Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. September 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 452/99
(BPatG: Beschluss v. 13.09.2000, Az.: 32 W (pat) 452/99)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. August 1999 aufgehoben.
Die Marke 396 15 065 wird für die Waren "Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke" gelöscht.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die nachfolgende Marke (farbig)
siehe Abb. 1 am Endeunter der Nummer 396 15 065 in das Register eingetragen worden für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen
"Seiten, Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Brillen; bespielte Schallplatten, MC's und CD's Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren (soweit in Klasse 14 enthalten); Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren, Edelsteine; Schreibwaren, Druckereierzeugnisse; Fotografien, Bilder, Zeichnungen, belichtete Filme, bespielte Audio- und Videobänder und -kassetten; Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Taschen, sowie andere nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepaßte Behältnisse sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen und Schlüsseltaschen; Regenschirme, Sonnenschirme; Taschen sowie andere nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepaßte Behältnisse sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen und Schlüsseltaschen aus Textilien und Kunststoffen; Webstoffe und Textilwaren (soweit in Klasse 24 enthalten); Bekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Embleme, Anstecknadeln (nicht aus Edelmetall oder damit plattiert); Spiele, Spielzeug, Turn- und Sportgeräte; Video- und Computerspiele; Zucker- und Schokoladewaren; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Raucherartikel, insbesondere Feuerzeuge; Werbung, Werbemittlung und Promotion einschließlich der Vermittlung von Sponsoren; Telekommunikation; Organisation und Durchführung von Sportveranstaltungen auch zur Aufzeichnung oder als Livesendung mit Rundfunk oder Fernsehen; Vermietung und Vorführung von Firmen, Audio- und Videobändern und -kassetten sowie Diaserien; Planung, Gestaltung, Produktion und Ausstrahlung von Filmen (insbesondere Aufzeichnungen von Sportveranstaltungen), von Computer-Grafiken in starren und bewegten Bildern, und von Hörfunk und Fernsehsendungen sowie Beratung über die vorgenannten Tätigkeiten; Erwerb und Verkauf von Werbe-, Fernseh- und Sponsorechten an Sportveranstaltungen aller Art; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern einschließlich Bildbänden und periodischen und nichtperiodischen Druckschriften."
Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der prioritätsälteren Marke 2 903 554 seine Abb. 2 am Endedie Schutz genießt für
"Biere; Mineralwässer und kohlesäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken".
Die Markenstelle für Klasse 41 hat den Widerspruch mit Beschluß vom 4. August 1999 durch einen Beamten des höheren Dienstes mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, trotz des erheblichen Abstandes, den die jüngere Marke wegen der teilweise identischen und wirtschaftlich nahestehenden Waren einzuhalten habe, sei eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. In ihrer Gesamtheit seien die Marken wegen des zusätzlichen Markenbestandteils "... einfach gut" der Widerspruchsmarke und die Zahl "4" der angegriffenen Marke sowie die unterschiedlichen graphischen Ausgestaltungen deutlich voneinander verschieden. Eine selbständig kollisionsbegründende Gegenüberstellung des jeweils in den Vergleichsmarken enthaltenen Bestandteils "Golden" sei nicht zulässig. Diese Bezeichnung sei in Alleinstellung ohne graphische Ausgestaltung nicht schutzfähig. Dieser Begriff werde in der Werbesprache als gebräuchliches Produktversprechen im Sinne von "exklusiv, besonders, herausragend, hervorstechend" gebraucht. Schutzunfähige Angaben könnten nicht Grundlage einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr sein. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke umfasse daher lediglich die konkrete graphische Ausgestaltung.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.
Sie macht geltend, der Begriff "GOLDEN" sei schutzfähig und präge auch die beiden Marken in entscheidender Weise. Die beteiligten Verkehrskreise würden sich ausschließlich an dieser Bezeichnung orientieren, so daß zumindest in klanglicher Hinsicht Verwechslungen unvermeidlich seien. Insoweit bezieht sie sich auf die Entscheidung BPatGE 38, 113, "Golden Zimt", in der festgestellt worden sei, daß das Adjektiv "Golden" und die Silbe "gold" jedenfalls für alkoholische Getränke, bei denen ein Goldgehalt sowie "golden" als Farbe nicht ernsthaft in Betracht komme, kein beschreibenden Charakter habe, auch nicht im Sinne einer hervorragenden Qualität. Dies gelte selbstverständlich auch für Mineralwässer und andere alkoholfreie Getränke.
