Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. März 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 59/04
(BPatG: Beschluss v. 15.03.2006, Az.: 32 W (pat) 59/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 28. Januar 2003 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen in den Klassen 16, 35 und 41 angemeldete Wortmarke Gesichter der Erdeist von der mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzten Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts nach vorangegangenem Beanstandungsbescheid mit Beschluss vom 23. Dezember 2003 teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Magazine, Broschüren, Postkarten, Poster, Bildkalender; Fotografien; Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Postkarten, Poster, Kalender; Produktion von Shows, insbesondere Dia- und Multimediashows; Unterhaltung; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet; Online Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen; Diavorträge; Verfassen und Erstellen von Reiseberichten, Veröffentlichen von Reiseberichten, Durchführung von kulturellen Veranstaltungen, nämlich das Vortragen von Reiseberichten; fotojournalistische Berichterstattung, Filmproduktion und Videofilmproduktion, insbesondere Filme reisejournalistischen Inhalts; Vermietung von Tonaufnahmen; Vorführung von Tonaufnahmen; Fotografieren; Erstellen von Bildreportagen; Dienstleistungen eines Zeitungsreporters; Vorführung von Filmenwegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Das angemeldete Zeichen sei eine sprachübliche Kombination aus geläufigen Begriffen und bedeute "verschiedenartige Erscheinungsbilder der irdischen Welt". Im Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen werde das Zeichen vom angesprochenen Endverbraucher ohne weiteres als unmittelbare und nahe liegende Sachaussage über den inhaltlichen Gegenstand bzw. die Thematik der beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die meisten sogar als schlagwortartig verkürzter Werktitel z. B. eines Druckerzeugnisses bzw. eines elektronischen Mediums sowie auch als Motto einer kulturellen - oder Unterhaltungsveranstaltung etc. verstanden werden. Dem Beschluss beigefügt waren sechs Internetausdrucke, die eine entsprechende Verwendung der Wortfolge "Gesichter der Erde" belegen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Ansicht, die Unterscheidungskraft von "Gesichter der Erde" ergebe sich aus der Mehrdeutigkeit dieser Wortfolge. Die von der Markenstelle ermittelten Internetbelege für die Verwendung des Zeichens "Gesichter der Erde" seien nicht geeignet, den Beschluss zu tragen. Relative Schutzhindernisse seien nicht im Rahmen der Eintragung zu prüfen. Außerdem sei die Verwendung des Begriffs "Gesichter der Erde" im vorgelegten Umfang ggf. durch § 23 Abs. 2 (richtig Nr. 2) MarkenG freigestellt.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist nicht begründet, weil einer Registrierung der angemeldeten Wortfolge für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete Eignung), vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517 [Nr. 40] - Linde, Winward u. Rado; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort bzw. eine Wortfolge der deutschen Sprache oder einer erkannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird st. Rspr.; vgl. BGH a. a. O. - Cityservice).
Handelt es sich bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen um solche, die neben ihrem Charakter als handelbare Waren oder Dienstleistungen auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können, so ist - unbeschadet eines etwaigen Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 MarkenG - die markenrechtliche Unterscheidungskraft auch dann zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung geeignet ist, diesen gedanklichen Inhalt der Waren und Dienstleistungen zu beschreiben (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHOEN; GRUR 2001, 1043, 1045 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2002, 1070, 1072 Bar jeder Vernunft; GRUR 2003, 342 - Winnetou).
Die Bezeichnung "Gesichter der Erde" wird vom Verkehr zwanglos als Hinweis auf die Vielfalt der auf der Erde anzutreffenden Phänomene verstanden, seien es wirkliche Gesichter, z. B. die unterschiedlichen Physiognomien von Menschen oder Tieren, seien es Naturformationen oder dergleichen mehr. Insoweit eignet sich die angemeldete Marke ohne weiteres zur inhaltlichen Beschreibung von medialen Produkten (Waren oder Dienstleistungen), die sich in irgendeiner Form mit dieser Thematik beschäftigen oder die die Herstellung solcher Produkte betreffen können (vgl. hierzu BGH GRUR 2003, 342, 343 - Winnetou). Das ist bei sämtlichen beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Fall, wie die von der Markenstelle beigebrachten Nachweise beispielhaft belegen. Auch Live-Veranstaltungen oder kulturelle Veranstaltungen können sich ohne weiteres in dem genannten Sinne mit "Gesichtern der Erde" befassen. Die Markenstelle hat die angemeldete Marke daher zu Recht in dem genannten Umfang als nicht unterscheidungskräftig eingestuft. Dem steht nicht entgegen, dass die angemeldete Marke eine gewisse Unbestimmtheit oder Mehrdeutigkeit aufweist (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt).
Auch der Hinweis auf die Vorschrift des § 23 Nr. 2 MarkenG vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist abschließend geklärt, dass diese Bestimmung keinen Einfluss auf die Auslegung und Anwendung der absoluten Schutzhindernisse hat (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 726 - Chiemsee; GRUR 2004, 946, 947 - Nichols).
Ob der Wortfolge "Gesichter der Erde" für die versagten Waren und Dienstleistungen zusätzlich auch das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
BPatG:
Beschluss v. 15.03.2006
Az: 32 W (pat) 59/04
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