Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juli 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 126/99
(BPatG: Beschluss v. 12.07.2000, Az.: 29 W (pat) 126/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. März 1999 und 7. August 1997 aufgehoben.
Gründe
I.
Angemeldet ist die Wortmarke
"D-Radio"
für "Telekommunikation; Information, Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten; Veranstaltung von Hörfunkprogrammen und sonstigen Informationsangeboten".
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, die Anmeldung wegen eines Freihaltebedürfnisses und wegen fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung zurückgewiesen, der Verkehr setze "D" mit Deutschland gleich. Daher bezeichne dieser Buchstabe ebenso wie bei Postsendungen und Autokennzeichen das Sendegebiet des als beschreibendes Element hinzugefügten Markenteils "Radio", so daß die Marke insgesamt "Deutschlandradio" besage.
Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin u.a. geltend, es gebe viele "D-..."-Eintragungen, etwa "D-Medien", "D-Internet", wobei der Zusatz zu dem jeweiligen "D" glatt beschreibend sei. Das zeige, daß das Patentamt dort den Teil "D" für schutzfähig gehalten habe, was im vorliegenden Fall gleich zu behandeln sei. Die Kombination der Marke sei in Deutschland nicht eingebürgert und das Patentamt habe keine Nachweise für ein Freihaltebedürfnis vorgelegt. Den Herkunftshinweis "Deutschlandradio" könne man nicht mit dem unbekannten und phantasievollen "D-Radio" gleichsetzen. Dafür gebe es die geläufigen Begriffe "Radio aus Deutschland", "Deutsches Radio", "Radio für Deutschland", "Deutschlands Radio".
Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, und sie hat auch in der Sache Erfolg. Denn für die angemeldete Marke läßt sich weder ein Freihaltebedürfnis noch das Fehlen der erforderlichen Unterscheidungskraft feststellen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und 1 MarkenG).
Der Senat vermag an der Marke weder ein gegenwärtiges noch ein zukünftiges Freihaltebedürfnis für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen festzustellen. Sie ist im gegenwärtigen Sprachgebrauch als beschreibende Sachangabe weder von der Markenstelle belegt worden, noch konnte dies vom Senat - etwa durch eine Internet-Recherche - festgestellt werden. Bei diesen Ermittlungen hat sich vielmehr ergeben, daß die Wendung "D-Radio" als Ganzes nur auf dem Gebiet von Rundfunksendungen verwendet wird und dort ausschließlich auf die Anmelderin hinweist.
Darüber hinaus sind keine Gründe für die Annahme ersichtlich, daß die Marke künftig als beschreibende Angabe für die Dienstleistungen der Marke ernsthaft in Betracht kommen könnte. Die erforderlichen konkreten Anhaltspunkte für eine entsprechende Entwicklung (BGH GRUR 1990, 517, 518 "SMARTWARE"; 1992, 515, 516 "VAMOS") liegen nicht vor. So mag schon der Begriff "Radio" für die beanspruchte Dienstleistung "Telekommunikation" als Sachbegriff zweifelhaft sein. Jedenfalls vermittelt der Markenbestandteil "D", der den glatt beschreibenden Hinweis "Radio" ergänzt, für sämtliche Dienstleistungen keine eindeutige Sachaussage und macht damit einen beschreibenden Gehalt der Marke insgesamt unklar. Lexikalisch lassen sich für "D" zahlreiche Bedeutungen nachweisen (vgl. Duden, Wörterbuch der Abkürzungen; Brockhaus-Enzyklopädie, 5. Band, jeweils zu "D"). Unter jenen, die für das vorliegende Sachgebiet in Frage kommen, kann dies die geographische Angabe "Deutsch" sein (so häufig in Abkürzungen z.B. "DB" = "Deutsche Bahn", "DAAD" = "Deutscher Akademischer Austauschdienst"), postalisch auch "Deutschland", ferner "Düsseldorf", und schließlich kann "D" im EDV-Bereich, der mit "Telekommunikation" enger zusammenhängt, auch "Daten" bedeuten (vgl. "D-Channel" = "Data-Channel", etwa bei ISDN-Anschlüssen, s. Rosenbaum, Online-Lexikon, 1998, zu "D-Channel"). Ergibt sich daraus schon in lexikalischer Hinsicht im Zusammenhang mit "Radio" eine Mehrdeutigkeit ("Deutsch-Radio", Deutschland-Radio", "Düsseldorf-Radio", "Daten-Radio"), so ist diese im praktischen Gebrauch des "D", etwa im Internet, noch stärker ausgeprägt. So bezeichnet "D" auch eine vierte Version (in "D-Netz", d.h. die vierte Generation von Funk-Telekommunikationsnetzen) und jedenfalls für Fachleute in diesem Zusammenhang zugleich "digital" ("D-Netz" = "Digital-Netz", s. Das M&T Computer-Lexikon, 1998, zum Stichwort "D-Netz"). Unter den genannten Bedeutungen wird andererseits "Deutschland" nicht glatt sachbeschreibend verwendet, sondern, soweit feststellbar, eher in markenmäßig hervorgehobener Weise (z.B. bei dem Telephonnummernnachweis für Deutschland "D-Info"). Als Aussage der Marke verbleiben daher nebeneinander "Deutsch(es) Radio" insbesondere i.S.v. "deutschsprachiges Radio" oder "in Deutschland beheimatetes Radio", ferner "Düsseldorf-Radio" als naheliegende Kennzeichnung des Verbreitungsgebiets eines Lokalradiosenders und schließlich Assoziationen in Anlehnung an "D-Netz" mit einem vierten Radionetz oder mit Datenübermittlung durch das Radio. Diese Mehrdeutigkeit macht "D-Radio" für Wettbewerber eher ungeeignet zur Verwendung als konkrete Sachangabe (vgl. ebenso für die Bezeichnung "D.LOGISTICS" im Beschluß des Bundespatentgerichts vom 17.9.1999 - 33 W (pat) 51/99).
Aus diesen Gründen kann der Marke auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Der Senat hat im Rahmen der Beurteilung des Freihaltebedürfnisses keinen für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt der Marke (vgl. BGH MarkenR 1999, 347, 348f. - Absolut) feststellen können. Da es sich auch nicht um einen so gebräuchlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, daß er vom Verkehr stets nur als solcher und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird, fehlen im vorliegenden Falle jegliche Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr ungeachtet der dargestellten Mehrdeutigkeit der Wortfolge die Marke als Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis deuten könnte.
Meinhardt Vogel von Falckenstein Baumgärtner Cl
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Beschluss v. 12.07.2000
Az: 29 W (pat) 126/99
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