Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 5. März 1999
Aktenzeichen: 6 U 23/97
(OLG Köln: Urteil v. 05.03.1999, Az.: 6 U 23/97)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 26.11.1996 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 0 413/96 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 DM abwen-den, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheits-leistung auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.
Tatbestand
Die Klägerin befaßt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb
von Spezialwerkzeugen, die in der Automobilindustrie benötigt
werden. Zu ihrem Fertigungsprogramm gehören u.a. als "Rollex" und
"Rillex" bezeichnete Abziehgeräte für Rollen- und Rillenkugellager.
Insgesamt umfaßt die Produktionspalette der Klägerin über 2.000
Artikel. Zum Teil hat sie diese selbst entwickelt, zum Teil hat sie
die Geräte nach Plänen gebaut, die aus der Automobilindustrie
stammen. Wegen der näheren Einzelheiten des Produktionsprogramms
der Klägerin wird auf den Prospekt und die Zeichnungen verwiesen,
die die Klägerin als Anlagen K 3 und K 6 in dem diesem Rechtsstreit
vorauslaufenden einstweiligen Verfügungsverfahren 31 0 406/96 LG
Köln zu den Akten gereicht hat.
Die von der Klägerin hergestellten Geräte waren patentgeschützt.
Die Patente sind jedoch spätestens Ende 1994 abgelaufen. Die
Werkzeuge dienen u.a. dazu, im Zusammenhang mit notwendigen
Fahrzeugreparaturen die Radlager von den Achsen zu lösen. Radlager
werden auf Fahrzeugachsen aufgeschlagen oder aufgepreßt, also nicht
verschraubt. Die von der Klägerin hergestellten Spezialabzieher
funktionieren - dargestellt an dem Spezialabzieher für
Kegelrollenlager - wie folgt: Verstellbare Greifstücke ermöglichen
es, Kegelrollenlager der gleichen Größennummern mit verschiedenen
Rollenzahlen zu fassen. Durch Aufschrauben des gerändelten Ringes
öffnet M. das Greifstück, führt es über das Lager und schraubt dann
das Greifstück wieder zu, bis es auf den Rollen des Lagers
festsitzt. Danach wird das sog. Grundgerät aufgesetzt. Die
Betätigung der Spindel im Grundgerät ermöglicht es, das Lager genau
zentrisch und ohne Beschädigung abzuziehen. Zur Verdeutlichung wird
nachfolgend eine von der Klägerin in ihrem Katalog 1995 abgedruckte
Zeichnung wiedergegeben, die das Lager, ein Greifstück und das
Grundgerät "Rollex" zeigt:
Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Größe des Lagers
die Größe des Greifstücks bedingt. Lager und Greifstück müssen
deshalb kompatibel sein. Dagegen streiten die Parteien darüber, ob
die Innen- und Außenmaße des Greifstücks einerseits und des
Grundgeräts andererseits (im folgenden: "Anschlußmaße") frei
wählbar sind oder ob eine insoweit bestehende Kompatibilität
technisch zwingend vorgegeben ist. Das gilt nicht nur für Rollen-
und Rillenlagerabzieher, sondern auch für die sog.
Bremsbolzenauszieher und die sog. Nabenabzieher. Hier gibt es
jeweils verschiedene Grundgeräte mit unterschiedlichen Innen- und
Außenmaßen sowie dazu passende Greifstücke bzw. Abzieher und
Spindeln, die dann wiederum auf die Lager, die Bremsbolzen oder die
Naben gesetzt werden, um diese ab- bzw. auszuziehen. Zu jedem
Grundgerät, das die Klägerin herstellt und vertreibt, werden
teilweise mehrere hundert unterschiedliche Greifstücke bzw.
Einsätze angeboten. Das ist notwendig, weil die Kugellager in
unterschiedlichen Abmessungen und Ausführungen hergestellt werden
und das Abziehgerät dem jeweiligen Kugellager angepaßt werden
muß.
Auch die Beklagte bietet seit geraumer Zeit Spezialwerkzeuge für
die Automobilindustrie an. Sie war früher für die Klägerin als
Lohnherstellerin tätig. Gegenstand dieser Aufträge waren
verschiedene Werkzeugteile. Die Zusammenarbeit zwischen den
Parteien endete im Jahre 1991. Zuvor war der frühere
Werkstattleiter der Klägerin, E. M., zur Beklagten gewechselt.
