Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. März 2010
Aktenzeichen: 8 W (pat) 44/05

(BPatG: Beschluss v. 30.03.2010, Az.: 8 W (pat) 44/05)

Tenor

Die Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die am 18. Juni 1997 beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 197 25 699 mit der Bezeichnung "Rundballenpresse für landwirtschaftliche Erntegüter" erteilt und die Erteilung am 2. November 2000 veröffentlicht worden. Auf einen Einspruch hat die Patentabteilung 23 des Patentamts das Patent mit Beschluss vom 22. September 2005 in vollem Umfang aufrecht erhalten. Die Patentabteilung hat die Auffassung vertreten, dass die Lehre des erteilten Patentanspruchs 1 aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik weder vorgegeben noch nahegelegt war, so dass eine erfinderische Tätigkeit erforderlich war, um die im erteilten Patentanspruch 1 angegebene Lösung aufzufinden.

Die Einsprechende hatte zur Begründung ihres Vorbringens auf die folgenden Entgegenhaltungen verwiesen:

DE 4224 965 C1 DE 4018 751 A1 US 4 669 257 US 5 417 042 A DE 3139 936 A1 Prospekt "WELGER Großballenpresse DELTA 5000" -Eingangsvermerk vom 6. Dezember 1989 John Deere Marketing Information 97-5-4, 21. März 1997.

Die Einsprechende hatte ferner noch 4 Fotos eines "Brimont-Anhängers", Baujahr 1976 vorgelegt, wobei die Bilder das auf elektronischem Wege eingeblendete Datum "2001/1/24" erkennen lassen.

Gegen den Beschluss der Patentabteilung richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.

Eine sachliche Stellungnahme ist lediglich von der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 4. März 2010 (eingegangen am 05.03.2010) zur Akte gereicht worden.

Die Beschwerdeführerin hat hierin ausgeführt, dass durch die US 5 417 042 eine Federung der Deichsel und der Räder gegenüber dem Rahmen des Fahrzeugs mittels Federund Dämpferelementen bei Mähmaschinen und Erntemaschinen bekannt geworden sei. Bereits durch den Hinweis auf Erntemaschinen (harvester) sei die Benutzung einer derartigen Lehre auch bei Rundballenpressen mit eingeschlossen, denn diese Maschinengattung stelle keine erfinderische Auswahl dar. Die Beschwerdeführerin hat hierzu noch eine lexikalische Textstelle aus "Oxford Advanced Learner's Dictionary, ISBN 346411223 3, 5. Ausgabe 1995, Seite 521" zur Erklärung des Ausdrucks "harvester" vorgelegt. Weiterhin hat die Beschwerdeführerin nochmals auf den durch Bilder dokumentierten Brimont-Anhänger hingewiesen, bei dem zwischen Deichsel und Fahrzeugaufbau sowie zwischen Fahrzeugaufbau und Radachse Blattfedern vorgesehen seien und diese Federung dem Ausführungsbeispiel nach dem beanspruchten Patent entspreche.

Somit sei es eine Trivialität, Fahrzeugaufbauten mittels Federund Dämpferelementen gegen Stöße von außen zu schützen. Das Patent sei daher nach Auffassung der Beschwerdeführerin wegen fehlender Patentfähigkeit zu widerrufen.

Die Beschwerdeführerin hat ferner erklärt, dass der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen werde und dass sie an einer mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde, sollte eine solche stattfinden.

Von der Einsprechenden und Beschwerdeführerin liegt schriftsätzlich sinngemäß der Antrag vor, den Beschluss aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Ein schriftsätzlicher Antrag der Patentinhaberin betreffend das vorliegende Beschwerdeverfahren liegt nicht vor.

Nachdem die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin mit Schriftsatz vom 09.03.2010 (eingegangen am 16.03.2010) ebenfalls ihren Verzicht auf die Teilnahme an der anberaumten mündlichen Verhandlung erklärt hat, wurde der anberaumte Verhandlungstermin vom 30. März 2010 seitens des Senats aufgehoben.

Der Senat geht davon aus, dass die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin ihr Schutzrecht im Umfang der erteilten Unterlagen, Patentansprüche 1 bis 15, Beschreibung Spalten 1 bis 3 und zwei Seiten Zeichnungen, Figuren 1 bis 5, verteidigt.