Sie beantragt, den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. August 1999 aufzuheben und die angegriffene Marke für alle Waren der Klasse 32 zu löschen.
Darüber hinaus regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Die in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie macht geltend, der Bestandteil "Golden" sei nicht prägend für den Gesamteindruck der Vergleichsmarken. Hieran könnte der von der Widersprechenden zitierte Beschluß BPatGE 38, 113 nichts ändern. In dieser Entscheidung habe der 26. Senat ausdrücklich auf die Beliebtheit des Bestandteils "golden" und den geringen Schutzumfang hingewiesen. Hieraus folge aber, daß dem Bestandteil "golden" keine prägende Bedeutung zukommen könne.
Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig (§ 66 Abs 1, 2 und 5 MarkenG) und in der Sache auch begründet, da eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht ausgeschlossen werden kann.
Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist davon auszugehen, daß die Waren der angegriffenen Marke, gegen die sich der Widerspruch richtet, und die Getränke, für die die Widerspruchsmarke Schutz genießt, zum Teil identisch sind, so daß strenge Anforderungen an den Abstand zu stellen sind, den die jüngere von der älteren Marke einzuhalten hat (BGH GRUR 1996, 200 "Innovadiclophlont"). Der hiernach erforderliche Abstand ist nicht gewahrt.
Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist von dem Grundsatz auszugehen, daß der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (BGH GRUR 1998, 932, 933 "MEISTERBRAND"; GRUR 2000, 506, 508 "ATTACHÉ/TISSERAND"). Dies schließt indes nicht aus, daß einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist und deshalb bei Übereinstimmung von Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr einer Verwechslung der beiden Marken zu bejahen ist (BGH GRUR 2000, 233, 234 "RAUSCH/ELFI RAUCH"). Eine derart prägende Bedeutung kommt - nach Auffassung des Senats - dem in den Vergleichsmarken enthaltenen Bestandteil "GOLDEN" zu.
Wenngleich eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr ohne weiteres zu verneinen ist, da die zusätzlichen Bestandteile für eine deutliche Unterscheidbarkeit sorgen, ist die Gefahr klanglicher Verwechslungen nicht auszuschließen, da der Verkehr die Bezeichnung "GOLDEN" zur Benennung der sich gegenüberstehenden Waren verwenden wird. Dies ergibt sich aus dem Erfahrungssatz, daß sich der Verkehr bei kombinierten Wort-/Bildzeichen eher an dem Wort als an den Bildbestandteilen orientiert, weil das Kennwort in der Regel die einfachste Form ist, die Ware zu bezeichnen (vgl BGH GRUR 2000, 509 "ATTACHÉ/TISSERAND"). Hierbei geht der Senat von einer normalen Kennzeichnungskraft der Bezeichnung "GOLDEN" aus. In Verbindung mit den sich gegenüberstehenden Waren ist diese Bezeichnung weder als Farbangabe noch als allgemeiner Qualitätshinweis geeignet (vgl BPatG 38, 113, 115 "Goldener Zimt"). Dementsprechend verfügt dieser Bestandteil über eine normale Kennzeichnungskraft, mag es auch eine beachtliche Zahl von Voreintragungen mit dem Bestandteil "Golden" geben. Dies führt nach Auffassung des Senats indes nicht zu einem geringen Schutzumfang. Obwohl von einer Kennzeichnungsschwäche auszugehen ist, wenn in die Zeichenrolle für gleiche oder benachbarte Warengebiete eine Reihe ähnlicher Zeichen gelangt ist, was ein Indiz für eine naheliegende verbrauchte Wortbildung von geringer Originalität ist (BGH GRUR 2000, 241, 243 "Lions"), trifft dies nach Auffassung des Senats auf den vorliegenden Fall nicht zu. Denn die aus dem Register ersichtlichen Eintragungen (Marken Lexikon 2000, 4352 ff) betreffen Marken, in denen "Golden" überwiegend Bestandteil von Mehrwortzeichen ist. Demgegenüber gibt es nur wenige Marken mit "Golden" in Alleinstellung. Der Senat hält eine Verwendung dieser Bezeichnung in Alleinstellung für durchaus originell und normal kennzeichnend. Ausgehend von dieser normalen Kennzeichnungskraft kommt der Bezeichnung "GOLDEN" eine kollisionsbegründende Wirkung innerhalb der Vergleichsmarken zu (vgl BGH GRUR 2000, 506, 509 "ATTACHÉ/TISSERAND").
