Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. April 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 277/03

(BPatG: Beschluss v. 18.04.2005, Az.: 30 W (pat) 277/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Um Schutz in der Bundesrepublik Deutschland sucht die international registrierte Bildmarke 711 037 siehe Abb. 1 am Endenach, die für Appareils à souseingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 9 IR hat der oben genannten Marke den Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft verweigert. Die Marke bestehe aus unterschiedlichen Wort- und Bildbestandteilen, die zusammengenommen die Oberfläche eines Geldspielautomaten darstellten. Der im Zentrum der Darstellung angeordnete Wortbestandteil "SELECT CASH" werde entweder im Sinne einer allgemeinen Werbeaussage verstanden - als Aufforderung zu spielen und sich für einen Bargeldgewinn zu entscheiden - oder aber der Anwender werde mit dem Hinweis in einer bestimmten Spielsituation vor die Wahl gestellt, weiter zu spielen oder sich den Bargeldgewinn auszahlen zu lassen. Die graphische Gestaltung in Form von Zahlen, gestapelten Geldmünzen und unterschiedlichen einfachen Symbolen könne keine Schutzfähigkeit begründen, da die betreffende Abbildung eine völlig gewöhnliche, werbeübliche Oberfläche eines Geldspielautomaten darstelle.

Der Markeninhaber hat Beschwerde eingelegt. Die Marke bestehe aus mehreren graphischen Bestandteilen und der Wortfolge "SELECT CASH", sei aber nicht die konkrete Wiedergabe eines Spielautomaten. Die Marke sei originell und nicht freihaltebedürftig, es gebe keine Anhaltspunkte für einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt.

Der Markeninhaber beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle vom 9. Juli 2003 aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die nach § 165 Abs. 4 Markengesetz statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Markeninhabers ist in der Sache ohne Erfolg, da der schutzsuchenden IR-Bildmarke die erforderliche Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Für die entsprechende Beurteilung ist jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreichend, um das Schutzhindernis zu überwinden.

Für Bildmarken, die sich in der bloßen Abbildung der Waren selbst erschöpfen, für die der Schutz in Anspruch genommen wird, geht der BGH auch bei der Anlegung des gebotenen großzügigen Prüfungsmaßstabs davon aus, dass ihnen im allgemeinen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft fehlen wird. Soweit die zeichnerischen Elemente einer angemeldeten Marke lediglich die typischen Merkmale der in Rede stehenden Ware darstellen und keine über die technische Gestaltung der Ware hinausgehenden Elemente aufweisen, wird einem Zeichen im allgemeinen wegen seines bloß beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, die mit ihm gekennzeichneten Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden. Anders liegt der Fall, wenn sich die Bildmarke nicht in der Darstellung von Merkmalen erschöpft, die für die Art der Ware typisch oder zu Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Merkmale aufweist, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht (vgl. BGH, GRUR 2004, 503 - Gabelstapler).

Dabei ist auch auf die besonderen Verhältnisse auf dem maßgeblichen Warengebiet abzustellen. Denn der Vergleich der tatsächlich vorhandenen Gestaltungsformen lässt einen Schluss darauf zu, ob der Verkehr in der Marke einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht.

Nach den genannten Grundsätzen kann nicht angenommen werden, dass die angemeldete Bildmarke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist. Die angemeldete Bildmarke besteht aus zwei rechteckigen Bildelementen, die wiederum die Darstellung von Wortelementen, Zahlen und weitere graphische Elemente enthalten, wobei im obersten Bildelement der Schriftzug "SELECT CASH" - in der Mitte angeordnet - sowie im zweiten Bildelement drei weiße parallel angeordnete rechteckige Sichtfenster auffallen.

Zwar mag es sich bei der angemeldeten Bildmarke nicht um die naturgetreue Abbildung eines Spielautomaten als Ganzem handeln, so gibt die Bildmarke jedoch die wesentlichen Elemente der Frontscheibe eines Geldspielautomaten naturgetreu wieder, die für den Gesamteindruck eines Spielautomaten wichtig sind (vgl. 30 W (pat) 165/99, Kurzfassung auf PAVIS-PROMA CD-ROM).

