Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Mai 2011
Aktenzeichen: 21 W (pat) 12/09
(BPatG: Beschluss v. 24.05.2011, Az.: 21 W (pat) 12/09)
Tenor
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 53 vom 29. Januar 2008 aufgehoben. Das Patent DE 10 2005 025 534 wird mit folgenden Unterlagenbeschränkt aufrechterhalten: Bezeichnung: Wägeanlage. Patentansprüche 1 bis 16, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2011. Beschreibung, gemäß Patentschrift unter Streichung von Abs. 13. 3 Blatt Zeichnungen, gemäß Patentschrift.
Gründe
I Auf die am 3. Juni 2005 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent DE 10 2005 025 534 mit der Bezeichnung "Wägeanlage" erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 28. Dezember 2006 erfolgt.
Gegen das Patent haben die W... GmbH, A...-H...-Straße in K...(Einsprechende 1), mit Schriftsatz vom 26. März 2007, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt als Fax am 28. März 2007 und in Reinschrift am 5. April 2007, und die M...... AG in G..., S... (Einsprechende 2), mit Schriftsatz vom 28. März 2007, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am selben Tag, Einspruch erhoben. Beide Einsprechende haben mangelnde Patentfähigkeit, insbesondere mangelnde Neuheit geltend gemacht.
Zum Stand der Technik verweist die Einsprechende 1 neben der bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigen Druckschrift P1: US6615638B1 auf deren prioritätsbegründende deutsche Anmeldung D1: DE 299 17 940 U1 und weiterhin auf die Druckschriften D2: EP1400789A2 D3: US 2003/0218467 A1 D4: US 4 794 365 D5: US5304745A D6: US 3 773 124 D7: DE2113880A D8: DE3615598A1 D9: DE4427088C2 D10: US 3 966 001 D11: JP 08015057 A D12: DE 103 26 699 B3 D13: US6034334A D14: Nachweis Vorveröffentlichung, 26. Oktober 2004 und Zeichnung Lieferschein vom D15: Auszug aus dem "Handbuch des Wägens", Prof. Kochsiek, 2. Auflage, 1989, S. 147 -149 und D16: JP 11083645 (Abstract und Figuren 1 -5).
Die Einsprechende 2 verweist neben der bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigten Druckschrift P1: US6615638B1 weiterhin auf die Druckschriften E1: EP 1 726 926 A1 (ältere Anmeldung) E2: EP 1 701 144 A1 (ältere Anmeldung) E3: EP 1 698 872 A1 (ältere Anmeldung) E4: EP 1 672 335 A1 (ältere Anmeldung)
E5: EP 1 092 473 A2 (entspricht P1 und D1) E6: US 2003/0218467 A1) (identisch mit D3) E7: EP 1 400 789 A2 (identisch mit D2) E8: Prospekt "Starweigh Checkweigher", Mettler Toledo E9: Prospekt "WIPOTEC...we open new possibilities", 1997 E10: EP 1 347 274 A1 und E11: EP 0 670 479 A1.
Der mit Gliederungspunkten versehene, erteilte Patentanspruch 1 lautet:
M1 Wägeanlage (1)
M2 mit mehreren Wägezellen zur separaten Verwiegung von mehreren Wägegütern, dadurch gekennzeichnet, M3 dass die Wägezellen im Wesentlichen identisch ausgebildet sind, M4 in einem zweidimensionalen Array austauschbar angeordnet sind und M5 Mittel zur lösbaren mechanischen Fixierung auf einem Trägerelement (6)
M6 sowie Mittel zur elektrischen Kontaktierung aufweisen.
Hinsichtlich der erteilten Unteransprüche 2 bis 13 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Der mit Gliederungspunkten versehene, erteilte Nebenanspruch 14 lautet:
N1 Wägezelle zum Einsetzen in eine Wägeanlage, N2 wobei die Wägezelle Mittel zur lösbaren mechanischen Fixierung auf einem Trägerelement (6) in einer Wägeanlage N3 sowie Mittel zur elektrischen Kontaktierung aufweist.
