Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Januar 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 190/00
(BPatG: Beschluss v. 16.01.2001, Az.: 33 W (pat) 190/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Juni 2000 aufgehoben.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 29. Dezember 1998 die Wortmarke IQ für folgende Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:
"Klasse 9:
Wissenschaftliche Apparate und Instrumente, elektrotechnische und elektronische Apparate, Geräte, Instrumente und Bauelemente (soweit in Klasse 9 enthalten), Geräte zur Aufnahme, Verarbeitung, Übertragung, Vermittlung, Speicherung und Ausgabe von Nachrichten und/oder Daten sowie aus einer Kombination solcher Geräte bestehende Anlagen, maschinenlesbare Datenträger, Software, maschinenlesbare Datensammlungen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer sowie daraus zusammengesetzte Datenverarbeitungsanlagen, Computerperipheriegeräte, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Tonträger, Videobänder, -platten und -kassetten;
Lehr- und Unterrichtsapparate und -instrumente, auch elektronische;
Teile aller vorgenannten Waren (soweit in Klasse 9 enthalten).
Klasse 35:
Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Unternehmensberatung, Personalberatung, Personal- und Stellenvermittlung, Organisatorische Beratung, insbesondere zum Einsatz von EDV-Anlagen, Marketing und Marktforschung, Meinungsforschung, Werbung und Dienstleistungen einer Werbeagentur, Öffentlichkeitsarbeit, Verkaufsförderung für andere, Buchführung, Lohn- und Gehaltsabrechung, Buchprüfung; Büroarbeiten, Veranstaltung von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche Zwecke, Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäften für andere, Vermittlung von Verträgen und Warenankauf und -verkauf, Durchführung von Auktionen und Versteigerungen.
Klasse 37:
Reparatur und Wartung von Datenverarbeitungsgeräten und -anlagen, Computern und Computerperipheriegeräten, Bürogeräten, Leistungsverbindungen, Kabelsträngen und Kabelschächten, Installationsarbeiten.
Klasse 38:
Telekommunikation;
Sammeln und Liefern von Nachrichten Klasse 42:
Dienstleistungen eines Ingenieurs, Dienstleistungen eines Industrie-Designers, Bau- und Konstruktionsplanung, Dienstleistungen eines Architekten, technische Beratung und Begutachtung;
wissenschaftliche und industrielle Forschung;
Erstellung und Wartung von Programmen für die Datenverarbeitung, Datenverarbeitung für andere, Computerberatung."
Die Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschluß vom 28. Juni 2000 zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß es sich bei der angemeldeten Marke um eine beschreibende und damit freihaltungsbedürftige Angabe handle, und es ihr im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle (§ 37 Abs 1 MarkenG iVm § 8 Abs 2 Nr 1, 2 MarkenG). Die angemeldete Buchstabenkombination sei ein Kürzel für Intelligenzquotient. Die Marke bringe zum Ausdruck, daß die Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden sei in besonders intelligenter Art und Weise erbracht würden. In bezug auf die mit der Anmeldung beanspruchten Waren sei "IQ" ein werbender Hinweis auf die Fortschrittlichkeit der Produkte, die an die menschliche Intelligenz angenähert seien.
Gegen diese Entscheidungen des Patentamts hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den Beschluß vom 28. Juni 2000 aufzuheben.
Sie trägt vor, daß der Begriff "Intelligenzquotient" in der Regel nur in bezug auf menschlichen Intellekt verwendet würde und nicht in bezug auf Waren bzw Dienstleistungen.
II Die Beschwerde ist begründet.
Der Senat hält die angemeldete Marke "IQ" - entgegen der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts - im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen für unterscheidungskräftig und für nicht freihaltungsbedürftig, so daß ihrer Eintragung gemäß § 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG entgegenstehen.
1. Die angemeldete Marke besitzt nach Auffassung des Senats die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (st.Rspr. vgl BGH Markenrecht 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonstigen im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1098 - YES; BGH 1999, 1093 - FOR YOU).
