Finanzgericht Baden-Württemberg:
Urteil vom 22. Januar 2013
Aktenzeichen: 5 K 4164/09
(FG Baden-Württemberg: Urteil v. 22.01.2013, Az.: 5 K 4164/09)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Bei der Klägerin (Klin) handelt es sich um eine mit Partnerschaftsvertrag vom 11. Dezember 1994 / 06. Februar 1995 (im Folgenden: PV) vereinbarte, seit dem 20. Dezember 1996 in das Partnerschaftsregister eingetragene und mit X, Y, Z & Partner firmierende Partnerschaftsgesellschaft (PartG). Ausweislich des Partnerschaftsregisters vom 26. August 2002 ist der Sitz der PartG in A, ihr Gegenstand ist mit Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei in A und einer weiteren Rechtsanwaltskanzlei in B angegeben; weiter ist eingetragen: In B ist eine Zweigniederlassung unter dem Namen X, Y, Z & Partner Rechtsanwälte errichtet. Die PartG entstand aus der Umwandlung der zuvor in der Rechtsform der Gesellschaft Bürgerlichen Rechts -GbR- geführten überörtlichen Sozietät mit einer Kanzlei in A, P-Str. 1, und zunächst einer weiteren in B. An dem Vermögen der Rechtsanwaltskanzlei in A waren die Rechtsanwälte (RAe) 1. Y mit 32 v.H. 2. X mit 32 v.H. 3. Z mit 32 v.H. und 4. W mit 4 v.H.beteiligt und an den Vermögenswerten der Anwaltskanzlei in B ausschließlich die RAe Ziff. 1-3 mit je 33,33 %.
Zum 01. Januar 1995 veräußerten die RAe Ziff. 1-3 einen Teil ihrer prozentualen Beteiligung am Vermögen der B Kanzlei an RA S (5.), so dass insoweit die RAe Ziff. 1-3 nunmehr zu je 20 % und der RA zu Ziff. 5 zu 40 % beteiligt waren. Mit Wirkung zu demselben Stichtag schlossen die RAe zu Ziff. 1-5 den o.g. PV, der - in der für die Streitjahre gültigen Fassung von 26. / 29. April 1999 - u.a. folgende Regelungen vorsieht:
... § 1 Die Rechtsanwälte Y, X, Z, W, S, V, T und R bilden eine Partnerschaftsgesellschaft im Sinne des Gesetzes (...) § 2 (1) Die Partnerschaft trägt den NamenX, Y, Z & Partner,Rechtsanwälte. (2) Sitz der Partnerschaft ist A. In B besteht eine Zweigniederlassung der Partnerschaft; eine zweite Zweigniederlassung wird ab dem 01.05.1999 dort eröffnet.(3) Gegenstand der Partnerschaft ist der Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei in A und zweier Kanzleien in B. § 3 (...) (2) Alle Partner verpflichten sich ferner, alle ihnen übertragenen Mandate im Namen der Partnerschaft anzunehmen und zu bearbeiten (...) § 4 (1) Das Vermögen der Partnerschaft setzt sich zusammen aus dem in der A Anwaltskanzlei befindlichen Vermögen und dem in den beiden B Rechtsanwaltskanzleien befindlichen Vermögen. Für das Innenverhältnis der Partnerschaft sind diese Vermögensverhältnisse getrennt zu halten (...) § 5 (1) Sämtliches Inventar der Anwaltskanzleien (...) steht im Eigentum der Partnerschaft; im Innenverhältnis wird es dem Vermögen der jeweiligen Anwaltskanzlei zugerechnet (...)(2) Arbeitgeber der Kanzleiangestellten (einschließlich der juristischen Mitarbeiter) ist die Partnerschaft. Im Innenverhältnis erbringt jeder der Angestellten seine Tätigkeit für diejenige Kanzlei, in der er tätig ist. (...)