Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. November 2008
Aktenzeichen: 30 W (pat) 66/05

(BPatG: Beschluss v. 10.11.2008, Az.: 30 W (pat) 66/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Die mit den Farben "mintgrün" und "silbrig" angemeldete Wort-Bild-Markebegehrt Schutz für die Dienstleistungen der Klasse 42, 44 und 45

"medizinische Dienstleistungen; Gesundheitsund Schönheitspflege für Menschen, insbesondere hautbezogen; Hautvorsorgeuntersuchungen zum Ausschluss krankhafter Prozesse sowie Vorsorgemaßnahmen zur Verhinderung von Hautalterung sowie deren Behandlung und Therapie; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen, insbesondere Dienstleistungen im Rahmen innovativer Therapieformen zum Wohle des Patienten/Kunden im Gebiet der Dermatologie; persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse"

durch Eintragung in das Markenregister.

Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patentund Markenamts hat diese Anmeldung durch Beschluss vom 14. Oktober 2004, wegen einer Formalie berichtigt durch Beschluss vom 27. Januar 2005, wegen fehlender Unterscheidungskrafti. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen mit der Begründung, dass die angemeldete Wortfolge von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht in erster Linie als Hinweis auf das Herkunftsunternehmen im Unterschied zu anderen Herkunftsunternehmen wahrgenommen werden werde, sondern lediglich als schlagwortartiger Sachhinweis auf den Gegenstand ihrer Dienstleistungen und das Resultat ihrer Anwendung. Dieser im Vordergrund stehende Sachhinweis werde mit der einfachen Bilddarstellung eines Hakens auch nur in seinem werbenden Aussagegehalt unterstrichen. Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Anmelderin die Eintragung der angemeldeten Marke in das Register weiter. Sie meint, ihrer dreiteiligen Marke könnten die ohnehin geringen Anforderungen an die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Durch das Stilelement der "Ellipse", bei der durch die Auslassung von Wörtern oder Satzteilen grammatikalisch unvollständige Sätze gebildet würden, werde eine eindringliche Wirkung der sprachunüblichen Wortfolge erzielt. Auch sorge der hakenähnliche Bildbestandteil aufgrund seiner Farbe, auffälligen Größe und ungewöhnlichen Anordnung im Gesamtzeichen für die erforderliche Eigentümlichkeit. Selbst wenn man ihn wie die Markenstelle als bildliche Wiedergabe des Sinngehalts von "OK" auffasse, werde damit ein weiteres Stilelement verwendet, nämlich ein Pleonasmus. Schließlich müsse der Gesamtmarke wegen der Mehrdeutigkeit ihrer Einzelelemente eine ausreichende Unterscheidungskraft zugebilligt werden. Nachdem auch kein Freihaltungsbedürfnis an der Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auszumachen sei, könne ihr die Eintragung nicht versagt werden, zumal andere beschreibende Marken mit dem Bestandteil "ok" eingetragen seien.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patentund Markenamts vom 14. Oktober 2004 aufzuheben.