Der geltende erteile Patentanspruch 1 lautet:

"Rundballenpresse für landwirtschaftliche Erntegüter, bestehend aus einem auf Tragrädern (2) beidseitig höhenbeweglich gelagerten Pressraumgehäuse (4), welches über eine Deichsel (10) an einen Schlepper kuppelbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Pressraumgehäuse (4) mittels Feder-(14) und Dämpferelemente (15) relativ zu den Tragrädern abgestützt ist, und dass die Deichsel (10) mittels Federund/oder Dämpferelemente (25) am Pressraumgehäuse (4) angelenkt ist."

Wegen der weiterhin geltenden nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 15 erteilter Fassung sowie weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.

Für die Beurteilung der Patentfähigkeit sind im Prüfungsverfahren darüber hinaus noch die folgenden Druckschriften in Betracht gezogen worden:

DD 295 070 A5 GB 2264 474 A DE 2802 631 A1 GB 1515 362 US 4 362 097.

II.

Die formund fristgerecht eingelegte Beschwerde der Einsprechenden ist zulässig. In der Sache ist sie jedoch nicht begründet, denn das angegriffene Patent beansprucht in seinem tragenden Patentanspruch 1 eine patentfähige Erfindung im Sinne des PatG § 1 bis § 5.

1. Gegenstand des Streitpatents ist eine Rundballenpresse für landwirtschaftliche Erntegüter. In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift DE 197 25 699 C2 ist in Spalte 1, Zeilen 8 bis 20, die zum Zeitrang des Streitpatents obwaltende Situation derart beschrieben, dass die Rundballenpressen ein Eigengewicht von bis zu 3 Tonnen aufweisen, dabei aber mit einer starren Achse versehen sind, weswegen deren Transportgeschwindigkeit auf Straßen gemäß den Vorschriften der StVZO auf 50 km/h beschränkt ist. Daher können zur wirtschaftlichen Gestaltung eines überbetrieblichen Einsatzes dieser Maschinen wegen der 50 km/h Begrenzung Autobahnen nicht benutzt werden, so dass oft zeitaufwendige Umwege in Kauf genommen werden müssen. Zudem können selbst bei Geschwindigkeiten bis zu 50 km/h bei schlechten Fahrbahnverhältnissen durch die starre Achse sowie die starr am Pressraumgehäuse angebrachte Deichsel erhebliche Bauteilbelastungen an der Presse durch Schwingungen entstehen.

Im Streitpatent wird von einer Rundballenpresse nach der DD 295 070 A5 ausgegangen, welche mit zwei verstellbaren Radschwingungen zur Höheneinstellung der Rundballenpresse gegenüber dem Boden ausgestattet ist (Spalte 1, Zeilen 21 bis 24).

Dem Patentgegenstand liegt gemäß Streitpatent, Spalte 1, Zeilen 46 bis 52 die Aufgabe zugrunde, den Betrieb der Rundballenpressen mit höheren Geschwindigkeiten bis ca. 80 km/h zu ermöglichen und die Bauteilbelastungen während der Fahrt mit höheren Geschwindigkeiten bei geringem konstruktiven Aufwand deutlich zu reduzieren, wobei die StVZO beachtet werden soll, die eine straßenschonende Bauweise zum Ziel hat.

Der erteilte Patentanspruch 1 beschreibt demgemäß eine Rundballenpresse für landwirtschaftliche Erntegüter mit folgenden Merkmalen:

1. Die Rundballenpresse besteht aus einem auf Tragrädern beidseitig höhenbeweglich gelagerten Pressraumgehäuse.

1.1 Das Pressraumgehäuse ist mittels Federund Dämpferelemente relativ zu den Tragrädern abgestützt.

1.2 Das Pressraumgehäuse ist über eine Deichsel an einen Schlepper kuppelbar.

1.2.1 Die Deichsel ist mittels Federund/oder Dämpferelemente am Pressraumgehäuse angelenkt.

Bei obiger Merkmalsgliederung wurden zusammengehörige technische Merkmale zum Zwecke der besseren Übersicht abweichend von ihrer Abfolge im Anspruchstext aufgeführt und gruppiert.

