Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Mai 2009
Aktenzeichen: 17 W (pat) 123/05
(BPatG: Beschluss v. 28.05.2009, Az.: 17 W (pat) 123/05)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die vorliegende Patentanmeldung ist am 11. März 2003 beim Deutschen Patentund Markenamt unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität vom 12. März 2002 eingereicht worden unter der Bezeichnung:
"Verfahren zum Erfassen von Computersabotageund Spionageangriffen".
Sie wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patentund Markenamtes in der Anhörung vom 31. Mai 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, der Anspruch 1 sei mangels einer technischen Lehre nicht gewährbar.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Sie stellt den Antrag, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Patentansprüche 2-4, noch anzupassender Beschreibung und 1 Blatt Zeichnung mit 1 Figur, jeweils vom Anmeldetag.
Sie regt die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an, da sie in der Anhörung das erste Mal mit dem Tatbestand der fehlenden technischen Lehre konfrontiert wurde, sich dadurch nicht in ausreichendem Maße habe vorbereiten können und deshalb im Vorgehen der Prüfungsstelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sieht.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
"Verfahren (10) zur Unterstützung der beschleunigten Erstellung eines gegen Sabotageund Spionageangriffe geschützten Computersystems, insbesondere gegen Angriffe mit Computerviren oder Computertrojanern, durch Frühwarnen von Administratoren (17) der Computersysteme (14), wobei Frühindikatoren sowie Informationen durch einen Informationsgenerator (12, 13) generiert werden, welcher dazu das Internet (16) und andere Informationsquellen nach geeigneten Informationen zu Sabotageund Spionageangriffen abfragt und die so erfassten Informationen sammelt und einem Computer (14) in vorgegebenen Intervallabständen (12a, 13a) zur Auswertung zugeführt werden, gekennzeichnet durchein computergesteuertes, paralleles und kontinuierliches Abtasten des Internets (16) nach vorgegebenen Begriffen mit einem Abtastmechanismus (15) zur Erlangung von Informationen über softwaremäßige Computersabotage und -spionage, welche dem Computersystem (14) zur Auswertung zugeführt werden."
Bezüglich der Unteransprüche 2 -4 wird auf die Akte verwiesen.
Die Anmelderin stellte klar, dass unter "Informationsgenerator" die bekannte Lieferung von Informationen von beliebigen Diensten (z. B. von einer Universität) an einen Administrator zu verstehen sei und der Informationsgenerator damit nicht zwingend technische Komponenten umfassen müsse. Wie die Informationsbeschaffung dabei erfolge, spiele keine Rolle. Als Informationen werde dem Administrator mit dem Informationsgenerator geliefert, welche Schadsoftware konkret aufgetreten sei und an welcher Signatur sie erkannt werden könne. Über den Informationsgenerator erfolge eine diskontinuierliche Bereitstellung von Informationen an den Administrator. Es dauere wegen der Informationsbereitstellung in wöchentlichen oder monatlichen Intervallen über diesen Weg zu lange, bis die Informationen geliefert würden. Die Anmelderin führte aus, dass das Vorsehen eines zweiten Weges der Informationsbeschaffung parallel zum Weg über den Informationsgenerator wichtig sei. Über den zweiten Weg erfolge zusätzlich eine kontinuierliche Bereitstellung von Informationen durch aktive und kontinuierliche Abfrage des Internets nach bestimmten Suchbegriffen wie z. B. "Angriff". In Internetforen werde frühzeitig über neue Computerviren diskutiert, sodass diese öffentlich zugängliche Information zur Beschleunigung der Informationsbereitstellung genutzt werden könne.