Nach der Auffassung des Senats verbinden die angesprochenen Verkehrskreise mit der angemeldeten Bezeichnung keinen eindeutigen beschreibenden Begriffsinhalt. Fraglich ist bereits, ob in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen davon ausgegangen werden muß, daß der Begriff "IQ" als Kürzel von "Intelligenzquotient" zu verstehen ist. Mit dem Ausdruck "IQ" werden nämlich auch die Begriffe "Information Quantity", "Information Quick", "Input Queue ", "Instrument Quality", "Informationsquelle", "Interne Quittung" und "Investitionsquote" abgekürzt (vgl Amkreutz, Abkürzungen der Informationsverarbeitung, 1. Auflage, 1986, Seite 325; Koblischke, Lexikon der Abkürzungen, 1. Auflage, 1994, Seite 272 sowie Wennrich, Internationales Verzeichnis der Abkürzungen und Akronyme der Elektronik, Elektrotechnik, Computertechnik und Informationsverarbeitung, 1. Auflage 1992, Seite 483). Schon aus diesem Grund weist die angemeldete Marke eine gewisse Mehrdeutigkeit auf, auch wenn bei den genannten Abkürzungen eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Bedeutung nicht festgestellt werden kann.
Selbst wenn der angesprochene Verkehr die Marke "IQ" als Abkürzung für "Intelligenzquotient" erkennt, ergibt sich daraus noch keine ausreichend beschreibende Gesamtaussage hinsichtlich der angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Denn Intelligenzquotient ist ein Maß für die allgemeine intellektuelle Leistungsfähigkeit einer Person bezogen auf den durchschnittlichen Entwicklungsstand der Gleichaltrigen (vgl Arnold/Eysenck/Meili, Lexikon der Psychologie 1. Auflage, Seite 1026). Es handelt sich somit um einen nach seiner Definition - jedenfalls bei seiner Verwendung in Alleinstellung - wertneutralen Begriff. Die Annahme, daß entweder der Erbringer der angemeldeten Dienstleistungen seine Intelligenz zur Verfügung stellt, oder die Dienstleistungen den Intelligenzquotienten dessen, der sie in Anspruch nimmt, steigert, erfordert daher weiterführende analysierende Denkprozesse. Diese setzen voraus, daß der Begriff Intelligenzquotient entweder mit "hoher Intelligenz" in der ersten oder mit "hohem/höherem Intelligenzquotienten" in der zweiten Fallgestaltung gleichgesetzt wird.
Auch kann in bezug auf die beanspruchten Waren "IQ" nur dann als werbender Hinweis auf die Fortschrittlichkeit der Produkte, die an die menschliche Intelligenz angenähert sind, verstanden werden, wenn ein besonders hoher Intelligenzquotient unterstellt wird.
2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dieses Eintragungshindernis bezieht sich nicht nur auf die in der genannten Bestimmung ausdrücklich aufgeführten Angaben, sondern auch auf solche, die andere für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem bezug auf die Ware selbst beschreiben; ein darüber hinausgehendes Freihaltungsbedürfnis an allgemeinen nicht warenbezogenen und in verschiedenen Warenbereichen einsetzbaren Ausdrücken kann § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG indes nicht entnommen werden (vgl BGH aaO - FOR YOU).
Eine gegenwärtige Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als beschreibende Angabe hat die Markenstelle nicht nachgewiesen; auch der Senat hat insoweit keine Feststellungen zu treffen vermocht. Die von der Markenstelle in ihren Beschlüssen zitierten Zeitungsartikel betreffen nicht die angemeldete Marke in Alleinstellung. Ein konkreter und unmittelbarer, mithin freihaltungsbedürftiger Aussagegehalt in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kann der angemeldeten Marke als wertneutralem Begriff - jedenfalls soweit sie in Alleinstellung verwendet wird - nicht entnommen werden.
Winkler Dr. Albrecht Dr. Hock Cl/Hu
BPatG:
Beschluss v. 16.01.2001
Az: 33 W (pat) 190/00
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