Im Juni 1996 erhielt die Klägerin Kenntnis von einem Prospekt,
mit dem die Beklagte Spezialwerkzeuge für die Automobilindustrie
bewarb. Die Klägerin ist der Auffassung, die meisten der Werkzeuge,
die in diesem als Anlage 3 zum Schriftsatz der Klägerin vom
02.03.1998 zu den Akten gereichten Prospekt abgebildet sind,
namentlich die dort abgebildeten Lagerabziehgeräte (Grundgeräte und
Spindeln), die Bremsbolzenauszieher (Grundgeräte und Spindeln) und
die Nabenabzieher (Grundgräte und Abzieher) seien unzulässige
Nachbauten ihrer Werkzeuge. Wegen der Einzelheiten wird auf den
Inhalt des von der Klägerin als Anlage 3 zum Schriftsatz vom
02.03.1998 zu den Akten gereichten Katalogs der Beklagten
einerseits und den Inhalt ihrer Klageschrift vom 03.07.1996 (Blatt
1 ff. d.A.) anderserseits verwiesen.
Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf die Gegenüberstellungen in
den Anlagen K 4 und K 5 (Blatt 44, 45 der beigezogenen Akte 31 0
406/96 LG Köln) behauptet, die Beklagte habe das von ihr, der
Klägerin, aufgebaute Produktionsprogramm in wesentlichen Teilen
übernommen und sklavisch nachgebaut. Die Beklagte nutze hierzu in
unlauterer Weise die Kenntnisse aus, die sie als Lohnherstellerin
erlangt und die ihr ehemaliger Mitarbeiter E. M. ihr vermittelt
habe.
Bei den nachgebauten Werkzeugen (Grundgeräte und Aufsätze)
handele es sich um solche, mit der sie - die Klägerin - besonders
starke Umsätze mache. Die Beklagte habe sich für den Nachbau
zielgerichtet diese Geräte herausgesucht. Der Vertrieb der
nachfolgend im erstinstanzlichen Klageantrag der Klägerin in
Schwarz/Weiß-Kopie wiedergegebenen Werkzeuge sei deshalb in
mehrfacher Hinsicht wegen Verstoßes gegen § 1 UWG
wettbewerbswidrig. Zum einen habe die Beklagte ihr - der Klägerin -
Programm in den maßgeblichen Teilen systematisch übernommen. Dies
habe es der Beklagten ermöglicht, auf einen Schlag ohne
entsprechende Vorlaufkosten mit einem kompletten Programm auf den
Markt zu kommen. Außerdem sei das Verhalten der Beklagten unter den
Gesichtspunkten des Einschiebens in eine fremde Serie bzw. der
Behinderung, des Vertrauensbruchs sowie der vermeidbaren
Herkunftstäuschung wettbewerbswidrig und deshalb gemäß § 1 UWG zu
unterlassen. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen
erstinstanzlichen Sachvortrags der Klägerin wird auf den Inhalt
ihrer Klageschrift vom 03.07.1996 (Blatt 1 ff. d.A.) und ihres
Schriftsatzes vom 24.10.1996 (Blatt 67 ff. d.A.) Bezug
genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
1.
die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen
Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen
Verkehr zu Wettbewerbszwecken das nachstehend wiedergegebene
Produktionsprogramm anzukündigen und/oder in den Verkehr zu
bringen:
pp.
2.
die Beklagte ferner zu verurteilen, ihr - der
Klägerin - Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die
unter Ziffer 1. bezeichneten Geschäfte getätigt hat, wobei die
Angaben nach Kunden, Liefergegenständen, Mengen und
Kalendervierteljahren aufzuschlüsseln sind;
3.
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,
ihr - der Klägerin - all' denjenigen Schaden zu erstatten, der ihr
- der Klägerin - durch die vorstehend unter Ziffer 1. bezeichneten
Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die klagebegründenden
Tatsachen seien nicht schlüssig vorgetragen. Die von ihr für ihre
Geräte gewählten Gestaltungen und Maße seien entweder "gemeinfrei"
oder beruhten auf Vorgaben der Kunden. Auch die von der Klägerin
hergestellten und vertriebenen Geräte seien weitgehend auf
Kundenwünsche und Kundenzeichnungen zurückzuführen. Der Zeuge M.