Eine Internetrecherche zu den Geldspielautomaten führender Hersteller hat ergeben, dass die Geräte sowohl für den Geschäftsbetrieb als auch für die private Nutzung im Aufbau und der Wahl der Wortbildelemente vergleichbar gestaltete Frontplatten aufweisen. So weisen Wort-, Zahl- und Graphikelemente auf Anzeige- oder Spielfunktionen des Automaten hin bzw. heben diese besonders hervor.

Die drei als weiße Aussparungen sichtbaren, parallel angeordneten Blöcke dienen der Sichtbarmachung der Spielwalzen. Die auf der Abbildung nur teilweise klar erkenn- und bestimmbaren Wortelemente wie "GO UP, FREE SPIN, SEEN WIN, GOLD CASH, SELECT CASH" sowie die in einer Rangfolge angeordneten Zahlen (teils mit Sternen versehen) zeigen die bestimmenden Spielschritte bzw. Spielfunktionen an wie "Spiel, Freispiel, Gewinn, Auszahlung" und sind üblicherweise auf der Frontplatte von Spielautomaten angeordnet.

Es entspricht auch der üblichen Ausgestaltung, im oberen Bereich mittig ein Wortelement anzuordnen, das die den jeweiligen Spielautomaten charakterisierende Hauptspielfunktion - die auch den Namen des Spielautomaten darstellen kann - heraushebt. So hat auch der besonders herausgehobene Wortbestandteil "SELECT CASH" nicht die Funktion als Herstellerhinweis, sondern steht in der Bedeutung von "wähle Gewinn" beschreibend für eine Spielfunktion oder auch in der Bedeutung "Auswahl, Gewinn, Exklusivgewinn" für die Angabe eines Gewinnergebnisses und damit für eine Anzeigefunktion. Dafür spricht auch die Anordnung einmal rechts als Funktionsfeld mit der Angabe "SELECT CASH" und einmal links mit der Angabe "GOLD CASH".

Die weiteren graphischen Elemente wie die wandernden Pfeile oder die teils perspektivisch angeordneten Felder im oberen Bildelement sowie die Abbildung der Geldmünzenberge als Werbung für einen zu erwartenden Gewinn liegen im Rahmen des bei der Gestaltung von Spielautomatenoberflächen üblichen.

So sind insgesamt die bei der angemeldeten Marke verwendeten Elemente entweder technisch/funktional bedingt oder dienen als Umrahmung und Ausschmückung der Anzeigenfelder einem ästhetischen oder werbenden Zweck.

Im vorliegenden Warenbereich der Spielautomaten ist der Verkehr wegen der Modellvielfalt aber auch der kurzen Verweildauer der gewerblich aufgestellten Geräte zudem daran gewöhnt, dass die Aufmachung der verschiedenen Spielautomatenoberflächen ständig variiert wird.

Es ist auch nicht feststellbar und von der Schutzsuchenden auch nicht vorgetragen, dass sich unter den verschiedenen Herstellern eine Übung dahingehend herausgebildet hätte, herstellerspezifisch ganz bestimmte Wort- oder Graphikelemente zu verwenden oder diese an ganz bestimmten Stellen zu platzieren.

Da sich die Darstellung damit auf die Wiedergabe der Anordnung von Anzeigefeldern bzw. Funktionsfeldern des Spielautomaten "SELECT CASH" und deren ästhetisch ansprechender Ausgestaltung im Sinne eines werbenden Hinweises auf den zu erwartenden " Bargeldsegen" beschränkt, ist die Darstellung wesentlicher Teile des Spielfeldes mit der Darstellung der Ware selbst gleichzusetzen.

Für andere schutzfähige Einzelbestandteile, die die Funktion eines Herstellerhinweises übernehmen könnten, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Dr. Buchetmann Paetzold Hartlieb Hu Abb. 1






BPatG:
Beschluss v. 18.04.2005
Az: 30 W (pat) 277/03


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