(3) Sämtliche Einnahmen aus freier Berufstätigkeit der Partner fließen der Partnerschaft zu; im Innenverhältnis sind die Einnahmen der Kanzlei zuzurechnen, in der das entsprechende Mandat geführt wird. (...) § 6 (1) Der Gewinn oder Verlust der Partnerschaft ist für jede der Kanzleien getrennt zu ermitteln. Zu diesem Zweck ist für jede der Kanzleien eine getrennte Buchhaltung zu führen, in der die Einnahmen und Ausgaben jeder Kanzlei aufzuführen sind. Abschreibungen sind bei der Gewinnermittlung derjenigen Kanzlei zuzuordnen, der der entsprechende Vermögenswert zugeordnet ist.Bei der Gewinnermittlung jeder Kanzlei werden von den Einnahmen die Kosten abgezogen, nämlich alle mit dem Betrieb der Kanzlei anfallenden Ausgaben, soweit nicht im Einzelfall abweichende Vereinbarungen getroffen sind.(2) (...)An dem Gewinn der A Kanzlei sind die Partner Y, X, Z, W, V und T beteiligt, an dem Gewinn der Kanzlei in B, G-Str. 9 die Partner S, Y, X, Z und R, an dem Gewinn in B, M-Str. 5 die Partner S, Y, X und Z (...) § 7 (1) Im Außenverhältnis ist jeder der Partner alleine zur Vertretung der Partnergesellschaft berechtigt.(2) Die Vertretung der Partnerschaft wird im Innenverhältnis wie folgt geregelt: Zur Vertretung der A Rechtsanwaltskanzlei ist jeder der Partner Y, X, Z, W, V und T allein berechtigt. Zur Vertretung der Kanzlei in B, G-Str. 9 ist jeder der Partner S, Y, X, Z und R allein berechtigt. Zur Vertretung der Kanzlei in B, M-Str. 5 ist jeder der Partner S, Y, X und Z alleine berechtigt.(3) Soweit in diesem Vertrag oder nach dem Gesetz keine andere Regelung besteht, werden Beschlüsse der Partner, die die wirtschaftlichen Belange der A Kanzlei betreffen, mehrheitlich von denjenigen Partnern getroffen, die am Vermögen dieser Kanzlei beteiligt sind. (...)Soweit Beschlüsse einzelne Kanzleien betreffen, richtet sich das Stimmenverhältnis nach der Höhe der Beteiligung der einzelnen Gesellschafter. Soweit Beschlüsse die Partnerschaft insgesamt betreffen, hat jeder Partner je eine Stimme für jede Kanzlei, an deren Vermögen er beteiligt ist (...)
Für die weiteren Einzelheiten zum Inhalt des PV vom 26./29. April 1999 wird auf diesen Bezug genommen (Bl. 16-24 Akte Ges. Verträge, Trennblatt HR-PR).
Da der RA W bei seinem Ausscheiden seine Beteiligung in Höhe von 4 % zu gleichen Teilen den RAen Y, X und Z übertragen hatte und die RAin R ihren Geschäftsanteil an der Kanzlei B-Q in Höhe von 10 % der Vermögenswerte der dortigen Kanzlei (aus standesrechtlichen Gründen) nur treuhänderisch hielt, ergaben sich für die Streitjahre folgende Beteiligungsverhältnisse:
Kanzlei AKanzlei B-IKanzlei B-QX 24 %X 20 %X 20 %Y 24 %Y 20 %Y 20% Z 24 %Z 20 %Z 20 %V 14 % T 14 % S 40 %S 40 %
Mit Wirkung zum 31. Dezember 2003, 13:00 Uhr (Stichtag), erwarb RA N von den RAen Y, X und Z eine Beteiligung von je 4 2/3 % an den Vermögenswerten der A Kanzlei, so dass die Beteiligung an der A Kanzlei sich zum Stichtag wie folgt darstellte:
Y 19 1/3 %X 19 1/3 %Z 19 1/3 %T 14 % V 14 % N 14 %.
In den Streitjahren (sowie den Folgejahren) nahm die Klin entsprechend der Regelung in § 6 PV in jeder der Rechtsanwaltskanzleien in A, B-Q und B-I eine gesonderte Buchführung einschließlich gesonderter Einnahme-Überschuss-Rechnungen vor, auf deren Grundlage die auf die einzelnen Partner entfallenden Gewinnanteile berechnet wurden. In ihren Feststellungserklärungen fasste sie die getrennten Gewinnermittlungen zusammen.