sei für sie - die Beklagte - nur stundenweise in geringem Umfang
beschäftigt gewesen und habe weder Unterlagen noch Knowhow der
Klägerin verwendet und weitergegeben. Der als Anlage 3 zum
Schriftsatz der Klägerin vom 02.03.1998 zu den Akten gereichte
Prospekt werde von ihr - der Beklagten - schon lange nicht mehr in
der beanstandeten Form verwendet. Der Prospekt, den es nicht mehr
gebe, sei 1994 in einer Auflage von ca. 20 Exemplaren (mit 8
Arbeitsblättern) gedruckt worden. Er sei weder versandt noch
verteilt worden und habe lediglich im Empfangsbereich ihrer
Geschäftsräume ausgelegen. Bei dem mit der Klage angegriffenen
Bremsbolzenabzieher handele es sich um einen "gemeinfreien"
Auszieher, an dem sie - die Beklagte - keinerlei Interesse habe.
Sie habe dieses in ihrem Katalog mit "Auszieher mechanisch für
Bremsbackenbolzen und Federbolzen, Artikel-Nr. 300 001" bezeichnete
Gerät jedenfalls nie hergestellt. Bei dem von der Klägerin
angegriffenen Rillenlagerabzieher habe es sich um einen Prototypen
gehandelt, den sie nicht mehr im Programm habe. Auch andere
Anbieter böten das von ihr - der Beklagten - unter der Artikel-Nr.
300 001 angebotene Werkzeug, den Auszieher mechanisch für
Bremsbackenbolzen und Federbolzen, im Markt an. Im übrigen seien
die mit der Klage angegriffenen Werkzeuge anders gestaltet als die
entsprechenden Teile aus dem Produktionsprogramm der Klägerin. Sie
- die Beklagte - verfüge nicht (mehr) über Originalgeräte, soweit
der Rillenabzieher und der Bremsbolzenabzieher in Rede stünden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags
der Beklagten wird der Inhalt ihrer Klageerwiderungsschrift vom
04.10.1995 (Blatt 28 ff. d.A.) in Bezug genommen.
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten
verwiesen wird (Blatt 98 ff. d.A.), hat das Landgericht die Klage
abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die
Klägerin habe keine über die bloße Nachahmung hinausgehende
Umstände vorgetragen, die den Vertrieb der mit der Klage
angegriffenen Werkzeuge sittenwidrig erscheinen ließen. Ergänzenden
wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz unter dem Gesichtspunkt der
vermeidbaren Herkunftstäuschung nehme die Klägerin nicht für sich
in Anspruch, insoweit würde es auch bereits an jedwedem Vortrag
dazu fehlen, ob und welchen von der Klägerin vertriebenen
Werkzeugen aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung wettbewerbliche
Eigenart im Sinne eines betrieblichen Herkunftshinweises zukomme.
Die Klägerin habe schon nicht schlüssig dargetan, worin ihre
besondere Leistung liege, die wettbewerbsrechtlichen Schutz
verdiene. Es fehle jedweder Vortrag zur wettbewerblichen Eigenart
der nach ihrer Darstellung von ihr entwickelten und hergestellten
Werkzeuge. Eine etwa vorhandene wettbewerbliche Eigenart sei, wie
bei vielen technischen Erzeugnissen, deren Formgebung vor allem
durch Gebrauchszweck und Funktion geprägt ist, allenfalls gering,
so daß der Schutzumfang, den die Klägerin für ihre Produkte selbst
bei unterstellter wettbewerblicher Eigenart in Anspruch nehmen
könne, verhältnismäßig eng sei. In Anbetracht des engen
Schutzumfangs, den die Klägerin ggf. für sich und ihre Geräte in
Anspruch nehmen könne, lasse sich im übrigen die Frage einer
Nachahmung ohne Kenntnis der Originalprodukte beider Parteien nicht
klären. Von einem systematischen Nachbau könne nicht gesprochen
werden. Die Klägerin habe eine identische oder nahezu identische
Óbernahme wettbewerbsrechtlich schützenswürdiger Erzeugnisse in
erheblichem Umfang nicht schlüssig vorgetragen. Auch sonstige
Tatbestände, die eine etwaige Nachahmung unlauter im Sinne des § 1
UWG erscheinen lassen könnten, seien nicht schlüssig dargelegt.
Dies gelte namentlich auch für den Aspekt des unlauteren
Vertrauensbruchs. Insoweit fehlten jedwede nachvollziehbare
Darlegungen dazu, ob und welche Konstruktionsdetails, die der
Beklagten während ihrer Tätigkeit als Lohnherstellerin anvertraut
worden seien oder die E. M. weitergegeben haben könnte, sich in den
angegriffenen Werkzeugen wiederfänden.
