Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 6. November 2007
Aktenzeichen: 18 U 131/07
(OLG Köln: Beschluss v. 06.11.2007, Az.: 18 U 131/07)
In einer Krise der GmbH kann der Geschäftsführer in entsprechender Anwendung des § 87 Abs. 2 AktG verpflichtet sein, sein Gehalt zu reduzieren. Unterlässt er dies, kann sich hieraus ein Schadensersatzanspruch ergeben.
Tenor
Der Kläger wird des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt
(§ 516 Abs. 3 ZPO).
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung tragen der Kläger zu zwei Fünfteln und der Beklagte zu drei Fünfteln.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird für die Zeit bis zum 25.10.2007 auf 22.800,00 € und für die Zeit danach auf 11.400,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Berufung des Beklagten wird aufgrund einstimmigen Beschlusses des Senats gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die Voraussetzungen, unter denen die Revision zuzulassen wäre, nicht vorliegen.
1. Der Senat hat mit Beschluss vom 10.10.2007 bereits dargelegt, warum er der Berufung des Beklagten keine Erfolgsaussichten zumisst. Hieran wird auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vortrags des Beklagten festgehalten.
Es ist unschädlich, dass der Kläger seine Klage auf eine andere Anspruchsgrundlage gestützt und bezogen hierauf vorgetragen hat. Es ist Sache des Gerichts, die zutreffende Anspruchsgrundlage zu ermitteln. Dies hat das Landgericht in seiner Entscheidung getan und dabei den Vortrag des Klägers zu Recht als ausreichend angesehen, um die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage feststellen zu können. Auch aus der Berufungsbegründung und dem ergänzenden Vortrag ergeben sich keine Gesichtspunkte, die durchgreifende Bedenken gegen diese Beurteilung begründen.
Es ist zutreffend, dass das Landgericht keine besonderen Ermittlungen zu der Frage angestellt hat, welches Geschäftsführergehalt für die vom Kläger zu erbringende Tätigkeit angemessen gewesen wäre. Dies war jedoch auch nicht erforderlich. Aus dem Vortrag der Parteien war bekannt, dass ein Gehalt von 5.700 € vereinbart war. Es gab für das Landgericht keine Veranlassung an der grundsätzlichen Angemessenheit dieses Gehaltes zu zweifeln. Es bewegt sich in dem Rahmen dessen, was - auch nach Kenntnis des Senats - für Geschäftsführer kleinerer Gesellschaften dieser Art üblich ist. Insoweit verhält sich der Sachverhalt anders als in der vom Beklagten angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 1992, 2894), wo der Vorwurf gerade dahin gegangen war, dass der Geschäftsführer ein bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung unangemessen hohes Gehalt bezogen hatte, so dass die Auszahlung in der Krise der Gesellschaft gegen § 30 GmbHG verstoßen haben soll.
Es mag sein, dass die Schuldnerin sich bereits vor September 2005 in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befunden hat. Jedenfalls ist aber mit der Aufforderung der Volksbank F mit Schreiben vom 18.08.2005 (Anlage K 3 zum Schriftsatz des Klägers vom 27.09.2006, Bl. 31 d. A.) eine deutliche Verschärfung der Krisensituation eingetreten, weil die Schuldnerin nunmehr kurzfristig den von ihr in Anspruch genommenen Kontokorrentkredit auf den durch Bürgschaft abgesicherten Betrag von 25.000 € zurückführen musste. In dieser Situation, in der die Fortführung der Gesellschaft in Frage stand, weil die laufenden Einnahmen nicht ausreichten die Vorgaben der Bank zu erfüllen, war es für die Gesellschaft von existentieller Bedeutung, ihre Ausgaben zu reduzieren. Deshalb bestand für den Beklagten Anlass, einer vorübergehenden - bis zur Rückführung des Kredits auf den vorgegebenen Betrag - Reduzierung seines Gehalts zuzustimmen.