Die Anmelderin machte geltend, dass die Lehre des in der Verhandlung eingereichten Anspruchs 1 dem Patentschutz zugänglich sei, denn es handele sich bei dem zur Ausführung des beanspruchten Verfahrens verwendeten Computersystem um eine technische Vorrichtung. Auch die genannte Aufgabe, eine beschleunigte Unterstützung bei der Erstellung eines gegen Sabotageund Spionageangriffe geschützten Computersystems zu erzielen, sei technisch, denn das dafür erforderliche Auffinden, Sammeln und zur Verfügung stellen von Information sei ein technischer Vorgang. Hierbei erfolge eine über den üblichen Gebrauch eines Computersystems hinausgehende Nutzung. Eine händische Suche im Internet erfordere zu viel Zeit, sodass der Einsatz eines Computersystems hierfür zwingend erforderlich sei. Die dadurch mögliche beschleunigte Bereitstellung von Information sei wegen des Zeitfaktors eine technische Wirkung des Verfahrens. Die Entscheidung "Anbieten interaktiver Hilfe" des BGH sei für die beanspruchte Lehre nicht einschlägig, da dort eine wirtschaftliche Aufgabenstellung im Hintergrund der Entscheidung stehe. Mit Verweis auf das Zitat aus der Entscheidung "Suche fehlerhafter Zeichenketten" (BGH, GRUR 2002, 143, Abschnitt bb)): "Den in der Regel dem Patentschutz zugänglichen Lehren vergleichbar ist auch ein Verfahren, mit dem vermittels einer Datenverarbeitungsanlage durch Prüfung und Vergleich von Daten ein Zwischenschritt im Rahmen der Herstellung technischer Gegenstände erledigt werden kann, wenn diese Lösung durch eine auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnis und deren Umsetzung geprägt ist (BGHZ 143, 255, 264 -Logikverifikation)" führte die Anmelderin aus, dass es sich bei der beanspruchten Lehre um einen Zwischenschritt bei der Herstellung eines gegen Sabotageund Spionageangriffe geschützten, sicheren Computersystems handele, bei dem der Informationsfluss durch Optimierung gegenüber bekannten Maßnahmen der Informationsbeschaffung beschleunigt werden solle. Hierfür erfolge ein elektronisches Abtasten des Internets nach Informationen unter Verwendung eines Abtastmechanismus, der einen Vergleich der elektronischen Informationen mit vorgegebenen Suchbegriffen vornehme. Der dabei erforderliche Vergleich von Zeichenketten sei ebenfalls ein technischer Vorgang.
II.
Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingelegt und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, denn die Lehre gemäß geltendem Patentanspruch 1 ist dem Patentschutz nach § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG nicht zugänglich.
1. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zum Frühwarnen von Administratoren von Computersystemen zur Unterstützung der beschleunigten Erstellung eines gegen Sabotageund Spionageangriffe geschützten Computersystems, insbesondere gegen Angriffe mit Computerviren oder Computertrojanern.
In den Anmeldeunterlagen wird einleitend angegeben, dass Computersysteme, Computernetzwerke sowie PDAs und Mobilfunkendgeräte Angriffen von allen Arten der softwaremäßigen Computersabotage und -spionage durch in der Anmeldung allgemein als Computerviren bezeichneten E-Mail-Würmern sowie Computertrojanern und Computerviren ausgesetzt sind, die oft nur schwer zu erkennen sind. Verursacht durch Computerviren entstehen durch den Ausfall von Computern, das Löschen oder Verändern von Daten und das Ausspionieren von Daten durch Ausschalten der Sicherheitssysteme immense wirtschaftliche Schäden. Gegenmaßnahmen in Form von Antivirenprogrammen können nur getroffen werden, wenn die Computerviren bekannt sind. Hierfür müssen die Antivirenprogramme regelmäßig für neu auftretende Viren aktualisiert werden. Bekannt sind dafür Dienste oder auch Informationsgeneratoren, die Informationen über solche Computerviren sammeln und an Administratoren von Computersystemen in bestimmten zeitlichen Intervallen, d. h. wöchentlich oder monatlich, weiterleiten. Diese werten die Informationen aus und können durch Anpassung und Installation der angepassten Antivirenprogramme ihr Computersystem auf die Computervirenattacke vorbereiten. Häufig ändern sich Computerviren sehr kurzfristig, sodass eine wöchentliche oder monatliche Information über neu auftretende Computerviren nicht ausreicht, um eine rasche Aktualisierung der Antivirenprogramme zur unverzüglichen Abwehr der Attacken solcher Computerviren vornehmen zu können. Es ist bekannt, dass im Internet in entsprechenden Foren, lange bevor der Computervirus den eigenen Computer erreicht, über Computerviren diskutiert wird und wie gegen diese vorgegangen werden kann. Aus zeitlichen Gründen wird es einem Administrator selbst nicht möglich sein, sämtliche Foren des Internets durchzuarbeiten, um an entsprechende Informationen bzgl. Computerviren zu gelangen, sodass er bestenfalls zufällig auf solche Informationen stößt (S. 1 Abs. 2 bis S. 3 Abs. 2 der Anmeldeunterlagen).
