Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Februar 2011
Aktenzeichen: 25 W (pat) 216/09

(BPatG: Beschluss v. 17.02.2011, Az.: 25 W (pat) 216/09)

Tenor

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 26. Juli 2007 angemeldete Wortmarke Wiener Griesslerist am 25. Oktober 2007 für diverse Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 30 und 35 unter der Nummer 307 49 279 in das beim Deutschen Patentund Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 22. Juli 2008 die Teillöschung dieser Marke beantragt, und zwar hinsichtlich der folgenden Waren der Klasse 30:

"Mehle für Nahrungszwecke, insbesondere Fertigmehle, Mehlvormischungen; im Wesentlichen aus Malzen und Getreidepräparaten unter Beigabe von Ölsaaten, Leguminosen, und Lecithinen bestehende Konzentrate als Backmittel, die nach Zugabe von Mehl zu Backwaren verarbeitet werden; Grieß; Getreideerzeugnisse und Getreidepräparate für Nahrungszwecke, insbesondere Kornflocken, Weizenkleber und Weizengluten; backfertige Getreidemischungen, auch als Granulat oder in schneidfähiger Pastenform; Weizenmehl; Mehlspeisen; Backmischungen (pulverförmig), insbesondere für Siedegebäck und formbare Teige; Extrakte und Konzentrate aus allen vorstehenden Nahrungsmitteln zur Weiterverarbeitung in der Lebensmittelindustrie oder für die Herstellung von Nahrungsmitteln, soweit in Klasse 30 enthalten." Die Antragstellerin hat als Löschungsgrund angegeben, dass die angegriffene Marke entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei. Dieser Löschungsantrag ist den Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin am 15. August 2008 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2008 (Bl. 41 der Löschungsakte) haben die Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin für die Erwiderung auf den vorgenannten Löschungsantrag um eine Fristverlängerung bis zum 15. November 2008 gebeten, wobei sie erklärten, dass die Stellungnahme der Markeninhaberin noch nicht vorgelegen habe. Nachdem die Bevollmächtigten der Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 17. November 2008 um eine weitere Fristverlängerung bis zum 25. November 2008 gebeten hatten, beantragten sie namens der Markeninhaberin mit weiterem Schriftsatz vom 24. November 2008, den Löschungsantrag der Antragstellerin vom 22. Juli 2008 abzuweisen, und nahmen inhaltlich zu diesem Löschungsantrag Stellung.

Mit Beschluss vom 12. August 2009 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamts die Löschung der angegriffenen Marke im von der Antragstellerin beantragten Umfang angeordnet. Nach Auffassung der Markenstelle besteht die angegriffene Marke aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit und der geographischen Herkunft der beanspruchten Waren dienen können. Die angegriffene Marke sei daher entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen worden. Dieses Eintragungshindernis bestehe auch weiterhin.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin.

Der Senat hat in einem Zusatz zur Terminsladung (Bl. 115 d. A.) darauf hingewiesen, dass der Erfolg der Beschwerde wegen eines nicht fristgerecht eingereichten Widerspruchs gegen den Löschungsantrag fraglich sein könnte.

Die Markeninhaberin trägt hierzu vor, dass ihr Schriftsatz vom 14. Oktober 2008 im Sinne eines Widerspruchs gegen den Löschungsantrag der Antragstellerin auszulegen sei. Aus diesem Schriftsatz sei auf den Willen der Markeninhaberin zu schließen, inhaltlich zum Löschungsantrag Stellung nehmen zu wollen und sich damit diesem Antrag zu widersetzen. Die Markenabteilung habe die Wirksamkeit des Widerspruchs nicht in Frage gestellt. Da die Löschung einer Marke in der Beschwerdeinstanz nicht auf Gründe gestützt werden könne, welche nicht Gegenstand des Löschungsverfahrens vor dem Deutschen Patentund Markenamt gewesen seien, könne ein verspätet gegen den Löschungsantrag eingereichter Widerspruch im Übrigen hier nicht berücksichtigt werden.

Schließlich sei der angefochtene Beschluss der Markenabteilung aufzuheben, weil die Bezeichnung "Wiener Griessler" in Bezug auf die vorgenannten Waren keine beschreibende Sachangabe darstelle, sondern insoweit als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet sei. Insbesondere seien die von der Markenstelle ermittelten und die von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen nicht geeignet, eine in Bezug auf diese Waren beschreibende Verwendung dieser Bezeichnung und ein entsprechendes Verkehrsverständnis zu belegen.

Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamts vom 12. August 2009 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Schriftsatz der Markeninhaberin vom 14. Oktober 2008 nicht i. S. e. Widerspruchs gegen den von ihr eingereichten Löschungsantrag auszulegen sei. Die Frist für die Einreichung des Widerspruchs sei eine von Amts wegen zu beachtende Ausschlussfrist; sollte diese Frist versäumt werden, könne dies nachträglich nicht geheilt werden. Im Übrigen handele es sich bei der Bezeichnung "Wiener Griessler" um einen sachbezogenen Hinweis auf ein Mehl mit bestimmten Eigenschaften, welcher vom Verkehr nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die Markeninhaberin hat dem gegen die angegriffene Marke 307 49 279 gerichteten Löschungsantrag nicht innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen, so dass die von der Markenabteilung im Umfang des Löschungsantrags angeordnete Löschung der angegriffenen Marke im Ergebnis zutreffend ist.

1.

Der von der Antragstellerin am 22. Juli 2008 eingereichte Löschungsantrag ist zulässig. Insbesondere wurde dieser Antrag formgerecht erhoben (vgl. § 42 MarkenV i. V. m. § 41 Abs. 1 und 2 MarkenV), wobei die Antragstellerin den Löschungsgrund angegeben (§ 42 MarkenV i. V. m. § 41 Abs. 2 Nr. 5 MarkenV) und zudem näher begründet hat.

2.

Der Löschungsantrag ist der Markeninhaberin gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 MarkenG mit Bescheid des Deutschen Patentund Markenamts vom 8. August 2008 am 15. August 2008 wirksam zugestellt worden.

3.

Die Markeninhaberin hätte somit binnen zwei Monaten, also bis zum 15. Oktober 2008, dem Löschungsantrag widersprechen müssen (§ 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG). Dies ist jedoch nicht rechtzeitig erfolgt.

a) Der Schriftsatz der Markeninhaberin vom 14. Oktober 2008 enthält keinen Widerspruch gegen den Löschungsantrag vom 22. Juli 2008.

Zwar ist nicht zu fordern, dass der Begriff "Widerspruch" ausdrücklich von der Markeninhaberin genannt wird. Allerdings muss hinreichend klar und deutlich sein, dass sie sich dem Löschungsantrag widersetzen und ihre Rechte in dem förmlichen patentamtlichen Verfahren wahrnehmen möchte. Der Schriftsatz der Markeninhaberin enthält aber lediglich einen Antrag auf Fristverlängerung unter Bezugnahme auf den Bescheid des Deutschen Patentund Markenamts vom 8. August 2008, mit welchem der Löschungsantrag vom 22. Juli 2008 der Markeninhaberin zugestellt worden war. Zusätzlich wurde in diesem Schriftsatz erklärt, dass die Stellungnahme der (Marken-) Inhaberin (ihren Bevollmächtigten) noch nicht vorgelegen habe.

Einen ausdrücklichen Widerspruch gegen den Löschungsantrag hat die Markeninhaberin somit nicht erhoben. Der Schriftsatz vom 14. Oktober 2008 kann auch nicht in diesem Sinne ausgelegt werden. Eine Bitte um Fristverlängerung stellt noch keinen Widerspruch i. S. d. § 54 Abs. 2 MarkenG dar. Die in diesem Zusammenhang erfolgte Erklärung der Bevollmächtigten der Markeninhaberin, es liege noch keine Stellungnahme der Markeninhaberin vor, kann sich zwar nur auf den Bescheid vom 8. August 2008 und auf den damit verbundenen Löschungsantrag beziehen. Dies lässt aber einen Willen der Markeninhaberin, sich diesem Löschungsantrag in einem förmlichen Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt zu widersetzen, nicht hinreichend erkennen. Wird neben einem bloßen Antrag auf Fristverlängerung nur darauf verwiesen, dass noch keine Stellungnahme der Markeninhaberin vorliege, so wird damit vom objektiven Erklärungsinhalt her nichts anderes gesagt, als dass sich die Markeninhaberin zu dem Löschungsantrag noch nicht geäußert hat. Dann kann aber daraus auch nicht der Schluss gezogen werden, dass die Markeninhaberin eine Entscheidung, ob sie sich dem Löschungsantrag widersetzt, schon getroffen und ihre Bevollmächtigten entsprechend instruiert hat. Lässt der Inhalt einer Erklärung nicht den Schluss zu, dass eine Entscheidung über einen Widerspruch bereits getroffen wurde, so kann daraus gerade nicht auf den Willen der Markeninhaberin geschlossen werden, dem Löschungsantrag - auch nur vorsorglich -zu widersprechen.