Eine Halbierung des Gehalts war dem Beklagten dabei auch zumutbar. Der Beklagte war nicht nur seit mehreren Jahren Geschäftsführer, sondern auch Hauptgesellschafter der Schuldnerin. Er hatte von einer erfolgreichen Fortführung dieses Unternehmens am meisten zu profitieren, weil dies Voraussetzung dafür war, dass er weiterhin sein Gehalt als Geschäftsführer bezog, an Gewinnen der Gesellschaft beteiligt und aus für die Gesellschaft übernommenen Bürgschaften nicht in Anspruch genommen wurde. Eine zeitlich befristete Halbierung seines Gehalts, also eine Reduzierung auf 2.850 €/Monat, war ihm in dieser Situation nach einer Gesamtabwägung aller Umstände zumutbar. Auch damit liegt das Gehalt noch in einem für Geschäftsführer kleinerer Gesellschaften insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten üblichen Bereich, wenn auch sicher an der unteren Grenze. Hierdurch unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch deutlich von demjenigen, der der vom Beklagten zitierten Entscheidung des OLG Naumburg (GmbHR 2004, 423f.) zugrundegelegen hat. Wie sich aus dem Zahlenwerk dieser Entscheidung ergibt, war das Geschäftsführergehalt um vier Fünftel gekürzt worden.
Der Zumutbarkeit der Gehaltsreduzierung stehen auch nicht die finanziellen Verpflichtungen des Beklagten entgegen. Diese können bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer vorübergehenden Gehaltsreduzierung nur ein Faktor sein. Insoweit war hier aber von Bedeutung, dass es um die Erhaltung nicht nur der Schuldnerin, sondern auch der wirtschaftlichen Grundlage des Beklagten zur künftigen Erfüllung seiner finanziellen Verpflichtungen ging.
Schließlich ist auch der Einwand des Beklagten, die vom Landgericht als angemessen angesehene Gehaltsreduzierung hätte nicht ausgereicht, die Vorgaben der kreditgebenden Bank zu erfüllen, nicht geeignet eine andere Entscheidung zu rechtfertigen. Richtig ist, dass eine Gehaltsreduzierung, die ersichtlich nicht geeignet ist, zum Fortbestand einer Gesellschaft beizutragen, auch nicht geboten sein kann. Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Zum einen darf die Gehaltsreduzierung nicht isoliert betrachtet werden, denn es gab weitere Möglichkeiten der Kreditrückführung durch zusätzliche Einsparungen und insbesondere durch entsprechende Einnahmen. Selbst wenn dadurch das von der Bank vorgegebene Ziel nicht zu erreichen war, war eine Gehaltsreduzierung nicht von vorneherein sinnlos. Der Beklagte konnte davon ausgehen, dass die Bank substantielle Bemühungen um Rückführung des Kredits honorieren würde. Dementsprechend weist er selbst darauf hin, dass die Bank nicht bereits nach Fristablauf, sondern erst sechs Wochen später den Kredit gekündigt hat und dies, obwohl unstreitig in der Zwischenzeit keine Rückführung erfolgt war. Eine monatliche Rückführung des Kredits auch nur um den durch die 50%-tige Gehaltsreduzierung ersparten Betrag von 2.850 € wäre aber mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Bank als eine solche substantielle Leistung gewürdigt worden.
2. Der Rechtsstreit hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats erforderlich. Bei der Entscheidung über die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang dem Beklagten eine Gehaltsreduzierung aus Gründen der Treuepflicht zuzumuten war, handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. Der Senat weicht dabei nicht von einem Rechtssatz ab, der sich aus den vom Beklagten zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des OLG Naumburg ergibt. Die unterschiedliche Ergebnisse beruhen auf Unterschieden in den Sachverhalten, was aber gerade nicht ausreicht, um die Revision zu eröffnen (vgl. BGH. Beschluss vom 09.07.2007 - II ZR 95/06 -, Rdnr. 2).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97, 516 Abs. 3 ZPO.
OLG Köln:
Beschluss v. 06.11.2007
Az: 18 U 131/07
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