Im Jahr 2002 fand bei der Klin durch den Beklagten (Bekl) eine Betriebsprüfung für die Jahre 1997-1999 statt, bei der der Außenprüfer die Auffassung vertrat, für die Berücksichtigung von Schuldzinsen i.S. des § 4 Abs. 4a Einkommensteuergesetz -EStG- seien die drei Kanzleien zusammenzurechnen. Nach Einspruch der Klin hob der Bekl die entsprechenden Bescheide auf. Im Rahmen einer weiteren, im Jahr 2006 erfolgten Betriebsprüfung für die Streitjahre sowie das Jahr 2004 gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass es sich bei der Klin um eine PartG (mit im Prüfungszeitraum) zwei weiteren Betriebstätten in B handele. Infolgedessen ergaben sich für die Klin steuerliche nachteilige - jedoch der Höhe nach nicht bestrittene - Auswirkungen bei den sog. Überentnahmen (§ 4 Abs. 4a Einkommensteuergesetz i.d. Fassung der Streitjahre -EStG-) und bei der Ansparabschreibung (§ 7g Abs. 3 Satz 5 i.V.m. Abs. 6 EStG). Für die weiteren Einzelheiten dieser Auswirkungen in den Streitjahren, insbesondere für ihre Höhe, wird auf Ziff. 16 und 17 des Bp-Berichts vom 20. November 2007 einschließlich seiner Anlagen verwiesen.
Der Bekl folgte der Auffassung des Prüfers und erließ am 22. April 2008 u.a. für die Streitjahre an die PartG gerichtete geänderte gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheide, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. In diesen erhöhte er die Einkünfte der Klin aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2002 - von zuvor EUR 286.268,51 - auf EUR 435.459,43 (Bl. 28 f. Feststellungsakte 2002) und für das Jahr 2003 - von zuvor EUR 137.385,43 - auf EUR 229.260,87 (Bl. 44-45 Feststellungsakte 2003).
Den hiergegen eingelegten Einspruch der Klin wies der Bekl zurück. Zur Begründung führte er aus, der BFH habe bei Personengesellschaften - einschließlich der GbR -sowohl zur Frage, ob die aus einer gemischten Tätigkeit erzielten Einkünfte insgesamt gewerblich seien, als auch hinsichtlich des Vorliegens eines oder mehrerer Betriebe immer entschieden, dass diese nur einen Betrieb hätten. Er verweise hierzu auf die BFH-Urteile vom 05. Oktober 1989 IV R 120/87, BFH/NV 1991, 319; vom 11. Mai 1989 IV R 43/88, Bundesteuerblatt -BStBl- II 1989, 797; vom 09. August 1989 X R 130/87, BStBl 1989, 901; vom 28. Januar 1988 IV R 198/84, BFH/NV 1988, 734; vom 27. November 1984 VIII R 294/81, BFH/NV 1986, 79; vom 10. November 1983 IV R 86/80, BStBl II 1984, 152; vom 13. Oktober 1977 IV R 174/74, BStBl II 1978, 73. Falls die Einheitsbeurteilung nicht zum Zuge kommen solle, stehe es den Gesellschaftern frei, für die sachlich selbständigen Betriebe eigenständige Personengesellschaften zu gründen. Eine gleichheitswidrige Benachteiligung gegenüber Einzelunternehmern sei daher nicht erkennbar. Im Streitfall hätten die Partner derartige Gründungen vornehmen können, was indes nicht geschehen sei, weshalb in den Streitjahren nur ein Betrieb vorgelegen habe. Weder bei Errichtung der ersten Kanzlei in B im Jahr 1993 noch bei Abschluss des Übertragungsvertrags zum 01. Januar 1995 sei hinsichtlich dieser Kanzlei eine eigenständige Personengesellschaft gegründet worden. Vielmehr habe die Kanzlei immer unter der Bezeichnung X, Y, Z & Partner Rechtsanwaltskanzlei firmiert und habe unter dieser Bezeichnung auch im Jahr 1994 eine Investitionszulage für die Errichtung und Ausstattung des Büros B beantragt und erhalten. Nach Eintritt des Gesellschafters zu Ziff. 5 seien die anwaltlichen Tätigkeiten unter derselben Bezeichnung fortgeführt worden. Trotz der diesem Gesellschafter lediglich im Büro B eingeräumten Beteiligung sei gerade nicht die Gründung einer separaten Personengesellschaft erfolgt, sondern der Abschluss eines Partnerschaftsvertrags mit der Fortführung der Gesellschaft unter der bisherigen Bezeichnung. Die PartG sei Arbeitgeber sämtlicher Kanzleiangestellten in A und B einschließlich der juristischen Mitarbeiter. Im Außenverhältnis würden die Mandate beider Kanzleien von ihr erbracht. Jeder Partner sei allein zur Vertretung der PartG berechtigt. Sämtliches Inventar stehe im Eigentum der PartG. Jeder Partner hafte für die Schulden der PartG. Die von den Partnern im Innenverhältnis getroffenen abweichenden Vereinbarungen seien nicht maßgeblich. An alledem habe sich auch nach der Eröffnung der weiteren Kanzlei in B nichts geändert, schon gar nicht sei eine weitere Gesellschaft gegründet worden, zumal die Beteiligungsverhältnisse denen der anderen B Kanzlei entsprachen.