Entsprechend sei es Aufgabe (gemäß Ausführungen der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung), eine beschleunigte Unterstützung bei der Erstellung eines gegen Sabotageund Spionageangriffe geschützten Computersystems zu erreichen.
Zur Lösung dieser Aufgabenstellung schlägt der geltende Anspruch 1 vor, ein Warnen der Administratoren von Computersystemen vorzunehmen, indem dem jeweiligen Administrator zum einen von einem als bekannt aufgeführten Informationsgenerator diskontinuierlich in zeitlich vorgegebenen Intervallabständen (wöchentlich oder monatlich) Frühindikatoren und Informationen geliefert werden. Hierfür werden mit dem sogenannten Informationsgenerator das Internet und andere Informationsquellen nach geeigneten Informationen zu Sabotageund Spionageangriffen gegen Computersysteme (durch Computerviren oder Computertrojaner) abgefragt, Informationen gesammelt, daraus relevante Informationen generiert und gebündelt an das Computersystem zur Information des Administrators geliefert. Dem Administrator werden zum anderen computergesteuert Informationen über softwaremäßige Sabotageund Spionageangriffe zugeführt, die durch kontinuierliches Abtasten des Internets gewonnen werden. Mittels eines Abtastmechanismus, d. h. eines geeigneten Abtastprogramms, das Programmbestandteil des mit dem Internet verbunden Computersystems ist, wird das Internet (Internetseiten von Foren, Newsgroups, Chatrooms sowie Datenbanken über Computerviren im Internet) kontinuierlich nach vorgegebenen Begriffen abgetastet. Sobald damit Informationen über softwaremäßige Sabotageund Spionageangriffe ermittelt werden, werden diese Daten dem Computersystem zur Auswertung zugeführt und an den Administrator zu dessen Frühwarnung weitergeleitet, um ihn bei der Erstellung eines gegen Sabotageund Spionageangriffe geschützten Computersystems zu unterstützen.
Als Fachmann für einen derartigen Sachverhalt wird ein Informatiker angesehen, der Erfahrungen in der Erstellung von Anwendungsprogrammen besitzt, z. B. zur Beschaffung und Nutzung von Informationen für das Sicherheitsmanagement von Computersystemen.
