Ventil 13 das den Hochdruckdampf zu einem Ausgleichsbehälter freigibt. Ist die Flüssigkeit vollständig in Dampf umgewandelt, herrscht Druckausgleich vor und hinter diesem Ventil. Ventil 13 schließt, wie ein Rückschlagventil. Diese Kapillaren lassen sich nicht erneut fluten, da sie unter Hochdruck stehen. Sie werden von einem dritten Ventil 14 entlüftet. Diese Entlüftung erfolgt in den Sekundärkreislauf (Abdampf kalt) der Dampfmaschine.
9.
Der Dampf wird mit der Ansaugluft im Wärmeübertrager 18 kondensiert.
10.
Die Pumpe 17 muss in der Lage sein, den zugeführten Alkoholdampf zum einen zu verflüssigen und so unter Druck zu setzen, dass im Wärmeübertrager 16 das Fluid mit Sicherheit flüssig bleibt.
11.
Der Ausdehnungsbehälter 12 dient dazu eine gleichmäßige Dampfproduktion zu gewährleisten.
12.
Die Abgase, die den Wärmeübertrager 4 verlassen geben im Wärmetauscher 3 ihre Restwärme an die Zuluft des Motors ab und verlassen über die Leitung 6 und Turbolader 2 und Wärmepumpe/Klimaanlage/Verdampfer 23 das System als kaltes Abgas.
13.
Die Anlage muss vor dem Befüllen mit jeder Art von Fluid evakuiert werden, es darf sich kein freier Sauerstoff im System befinden."
Im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt sind als Stand der Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:
E1) DE 101 27 893 A1 E2) EP1628105A2 E3) EP1288593A2 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die zulässige Beschwerde des Patentanmelders hat insoweit Erfolg, als die Sache zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patentund Markenamt zurückzuverweisen war.
1. Die Zurückverweisung erfolgt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PatG, wonach das Bundespatentgericht die angefochtene Entscheidung aufheben kann, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, wenn das Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt an einem wesentlichen Mangel leidet.
Im vorliegenden Fall hat die Prüfungsstelle für Klasse F02G des Deutschen Patentund Markenamtes die Anmeldung mit Beschluss vom 8. April 2010 aus den Gründen des Bescheides vom 12. Mai 2009 gemäß § 48 des Patentgesetzes zurückgewiesen.
Der Bescheid vom 12. Mai 2009 enthält zunächst positive Aussagen zur Frage der Patentfähigkeit nach den §§ 1 bis 5 PatG. Weiterhin bemängelt die Prüfungsstelle, die Abfassung der eingereichten Patentansprüche entspreche nicht dem Patentgesetz und der Schutzumfang der beanspruchten Erfindung sei unklar. Überdies empfiehlt sie eine Beratung durch einen Patentanwalt.
Eine beschwerende Entscheidung darf erst erlassen werden, wenn der Beteiligte alle wesentlichen und rechtlichen Gründe dafür kennt (Schulte, Patentgesetz, § 79, Rdn. 24, 2. i. V. m. Einl. Rdn. 102, 108). Letzteres war vorliegend nicht der Fall, da dem Bescheid vom 12. Mai 2009 nicht konkret zu entnehmen war, warum, d. h. in welcher Hinsicht, die eingereichten Patentansprüche nicht dem Patentgesetz entsprechen, so dass der Bescheid in dieser Hinsicht nicht ausreichend begründet war.
Darüber hinaus handelt es sich bei dem Anmelder, wie sich aus der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen ergibt, offensichtlich um eine Person, die mit dem Patentgesetz und den sich daraus ergebenden Erfordernissen an die Abfassung von Patentansprüchen nicht vertraut ist. Es wäre in diesem Fall daher geboten gewesen, vor einer Zurückweisung auch positive Anregungen zur Überarbeitung der Ansprüche zu geben, und den Anmelder nötigenfalls durch entsprechende Hinweise, ggf. in Form konkreter Änderungsvorschläge, aufzufordern, die noch erforderlichen Einzelmaßnahmen vorzunehmen. Ein solcher Hinweis wäre hier im Hinblick auf die allgemeine Aufklärungsund Hinweispflicht geboten gewesen, da sich die Prüfungsstelle im Bescheid vom 12. Mai 2009 positiv zur Frage der Patentfähigkeit nach den §§ 1 bis 5 PatG geäußert hatte und somit zu erwarten war, dass ein Patent zwar nicht genau so wie beantragt, aber bei anderer Antragslage mit einer anderen Formulierung der Patentansprüche bzw. in einem anderen Umfang hätte erteilt werden können. Dabei ist zu beachten, dass zur Auslegung des Antrags das gesamte Vorbringen des Anmelders zu berücksichtigen ist und sofern sich Zweifel an seinem prozessualen Begehren ergeben, auf eine Klarstellung hinzuwirken ist (vgl. BGH GRUR 2007, 862 (Tz. 23) "Informationsübermittlungsverfahren II"). Nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles konnte die Prüfungsstelle nicht davon ausgehen, dass der Anmelder die Patentansprüche auf einen entsprechenden Hinweis hin, was an seiner Formulierung falsch ist, nicht noch klar formuliert hätte oder entsprechenden Formulierungsvorschlägen der Prüfungsstelle gefolgt wäre.
Bei dieser Sachlage hält es der Senat für geboten, zunächst der Prüfungsstelle Gelegenheit zu geben, ihrer Hinweisund Aufklärungspflicht nachzukommen, um dann über die Patentfähigkeit gegebenenfalls im Rahmen einer weiteren Sachaufklärung zu entscheiden. Die Sache war daher zur Vermeidung eines Instanzenverlustes an das Deutsche Patentund Markenamt zurückzuverweisen.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war anzuordnen.
Die Anordnung der Rückzahlung ist grundsätzlich immer dann billig, wenn bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung der Erlass eines Zurückweisungsbeschlusses nicht in Frage gekommen wäre (Schulte PatG § 80 Rn. 112, § 73 Rn. 125).
Schneider Bayer Schlenk Dr. Krüger Bb
BPatG:
Beschluss v. 27.09.2011
Az: 12 W (pat) 40/11
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