Nach Merkmal 1. besteht die patentgemäße Rundballenpresse -nur auf eine derartige Spezialmaschine ist die beanspruchte Merkmalskombination beschränkt -aus einem auf Tragrädern beidseitig höhenbeweglich gelagerten Pressraumgehäuse. Dieses Merkmal ist einerseits auf den Stand der Technik nach der DD 295 070 A5 zu lesen, von dem im Streitpatent ausgegangen wird und der für jedes der beiden Tragräder eine eigene höhenverstellbare Radschwinge aufweist. Andererseits ist aber auch beim Patentgegenstand nach Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 und 2 erkennbar, dass das Pressraumgehäuse (4) durch das schwingenartige Zusammenwirken der Konsole (13) mit dem dort einseitig gelagerten Federelement (14) und dem als Gummihohlfeder (15) ausgeführten Dämpferelement beidseitig in zumindest geringem Umfang höhenbeweglich gelagert ist, denn das Federelement (14) wirkt gleichzeitig auch als Achslenker (Spalte 3, Zeilen 63 bis 66 der Beschreibung gemäß Streitpatentschrift). In Merkmal 1.1 werden dann die Federund Dämpferelemente -beide müssen gleichzeitig als gesonderte Bauelemente vorhanden sein -benannt, die das Pressraumgehäuse relativ zu den Tragrädern abstützen und zwar zu dem Zwecke, Schwingungen und Stöße während der (Transport-)fahrt durch achsseitige Federung vom Pressraumgehäuse fern zu halten (Spalte 3, Zeilen 56 bis 58 der Beschreibung). Nach Merkmal 1.2 ist das Pressraumgehäuse über eine Deichsel an einen Schlepper kuppelbar, wobei diese Deichsel gemäß Merkmal 1.2.1 mittels der Federund/oder Dämpferelemente (im Ausführungsbeispiel nach Figur 3 Dämpferelement (25) als sog. "Silentblock" um einen Steckbolzen (22) als oberes Lager im Zusammenwirken mit einer unteren schwenkbeweglichen Lagerung um einen Steckbolzen (23) zum Zwecke einer elastischen Deichsel-Lagerung, (vgl. Spalte 3, Zeilen 45 bis 55) am Pressraumgehäuse angelenkt ist. Auch die deichselseitige federnde bzw. dämpfende Anlenkung dient der Vermeidung von Schwingungen und Stößen am Pressraumgehäuse (Spalte 3, Zeilen 56 bis 58). Dabei soll ein ruhiger Lauf der Presse durch die Anordnung von Federund bzw. und/oder Dämpferelementen zwischen Pressraumgehäuse und Tragrädern bzw. zwischen Deichsel und Pressraumgehäuse einerseits bei hohen Geschwindigkeiten (80 km/h) und andererseits auch auf holprigen Feldwegen bei niedrigen Geschwindigkeiten erreicht werden (Spalte 1, Zeilen 58 bis 68). Wie die zuletzt genannte Textstelle der Beschreibung erkennen lässt, soll die erwünschte Laufruhe der Presse jedenfalls durch ein Zusammenwirken von gefederter und gedämpfter Verbindung zwischen Pressraumgehäuse und Tragrädern und von gedämpfter oder gefederter Deichselanlenkung am Pressraumgehäuse herbei geführt werden.

2. Die Rundballenpresse für landwirtschaftliche Erntegüter nach Patentanspruch 1 ist neu. Von den Rundballenpressen für landwirtschaftliche Erntegüter nach der DD 295 070 A5, der US 4 669 257 sowie der US 4 362 097 unterscheidet sich die patentgemäße Rundballenpresse nach Anspruch 1 in der Abstützung des Pressraumgehäuses mittels Federund Dämpferelementen relativ zu den Tragrädern (Merkmal 1.1 gemäß Merkmalgliederung nach Punkt II. 1) sowie in der Anlenkung der Deichsel mittels Federund/oder Dämpferelementen am Pressraumgehäuse (Merkmal 1.2.1). Bei dem durch fotografische Abbildungen dokumentierten sog. "Brimont-Anhänger" (Baujahr 1976) handelt es sich nicht um die in Patentanspruch 1 beanspruchte Maschinengattung (Rundballenpresse), so dass dieses Fahrzeug auch spezielle, zu Rundballenpressen gehörende Bauteile wie ein Pressraumgehäuse nicht aufweisen kann. Die Abstützung des Fahrzeugrahmens gegenüber den Tragrädern und relativ zu diesen erfolgt außerdem lediglich mittels Federelementen, während jedenfalls zusätzliche gesonderte Dämpferelemente nicht vorgesehen sind. Somit unterscheidet sich der Patentgegenstand von diesem Stand der Technik bereits in der Art und Weise der Abstützung der Bauelemente der Transport-Vorrichtung relativ zu den Tragrädern (Merkmal 1.1).