Hinsichtlich der erteilten Unteransprüche 15 bis 20 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen. Der mit Gliederungspunkten versehene, erteilte Nebenanspruch 21 lautet:
P1 Wägemodul zum Einsetzen in eine Wägeanlage, in dem zwei Wägezellen zusammengefasst sind, P2 wobei das Wägemodul Mittel zur lösbaren mechanischen Fixierung auf einem Trägerelement (6) einer Wägeanlage P3 sowie Mittel zur elektrischen Kontaktierung aufweist.
Hinsichtlich des erteilten Unteranspruchs 22 wird auf die Streitpatentschrift hingewiesen.
Die Patentinhaberin ist dem Vorbringen der Einsprechenden mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2007 entgegengetreten und beantragte in der Anhörung vom 29. Januar 2008 das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten gemäß Hauptantrag mit den Patentansprüchen 1 bis 21 vom 26. Oktober 2007, eingegangen am 30. Oktober 2007, gemäß Hilfsantrag 1 mit den Patentansprüchen 1 bis 20 vom 29. Januar 2008 und gemäß Hilfsantrag 2 mit den Patentansprüchen 1 bis 10 vom 29. Januar 2008.
Hinsichtlich des Wortlauts dieser Patentansprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Patentabteilung 53 des Deutschen Patentund Markenamts hat in der Anhörung vom 29. Januar 2008 die Einsprüche für zulässig erachtet und das Patent widerrufen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass den Gegenständen der nebengeordneten Patentansprüche 1, 14 und 20 gemäß Hauptantrag im Hinblick auf den Stand der Technik gemäß der Druckschrift E1 die erforderliche Neuheit fehle und dass den Gegenständen der nebengeordneten Patentansprüche 1, 14 und 20 gemäß Hilfsantrag 1 und dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 im Hinblick auf den Stand der Technik gemäß der Druckschrift E7 die erforderliche erfinderische Tätigkeit fehle.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 18. April 2008, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 21. April 2008.
Sie verteidigt das angegriffene Patent eingeschränkt mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten geltenden Patentansprüchen 1 bis 16.
Der mit Gliederungspunkten versehene, geltende Patentanspruch 1 lautet:
P1a Wägemodul (3) zum austauschbaren Einsetzen in ein zweidimensionales Array einer Wägeanlage (1), in dem jeweils zwei Wägezellen und deren Lastaufnehmer (5) zusammengefasst sind, P2a wobei das Wägemodul (3) eine für die beiden gemeinsame Elektronik (11), ein gemeinsames Gehäuse, Mittel zur lösbaren mechanischen Fixierung auf einem Trägerelement (6) einer Wägeanlage (1)
P3 sowie Mittel (12) zur elektrischen Kontaktierung aufweist, P4 wobei in der Elektronik (11) die für die Wägezellen spezifischen Abgleichparameter gespeichert sind.
Hinsichtlich der geltenden Unteransprüche 2 bis 9 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Der mit Gliederungspunkten versehene, geltende Nebenanspruch 10 lautet:
M1 Wägeanlage (1)
M2a mit mehreren Wägemodulen (3) gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9 und einem Trägerelement (6) zur separaten Verwiegung von mehreren Wägegütern, wobei M3a die Wägemodule (3) im Wesentlichen identisch ausgebildet sind und M4 in einem zweidimensionalen Array austauschbar angeordnet sind.
Hinsichtlich der geltenden Unteransprüche 11 bis 16 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 53 vom 29. Januar 2008 aufzuheben sowie das angegriffene Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 16 überreicht in der mündlichen Verhandlung sowie übrige Unterlagen wie erteilt unter Streichung des Absatzes [0013] in der Beschreibung.
Die Einsprechenden beantragen übereinstimmend, die Beschwerde zurückzuweisen.
II 1.
Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin ist insoweit begründet, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents führt. Denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht der im Verfahren befindlichen Stand der Technik dem Gegenstand der verteidigten Patentansprüche nicht entgegen.
2.