Im übrigen wäre nach Auffassung des Senats aber selbst bei einer Kennzeichnungsschwäche der Erfahrungssatz anzuwenden, daß sich der Verkehr bei kombinierten Wort-/Bildzeichen zur Benennung der Waren an dem Wort orientiert. Insoweit kann es nicht darauf ankommen, ob eine Bezeichnung normal oder schwach kennzeichnend ist. Wäre eine Bezeichnung auch als Wortmarke schutzfähig, ist eine selbständige kollisionsbegründende Gegenüberstellung als Element einer aus Wort und Bild bestehenden Marke zulässig. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das Bild oder die sonstigen Bestandteile durch ihre Größe und kennzeichnende Wirkung die Marke derart beherrschen würden, daß das Wort kaum mehr beachtet wird (Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 167; BPatG GRUR 1994, 124, 125 "Billy the Kid"). Hiervon kann indes bei den Vergleichsmarken nicht die Rede sein. Die Widerspruchsmarke weist eine werbeübliche Umrandung auf. Auch der hierin befindliche Querstrich ist wenig originell. Das kleiner gehaltene, zusätzliche Wortelement "...einfach gut" ist eine ohne weiteres erkennbare Warenanpreisung, so daß der Verkehr sich allein an der Bezeichnung "GOLDEN" orientieren wird. Nichts anderes gilt letztlich für die angegriffene Marke. Die hierin angedeutete und nicht vollständig enthaltene Zahl "4" ist zwar größenmäßig hervorgehoben, führt aber nicht dazu, daß der deutlich erkennbare, am oberen Rand befindliche Schriftzug "GOLDEN" zurücktritt (vgl BGH GRUR 1992, 203, 205 "Roter mit Genever"). Demgemäß läßt sich auch für die jüngere Marke nicht ausschließen, daß ein noch erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die fraglichen Waren mit "GOLDEN" benennen wird.
Stehen sich mithin die Bezeichnungen "GOLDEN" kollisionsbegründend gegenüber, lassen sich klangliche Verwechslungen beachtlichen Umfangs nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, so daß unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Löschung der angegriffenen Marke für "Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke" anzuordnen war.
Eine Kostenauferlegung war nach der Sach- und Rechtslage nicht veranlaßt (§ 71 Abs 1 MarkenG).
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs 2 MarkenG zugelassen, weil im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine höchstrichterliche Klärung zweckmäßig erscheint. Der Senat hält für klärungsbedürftig, daß Bezeichnungen wie "GOLDEN", die den Bestandteil einer Vielzahl von Drittzeichen bilden, in Alleinstellung nicht kennzeichnungsschwach sind. Darüber hinaus hält der Senat selbst bei unterstellter Kennzeichnungsschwäche die Bezeichnung "GOLDEN" als Kenn- und Merkwort für selbständig kollisionsbegründend. Dies steht im Widerspruch zu der Entscheidung BPatG GRUR 2000, 432 "Netto 62", wonach eine auf Originalitätsmangel beruhende Kennzeichnungsschwäche des Wortbestandteils einer Verwechslungsgefahr entgegenstehen soll. Auch die Entscheidung BGH GRUR 2000, 506 "ATTACHÉ/TISSERAND", wonach jedenfalls bei normaler Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils eine kollisionsbegründende Gegenüberstellung zulässig sein soll, deutet darauf hin, daß der Bundesgerichtshof bei einer Kennzeichnungsschwäche des Wortbestandteils möglicherweise eine Eignung der Bezeichnung als kollisionsbegründendes Kenn- und Merkwort verneint.
Vorsitzende Richterin Winkler und Richterin Klantehaben Urlaub und können daher nicht unterschreiben.
Dr. Fuchs-Wissemann Dr. Fuchs-Wissemann Dr. Fuchs-Wissemann Na Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/32W(pat)452-99.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/32W(pat)452-99.2.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 13.09.2000
Az: 32 W (pat) 452/99
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