Vielmehr hat die Markeninhaberin erstmals mit Schriftsatz vom 24. November 2008, mit welchem sie beantragte, den Löschungsantrag zurückzuweisen, eindeutig erkennen lassen, dass sie sich dem Löschungsantrag widersetzt. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG allerdings längst abgelaufen. Diese Frist konnte auch nicht - ausdrücklich oder stillschweigend - vom Deutschen Patentund Markenamt verlängert werden. Es handelt sich insoweit um eine gesetzliche Ausschlussfrist und nicht um eine vom Deutschen Patentund Markenamt bestimmte oder gewährte Frist, so dass § 18 DPMAV nicht anwendbar ist. Gesetzliche Fristen können gemäß § 224 Abs. 2 ZPO, der auch in markenrechtlichen Verfahren anwendbar ist (vgl. zur Anwendbarkeit der Bestimmungen der ZPO in markenrechtlichen Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 56, Rdnr. 1), nur in den gesetzlich besonders bestimmten Fällen verlängert werden. Eine Möglichkeit zur Verlängerung der Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG sehen das Markengesetz oder sonstige gesetzliche Bestimmungen aber nicht vor.

b) Der rechtzeitige Widerspruch gegen einen Löschungsantrag ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachtende Voraussetzung für die Durchführung eines Löschungsverfahrens mit inhaltlicher Prüfung nach § 54 Abs. 2 Satz 3 MarkenG.

Dieser Frist liegt zwar zum einen das Interesse des jeweiligen Löschungsantragstellers zu Grunde, über den Bestand oder Nichtbestand der angegriffenen Marke Klarheit zu erhalten (vgl. BPatG 26 W (pat) 51/00 vom 6. August 2003, S. 6). Zum anderen sind insoweit aber auch wesentliche öffentliche Interesse berührt, da den Schutzhindernissen des § 8 MarkenG und damit den Löschungsgründen des § 50 MarkenG Allgemeininteressen zu Grunde liegen (vgl. zum Allgemeininteresse bei den Schutzhindernissen des § 8 MarkenG Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 8, Rdnr. 5). Dementsprechend bestimmt § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG, dass die angegriffene Marke -im Umfang des jeweiligen Löschungsantrags -ohne weitere Sachprüfung zu löschen ist, wenn der Markeninhaber dem Löschungsantrag nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Mitteilung gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 MarkenG widerspricht. Widerspricht der jeweilige Markeninhaber dem Löschungsantrag nicht oder nicht rechtzeitg, so ist dann ein zwingendes Hindernis für die Durchführung eines Löschungsverfahrens mit inhaltlicher Überprüfung der Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke gegeben.

c) Der Senat ist nicht gehindert, das Fehlen dieser Verfahrensvoraussetzung im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen, auch wenn dies im patentamtlichen Verfahren nicht erfolgt ist. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin handelt es sich insoweit nicht um einen in der Beschwerdeinstanz neu eingeführten Löschungsgrund, der als solcheri. S. d. Entscheidung BPatG GRUR 1999, 746, Ziff. II. 2. - Omeprazok nicht zu berücksichtigen wäre. Ein solches Hindernis bestünde nur in Bezug auf nicht geltend gemachte materiellrechtliche Löschungsgründe gemäß §§ 3, 7 und 8 MarkenG (vgl. § 50 Abs. 1 MarkenG). Bei dem Fehlen eines fristgerechten Widerspruchs nach § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG geht es vorliegend aber nicht um einen neu eingeführten materiellrechtlichen Löschungsgrund, sondern der rechtzeitige Widerspruch ist, wie bereits ausgeführt, eine in jeder Lage des Verfahrens und mithin auch in der Beschwerdeinstanz von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensvoraussetzung.

d) Der Mangel des verspätet erklärten Widerspruchs gegen den Löschungsantrag ist auch nicht aufgrund der Durchführung des förmlichen Löschungsverfahrens vor dem Deutschen Patentund Markenamt, in welchem die Antragstellerin diesen Mangel nicht gerügt hatte, geheilt worden. Für eine Heilung dieses Mangels enthält das Markenrecht keine besonderen Bestimmungen. Auch nach allgemeinen Bestimmungen kann die Versäumung der Widerspruchsfrist nicht geheilt werden. Insbesondere ist eine Heilung durch rügelose Einlassung gemäß § 295 Abs. 1 ZPO im vorliegenden Fall nicht möglich. Die Antragstellerin konnte auf die Einhaltung der Widerspruchsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG nicht verzichten (§ 295 Abs. 2 ZPO). Denn die Einhaltung dieser Frist ist, wie bereits ausgeführt, eine nicht zur Disposition der Beteiligten stehende Verfahrensvoraussetzung (vgl. dazu Thomas/Putzo, ZPO, 31. Auflage, § 295, Rdnr. 3).

Die Beschwerde musste nach alledem im Ergebnis erfolglos bleiben.

4. Für eine Auferlegung von Kosten bestand kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Knoll Grote-Bittner Metternich Hu






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