Von der landwirtschaftlichen Mähoder Erntemaschine nach der US 5 417 042 unterscheidet sich die patentgemäße Rundballenpresse nicht nur in ihrer Maschinengattung, sondern auch in dem auf Tragrädern beidseitig höhenbeweglich gelagerten Pressraumgehäuse (Merkmal 1.). Hinzu kommt, dass bei der entgegengehaltenen Maschine das Gehäuse nicht permanent relativ zu dem Tragrad mittels Federund Dämpferelementen abgestützt wird, sondern dass die federnde Abstützung während den Transportfahrten außer Funktion gesetzt wird (vgl. Spalte 8, Zeile 50 und Zeilen 1 bis 4; Figur 8). Daher unterscheidet sich die Rundballenpresse nach Patentanspruch 1 von diesem Stand der Technik auch in der Abstützung des Gehäuses relativ zu den Tragrädern (Merkmal 1.1).

Die verbleibenden im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen beschreiben andere Vorrichtungen als Rundballenpressen. Ferner weisen sie, anders als der Patentgegenstand, keine mittels Federund/oder Dämpferelemente am Gehäuse angelenkten Deichseln (Merkmal 1.2.1) auf (vgl. DE 42 24 965 C1; DE 28 02 631 A1; GB 1 515 362; Firmenprospekt WELGER, Großballenpresse DELTA 5000; John Deere Marketing Information 97-5-4, 21. März 1997; DE 31 39 936 A1) bzw. lassen keine mittels Federund Dämpferelementen relativ zu den Tragrädern abgestützte Gehäusebauteile (Merkmal 1.1) erkennen (vgl. DE 40 18 751 A1, GB 2 264 474 A) und liegen daher vom Patentgegenstand weiter ab.

3. Die zweifellos gewerblich anwendbare Rundballenpresse für landwirtschaftliche Erntegüter nach Patentanspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Von den im Verfahren befindlichen Druckschriften zeigen und beschreiben die DD 295 070 A5, von der in der vorliegenden Streitpatentschrift ausgegangen worden ist, sowie die von der Einsprechenden in das Verfahren eingeführte US 4 669 257 gattungsbildende Rundballenpressen für landwirtschaftliche Erntegüter. Beide Entgegenhaltungen offenbaren insoweit übereinstimmend eine Rundballenpresse mit einem auf Tragrädern beidseitig (über Lenker (2) bzw. (16)) (vgl. jeweils Fig. 1, 2) höhenbeweglich gelagerten Pressraumgehäuse nach Merkmal 1. (vgl. hierzu Merkmalsgliederung nach Punkt II 1.). Eine derartige Rundballenpresse ist prinzipiell auch noch aus der US 4 362 097 ersichtlich, jedoch ist dort lediglich eines der Tragräder höhenbeweglich gegenüber dem Pressraumgehäuse angeordnet, um eine Einrichtung zur Gewichtsbestimmung des zu bildenden Ballens betreiben zu können. Damit liegt diese Entgegenhaltung weiter ab, denn gemäß Merkmal 1. soll das Pressraumgehäuse beidseitig höhenbeweglich auf den Tragrädern gelagert sein. Bei allen hier beschriebenen Rundballenpressen ist auch das Pressraumgehäuse über eine Deichsel an einen Schlepper kuppelbar (Merkmal 1.2) (vgl. jeweils Figur 1 dieser Entgegenhaltungen). Keine der drei auf Rundballenpressen gerichteten Entgegenhaltungen (DD 295 070 A5, US 4 669 257, US 4 362 097) beschreibt oder zeigt die Abstützung des Pressraumgehäuses mittels Federund Dämpferelementen relativ zu den Tragrädern (Merkmal 1.1) sowie die Anlenkung der Deichsel mittels Federund/oder Dämpferelementen am Pressraumgehäuse (Merkmal 1.2.1). Somit konnten die auf Rundballenpressen gerichteten Druckschriften für sich genommen den Fachmann, einen Diplom-Ingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit zumindest Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion größerer Erntemaschinen, insbesondere auch für den überbetrieblichen Einsatz, nicht dazu anregen, Federund Dämpferelemente zwischen Pressraumgehäuse und Tragrädern anzuordnen (Merkmal 1.1) sowie die Deichselanlenkung am Pressraumgehäuse mit Hilfe von Federund/oder Dämpferelementen vorzunehmen (Merkmal 1.2.1).

