Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Oktober 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 241/03

(BPatG: Beschluss v. 06.10.2004, Az.: 28 W (pat) 241/03)

Tenor

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Eingetragen für die Waren und Dienstleistungen

"Boote, Schiffe; Betrieb einer Import- und Exportagentur für Boote und Schiffe"

ist seit dem 5. Oktober 2000 die nachstehend wiedergegebene (farbige) Wort-Bild-Marke Widerspruch eingelegt hat die Inhaberin der prioritätsälteren Wort-Marke 397 28 761 EUROSTAR die seit dem 29. Juni 2001 u.a. für "Fahrzeuge ... zur Beförderung auf ... dem Wasser" eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den Widerspruch die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, weil vor dem Hintergrund identischer bzw. sehr ähnlichen Waren und Dienstleistungen die Gefahr von klanglichen Verwechslungen zwischen beiden Marken bestünde, die beide vom Verkehr mit dem Kennwort "Eurostar" benannt würden.

Gegen diesen Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, die rügt, dass die Markenstelle nicht ausreichend die völlig unterschiedlichen Geschäftsbereiche der Beteiligten (hier Boote, dort Eisenbahnbetrieb) sowie den Umstand berücksichtigt habe, dass die abweichenden grafischen Unterschiede der Vergleichsmarken im grundsätzlich maßgeblichen Gesamteindruck ohne weiteres ausreichten, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.

Die Markeninhaberin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie schließt sich den Ausführungen des angefochtenen Beschlusses an und verweist auf die registerrechtliche Identität der sich gegenüberstehenden Waren und Markenkennwörter, so dass eine Verwechslungsgefahr auf der Hand liege.

II.

Die Beschwerde der Markeninhaberin ist gemäß § 165 Abs. 4, 5 Nr. 1 MarkenG zulässig, aber nicht begründet, da die Vergleichsmarken verwechselbar ähnlich im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG sind.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, wobei von einer Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen ist.

Da Benutzungsfragen noch nicht anstehen, denn die Widerspruchsmarke befindet sich noch auf Jahre in der Schonfrist, ist hinsichtlich der zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen von der Registerlage auszugehen. Insoweit stehen sich, wie die Markenstelle im angefochtenen Beschluss bereits überzeugend und ausführlich dargelegt hat, identische bzw. hochgradig ähnliche Produkte gegenüber, was von der Markeninhaberin nicht mit einem Hinweis auf möglicherweise unterschiedliche Geschäftsbereiche und Betätigungsfelder der Beteiligten im praktischen Wirtschaftsleben in Abrede gestellt werden kann, da vorliegend allein registerrechtliche Gesichtspunkte Berücksichtigung finden können, mithin der Wortlaut der sich gegenüberstehenden Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist ein strenger Maßstab anzulegen und von der angegriffenen Marke ein entsprechender Abstand zur älteren Widerspruchsmarke zu fordern, der vorliegend ersichtlich nicht eingehalten wird.

Zwar mögen die Marken in ihrer Gesamtheit wegen der deutlich unterschiedlichen grafischen Gestaltung der angegriffenen Marke ggfls. nicht miteinander verwechselt werden. Es ist indes rechtlich nicht zu beanstanden, bei der Prüfung einer die Verwechslungsgefahr begründenden Markenähnlichkeit den in der angegriffenen Marke enthaltenen und mit der Widerspruchsmarke identischen Wortbestandteil "Eurostar" isoliert heranzuziehen. Zwar wird einer Marke durch ihre Eintragung grundsätzlich Schutz nur in der eingetragenen Form gewährt, da im Eintragungsverfahren nur die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit geprüft wird. Daraus folgt jedoch nicht, dass bei der Prüfung der Gefahr von Verwechslungen zwischen einer jüngeren Marke und einer älteren Widerspruchsmarke ausnahmslos von der jeweiligen Marke in ihrer Gesamtheit auszugehen ist. Maßgebend ist vielmehr jeweils der Gesamteindruck der betreffenden Marke, der in Ausnahmefällen auch durch einen von mehreren Bestandteilen bestimmt werden kann. Kollisionsbegründend ist ein solcher Bestandteil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn er den Gesamteindruck der Marke dergestalt prägt, dass neben ihm ein weiterer oder mehrere andere Bestandteile in den Hintergrund treten. Bei Wort-Bild-Marken trifft dies in der Regel auf die Wortbestandteile als einfachster und kürzester Bezeichnungsform zu, zumal wenn diese grafisch oder größenmäßig besonders herausgestellt sind und dem Verkehr als Kenn- und Merkwort entsprechend angeboten werden, vorausgesetzt natürlich, es handelt sich hierbei um selbständig kennzeichnende und markenschutzfähige Begriffe, was vorliegend der Fall ist. Für den Senat bestehen daher keine Bedenken, diesen Bestandteil aus der angegriffenen Marke isoliert kollisionsbegründend heranzuziehen, zumal deren grafischer Bestandteil so unauffällig und unbedeutend ist, dass er nicht die Schutzfähigkeit der Marke in ihrer Gesamtheit begründen kann. Damit stehen sich bei der Kollisionsprüfung letztlich identische Markenwörter gegenüber, was bei identischen bzw. hochgradig ähnlichen Waren zwangsläufig zur Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr führt.

Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Beschwerde der Markeninhaberin keinen Erfolg haben. Zu einer Kostenentscheidung besteht keine Veranlassung, § 71 MarkenG.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Fa






BPatG:
Beschluss v. 06.10.2004
Az: 28 W (pat) 241/03


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