Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Oktober 2008
Aktenzeichen: 25 W (pat) 30/07
(BPatG: Beschluss v. 14.10.2008, Az.: 25 W (pat) 30/07)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
Gründe
I.
Die Bezeichnung LipoBinderist am 29. September 2006 u. a. für die Waren
"pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, mineralische Nahrungsergänzungsmittel, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Aminosäuren, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Mineralien, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Spurenelementen, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, Vitaminpräparate, alle soweit in Klasse 05 enthalten, auch in Form von Brausetabletten; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fette, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Nach vorheriger Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG ist die Anmeldung mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 05 des Deutschen Patentund Markenamts vom 18. Januar 2007 teilweise, nämlich für die obengenannten Waren, zurückgewiesen worden.
Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung stehe in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren ein Freihaltebedürfnis entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG); der Bezeichnung fehle zudem die Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Die Wortfolge "LipoBinder" bestehe aus dem vom Griechischen stammenden "Lipo", das in Wortzusammensetzungen die Bedeutung "Fett" habe sowie dem englischen Wort "binder", das "Beschlag, Bindematerial, Bindemittel" bedeute. Sowohl der Fachverkehr als auch das breite Publikum, denen sowohl das Wort "Lipide" (Fette) als auch das Wort "Lipo" für "Fette" in Wortzusammensetzungen geläufig sei, interpretierten die Gesamtmarke "LipoBinder" damit ohne weiteres als "Fettbinder/ Fettbindemittel". Diese könnten Bestandteile von pharmazeutischen und diätetischen Erzeugnissen sowie Nahrungsergänzungsmitteln sein. In Bezug auf die zurückgewiesenen Waren weise die angemeldete Bezeichnung daher auf "fettbindende Produkte" hin. Die angemeldete Marke beschreibe damit unmittelbar Merkmale dieser Waren, so dass der Verkehr darin keinen Herkunftshinweis erkenne bzw. ein berechtigtes Interesse an der freien Verwendbarkeit der Bezeichnung bestehe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 05 des Deutschen Patentund Markenamts vom 18. Januar 2007 aufzuheben.
Selbst wenn man davon ausgehe, dass sowohl das Wort "Lipo" als auch das Wort "Binder" jedes für sich bekannt und beschreibend sei, so sei die Zusammensetzung doch neuartig und keineswegs selbstverständlich. In der vom Deutschen Patentund Markenamt herangezogenen Belegstelle Anlage 2 werde zudem auch ausdrücklich von "Lipidbinder", hingegen nicht von "Lipobinder" gesprochen. "Lipo" sei ferner auch adjektivisch zu verstehen, so dass die Bezeichnung mit "fettiger Binder" zu übersetzen sei. Ein solcher Ausdruck sei aber in keiner Weise beschreibend für die geschützten Warenklassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze des Anmelders und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die angemeldete Bezeichnung für die zurückgewiesenen Waren bereits nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verfügt.
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich auch aufgrund der Binnengroßschreibung ohne weiteres erkennbar aus den Begriffen "Lipo" und "Binder" zusammen. Bei "Lipo" handelt es sich um ein aus dem Griechischen stammendes Wortbildungselement, welches im inländischen Sprachgebrauch vor allem im medizinischpharmazeutischen Bereich neben dem gleichbedeutenden Wortelement "lipid" als Bestandteil von Fachbegriffen und -wörtern verwendet wird; und zwar nicht nur -wie die Anmelderin meint -adjektivisch i. S. von "fetthaltig, fettähnlich", sondern auch substantivisch in der Bedeutung "Fett" als Bestimmungswort von Wortzusammensetzungen wie z. B. "Lipolyse" (vgl. DUDEN, Das Wörterbuch medizinische Fachausdrücke, 7. Aufl., S. 461; Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl., S. 1114; Roche. Lexikon Medizin, 5. Aufl., 117). Der Verkehr wird daher die Verbindung mit dem Begriff "Binder" -einem Kurzwort für "Bindemittel" (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., S. 308) -sofort und ohne weiteres i. S. von "Fettbinder" verstehen. Dieser Begriff bezeichnet schlagwortartig natürliche, nicht lösliche Faserstoffe, die relevante Mengen an Fetten und Fettsäuren aus der Nahrung auf chemischphysikalischem Wege an sich binden und aus dem Körper schleusen sollen. In dieser Bedeutung ist der Begriff auch Bestandteil des inländischen Sprachgebrauchs und findet vor allem in Zusammenhang mit Produkten, die solche Stoffe enthalten bzw. fettreduzierende Eingeschaften aufweisen sollen, Verwendung, wie die dem angefochtenen Beschluss der Markenstelle vom 18. Januar 2007 beigefügte Anlage 2 belegt. Neben dem Begriff "Fettbinder" ist in diesem Zusammenhang auch der dem angemeldeten Zeichen weitgehend entsprechende Begriff "Lipidbinder" gebräuchlich.