Die seitens des Senats von Amts wegen vorzunehmende Überprüfung des Einspruchsvorbringens hat ergeben, dass die Einsprüche zulässigerweise erhoben worden sind. Denn die auf mangelnde Patentfähigkeit gestützten Einsprüche beider Einsprechenden sind innerhalb der gesetzlichen Einspruchsfrist im Sinne des § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG ausreichend substantiiert worden. Die Zulässigkeit der Einsprüche ist im Übrigen von der Patentinhaberin nicht bestritten worden.
3.
Die verteidigten Patentansprüche 1 bis 16 finden eine ausreichende Stütze in der ursprünglichen Offenbarung und erweitern den Schutzbereich des Streitpatents nicht.
So geht der geltende Patentanspruch 1 auf den erteilten Patentanspruch 21 und die Beschreibung Absätze [0007], [0008], [0012], [0014], [0016] und [0019] der Streitpatentschrift zurück. Der geltende Patentanspruch 2 geht auf die erteilten Patentansprüche 15 und 22 zurück. Der geltende Patentanspruch 3 geht auf die Beschreibung Absatz [0019] der Streitpatentschrift zurück. Der geltende Patentanspruch 4 geht auf die erteilten Patentansprüche 16 und 22 zurück. Der geltende Patentanspruch 5 geht auf die erteilten Patentansprüche 17 und 22 zurück. Der geltende Patentanspruch 6 geht auf die erteilten Patentansprüche 18 und 22 zurück. Der geltende Patentanspruch 7 geht auf die erteilten Patentansprüche 19 und 22 zurück. Der geltende Patentanspruch 8 geht auf die erteilten Patentansprüche 20 und 22 zurück. Der geltende Patentanspruch 9 geht auf die Beschreibung Absatz [0012] der Streitpatentschrift zurück. Der geltende Patentanspruch 10 geht auf die erteilten Patentansprüche 1, 21 und 22 zurück. Der geltende Patentanspruch 11 geht auf den erteilten Patentanspruch 12 und die Beschreibung Absätze [0016] und [0024] der Streitpatentschrift zurück. Der geltende Patentanspruch 12 geht auf den erteilten Patentanspruch 4 zurück. Der geltende Patentanspruch 13 geht auf den erteilten Patentanspruch 6 zurück. Der geltende Patentanspruch 14 geht auf den erteilten Patentanspruch 7 zurück. Der geltende Patentanspruch 15 geht auf den erteilten Patentanspruch 11 zurück. Der geltende Patentanspruch 16 geht auf den erteilten Patentanspruch 13 zurück.
Da die genannten erteilten Unterlagen durch das ursprünglich Offenbarte gedeckt sind, wie der Senat überprüft hat, sind die geltenden Patentansprüche 1 bis 16 somit auch in den ursprünglichen Unterlagen offenbart.
4. Da die geltenden Patentansprüche, wie oben dargelegt, ursprünglich offenbart sind und auch die Beschreibung nicht über das ursprünglich Offenbarte hinausgeht, ist eine unzulässige Erweiterung des Anmeldungsgegenstandes nicht gegeben.
Dies trifft auch hinsichtlich des beanspruchten Merkmals "Wägezelle" zu, das im geltenden Anspruchssatz das zwischenzeitlich beanspruchte und von den Einsprechenden als unzulässig bemängelte Merkmal "Wägesystem" wieder ersetzt.
Außerdem werden durch die Formulierung "jeweils zwei Wägezellen" im geltenden Patentanspruch 1 und durch die Streichung des Absatzes [0013] in der Beschreibung nunmehr in Übereinstimmung mit der ursprünglichen Offenbarung unzweifelhaft genau zwei Wägezellen pro Wägemodul beansprucht.
Die Auffassung der Einsprechenden, wonach der Patentinhaber nur noch auf die erstinstanzlich verteidigten Hauptund Hilfsanträge 1 und 2 und nicht mehr auf die erteilten Unterlagen zurückgreifen kann, trifft nicht zu, da der Patentinhaber im Einspruchsbeschwerdeverfahren zur erteilten Fassung des Patents zurückkehren kann, wenn er selbst gegen den Widerruf des Patents Beschwerde erhoben hat, was im vorliegenden Fall zutrifft (vgl. Schulte, Patentgesetz, 8. Auflage, § 59 Rdn. 186).