Den ursprünglich gestellten Hilfsantrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin zurückgenommen.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg, weil der angemeldeten Marke das Eintragungshindernis der mangelnden Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht. Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom maßgeblichen Publikum, d. h. dem normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen, als Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2003, 227, 232 f. (Nr. 61, 62) "Orange"; GRUR 2004, 428, 429 f. (Nr. 30, 31) "Henkel"; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 23, 24) "SAT.2"; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 17) "FUSS-BALL WM 2006"; BGH WRP 2008, 1428 -Marlene Dietrich-Bildnis). Wortmarken besitzen nach der Rechtsprechung insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) "Postkantoor"; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2001, 1153 "antiKALK"; GRUR 2005, 417, 418 "BerlinCard") oder eine bloße Anpreisung oder Werbeaussage allgemeiner Art (vgl. BGH GRUR 2001, 735, 736 "Test it."; GRUR 2002, 1070, 1071 "Bar jeder Vernunft") zuordnen, wobei entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht bereits ein Minimum an Unterscheidungskraft das Schutzhindernis beseitigt (vgl. EuGH GRUR 2003, 58 -Companyline). Das gilt in gleicher Weise für Wortmarken in Form von Slogans, wie die vorliegende Marke einen darstellt. Wenngleich an solche Marken keine strengeren Maßstäbe anzulegen sind als an sonstige Arten von Zeichen, ist allerdings zu berücksichtigen, dass Wortmarken in Form von Werbesprüchen vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Insoweit ist bei Slogans, die eine im Vordergrund stehende Werbefunktion ausüben, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Durchschnittsverbraucher aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen schließen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr. 32 -35) "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"). Als einen derartigen Werbespruch, dem die angesprochenen Verkehrskreise für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich eine im Vordergrund stehende werblich anpreisende Aussage, nicht jedoch die Funktion eines betrieblichen Herkunftshinweises entnehmen werden, hat die Markenstelle die angemeldete Wortfolge zu Recht bewertet. Sie stellt einen nicht unterscheidungskräftigen Werbeslogan dar. Sie besteht aus dem Bestandteil "Haut", die für die hier beanspruchten Dienstleistungen, die sich sämtlich auf den dermatologischen Bereich beziehen können, glatt beschreibend ist, und dem Bestandteil "OK", der zwar als Abkürzung aus dem Englischen stammt, aber ohne weiteres auch von den hiesigen Verkehrskreisen verstanden wird, da er -wie der Senat durch umfangreiches Recherchematerial belegt hat und die Anmelderin wohl nicht bestreiten wird -in den deutschen Sprachschatz übergegangen ist als Kürzel für "in Ordnung, perfekt".

Daher werden die angesprochenen Verbraucher "haut ok" für sämtliche beanspruchten Dienstleistungen unmissverständlich als schlagwortartigen Hinweis auf ihren Gegenstand und ihre Wirkung verstehen, nämlich dass die "Haut ok" werde. Die von der Anmelderin angesprochene variable Verständnismöglichkeit der Einzelwörter schließt die Annahme fehlender Unterscheidungskraft nicht aus (vgl. EuGH GRUR 2004, 146 -DOUBLEMINT), zumal hier eindeutig die oben beschriebene Bedeutung im Vordergrund steht. Auch ist die von der Anmelderin betonte Anwendung des Stilmittels der Ellipse irrelevant. Denn zum einen werden die betroffenen Verkehrskreise dies kaum als auffallendes Stilmittel erkennen. Zum andern lebt die schlagwortartige Werbesprache gerade von Weglassungen, um Werbebotschaften in knapper Form zu vermitteln. Darüber kann auch die grafische Gestaltung nicht hinweghelfen, da sie dem Betrachter lediglich einen werbeüblichen Haken präsentiert, wie er ihn von Tabellen kennt, deren einzelne Positionen abgehakt werden. Damit wird der Markentext in seiner anpreisenden Bedeutung verstärkt, was nicht ohne weiteres einen Pleonasmus darstellt, wie die Anmelderin meint, abgesehen von der Frage, ob dies vom Verkehr überhaupt als Eigentümlichkeit wahrgenommen oder erkannt oder nicht als werbemäßige Hervorhebung aufgefasst wird genauso wie die mittig angeordnete Wiedergabe des Hakens.

Letztlich wird der Verkehr der Marke insgesamt lediglich eine pauschal anpreisende Werbeaussage entnehmen, ihr aber keinesfalls den Charakter eines betrieblichen Herkunftshinweises zumessen, was zwangsläufig die Schlussfolgerung mangelnder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nach sich zieht.

Aus der Eintragung anderer, möglicherweise ähnlicher deutscher Marken lässt sich kein Anspruch der Anmelderin auf Registrierung ableiten. Die deutsche Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen -selbst identischer Marken -weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. zuletzt BGH WRP 2008, 1428 -Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG MarkenR 2007, 88 ff. -Papaya). Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt im Übrigen nichts Anderes, wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. z. B. GRUR 2004, 674 -Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 -Henkel).

Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Dr. Vogel von Falckenstein Hartlieb Paetzold Cl






BPatG:
Beschluss v. 10.11.2008
Az: 30 W (pat) 66/05


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