2. Die Lehre gemäß geltendem Patentanspruch 1 ist dem Patentschutz nicht zugänglich, da sie auf die Sammlung von Informationen zu einem ausgewählten Themengebiet abstellt und diese Informationen unter Verwendung eines Programms (Abtastmechanismus) gewonnen werden. Es wird kein konkretes technisches Problem gelöst. Eine Informationsbeschaffung erfolgt lediglich automatisch mit Hilfe eines Computersystems. Die beanspruchte Lehre kann deshalb nicht als eine schutzwürdige Bereicherung der Technik angesehen werden. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, GRUR 2005, 141, 142 re. Spalte -Anbieten interaktiver Hilfe) ist ein Verfahren, das sich zur Herbeiführung des angestrebten Erfolges eines Programms bedient, mit dessen Hilfe eine Datenverarbeitungsanlage so gesteuert wird, dass der gewünschte Erfolg erzielt wird, nicht schon wegen des Vorgangs der elektronischen Datenverarbeitung dem Patentschutz zugänglich. Da das Patentgesetz Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche vom Patentschutz ausschließt (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 4 PatG), muss die beanspruchte Lehre vielmehr Anweisungen enthalten, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen. Nichts anderes gilt, wenn in Rede steht, ob eine beanspruchte Lehre als Wiedergabe von Informationen (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 PatG) nicht als Erfindung anzusehen ist. Die Erteilung eines Patents, dessen Lehre der Informationsbeschaffung mittels eines Computersystems dient, kommt somit nur dann in Betracht, wenn der Patentanspruch über den Vorschlag hinaus, ein Computersystem als Mittel zur Erfassung, Speicherung, Anzeige bzw. Ausgabe von gewünschter Information einzusetzen, weitere Anweisungen enthält, denen ein konkretes technisches Problem zugrunde liegt, sodass eine Aussage darüber möglich ist, ob eine Bereicherung der Technik vorliegt.
Welches technische Problem durch eine Erfindung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet. Die angegebene Aufgabe ist demgegenüber als solche nicht maßgeblich, sondern lediglich ein Hilfsmittel für die Ermittlung des objektiven technischen Problems (BGH, a. a. O., S. 142 re. Spalte -Anbieten interaktiver Hilfe). Im vorliegenden Fall liegt die objektive Leistung darin, dem jeweiligen Administrator zusätzlich zu den Informationen vom Informationsgenerator eine automatisierte Informationsbeschaffung der im Internet vorhandenen Informationen über Schadsoftware zu ermöglichen. In der Beschreibungseinleitung auf S. 3 Abs. 2 der Anmeldeunterlagen wird nämlich ausgeführt, dass im Internet in entsprechenden Foren -lange bevor der Computervirus den eigenen Computer erreicht -über Computerviren diskutiert wird und wie gegen diese vorgegangen werden kann. Aus zeitlichen Gründen wird es einem Administrator selbst nicht möglich sein, sämtliche Foren des Internets durchzuarbeiten, um an entsprechende Informationen bzgl. Computerviren zu gelangen, sodass er bestenfalls zufällig auf solche Informationen stößt. Daher leistet die beanspruchte Lehre eine Automatisierung der Informationsbeschaffung über Schadsoftware aus dem Internet. Eine solche Lehre, die die automatische Informationsbeschaffung mittels eines Computersystems beinhaltet, ist für sich genommen nicht genügend zur Annahme eines konkreten technischen Problems und damit für die Zugänglichkeit zum Patentschutz im Sinne der Rechtsprechung des BGH (BGH, a. a. O. S. 142 re. Sp. -Anbieten interaktiver Hilfe). Eine Verbesserung der technischen Mittel (Komponenten des verwendeten Computersystems) ist in der Lehre nicht erkennbar. Zur Lösung dieser Problemstellung wird lediglich ein als Abtastmechanismus bezeichnetes Programm verwendet, mit dessen Hilfe das Internet kontinuierlich durch das Computersystem nach vorgegebene Begriffen abgetastet wird. Unter dem Abtastmechanismus ist ausweislich der Beschreibung (S. 4 Z. 1-3, S. 5 Z. 29 f) ein geeignetes Programm, das Bestandteil des Computersystems ist, zu verstehen, dessen Arbeitsweise in keiner Weise ausgebildet ist. Es handelt sich dabei nicht um ein technisches Mittel. Nach Installation eines derartigen