Die Klin erhob Klage. Im deren Verlauf stellten alle Partner auf Grundlage des Schreibens des Bundesministerium der Finanzen -BMF- IV B 2-S 2144/07/0001, 2008/0201374 vom 07. Mai 2008 (BStBl I 2008, 588) den Antrag, eine ggf. für die Streitjahre nach § 4 Abs. 4a EStG erforderliche Hinzurechnung wegen Überentnahmen gesellschaftsbezogen (nicht gesellschafterbezogen) vorzunehmen.
Die Klin trägt im Wesentlichen vor, die Regelungen des §§ 4 Abs. 4a, 7g EStG seien betriebsbezogen zu verstehen. Damit sei entscheidungserheblich, ob es sich bei den von ihr betriebenen drei Kanzleien um drei unterschiedliche Betriebe handele oder - wie der Bekl meine - eine Personengesellschaft nur einen einzigen Betrieb haben könne. Diesbezüglich behandele der BFH Einzelunternehmer und juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Betrieben gewerblicher Art günstiger als Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften, da er bei letzteren immer von einem Betrieb ausgehe. Er sehe darin keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, sondern eine Folge der grundsätzlich freien Rechtsformwahl. Der BFH habe ferner betont, dass seine Entscheidungen zu einem Zeitgesetz mit kurzer Geltungsdauer ergangen seien. Beide Argumente hielten vorliegend nicht. Das EStG sei ein Gesetz von langer Geltungsdauer. Auch sei ihre (der Klin) Benachteiligung nicht die Folge der freien Rechtsformwahl. Denn der Betrieb einer RA-Kanzlei, in der sich mehrere RAe zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbänden, sei in der Form der Einzelunternehmerschaft nicht durchführbar, sondern es bliebe keine andere Wahl, als eine Gesellschaft (d.h. eine Personen- oder Kapitalgesellschaft) zu gründen. Hinzu komme, dass der Gesetzgeber den freien Berufen mit der Einführung des Partnergesellschaftsgesetzes -PartGG- eine Gesellschaftsform habe ermöglichen wollen, in der sich diese unter Berücksichtigung der Besonderheiten ihrer Berufsgruppe interprofessionell und überregional verbinden könnten. Denn dieser Gruppe seien die Personengesellschaften des Handelsrechts wegen ihrer nicht gewerblichen Tätigkeiten verschlossen und auch die Rechtsform der GbR stelle sich aus verschiedenen Gründen als nicht ideal dar. Die PartG sei daher eine Rechtsform, die sich von den üblichen gewerblichen Unternehmungen unterscheide und unterscheiden solle. Zwischenzeitlich hätten viele mittelständische Rechtsanwaltskanzleien und einige Großkanzleien diese Rechtsform angenommen. Fast alle hätten an unterschiedlichen Standorten Kanzleien und die Beteiligung ihrer Partner an diesen unterschiedlich geregelt. Gleichzeitig bestehe ein großes Interesse, im Außenauftritt als eine Organisationseinheit wahrgenommen zu werden. Hierzu sei es im Fall der PartG notwendig, die verschiedenen Kanzleien in einer einzigen Gesellschaft zu betreiben, da ihr der Gesetzgeber - anders als den Kapitalgesellschaften - ausdrücklich untersagt habe, für jede Kanzlei eine eigene Gesellschaft zu gründen und diese in Form einer Holding zu verbinden (arg. § 1 Abs. 1 Satz 3 PartGG). Auch die einzelnen RAe hätten sich aus standesrechtlichen Gründen nicht an verschiedenen Rechtsanwaltsgesellschaften beteiligen dürfen (arg. § 59 a Bundesrechtsanwaltsordnung -BRAO-), da diese sog. Sternsozietät ausdrücklich untersagt sei (§ 31 der Berufsordnung der RAe i.d.F. vom 07. November 2002 -BORA-). Die gesamte Rechtsprechung des BFH betreffe gewerbliche Betriebe, und zwar die vorliegend gar nicht relevante Frage, ob gewerbliche Tätigkeiten im Rahmen einer Mitunternehmerschaft nichtgewerbliche Tätigkeiten infizierten. Sie könne auf die streitgegenständliche PartG nicht übertragen werden. Auch die Gegenargumente des Bekl überzeugten nicht. Insbesondere sei dessen Auffassung unhaltbar, dass die abweichenden Regelungen der Partner im Innenverhältnis, insbesondere zur Trennung der Vermögenswerte und der Vertretungsvereinbarungen, unbeachtlich seien. Denn diese hätten aufgrund der zwingenden Regelungen des PartGG - etwa der § 7 Abs. 2 und 3, § 8 PartGG - ausschließlich im Innenverhältnis getroffen werden können (arg. § 6 Abs. 3 PartGG).