5. Die Erfindung betrifft eine Wägeanlage mit mehreren Wägezellen zur separaten Verwiegung von mehreren Wägegütern (vgl. Absatz [0001] der Streitpatentschrift).
Wie in der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift ausgeführt ist, werden als Wägezellen Funktionseinheiten bezeichnet, die innerhalb eines Gehäuses ein Wägesystem sowie eine für den Betrieb notwendige Elektronik, in der auch die für das Wägesystem spezifischen Abgleichparameter gespeichert sind, beinhalten. Die nachgeordnete Elektronik, z. B. die Signalverarbeitungseinheit, kann sowohl innerhalb als auch außerhalb der Wägezelle angeordnet sein (vgl. Absatz [0002] der Streitpatentschrift).
Mehrfachanordnungen von einzelnen Wägezellen in Wägeanlagen sind dem Fachmann bekannt. Diese werden in industriellen Prozessen überall dort benötigt, wo innerhalb von kurzen Zeitintervallen die Massebestimmung von sehr vielen einzelnen kleinen Wägegütern, oft mit geringen Einzelmassen, notwendig ist. Beispiele hierfür findet der Fachmann z. B. bei Dosierund Qualitätsüberwachungsprozessen etwa in der pharmazeutischen Industrie (vgl. Absatz [0003] der Streitpatentschrift).
Maßgeblich für die Größe einer Wägezelle ist die geometrische Ausdehnung des Wägesystems. Auf Grund der relativ zum Wägegut großen geometrischen Ausdehnung der für solche Prozesse geeigneten Wägesysteme handelt es sich hierbei fast ausschließlich um einreihige lineare Anordnungen von Wägezellen. Hier ist es nur bei Einsatz besonders schmaler Wägesysteme möglich, die einzelnen Lastaufnehmer mit geringen Abständen zueinander anzuordnen (vgl. Absatz [0004] der Streitpatentschrift).
Die Realisierung von funktionssicheren Anordnungen von Wägezellen, etwa in einem zweidimensionalen Array, mit geringen Abständen der einzelnen Lastaufnehmer untereinander, etwa im Bereich von einem bis fünf Zentimetern und einer Lagetoleranz der Lastaufnehmer von wenigen Zehntelmillimetern, ist mit den bekannten Wägezellen nur mit sehr hohem Aufwand möglich (vgl. Absatz [0005] der Streitpatentschrift).
Zum geltenden Anspruchssatz nannte die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung als Aufgabe, ein Wägemodul zu schaffen, das Platz spare, schnell austauschbar sei und in einem Array mit geringem Abstand anzuordnen sei.
6. Im Hinblick auf den im Verfahren befindlichen Stand der Technik weist der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 die erforderliche Neuheit auf und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns, einem Ingenieur mit Fachhochschulabschluß auf dem Gebiet Feinwerktechnik mit dem Schwerpunkt Mechatronik.
Gleiches gilt auch für den Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 10.
Den nächstkommenden Stand der Technik stellt die Druckschrift E7 dar, da sie als einzige im Verfahren befindliche Druckschrift einen modularen Aufbau mit austauschbaren Wägemodulen und der zugehörigen Elektronik zeigt.
So ist aus der Druckschrift E7 (vgl. die Figuren 1 und 4 mit Beschreibung) ein Wägemodul (vgl. den Absatz [0034], weighing head 11) bekannt, das sich mit Hilfe (vgl. die Figuren 4 bis 7 mit Beschreibung) einer Steckverbindung (centering pin 26, centering hole 27, connectors 22, 23) austauschbar in eine Wägeanlage (vgl. die Figur 1 und den Absatz [0034], combination weigher 10) einsetzen lässt. Die Anordnung der Wägezellen (11) in der Wägeanlage (10) (vgl. die Figur mit Beschreibung Absatz [0035], "...the weighing heads are arranged radially with respect of the central core of the machine...") ist dabei kreisförmig in einer Ebene und bildet somit ein zweidimensionales Array (vgl. auch die analoge Ausbildung im erteilten Patentanspruch 9, wonach die Wägezellen in einem zweidimensionalen Polarkoordinaten-Array angeordnet sind), entsprechend Teilmerkmalen des Merkmals P1a.
