Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. November 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 16/00

(BPatG: Beschluss v. 06.11.2000, Az.: 30 W (pat) 16/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung BusinessViewfür die Waren und Dienstleistungen:

Software für die Telekommunikation;

Betrieb und Verwaltung von Anlagen der Telekommunikationstechnik, von Telekommunikationsnetzen sowie zugehörigen Einrichtungen und Teilen;

Vermietung von Apparaten und Geräten der Telekommunikationstechnik sowie von Telekommunikationsnetzen;

Beratung beim Aufbau von Anlagen der Telekommunikationstechnik sowie von Telekommunikationsnetzen; Entwicklung und Projektierung von Telekommunikations- und Informationsverarbeitungsdiensten und -einrichtungen sowie Telekommunikationsnetzen; Planung und Projektierung von Anlagen der Telekommunikationstechnik, von Telekommunikationsnetzen sowie zugehörigen Einrichtungen und Teilen davon; Entwicklung, Erstellung und Vermietung von Datenverarbeitungsprogrammen für die Telekommunikationstechnik.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Anmeldung werde von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres im Sinne von "Darstellung von Geschäfts- bzw Wirtschaftsinformationen" und nicht als Herkunftshinweis verstanden. Bei "View" handele es sich um einen Fachbegriff der elektronischen Datenverarbeitung, der in einer Vielzahl von Wortzusammenstellungen verwendet werde (zB "View-Software, Datei-Viewer, Digital-Viewcam, View-Klasse, View-Modul, View-Object). Die Bezeichnung eines Computerprogramms mit View besage nichts anderes, als daß dieses Programm bspw auf der Anbieterseite für Videotext Verwendung finden könne. Im Sinne von bildlicher Darstellung, Ansicht und Anzeige habe der Begriff "View" damit eine glatt beschreibende Bedeutung. Da die beanspruchten Dienstleistungen der bildlichen Wiedergabe bzw der grafischen Darstellung von Geschäfts- und Wirtschaftsinformationen dienen könnten, werde der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen lediglich einen unmittelbar beschreibenden Hinweis erblicken. Gerade die grafische Darstellung und die schnelle Übermittlung von Wirtschaftsinformationen unter Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Mittel (Internet, ISDN) sei bei der vorherrschenden Hektik im Wirtschaftsleben besonders bedeutsam.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und in Abrede gestellt, daß die angemeldete Marke in der Übersetzung "Sicht auf das Geschäft" oder "Überblick über ein Geschäft" bedeute, womit eine unmittelbare Beziehung zu den Waren und Dienstleistungen nicht erkennbar sei. Da bei der Frage der Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab anzulegen sei und der Verkehr eine Marke in der Regel so aufnehme wie sie ihm entgegentrete, sei dies ausreichend, um dieses Schutzhindernis zu überwinden. Aber auch ein Freihaltebedürfnis liege nicht vor, denn als unmittelbar beschreibend könne die angemeldete Marke nicht angesehen werden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse, die Schriftsätze der Anmelderin, sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 66 MarkenG), hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, denn sie unterliegt als beschreibende Sachangabe einem Freihaltebedürfnis gem § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

Für die Entscheidung ist ohne Bedeutung, ob der angesprochene Verkehr - bei dem es sich vorwiegend um Fachverkehr handeln dürfte - die Marke als englischen Begriff auffaßt oder sie ins Deutsche übersetzt, denn der Aussagegehalt ist jeweils der gleiche. "BusinessView" ist zwar als Wortzusammenstellung, nicht belegt, aber ohne weiteres verständlich, nämlich mit "Geschäftsansicht" oder "Darstellung der Geschäfte bzw Geschäftsaktivitäten", was für alle angemeldeten Waren einen konkret beschreibenden Aussagegehalt besitzt.

Wie die Markenstelle umfangreich belegt hat, hat der Markenbestandteil "View" im Datenverarbeitungsbereich die Bedeutung von "Ansicht, betrachten, Blick, Sicht" udgl (vgl zB Schulze, Computer-Englisch, Rowohlt 2000, S 328; Irlbeck Computer-Englisch, 3. Aufl, S 648; Microsoft Press, Computer Fachlexikon, Ausgabe 2000, S 882, 753). Das "View-Modul" eines Computers erledigt alle Arbeiten zur Darstellung von Definitionen sowohl auf dem Bildschirm als auch auf dem Drucker. Hauptkonzept dieses Viewmoduls ist die Trennung von Daten und deren Darstellung (Prof. Schneider, Lexikon Informatik und Datenverarbeitung, 4. Aufl, 1998, S 1060, Stichwort, Modul VIEW).

Bei dem weiteren Markenbestandteil "Business" handelt es sich um ein in der deutschen Sprache geläufiges Fremdwort, das das Geschäft und Geschäftsleben im weitesten Sinne beschreibt (Duden, Das Fremdwörterbuch, 6. Aufl, Bd 5, S 134 Business: Vom Profitstreben bestimmtes Geschäft, profitbringender Geschäftsabschluß). In der EDV-Sprache gibt es Begriffe wie "business graphics" (Präsentationsgrafik, Geschäftsgrafik, vgl Schulze, Lexikon Computerwissen, S 147), Business Information System (eine Kombination von Computern, Druckern, Kommunikationseinrichtungen und anderen Geräten, die für den Umgang mit Daten konzipiert sind; Microsoft Press, Computer Fachlexikon, aaO S 130), businesssoftware (kaufmännische Software) uvam.

Die Zusammensetzung der beiden Worte ist sprachüblich und wird von den angesprochenen Verkehrskreisen in ihrer Bedeutung ohne weiteres verstanden werden. Damit werden die beanspruchten Waren und Dienstleistungen dahingehend beschrieben, daß sie eine Sichtbarmachung der Geschäfte bzw Geschäftsverbindungen ermöglichen. Geschäfte werden vermehrt mittels Telekommunikation angebahnt, abgeschlossen und diese Geschäftsverbindungen sodann telefonisch betreut (zB Info Hotlines). In sog Call Centern werden Anfragen, Aufträge, Beschwerden udgl entgegengenommen und bearbeitet. Die schnelle Verknüpfung von Kundendaten (zB deren bisher getätigte Geschäftsabschlüsse, Reklamationen udgl) und deren Sichtbarmachung erlaubt dem Mitarbeiter eine individuelle Betreuung. Denkbar ist aber auch, daß mit den Waren und Dienstleistungen die Tätigkeit dieser häufig örtlich unabhängigen (Tele)Mitarbeiter verwaltet, überwacht und dargestellt wird (zB welcher Mitarbeiter wielange welchen Kunden betreut hat, oder welche Geschäftsabschlüsse von welchem Mitarbeiter getätigt wurden)

Damit eignet sich die Marke zur unmittelbaren Beschreibung einer Funktion der Waren und Dienstleistungen und ist für die Mitbewerber der Anmelderin zur freien Verwendung offenzuhalten.

Die Beschwerde ist damit ohne Erfolg.

Dr. Buchetmann Winter Schwarz-Angele Wf/Ja






BPatG:
Beschluss v. 06.11.2000
Az: 30 W (pat) 16/00


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