Die Klin beantragt,1. die Bescheide für 2002 und 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen jeweils vom 22. April 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 16. September 2009 aufzuheben und die Gewinnermittlung hinsichtlich der Berechnung des Höchstbetrags gemäß § 7 g Abs. 3 Satz 5 EStG i.V. mit § 7 g Abs. 6 EStG sowie der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen wegen Überentnahmen gemäß § 4 Abs. 4 a EStG betriebsbezogen vorzunehmen;2. hilfsweise die Revision zuzulassen;3. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Bekl beantragt,die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung Bezug.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Insoweit nimmt der Senat zunächst vollumfänglich auf die rechtlich richtige Begründung des Bekl in seiner Einspruchsentscheidung vom 16. September 2009 (einschließlich der zahlreichen Nachweise zur ständigen BFH-Rechtsprechung, nach der Personenhandelsgesellschaften und gewerbliche bzw. gewerblich geprägte oder freiberuflich tätige GbR immer nur einen Betrieb haben) Bezug, der der Senat nach rechtlicher Überprüfung folgt und daher gemäß § 105 Abs. 5 FGO insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe absieht.
Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Der BFH stützt seine Auffassung, dass - wie die PartG - (nicht ausschließlich vermögensverwaltende) Personengesellschaften immer nur einen Betrieb haben, zutreffend vor allem darauf, dass anderenfalls die Schwierigkeit entstünde, im Gesellschaftsvermögen unterschiedliche Vermögensmassen bilden zu müssen und außerdem steuerrechtlich bei Steuerpflichtigen, die nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches - HGB - zur Führung von Büchern verpflichtet sind, nicht mehr an die nach dem HGB vorgeschriebene, sich auf die gesamten Aktivitäten der Gesellschaft erstreckende Gewinnermittlung angeknüpft werden könnte (vgl. z.B. BFH mit Urteil vom 10. November 1983 IV R 86/80, BStBl II 1984, 152). Weiter weist der BFH zu Recht auf die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft sowie darauf hin, dass sich ihre Rechtszuständigkeit und ihr Zweck, dem ihr Gesamthandvermögen dient, als einheitlicher Organismus auf den gesamten von ihr unterhaltenen Bereich erstreckt. Anderes gilt danach - selbst für beteiligungsidentische Gesellschaften - nur, wenn der Rechtsfolgewillen der Gesellschafter auf die Begründung verschiedener Gesellschaften gerichtet war und dies nach außen erkennbar geworden ist (vgl. Güroff in Glanegger/Güroff, GewSt-Kommentar, 6. Auflage, 2006, § 2 Rz. 14 f. m.w.N., insbesondere zur diesbezüglichen Rechtsprechung des BFH).