Das aus der Druckschrift E7 bekannte Wägemodul (11) weist jedoch lediglich (vgl. die Figur 1 und den Absatz [0035], weighing bucket 14) eine Wägezelle mit einem Lastaufnehmer auf, wobei die ebenfalls vorgesehene zweite Vorrichtung (loading bucket 13) lediglich eine Hilfseinrichtung und keine weitere Wägezelle darstellt, und somit keine zwei Wägezellen und deren Lastaufnehmer, wie weiterhin im Merkmal P1a beim Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beansprucht ist.
Eine derartige Ausbildung ist durch die Druckschrift E7 auch nicht nahegelegt, da durch die kreisförmige Anordnung der Wägemodule (11) ein Zusammenfassen benachbarter Wägezellen (14) in einem Modul (11) wegen des Winkelabstands zwischen ihnen technisch schwierig zu bewerkstelligen wäre und auch eine Anordnung zweier Wägezellen (14) in radialer Richtung wegen der dadurch hervorgerufenen Vergrößerung des Wägemoduls (11) und damit der Wägeanlage (10) nachteilig wäre.
Außerdem läuft ein Zusammenfassen von Wägezellen (14) in einem Wägemodul (11) der vorhandenen modularen Ausbildung mit einzelnen Wägezellen (14) pro Wägemodul (11) und den damit erreichten Vorteilen einer individuellen Austauschbarkeit zuwider und wird deshalb vom Fachmann verworfen werden.
Jedes Wägemodul weist eine Elektronik (vgl. die Figur 4 und den Absatz [0046], electronic board 25) und ein Gehäuse (vgl. die Figur 4 und den Absatz [0046], metallic support 24) auf. Da jedoch lediglich eine Wägezelle (14) pro Wägemodul (11) vorhanden ist, weist das aus der Druckschrift E7 bekannte Wägemodul (11) somit auch keine für die beiden Wägezellen (14) gemeinsame Elektronik und kein gemeinsames Gehäuse auf, wie im Merkmal P2a beansprucht, und legt eine solche Ausbildung aus den oben genannten Gründen auch nicht nahe.
Das aus der Druckschrift E7 bekannte Wägemodul (11) weist (vgl. die Figuren 4 und 6 mit Beschreibung, insbesondere Absatz [0048]) Mittel zur lösbaren mechanischen Fixierung (metallic support 24, centering pin 26, centering hole 27) auf einem Trägerelement (vgl. die Figuren 4 und 6 und den Absatz [0043], structure 21, sowie die Figur 1 und den Absatz [0035], conveyor 15) einer Wägeanlage auf, wie weiterhin im Merkmal P2a beansprucht ist, sowie Mittel zur elektrischen Kontaktierung (vgl. die Figur 4 mit Beschreibung, connectors 22, 23), wie im Merkmal P3 beansprucht ist.
Dass in der Elektronik (25) die für die Wägezelle (14) spezifischen Abgleichparameter gespeichert sind, wie im Merkmal P4 beansprucht ist, geht aus der Druckschrift nicht unmittelbar hervor. Da für eine korrekte Messung bekanntermaßen jedoch die grundsätzlich vorhandenen spezifischen Abgleichparameter für die Wägezelle berücksichtigt werden müssen, ist es für den Fachmann nahegelegt, diese direkt in der für die Messung zuständigen Elektronik zu speichern.
Ein austauschbares Wägemodul zu schaffen, in dem jeweils zwei Wägezellen und deren Lastaufnehmer zusammengefasst sind und das eine für die beiden Wägezellen gemeinsame Elektronik und ein gemeinsames Gehäuse aufweist, ist somit, wie oben ausgeführt, aus der Druckschrift E7 weder bekannt noch nahegelegt.
Auch durch eine Zusammenschau mit den übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften gelangt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1, da auch aus keiner dieser Schriften ein derartiges Wägemodul bekannt oder nahegelegt ist.