Gegen das ihr am 23.12.1996 zugestellte Urteil des Landgerichts
Köln vom 26.11.1996 hat die Klägerin am 23.01.1997 Berufung
eingelegt und diese nach zweifacher Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.04.1997 mit einem an diesem
Tage bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches
Vorbringen und rügt, das Landgericht habe verkannt, daß sie - die
Klägerin - wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz unter dem
Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung in Anspruch
nehmen könne. Ihre Werkzeuge seien sämtlich so gestaltet, daß der
Abnehmer sie als solche der Klägerin erkenne. Der Schutz ihrer
Werkzeuge folge nicht aus der äußeren Gestaltung. Diese sei hier
nicht so maßgeblich. Die wettbewerbliche Eigenart liege vielmehr im
Gesamtprogramm mit den besonderen Innen- und Außenmaßen
(Anschlußmaße). Es gehe auch nicht um die Größe der einzelnen
Werkzeuge und ihr Aussehen, sondern darum, daß die Beklagte ohne
Not identische und damit mit ihren - der Klägerin - Geräten
kompatible Anschlußgewinde verwende. Dies habe unstreitig zum
Beispiel zur Folge, daß jedes von ihr - der Klägerin - verwendete
Greifstück für Kegelrollenlager auch auf das Grundgerät der
Beklagten passe, während umgekehrt die Greifstücke, Spindeln etc.,
die die Beklagte herstelle, auch auf das von ihr - der Klägerin -
vertriebene Grundgerät paßten. Für die Wahl solcher identischer
Anschlußgewinde bestehe keine technische Notwendigkeit (Beweis:
Sachverständigengutachten). Die Klägerin behauptet weiter, der
streitgegenständliche Prospekt habe nicht nur in den
Geschäftsräumen der Beklagten ausgelegen, sondern sei im Mai 1996
auf Anforderung an die Zeugen Sch. und H. versandt worden. Im
übrigen sei es im Markt bereits zu einschlägigen
Verwechslungsfällen gekommen. Zum Beispiel habe die Daimler Benz AG
defekte Werkzeuge mit dem Vermerk "zur Instandsetzung" an die
Klägerin geschickt, diese Sendung habe neben verschiedenen
Greifstücken aus der Produktion der Klägerin auch zwei
Schnellgreifer aus der Angebotspalette der Beklagten enthalten.
Ferner habe die Beklagte den Zeugen M. schon zu einem Zeitpunkt
beschäftigt, als dieser noch bei der Klägerin tätig gewesen sei.
Dabei habe M. der Beklagten auch Konstruktionszeichnungen der
Klägerin zur Verfügung gestellt.
Das Verhalten der Beklagten - so meint die Klägerin - sei im
Rahmen des § 1 UWG in vielfältiger Hinsicht unlauter, so unter den
Gesichtspunkten des Vertrauensbruchs, der vermeidbaren
Herkunftstäuschung, der wettbewerbswidrigen Behinderung, des
Einschiebens in die fremde Serie, des systematischen Nachahmens und
des sklavischen Nachbaus ihres Produktionsprogramms. Wegen der
weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Sachvortrags der Klägerin
wird auf den Inhalt ihrer Berufungsbegründung vom 07.04.1997 (Blatt
128 ff. d.A.) sowie ihrer Schriftsätze vom 02.03.1998 (Blatt 219
ff. d.A.), 18.09.1998 (Blatt 299 ff. d.A.) und vom 02.03.1999
(Blatt 358 ff. d.A.) verwiesen.
Im Anschluß an den Hinweis- und Auflagenbeschluß des Senats vom
09.04.1998, durch den die Klägerin unter anderem darauf hingewiesen
worden ist, daß ihr Sachvortrag hinsichtlich der behaupteten
Nachahmungstatbestände ergänzungsbedürftig sei und daß zu
notwendigen bildlichen Dokumentationen auch die Originalgeräte der
Parteien vorgelegt werden sollten (wegen der Einzelheiten wird der
Beschluß vom 09.04.1998, Blatt 284 f. d.A. in Bezug genommen),
beantragt die Klägerin nunmehr,
das angefochtene Urteil zu ändern
und
1.
die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen
Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen im geschäftlichen
Verkehr zu Wettbewerbszwecken die nachstehend abgebildeten Produkte
zum Vertrieb anzukündigen und/oder in den Verkehr zu bringen, und
zwar
a)
Lagerabziehgeräte (Grundgeräte und Spindeln)
und/oder
b)
Bremsbolzenauszieher (Grundgeräte und
Spindeln)
und/oder
c)
Nabenabzieher (Grundgeräte und Abzieher)
und/oder
d)
übrige Geräte aus dem übernommenen Programm der
Klägerin (soweit nicht von a) bis c) erfaßt), und zwar wie
nachfolgend wiedergegeben:
pp.