2. Auch das Schrifttum geht im Ergebnis wegen der gebotenen betriebsbezogenen Betrachtung der Vorschriften und ihrer Anknüpfung an die betriebliche Gewinnermittlung sowohl bei der Ansparabschreibung gemäß § 7g EStG (vgl. z.B. Brandis in: Blümich, EStG/KStG/GewSt-Kommentar, Loseblatt, Stand: 116. Lieferung, August 2012, § 7g EStG a.F. Rz. 57; Handzik in: Littmann/Bitz/Pust, EStG-Kommentar, Loseblatt, Stand: 97. Lieferung, November 2012, § 7g a.F. Rz. 25; Roland in: Bordewin/Brandt, EStG-Kommentar, Loseblatt, Stand: 348. Lieferung, Dezember 2012, § 7g a.F. Rz. 30, jeweils m.w.N.; s.a. B. Meyer in: Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG-Kommentar, Loseblatt, Stand: 254. Lieferung, Dezember 2012, § 7g EStG Rz. 3 f., 42, 156; Lambrecht in: Kirchhof/Söhn, EStG-Kommentar, Loseblatt, Stand: 236. Lieferung, November 2012, § 7g D 29 u. D 44 Personengesellschaft)als auch bei den sog. Überentnahmen nach § 4 Abs. 4 a EStG (vgl. z.B. Heinicke in Schmidt, EStG-Kommentar, 21. Auflage 2002, § 4 Rz. 529; s.a. Wied in Blümich, EStG/KStG/GewSt-Kommentar, Loseblatt, Stand: 116. Lieferung, August 2012, § 4 Rz. 604; Schallmoser in: Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG-Kommentar, Loseblatt, Stand: 254. Lieferung, Dezember 2012, § 4 Rz. 1041; Seiler in: Kirchhof/Söhn, EStG-Kommentar, Loseblatt, Stand: 236. Lieferung, November 2012, § 4 Ea Anm. 35).von einem einheitlichen Betrieb (nicht vermögensverwaltender) Personengesellschaften aus.
3. Die von der Klin gegen einen einheitlichen Betrieb derartiger Personengesellschaften respektive der PartG vorgebrachten Einwendungen überzeugen nicht.
a) Wie die Klin selbst vorträgt, betrachtet der BFH die unterschiedlichen Rechtsfolgen als Teil der grundsätzlich freien Rechtsformwahl. Stimmig führt er insoweit an, dass an die Rechtsform geknüpfte Belastungsunterschiede dem Steuerrecht nicht fremd, sondern im Gegenteil oft ausschlaggebend für die - im konkreten Einzelfall häufig nicht einfache - Wahl der Unternehmensform sind, so dass diese nicht ohne weiteres am Gleichheitssatz des Art. 3 Abs.1 Grundgesetz -GG- gemessen werden könnten. Unter Berücksichtigung dieser Betrachtung misst der erkennende Senat dem von der Klin angeführten weiteren Hinweis des BFH in dessen Urteil vom 10. Februar 1989 III R 78/86 (BStBl II 1989, 467) auf die in dieser Entscheidung die Ungleichbehandlung relativierende Tatsache, dass mit dem Beschäftigungsförderungsgesetz ein Zeitgesetz mit nur begrenzter Geltungsdauer zugrunde lag, keine maßgebliche Bedeutung zu. Denn der BFH führt diesen Hinweis ausdrücklich im Übrigen, mithin erkennbar nur ergänzend an. Die Feststellung, dass die unterschiedlichen Auswirkungen bei den verschiedenen Steuerpflichtigen hinzunehmen sind, trifft er bereits im Satz zuvor. Dem BFH-Urteil kann daher mitnichten entnommen werden, dass die Entscheidung im Fall eines Gesetzes mit dauerhafter Geltung - wie vorliegend dem EStG - anders ausgefallen wäre. Dagegen spricht ferner bereits der Umstand, dass der BFH die unterschiedliche Behandlung von einerseits Einzelunternehmern und andererseits Personengesellschaften bzw. Kapitalgesellschaften auch bei Gesetzen mit dauerhafter Geltung, z.B. dem § 2 Abs. 2 Nr. 1 Gewerbesteuergesetz -GewStG- (vgl. Urteil vom 10. November 1983 IV R 86/80, BStBl II 1984, 152), nicht als gleichheitswidrig erachtet hat.