So zeigt die Druckschrift D3 (= E6) (vgl. die Figuren 1, 4a und 4b mit Beschreibung) ein zweidimensionales Resonator-Array (resonator array 110) mit einer Vielzahl von Haltern (holders 116), an denen jeweils eine Vielzahl von Resonatorelementen (resonator elements 114) angeordnet sind.
Aus der Druckschrift E10 (vgl. den Anspruch 1) ist eine modulare Kraftmesszelle (2) für eine Waage mit einem Kraftaufnehmer (20) bekannt.
Die Druckschrift D13 offenbart eine Wägeanlage (vgl. die Figuren 1, 14 und 15 mit Beschreibung, weighing machine), die eine Mehrzahl von Wägeeinheiten (load sensors 11 -1m und weighing unit 81) sowie ein Mehrzahl von Vibrationszellen (dummy cells 41 -4n und vibrationdetecting cell 84) aufweist.
Aus der Druckschrift D16 (vgl. die Figur 1 mit Beschreibung) geht eine Anordnung mit drei Wägesystemen (load part 16) hervor.
Beim Stand der Technik ist somit entweder eine modulare Bauweise vorgesehen, die durch eine Vereinzelung von Wägezellen erreicht wird, oder eine integrale Bauweise, die durch eine Zusammenfassung von Wägezellen erreicht wird. Eine Mischung aus beiden Bauweisen im Sinne der Erfindung, wonach eine modulare Bauweise bei den Wägemodulen vorgesehen ist und gleichzeitig eine integrale Bauweise mit jeweils zwei Wägezellen pro Modul, ist für den Fachmann durch den Stand der Technik nicht nahegelegt, da er jeweils nur das eine oder das andere Prinzip und dessen jeweilige Vorteile im Auge haben wird. Er kommt somit nicht auf die Idee, die Vorteile einer individuellen Austauschbarkeit, die eine modulare Bauweise mit einzelnen Wägezellen pro Wägemodul bietet, wieder durch eine Integration von zwei Wägezellen in einem Wägemodul aufzugeben, da hier immer beide Wägezellen eines Wägemoduls gleichzeitig ausgetauscht werden müssten auch wenn z. B. nur eine defekt ist.
Aus der älteren Anmeldung Druckschrift E1 (vgl. die Figur 1 mit Beschreibung) ist es bekannt, zwei Wägemodule (110A, 110B) bzw. zwei Wägezellen (111A, 111B) in einer Wägeanlage nebeneinander anzuordnen. Über die dabei benutzte Elektronik und die elektrische Kontaktierung ist dagegen nichts ausgesagt. Da somit nicht alle Merkmale des Gegenstands des geltenden Patentanspruchs 1 aus dieser Druckschrift bekannt sind und damit dessen Neuheit gegenüber der E1 gegeben ist und sich auch eine Kombination der Druckschrift E1 mit den anderen im Verfahren befindlichen Druckschriften aufgrund ihrer Eigenschaft als ältere Anmeldung, die nur für die Prüfung der Neuheit heranzuziehen ist, verbietet, steht auch die Druckschrift E1 der Patentfähigkeit des Gegenstandes des geltenden Patentanspruchs 1 nicht entgegen.
Der übrige im Verfahren befindliche Stand der Technik liegt weiter ab und steht dem Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 auch nicht patenthindernd entgegen, wie der Senat im Einzelnen überprüft hat.
Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist somit patentfähig.
Da der auf eine Wägeanlage (1) mit mehreren Wägemodulen (3) gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9 gerichtete geltende nebengeordnete Patentanspruch 10 auf den geltenden Patentanspruch 1 rückbezogen ist und somit ebenfalls dessen Merkmale aufweist, ist dieser ebenfalls patentfähig.
Mit den geltenden Patentansprüchen 1 und 10 haben auch die auf sie rückbezogenen geltenden Unteransprüche 2 bis 9 und 11 bis 16 Bestand.
Dr. Winterfeldt Hartlieb Dr. Müller Veit Pü
BPatG:
Beschluss v. 24.05.2011
Az: 21 W (pat) 12/09
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e287bb351aa5/BPatG_Beschluss_vom_24-Mai-2011_Az_21-W-pat-12-09