Programms erfolgt die automatische Informationsbeschaffung über Schadsoftware aus dem Internet mittels des Computersystems. Die technische Prägung dieses Lösungsmittels und damit auch des zugrundeliegenden Problems beschränkt sich wiederum darauf, die Informationserfassung und -übermittlung mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung vorzunehmen. Das genügt nicht, um die beanspruchte Lehre dem Patentschutz zugänglich zu machen (BGH, a. a. O. S. 142 re. Sp. -Anbieten Interaktiver Hilfe). Die Lösung wird im Wesentlichen nicht durch technische Überlegungen erreicht, die auf die Verbesserung herkömmlicher technischer Mittel gerichtet sind. Es sind keinerlei Maßnahmen erforderlich, die auf die Überwindung besonderer technischer Schwierigkeiten bzw. eine besondere Auseinandersetzung mit konkreten technischen Gegebenheiten, Bestandteilen des Computersystems oder seiner Peripheriegeräte hinweisen und somit einen Patentschutz rechtfertigen könnten. Ein konkretes technisches Problem, das sich aus der Verwendung eines allgemein bekannten Computersystems zur Abtastung des Internets ergäbe, kann somit nicht gesehen werden. Ein konkretes technisches Problem liegt schließlich auch nicht den weiteren Maßnahmen zugrunde, mit denen dem Administrator anspruchsgemäß die benötigten Informationen verschafft werden sollen. Die dem Administrator gelieferten Informationen umfassen auch die diskontinuierlich zugeführten Informationen vom Informationsgenerator. Nach Ausführungen der Anmelderin umfasst dieser beliebige Dienste und nicht zwingend technische Komponenten, wobei es keine Rolle spielt, wie die Informationsbeschaffung dabei erfolgt. Unter dem Informationsgenerator ist damit kein technisches Mittel zu verstehen. Dem Einsatz des Informationsgenerators sowie der Art und Weise der Lieferung von Informationen vom Informationsgenerator an einen Administrator liegt somit ebenfalls keine konkrete technische Problemstellung zugrunde.
Eine konkrete, sich mit technischen Umständen auseinandersetzende Problemstellung ist damit weder der Beschreibung entnehmbar noch ergibt sie sich implizit aus dem Anspruchsgegenstand. Mit der beanspruchten Lehre erfolgt daher keine schutzwürdige Bereicherung der Technik.
3. Der Einwand der Anmelderin, die Entscheidung "Anbieten interaktive Hilfe" des BGH sei für die angemeldete Lehre nicht einschlägig, da dort eine wirtschaftliche Aufgabenstellung im Hintergrund der Entscheidung stehe, greift nicht. Denn in dieser Entscheidung werden über die dort konkret zu befindende Lehre hinaus wie zitiert allgemein geltende Anforderungen und Grundsätze über die Zugänglichkeit von Lehren zum Patentschutz formuliert, wenn zur Ausführung der beanspruchten Verfahren Computer verwendet werden. Bei dem zur Ausführung des beanspruchten Verfahrens verwendeten Computersystem handelt es sich um eine technische Vorrichtung. Allerdings ist die Lehre nicht allein deshalb dem Patentschutz zugänglich. Die Technizität einer Lehre gemäß § 1 Abs. 1 PatG ist für die Beurteilung der Zugänglichkeit zum Patentschutz gemäß § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG eine notwendige, jedoch keine hinreichende Voraussetzung. Allein aus der Beschaffung von Information mit Hilfe eines Abtastprogramms ergibt sich aber noch kein konkretes technisches Problem, das mit der beanspruchten Lehre gelöst würde, wie es nach der BGH-Rechtsprechung für die Zugänglichkeit einer Lehre zum Patentschutz gemäß § 1 Abs. 3 PatG gefordert wird. Wegen der umfassenden Eignung und Nützlichkeit eines Computersystems für die Erfassung, Speicherung und Ausgabe von Information kann allein die Tatsache, dass ein Computersystem technischen Charakter aufweist, keinen Grund bilden, einer solchen Lehre Patentfähigkeit zuzubilligen. Es müssen darüber hinaus noch weitere Merkmale hinzukommen, die die Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln zum Gegenstand haben, mit denen eine schutzwürdige Bereicherung der Technik erfolgt. Der Argumentation der Anmelderin, auch die genannte Aufgabe sei technisch, denn das Auffinden, Sammeln und zur Verfügung stellen von Information sei ein technischer Vorgang, kann