Die Einsprechende hat daher u. a. auf eine Zusammenschau eines gattungsbildenden Standes der Technik, z. B. nach der US 4 669 257, mit dem Stand der Technik, wie er z. B. durch den sog. "Brimont-Anhänger" gebildet wird, verwiesen, welche die Merkmalskombination nach Patentanspruch 1 nach ihrer Auffassung nahe lege. So zeigt die Fotoserie bezüglich des sog. "Brimont-Anhängers" einen Stand der Technik, bei dem -zwar bei einem anderen Fahrzeug als einer Rundballenpresse -eine gefederte Deichselanlenkung (vgl. Foto, welches die Anlenkung der Deichsel über Blattfedern unter dem Rahmen des Anhängers sowie einen Teil der Deichsel mit einer Stütze erkennen lässt) und Radachsen, welche gegenüber dem Fahrzeugrahmen durch Blattfedern abgestützt sind (vgl. Foto einer Radachse). Ausweislich eines Typenschildes (vgl. Foto) stammt dieser Anhänger offenbar aus dem Jahre 1976. Auch seitens der Patentinhaberin wird nicht ausdrücklich bestritten, dass es sich hierbei offenbar um einen vor dem Zeitrang des Streitpatents bekannt gewordenen Stand der Technik handelt, so dass die Zugehörigkeit dieses Gegenstandes zum vorbekannten Stand der Technik unterstellt werden kann.

Unter der Annahme, der eingangs näher bezeichnete Fachmann erkennt bei den im vorliegenden Stand der Technik nach der DD 295 070 A5 bzw. der US 4 669 257 oder auch der US 4 362 097 beschriebenen Rundballenpressen deren schlechte Fahreigenschaften bei Transportfahrten mit hohen Geschwindigkeiten, wegen der sich aufbauenden Schwingungen, und rüstet diese Rundballenpressen daher mit einer gefederten Deichsel und gefederten Tragrädern nach dem Vorbild des bekannten Brimont-Anhängers aus, so gelangt er zu einem Gegenstand, der zumindest das Zusammenwirken von Federund Dämpferelementen bei der Abstützung des Pressraumgehäuses relativ zu den Tragrädern nach Merkmal 1.1 des Patentanspruchs nicht aufweist. Selbst eine derartige Zusammenschau -eine Veranlassung hierzu einmal angenommen -führt nicht unmittelbar zu der Lösung nach Patentanspruch 1. Vielmehr müsste der maßgebliche Fachmann hierzu noch eine weitere technische Lösung der Rad-Federung in Betracht ziehen, nämlich das Zusammenwirken der Federelemente mit zusätzlichen Dämpferelementen.

Ein weiterer, von der Einsprechenden in den Vordergrund gestellter Stand der Technik wird durch die Mähoder Erntemaschine nach der US 5 417 042 gebildet. Zentrale Lehre dieser Entgegenhaltung ist ein in Figur 7 erkennbares Bauelement, welches sich aus einem Dämpferelement (42) (sog. "silentbloc", vgl. Spalte 6, Zeile 68) und einem Federelement zusammensetzt, wobei das Federelement als Gasfeder (45) ausgestaltet ist (vgl. Figur 7 und Spalte 7, Zeilen 14 bis 34). Derartige Elemente werden bei der im Ausführungsbeispiel als Mähmaschine dargestellten Vorrichtung sowohl bei der Anlenkung der Deichsel (20) (vgl. hierzu Figuren 1, 4, 5) als auch bei der Abstützung des Maschinenrahmens bzw. -gehäuses relativ zu den Tragrädern zwischengeschaltet (vgl. Figur 6). Somit erscheinen die Merkmale 1.1 und 1.21 des Patentanspruchs zumindest formal erfüllt. Gleichwohl ist der maßgebliche Fachmann nach Auffassung des Senats gehindert, die Lehre nach der US 5 417 042 an einer der genannten gattungsbildenden Rundballenpressen zur Anwendung zu bringen, denn die US 5 417 042 lehrt für den Fall von Transportfahrten gerade das Gegenteil der patentgemäßen Lehre, nämlich die Federwirkung der eingangs beschriebenen Bauelemente bei Transportfahrten der Maschine außer Funktion zu setzen. So zeigt die Figur 8 dieser Entgegenhaltung auch ausweislich der Kurzbeschreibung der Zeichnungsfiguren nach Spalte 4, Zeilen 64, 65 das genannte Bauelement in Transportposition. Wie in Figur 8 erkennbar ist, wird dazu die Hubzylinderanordnung (46) dieses Bauelements derart nach oben ausgefahren, dass die Manschette (47) der Gasfeder (45) im Vergleich zur Arbeitsposition gemäß Figur 7 gestreckt wird. Diese Maßnahme der Streckung führt ihrerseits nicht nur zur Anhebung der Maschine vom Boden für Transportzwecke, sondern führt auch zur Aufhebung der federnden Wirkung der Gasfeder (45) (vgl. hierzu Spalte 8, Zeilen 1 bis 4). Somit erhält der maßgebliche Fachmann aus diesem Stand der Technik den Hinweis, eine eventuell für den Arbeitseinsatz der Maschine vorgesehene gefederte Deichselanlenkung sowie Tragräderabstützung jedenfalls im Falle von Transportfahrten abzuschalten bzw. außer Funktion zu setzen. Im Falle des Streitpatents indes soll gerade das Fahrverhalten einer Rundballenpresse bei Transportfahrten verbessert werden, weswegen der Fachmann gehindert war, die konstruktiven Vorschläge bezüglich der Radund Deichselfederung nach der US 5 417 042 auf eine gattungsgemäße Rundballenpresse zu übertragen. Auch der schriftsätzliche Hinweis der Einsprechenden und Beschwerdeführerin dahingehend, dass die US 5 417 042 auch Erntemaschinen an sich (harvester) beschreibe, denen auch Rundballenpressen zugerechnet werden können, vermag für den maßgeblichen Fachmann keinen Anlass zu begründen, die Lehre dieser Entgegenhaltung zur Lösung seiner bei Transportfahrten erkannten Probleme in Betracht zu ziehen, denn der entgegengehaltene Stand der Technik rät von einer Federwirkung in Deichselanlenkung und Tragräderabstützung gerade im Transport-Betrieb ab.