2.
die Beklagte weiter zu verurteilen, ihr - der
Klägerin - Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang und zu
welchen Preisen sie die unter Ziffer 1. bezeichneten Produkte
angeboten und/oder vertrieben hat, wobei die Angaben nach Kunden,
Liefergegenständen, Mengen und Kalendervierteljahr aufzuschlüsseln
sind, sowie
3.
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,
ihr allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den vorstehend unter
Ziffer 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch
entstehen wird.
Hilfsweise beantragt die Klägerin,
1.
der Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis
zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis
zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer,
aufzugeben, es zu unterlassen,
pp.
2.
die Beklagte weiter zu verurteilen, ihr - der
Klägerin - Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang und zu
welchen Preisen sie die unter Ziffer 1. Bezeichneten Produkte
angeboten und/oder vertrieben hat, wobei die Angaben nach Kunden,
Liefergegenständen, Mengen und Kalendervierteljahr aufzuschlüsseln
sind, sowie
3.
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,
ihr allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den vorstehend unter
Ziffer 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch
entstehen wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches
Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der
Auffassung, die Klägerin habe die wettbewerbliche Eigenart ihrer
Produkte nicht dargetan. Es gehöre zu ihrer Darlegungslast, das für
jedes einzelne Werkzeug zu tun. Sie - die Beklagte - orientiere
sich bei der Ausgestaltung der Anschlußgewinde an den Wünschen
ihrer Kunden, zum Beispiel der Firma M.. Diese Kunden wünschten die
Kompatibilität der Anschlußgewindemaße, um zum Beispiel vorhandene,
bei der Klägerin erworbene Werkzeuge weiter benutzen zu können. Von
einem Nachbau könne keine Rede sein, insbesondere unterschieden
sich sämtliche von den Parteien vertriebenen Geräte der Größe und
der Optik nach. Soweit eine Kompatibilität der Geräte in dem Sinne
bestehe, daß M. auf ihre - der Beklagten - Grundgeräte
Anschlußstücke aus der Produktionsreihe der Klägerin und auf die
Geräte der Klägerin Anschlußstücke aus ihrer Produktionspalette
aufsetzen könne, sei dies wettbewerbsrechtlich nicht zu
beanstanden. Ihre Kunden wünschten dies, im übrigen sei diese Art
der Kompatibilität technisch notwendig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird
auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt der
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst sämtlichen
Anlagen ergänzend Bezug genommen. Die Akte 31 0 406/96 Landgericht
Köln lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen
Erfolg. Das Landgericht hat die Klage vielmehr zu Recht
abgewiesen.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche
wie auch die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der
Schadensersatzpflicht weder nach dem Haupt- noch nach dem
Hilfsantrag zu, weil sich der mit dem Unterlassungsbegehren im
Ergebnis angegriffene Vertrieb der streitbefangenen
Spezialwerkzeuge der Beklagten (Grundgerä-te und Anschlußstücke)
unter keinem der in Betracht zu ziehenden rechtlichen
Gesichtspunkte als unzulässig erweist. Die bloße, von der Beklagten
im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22.01.1999 ausdrücklich
unstreitig gestellte, nach dem bestrittenen Vortrag der Klägerin
willkürlich gewählte und nicht technisch bedingte, aus der
Verwendung gleicher Anschlußgewinde zwischen Grundgerät und
Anschlußstück folgende Kompatibilität bzw. "Austauschbarkeit" der
konkurrierenden Produkte kann den Vorwurf unlauteren Verhaltens im
Sinne des § 1 UWG nicht begründen.