deshalb nicht gefolgt werden. Denn darin liegt keine konkrete technische Problemstellung. Ein Computersystem als Mittel zur Erfassung, Speicherung, Anzeige bzw. Ausgabe von gewünschter Information einzusetzen, entspricht vielmehr dessen bestimmungsgemäßem Gebrauch. Die von der Anmelderin geltend gemachte über den üblichen Gebrauch eines Computersystems hinausgehende Nutzung liegt bei der beanspruchten Lehre nicht vor. Das hierzu vorgebrachte Argument, eine händische Suche im Internet erfordere zu viel Zeit, sodass der Einsatz eines Computersystems für die Umsetzung der Lehre zwingend erforderlich sei, greift nicht, denn es lässt über die Automatisierung hinaus keinerlei Mittel erkennen, mit denen eine über den üblichen Gebrauch eines Computersystems hinausgehende Nutzung erfolgt. Gemäß der beanspruchten Lehre wird ein Computersystem verwendet, dessen Bestandteile denen bekannter Computersysteme entsprechen, denn es sind keinerlei Hinweise über einen besonderen Aufbau oder eine besondere Funktionsweise entnehmbar. Auch der Behauptung der Anmelderin, die beschleunigte Bereitstellung von Informationen und die damit verbundene Verkürzung der Vorwarnzeit für den Administrator stelle wegen des Zeitfaktors eine technische Wirkung des beanspruchten Verfahrens dar, kann nicht gefolgt werden. Denn es handelt sich nicht um eine technische Wirkung des beanspruchten Verfahrens. Um ein gegen Sabotageund Spionageangriffe geschützteres Computersystem zu erreichen, wird ein verändertes Verhalten des Administrators vorausgesetzt. Dass das Verfahren ein solches Verhalten beeinflussen mag und fördern kann, verleiht diesen möglichen Wirkungen keinen technischen Charakter. Der Administrator muss die ihm anspruchsgemäß zugeführten Informationen erst zur Kenntnis nehmen, auswerten und dann Gegenmaßnahmen z. B. durch Aktualisierung der Antivirenprogramme treffen. Erst nach Aktualisierung der Antivirenprogramme -dem Softwareupdate -durch den Administrator wird der gewünschte Effekt, ein gegen Sabotageund Spionageangriffe geschützteres Computersystem, erreicht. Dies gilt auch für die Lösung der von der Anmelderin genannten Aufgabe, eine beschleunigte Unterstützung bei der Erstellung eines gegen Sabotageund Spionageangriffe geschützten Computersystems zu erreichen. Den Ausführungen der Anmelderin, dass es sich bei der beanspruchte Lehre um einen Zwischenschritt bei der Herstellung eines gegen Sabotageund Spionageangriffe geschützten, sicheren Computersystems und damit um eine im Sinne der Entscheidung "Logikverifikation" des BGH dem Patentschutz zugängliche Lehre handele, kann nicht gefolgt werden. Denn auch in dem auf die Entscheidung "Logikverifikation" des BGH Bezug nehmenden Zitat aus der BGH-Entscheidung "Suche fehlerhafter Zeichenketten" wird verlangt, dass die Lösung durch eine auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnis und deren Umsetzung geprägt sein muss. Dies liegt bei dem hier beanspruchten Verfahren nicht vor. Die beanspruchte Informationsbeschaffung für den Administrator erfordert keinerlei technische Überlegungen. Bei der Installation von Antivirenprogrammen bzw. deren Update durch den Administrator in Kenntnis und Auswertung der anspruchsgemäß beschafften Informationen kann auch nicht von der Herstellung eines Computersystems gesprochen werden, sodass bei der beanspruchten Lehre auch von einem Zwischenschritt im Rahmen der Herstellung eines technischen Gerätes keine Rede sein kann. Auch der im Rahmen des Abtastmechanismus erforderliche Vergleich von Zeichenketten sei kein technischer Vorgang. Ein Mustervergleich von Zeichenketten wird zum einen nicht beansprucht. Zum anderen würde der Vergleich der elektronischen Information im Internet mit vorgegebenen Suchbegriffen und deren Umsetzung im Rahmen des Abtastprogramms in Analogie zu den Ausführungen in der Entscheidung "Suche fehlerhafter Zeichenketten" (BGH, a. a. O., Abschnitt a)) nicht auf technischen Überlegungen beruhen und wäre somit kein technischer Vorgang. Die von der Anmelderin vorgebrachte Argumentation ist somit nicht geeignet, das Vorliegen einer dem Patentschutz zugänglichen Lehre zu begründen.