b) Der Hinweis der Klin, dass der Betrieb einer RA-Kanzlei, in der sich mehrere RAe zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbänden, in der Form der Einzelunternehmerschaft nicht habe durchgeführt werden können, weshalb keine andere Wahl geblieben sei, als eine Gesellschaft (d.h. eine Personen- oder Kapitalgesellschaft) zu gründen, geht ebenfalls fehl. Denn andere Unternehmungen können im Fall einer (mitunternehmerischen) Beteiligung mehrerer Personen gleichermaßen nicht in der Rechtsform der Einzelunternehmerschaft, sondern nur mittels einer Gesellschaft ausgeübt werden. Insoweit sind die von der Klin behaupteten Nachteile nicht in der Tätigkeit ihrer Gesellschafter als RAe begründet, sondern - wie in anderen Berufen - die Folge ihrer frei getroffenen Wahl der gemeinsamen Berufsausübung.
c) Die diesbezüglich von der Klin weiter angeführten Einschränkungen, insbesondere auch das standesrechtliche Verbot der Sternsozietät (§ 59a Bundesrechtsanwaltsordnung -BRAO-, § 31 BORA), d.h. das Verbot der Mitgliedschaft eines Anwalts in mehreren unabhängig voneinander auftretenden Berufsausübungsgesellschaften, führen ebenfalls zu keiner abweichenden Beurteilung. Zunächst war die Zulässigkeit des Verbots der Sternsozietät - das ohnehin durch die Neufassung des § 59a BRAO i.d. Fassung zum 13. Dezember 2007 (Streichung des Tatbestandsmerkmals: in einer Sozietät) obsolet geworden ist - bereits zuvor, insbesondere aus verfassungsrechtlichen Erwägungen umstritten (vgl. nur Jawansky, Der Betrieb -DB- 2002, 2699 m.w.N.). Ferner waren in der Praxis die Einschränkungen durch dieses Verbot nicht sonderlich bedeutsam. Denn aus diesem folgte nicht etwa eine generelle Untersagung der gemeinsamen Berufsausübung. Diese war schon immer möglich und insbesondere in den Jahren 1995 ff. standen für diese sogar nicht mehr nur die Rechtsform der Sozietät, sondern immer mehr Rechtsformen zur Verfügung (GmbH, PartG, etc.). Auch konnte eine Gesellschaft - wie im Fall der Klin - immer schon zahlreiche Kanzleien bzw. Büros haben. Dabei führt - wie der Streitfall zeigt - die steuerrechtliche Einheitsbetrachtung für Personengesellschaften nur in bestimmten Bereichen und nur unter bestimmten Umständen zu einer höheren Steuerbelastung. Dieser Nachteil ist jedoch, wie auch eventuelle Vorteile - die bezeichnender Weise auch die Klin für ihre Rechtsformwahl der PartG vorträgt - als Folge der freien Rechtsformwahl hinzunehmen. Das gilt gleichermaßen für den Nachteil, dass die PartG nach § 1 Abs. 1 Satz 3 PartGG nicht als Holdinggesellschaft ausgestaltet werden kann. Denn eine Rechtsformneutralität existiert eben gerade nicht. Überdies kann das überkommene Verbot der Sternsozietät in der Praxis nicht als schwerwiegend angesehen werden. Erhebungen des Soldan Instituts im Frühjahr 2009 haben ergeben, dass es sich bei dieser Frage um eine Randerscheinung im Rechtsdienstleistungsmarkt handelt. Seinerzeit nutzen lediglich 2 % der Rechtsanwälte die neue Möglichkeit der Sternsozietät und - je nach mandanten-, fach- und kanzleispezifischen Kennzeichen - hatten maximal 7 % Interesse an der Mitgliedschaft in einer solchen (vgl. Hommerich/Kilian, Anwaltsblatt 11/2009, 785).
d) Der Klin ist zwar einzuräumen, dass der Gesetzgeber mit der PartG i.S. des § 1 Abs. 1 PartGG eine Gesellschaftsform geschaffen hat, in der sich Angehörige freier Berufe zur Ausübung ihres Berufs zusammenschließen können. Diese Gesellschaftsform sollte bestimmten Anforderungen von Freiberuflern, insbesondere hinsichtlich der Art ihres Zusammenschlusses und ihrer Haftung, gerecht werden. Dennoch handelt es sich aber bei der PartG zivilrechtlich um eine Personengesellschaft. Sie ähnelt der Gesellschaftsform der offenen Handelsgesellschaft -oHG-, insbesondere ist sie rechts- und parteifähig (§ 7 Abs. 2 PartGG, § 124 HGB), wenn auch mit dem Unterschied, dass es am Vorliegen eines Handelsgewerbes fehlt. Folgerichtig sind auf die PartG einkommensteuerrechtlich die Grundsätze der Freiberufler-GbR anzuwenden (vgl. Wacker in Schmidt, ESt-Kommentar, 31. Auflage 2012, § 15 Rz. 339). Im Ergebnis wird die PartG damit steuerrechtlich wie eine Sozietät behandelt. Auch vor diesem Hintergrund ist kein Grund dafür erkennbar, warum die PartG anders als andere Personengesellschaften keinen einheitlichen (Gewerbe-) Betrieb haben sollte. Im Gegenteil treffen die in der BFH-Rechtsprechung für den einheitlichen Betrieb von Personengesellschaften dargelegten Gründe (vgl. oben 1) allesamt auch auf die PartG zu.
