Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Januar 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 184/00

(BPatG: Beschluss v. 15.01.2001, Az.: 30 W (pat) 184/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Korotaktist am 6. Februar 1997 unter der Rollennummer 396 50 508 für

"Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke"

in das Markenregister eingetragen worden.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren, seit 1955 für

"Arzneimittel, nämlich ein Herztonikum"

eingetragenen Marke 677 025 Korodin.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluß des Prüfers den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, auch bei Annahme eines erweiterten Schutzumfangs zugunsten der Widerspruchsmarke liege eine Verwechslungsgefahr nicht vor. Die Übereinstimmung der Marken im Bereich der identischen Wortsilben "Koro" sei in zeichenrechtlicher Hinsicht nicht überzubewerten, nachdem insoweit jeweils verbrauchte Hinweise auf Herzmittel vorlägen. Die Aufmerksamkeit des Publikums werde daher vorrangig auf die weiteren Elemente bzw die Art der Wortverbindung gerichtet sein. Diese weiteren Bestandteile seien ausreichend klanglich unterschiedlich.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie unter Vorlage von Unterlagen zur Empfehlungshäufigkeit, der verkauften Packungseinheiten und des Verkaufswertes an, dem Widerspruchszeichen komme eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu. Die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen könnten sich auf identischen Waren begegnen. In Ermangelung einer Verschreibungspflicht seien auch medizinische bzw pharmazeutische Laien angesprochen. Das Widerspruchspräparat werde vor allem im Rahmen der sog "kleinen Herztherapie" auch bei älteren Patienten eingesetzt, bei denen eine erhöhte Verwechslungsgefahr bestehe. Insgesamt könne allenfalls von einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise ausgegangen werden. Zwischen den Zeichen bestehe eine klangliche Verwechslungsgefahr. Auch der von der Markenstelle als beschreibend angenommene Bestandteil "Koro-" sei bei dem Zeichenvergleich angemessen zu berücksichtigen. Die Abweichungen am Wortende reichten nicht aus. Im übrigen bestehe neben einer schriftbildlichen auch eine assoziative Verwechslungsgefahr.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung ist ausgeführt, ein hoher Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke liege nicht vor. Die sich gegenüberstehenden Zeichen seien ausreichend unterschiedlich, zumal der übereinstimmende Zeichenbestandteil "Koro-" kennzeichnungsschwach und deshalb nicht geeignet sei, eine Verwechslungsgefahr der Marken zu begründen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. In Übereinstimmung mit der Auffassung der Markenstelle liegt eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht vor.

Der Senat geht von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus. Zwar weist der Wortanfang "Kor" auf das lateinische "cor" und damit auf ein Herztherapeutikum hin. Möglicherweise ist bei der Markenbildung auch das Fachwort koronar (die Herzkranzgefäße betreffend) berücksichtigt worden. Dieser Umstand entspricht aber der bei pharmazeutischen Erzeugnissen üblichen Praxis, Marken in der Weise zu bilden, daß einzelne Zeichenteile Art, Zusammensetzung, Wirkung, Indikation und dergleichen jedenfalls für den Fachmann erkennen lassen. Bei einer derartigen Sachlage tritt eine Verminderung der Kennzeichnungskraft nicht ein, wenn das Gesamtzeichen noch hinreichend phantasievoll erscheint. Dies kann hier bereits aufgrund des eingeschobenen Mittelvokals "o" bzw des weggelassenen "nar" angenommen werden, so daß es nicht mehr darauf ankommt, ob der Sinngehalt der Endsilbe "din" allgemein erkannt wird. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden kann ein relevant gesteigerter Schutzumfang nicht angenommen werden. Die von ihr vorgelegten Unterlagen über die Empfehlungshäufigkeit sowie die verkauften Packungseinheiten weisen zwar auf eine gewisse Marktführerschaft des Widerspruchspräparats hin. Allgemein kann daraus noch keine gesteigerte Verkehrsbekanntheit abgeleitet werden (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9, Rdn 137). Die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen belegen zudem keine herausragende Stellung ihres Präparats. Vielmehr liegt bei der Empfehlungshäufigkeit und den verkauften Packungseinheiten ein eklatanter Abstand zu den nachfolgenden Präparaten gerade nicht vor. Hinsichtlich des Verkaufswertes nimmt das Widerspruchspräparat ohnehin nur den zweiten Platz ein.

Nach der maßgebenden Registerlage können sich die gegenüberstehenden Marken auf identischen Waren begegnen. Da eine Rezeptpflicht in den Warenverzeichnissen nicht festgeschrieben ist, sind uneingeschränkt die allgemeinen Verkehrskreise bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen.

Dabei kann dem übereinstimmenden Wortanfang "Kor" wegen seiner Kennzeichnungsschwäche kein entscheidendes Gewicht für die Begründung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr beigemessen werden. Im Rahmen der klanglichen Verwechslungsgefahr ist es auch unerheblich, daß dessen Schreibweise im Anfangskonsonanten von dem lateinischen Grundwort "cor" abweicht. Gleichwohl darf dieser Bestandteil bei der Prüfung der maßgebenden Gesamtwirkung der Zeichen nicht unberücksichtigt bleiben. Die Aufmerksamkeit des Verkehrs wird sich jedoch vergleichsweise stärker auf die weiteren Wortbestandteile richten. Diese unterscheiden sich am Wortende sehr deutlich voneinander. Der weichen und gedehnt gesprochenen Schlußsilbe "din" des Widerspruchszeichens steht der markante und harte Zeichenteil der angegriffenen Marke mit einer deutlich abweichenden Buchstabenfolge gegenüber, deren Sinngehalt zusätzlich als Unterscheidungshilfe dienen kann.

In schriftbildlicher Hinsicht weist das angegriffene Zeichen im Gegensatz zur Widerspruchsmarke Oberlängen am Wortende und damit einen ausreichend unterschiedlichen Zeichenumriß auf.

Die Voraussetzungen einer assoziativen Verwechslungsgefahr liegen ebenfalls nicht vor. Dem gemeinsamen Stammbestandteil "Kor-" bzw "Koro-" ist der erforderliche Hinweischarakter abzusprechen, da er als beschreibende Angabe bzw als eine daran angelehnte Bezeichnung vom Verkehr nur als ein Hinweis auf die betroffenen Waren, nicht jedoch auf ein bestimmtes Unternehmen gesehen wird (Althammer/Ströbele aaO Rdn 217 mwN).

Eine Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 MarkenG) ist nicht veranlaßt.

Dr. Buchetmann Voit Schramm Wf/Ju






BPatG:
Beschluss v. 15.01.2001
Az: 30 W (pat) 184/00


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