4. Die mit dem geltenden Patentanspruch 1 beanspruchte Lehre unterliegt nach alledem dem Patentierungsausschluss nach § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 und ist somit dem Patentschutz nicht zugänglich.
Bei dieser Sachlage war die Beschwerde gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patentund Markenamtes zurückzuweisen.
III.
Die von der Anmelderin angeregte Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt nicht in Betracht, weil ein Anlass für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht ersichtlich ist (§ 80 Abs. 3 PatG). Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist anzuordnen, wenn dies der Billigkeit entspricht (vgl. z. B. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 80 Rdn. 110 f, § 73 Rdn. 123 f). Dies ist dann der Fall, wenn die Beschwerde bei sachgemäßer Behandlung durch das Patentamt vermeidbar gewesen wäre, wobei alle Umstände des Falls zu berücksichtigen sind. Die Billigkeit der Rückzahlung kann sich danach aus der Sachbehandlung durch das Patentamt ergeben, zum Beispiel wenn das rechtliche Gehör verletzt wurde (Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 80 Rdnr. 95). Eine solche Verletzung rechtlichen Gehörs ist vorliegend nicht erkennbar.
In der Anhörung am 31. Mai 2005 wurde von der Prüfungsstelle bei unveränderter Entgegenhaltung erstmalig geltend gemacht, dass der Patentanspruch 1 mangels einer technischen Lehre nicht gewährbar sei. Ausweislich des Anhörungsprotokolls hat die durch zwei Patentanwälte vertretene Anmelderin dazu auch ausführlich Stellung genommen. Insbesondere eine anwaltlich vertretene Anmelderin muss aber in der Lage sein, in einer Anhörung auf rechtliche Erwägungen zu reagieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich dabei um die Anwendung patentrechtlichen Grundlagenwissens handelt, worum es sich beim in der Anhörung strittigen Vorliegen einer technischen Lehre gemäß § 1 Abs. 1 PatG gehandelt hat. Zudem hätte die Anmelderin, falls sie sich in der Anhörung nicht in ausreichendem Maße in der Lage gesehen hat, den Anmeldungsgegenstand einzuschätzen, eine Rückäußerungsfrist beantragen können, was aber nicht erfolgt ist. Denn auf Befragen der beiden Vertreter der Anmelderin durch die Prüfungsstelle mit dem Hinweis der Möglichkeit der Beschlussverkündung wurden keine weiteren Anträge gestellt und Erklärungen abgegeben (Schulte, a. a. O. § 48 Rdn. 15, 16, 18). Damit hat die Anmelderin selbst die ihr gegebene Gelegenheit zur Äußerung oder Antragstellung nicht ergriffen (Schulte, a. a. O., Einl. 245 a. E., 246). Die Prüfungsstelle hat somit verfahrensrechtlich fehlerfrei gehandelt. Die angeregte Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs scheidet damit aus.
Dr. Fritsch Eder Baumgardt Wickborn Fa
BPatG:
Beschluss v. 28.05.2009
Az: 17 W (pat) 123/05
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