Der übrige im Verfahren befindliche Stand der Technik -insoweit hier relevant -lehrt -wie bereits aus dem Neuheitsvergleich ersichtlich -entweder die gefederte Anlenkung der Deichsel oder die Abstützung von Fahrzeugrahmen relativ zu den Tragrädern mittels Federund Dämpferelementen, jedoch nicht deren Kombination in einem Arbeitsgerät oder Fahrzeug. Somit wäre hiervon ausgehend einmal deren technische Kombination im Sinne der patentgemäßen Merkmale zu bewerkstelligen und dann müsste eine solche Kombination konstruktiver Einzelheiten auch noch auf eine gattungsgemäße Rundballenpresse übertragen werden. Daher bedürfte ein derartiges Vorgehen zu vieler Einzelschritte, um so die erfinderische Tätigkeit bezüglich eines Gegenstandes nach Patentanspruch 1 in Frage stellen zu können. Der verbleibende im Verfahren befindliche Stand der Technik vermag daher den Fachmann, auch in einer Zusammenschau betrachtet, nicht auf die patentgemäße Lehre hinzuführen, ohne dass der Fachmann hierzu hätte erfinderisch tätig werden müssen.

Nach alledem waren für den maßgeblichen Fachmann mehrere Schritte mit über das fachübliche Maß hinausgehenden Überlegungen erforderlich, um auf der Grundlage des entgegengehaltenen Standes der Technik zu einer Rundballenpresse für landwirtschaftliche Erntegüter mit der Merkmalskombination nach Patentanspruch 1 zu gelangen. Der Gegenstand des Patentanspruch 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der erteilte Patentanspruch 1 hat daher Bestand. Mit diesem haben auch die auf Anspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 15 erteilter Fassung, deren Merkmale über selbstverständliche technische Maßnahmen hinausgehen, Bestand.

III.

Der Senat hatte nach alledem keinen Anlass, im Ergebnis von der Entscheidung der Patentabteilung abzuweichen. Nachdem alle Beteiligten die Entscheidungsgründe der Vorinstanz kannten, sich sachlich im Beschwerdeverfahren entweder nicht mehr äußerten oder keine neuen Umstände oder Tatsachen geltend gemacht und auf die Möglichkeit der Wahrnehmung einer anberaumten mündlichen Verhandlung verzichtet hatten, war die Sache für den Senat entscheidungsreif, zumal die Erklärung der Beteiligten, auf die anberaumte mündliche Verhandlung zu verzichten ohne dabei weitere Einlassungen in Aussicht zu stellen oder weitere prozessuale Anträge zu übermitteln, wie ein Antrag auf Entscheidung nach Lage der Akten zu werten war.

Dehne Dr. Huber Kruppa Dr. Prasch Cl






BPatG:
Beschluss v. 30.03.2010
Az: 8 W (pat) 44/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e2d928fdd4ad/BPatG_Beschluss_vom_30-Maerz-2010_Az_8-W-pat-44-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share