e) Wie der Bekl zutreffend vorträgt, besteht außerdem keine Notwendigkeit verschiedene Betriebe einer Personengesellschaft zuzulassen, da die Gesellschafter es nach der ständigen BFH-Rechtsprechung in der Hand haben, mehrere auch beteiligungsidentische Personengesellschaften zu gründen. Insoweit hat der BFH jedoch immer die Voraussetzung des entsprechenden Rechtsfolgewillens der Gesellschafter und des erkennbaren Hervortretens desselben nach außen betont (vgl. nur BFH mit Urteil vom 12. Juni 2002 XI R 21/99, BFH/NV 2002, 1554). Im Streitfall haben daher die Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern im Innenverhältnis keine Bedeutung. Denn vorliegend sind - unstreitig - bereits keine verschiedenen Gesellschaften gegründet worden, so dass diese nach außen auch nicht erkennbar hervortreten konnten.
4. Die Vereinbarungen der Gesellschafter im Innenverhältnis können auch nicht unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 23. April 2009 IV R 73/06 (BStBl II 2010, 40) als Innengesellschaften, die auf die Teilhabe an den Ergebnissen verschiedener Unternehmensteile / Geschäftsbereiche (hier die verschiedenen Kanzleien) beschränkt und damit als selbstständige Betriebe gelten (vom BFH als sog. Tracking-Stock-Struktur bezeichnet), qualifiziert werden. Denn der BFH hat auch insoweit klargestellt, dass, wenn - wie vorliegend - die gesamten identischen Tätigkeiten gemeinsam in (mitunternehmerischer) Verbundenheit ausgeübt werden, nur ein Gewerbebetrieb gegeben sein kann. Im Schrifttum wird obendrein zutreffend darauf hingewiesen, dass im Fall von Gesellschaftern jedenfalls die Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (hier i.V.m. § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG) zu diesem Ergebnis führt (vgl. Kanzler, Finanzrundschau -FR- 2009, 1141). Vor diesem Hintergrund stellen die Vereinbarungen der Gesellschafter insbesondere betreffend der Gewinnzuordnung aus den einzelnen Kanzleien bloße Gewinnverteilungsabreden dar.
II. Weitere Einwände, die die Rechtwidrigkeit der streitgegenständlichen Bescheide begründen könnten, sind weder vorgetragen noch erkennbar. Dies gilt insbesondere für die vom Bekl zugrundegelegte Höhe der streitgegenständlichen Gewinnänderungen. Ferner war zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des erkennenden Senats die von dem Bekl betreffend die Überentnahmen (§ 4 Abs. 4a EStG) angewandte gesellschaftsbezogene (nicht gesellschafterbezogene) Betrachtung nicht mehr zu beanstanden, da zuvor alle Gesellschafter durch gemeinsamen Antrag von der diesbezüglichen Übergangsregelung des BMF-Schreibens IV B 2-S 2144/07/0001, 2008/0201374 vom 07. Mai 2008 (BStBl I 2008, 588) Gebrauch gemacht hatten, die für vor dem 01. Mai 2008 beginnende Wirtschaftsjahre eine Beibehaltung der Verteilung nach dem Gewinnverteilungsschlüssel gewährt (vgl. zu alledem: Heinicke in Schmidt, EStG, 31. Auflage 2012, § 4 Rz. 535 m.w.N., insbesondere zur BFH-Rechtsprechung und zur Übergangsregelung).
III. Die Kostentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
IV. Ein Revisionsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO liegt nicht vor.
FG Baden-Württemberg:
Urteil v. 22.01.2013
Az: 5 K 4164/09
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