Angesichts dessen werden sowohl der Fachverkehr wie auch weite Teile der ebenfalls angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise in "LipoBinder" lediglich einen weiteren Begriff für "Fettbinder" bzw. "Lipidbinder" erkennen. Das angemeldete Zeichen erschöpft sich damit aber in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren lediglich in einem Hinweis auf den Bestimmungsbzw. Verwendungszweck der betreffenden Waren, nämlich dass diese dazu bestimmt und geeignet sind, in den Körper gelangte Fetten und Fettsäuren aus der Nahrung auf chemischphysikalischem Wege an sich binden und aus dem Körper zu schleusen. Sämtliche von der teilweisen Zurückweisung der Anmeldung betroffenen Waren können diese Eigenschaft aufweisen bzw. diesem Zweck dienen und/oder dafür bestimmt sein.
Die durch sprachlich korrekte Verbindung der Begriffe "Lipo" und "Binder" gebildete Wortkombination weist auch keine ungewöhnliche Struktur oder Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnte. Sie trifft vielmehr eine für den Verkehr, der zunehmend daran gewöhnt ist, sachbezogene Informationen und Aussagen durch neue, schlagwortartige und einprägsame Wortkombinationen vermittelt zu bekommen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 89), aus sich heraus verständliche und sofort erfassbare schlagwortartige Sachaussage zu Bestimmungsund Verwendungszweck der zurückgewiesenen Waren, ohne dass durch die Zusammenfügung der Wörter der sachbezogene Charakter der Wortkombination verloren geht. Selbst wenn es sich bei "LipoBinder" um eine Wortneuschöpfung bzw. -anders als bei dem gleichbedeutenden Bezeichnung "Lipidbinder" -einen im Inland bisher nicht gebräuchlichen Begriff handeln sollte, besteht für den Verkehr angesichts des im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalts der angemeldeten Bezeichnung keine Veranlassung, diese als individualisierenden, betrieblichen Herkunftshinweis für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen zu verstehen. Es handelt sich lediglich um eine Kombination zweier beschreibender Begriffe, deren Eindruck auch in ihrer Gesamtheit nicht von dem abweicht, der durch die bloße Zusammenstellung der Bestandteile entsteht und somit inhaltlich nicht über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht. (vgl. dazu EuGH GRUR GRUR 2004, 674 -Postkantoor; GRUR 2004, 680 Tz. 41 -BIOMILD).
Soweit die Anmelderin ausgehend von einem adjektivischen Verständnis des Begriffs "Lipo" auch ein Verständnis i. S. von "fettiger Binder" für möglich erachtet, ist zu beachten, dass die Bedeutung einer Bezeichnung stets in Verbindung mit den konkret beanspruchten Waren zu sehen ist, während die Bedeutung der Begriffe in ganz anderem Zusammenhang für die Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke unerheblich ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 67). In Kombination mit den zurückgewiesenen Waren ist aber angesichts des ohne weiteres erkennbaren Sachaussagegehalts zu Bestimmungsund Verwendungszweck der Waren nur ein Verständnis in dem dargelegten Sinne naheliegend, zumal auch ein Verständnis bzw. eine Übersetzung i. S. von "fettiger Binder" auch aus sich heraus keinen nachvollziehbaren Bedeutungsund Sinngehalt vermittelt. Unabhängig davon ist in rechtlicher Hinsicht zudem noch zu beachten, dass nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wie auch des Bundesgerichtshofs von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff auch dann auszugehen ist, wenn das Markenwort verschiedene beschreibende Bedeutungen hat oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (EuGH, GRUB 004, 146 Tz. 33 DOUBLEMINT, GRUR 2004, 222 -BIOMILD; BGH, GRUR 2008, 397, 398 Tz. 15 -SPA II), was aber in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren ohne weiteres der Fall ist.
Ein rein sachbezogenes Verständnis wird auch nicht durch die Binnengroßschreibung in Frage gestellt, die eine sehr verbreitete (werbe-)übliche Schreibweise ist. Eine solche Art der grafischen Darstellung besitzt daher keine kennzeichnende Eigenart, sondern dient lediglich der Hervorhebung des Schriftzugs und ist so geläufig, dass sie nichts an einem ausschließlich sachbezogenen Verständnis der ansonsten leicht verständlichen Bezeichnung zu ändern vermag. Die Schutzfähigkeit eines Zeichens kann damit nicht begründet werden (vgl. BGH MarkenR 2003, 388 - AntiVir).
Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das angemeldete Zeichen in Bezug auf die hier maßgeblichen beanspruchten Waren und Dienstleistung eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltungsbedürfnis haben. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es aber im Hinblick darauf, dass das Zeichen bereits keine ursprüngliche Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist, insoweit nicht.
Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
Kliems Bayer Merzbach Na
BPatG:
Beschluss v. 14.10.2008
Az: 25 W (pat) 30/07
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