Ist - wie hier - bestehender Patentschutz abgelaufen und besteht
deshalb kein Sonderrechtsschutz, ist der Nachbau solcher
Erzeugnisse grundsätzlich zulässig. Selbst der maßstabsgetreue
Nachbau einer fremden, nicht unter Sonderrechtsschutz stehender
Ware ist für sich allein wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
Wettbewerbswidrig kann ein solcher Nachbau nur dann sein, wenn die
Erzeugnisse von wettbewerblicher Eigenart sind und über die
Tatsache des bloßen Nachbaus hinaus besondere Umstände hinzutreten,
die den Nachbau unlauter erscheinen lassen (ständige
Rechtsprechung; vgl. nur BGH, GRUR 1996, 210, 211 - "Vakuumpumpen"
-; BGH, GRUR 1992, 619, 620 - "Klemmbausteine II" -; BGH, GRUR
1964, 621, 624 - "Klemmbausteine I" -; BGH, GRUR 1995, 528, 529 -
"Rollenclips" -; BGH, GRUR 1968, 591, 592 - "Pulverbehälter" -;
vgl. auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Auflage 1998, §
1 UWG Rdnr. 440 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der
Rechtsprechung). Einen solchen, über den bloßen Vorwurf der
Nachahmung hinausgehenden wettbewerblichen
Unterlauterkeitstatbestand hat die Klägerin jedoch nicht schlüssig
dargetan.
Entgegen dem unklaren erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin
ist allerdings nunmehr davon auszugehen, daß sie ergänzenden
wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz auch unter dem Gesichtspunkt
der vermeidbaren Herkunftstäuschung für sich in Anspruch nimmt.
Unter diesem Aspekt handelt wettbewerbswidrig, wer ein fremdes
Erzeugnis unter Óbernahme von Merkmalen, mit denen der Verkehr eine
betriebliche Herkunftsvorstellung verbindet, nachahmt und sein
Erzeugnis in den Verkehr bringt, wenn er nicht im Rahmen des
Möglichen und Zumutbaren alles Erforderliche getan hat, um eine
Irreführung des Verkehrs möglichst auszuschließen (vgl. hierzu BGH
WRP 1976, 370, 371 - "Ovalpuderdose" -; BGH, GRUR 1981, 517, 519 -
"Rollhocker" -; BGH, GRUR 1986, 673, 675 - "Beschlagprogramm" -;
Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdnrn. 450 ff. m.w.N.). Eine
Irreführung des Verkehrs über die betriebliche Herkunft ist nur zu
befürchten, wenn der Gegenstand des Nachbaus Merkmale aufweist, die
wettbewerblich eigenartig sind, das heißt, das Erzeugnis muß
Gestaltungsmerkmale aufweisen, die geeignet sind, dem Verkehr die
Unterscheidung gleichartiger Erzeugnisse anderer Herkunft zu
ermöglichen, und der Verkehr mußt gewöhnt sein, aus diesen
Merkmalen auf die betriebliche Herkunft oder auf Besonderheiten des
Erzeugnisses zu schließen (ständige Rechtsprechung; für technische
Erzeugnisse vgl. z.B. BGH, GRUR 1996, 210, 211 - "Vakuumpumpen" -;
BGH, GRUR 1988, 690, 693 - "Kristallfiguren" -; BGH, GRUR 1981,
517, 519 - "Rollhocker" - sowie Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG
Rdnr. 452). Merkmale, die im Verkehr als kennzeichnend für die
betriebliche Herkunft oder Besonderheiten eines Erzeugnisses
gewertet werden, werden bei technischen Erzeugnissen meist in
ästhetischkünstlerischen Merkmalen liegen; nach Lage des Falles
können sie aber auch technischer Art sein. Sie brauchen nicht an
dem Erzeugnis selbst sichtbar zu werden, sondern können sich erst
beim Gebrauch zeigen (BGH, GRUR 1966, 617, 619 - "Saxophon" - für
die Klangfarbe eines Musikinstruments). Dagegen reicht es zur
Annahme wettbewerblicher Eigenart nicht aus, daß der Verkehr eine
Ware mit einem bestimmten Lieferanten deshalb in Verbindung bringt,
weil sie von ihm allein hergestellt wird (BGH, GRUR 1970, 244, 245
- "Spritzgußengel" -). Auch Merkmale, die allgemein üblich sind
oder von den Mitbewerbern in gleicher oder ähnlicher Form benutzt
werden, sind zur Kennzeichnung der Herkunft und des besonderen Rufs
einer Ware nicht geeignet (BGH, GRUR 1992, 329 -
"AjS-Schriftenreihe" -; BGH, GRUR 1968, 698, 702 - "Rekordspritzen"
- sowie Baumbach/ Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdnr. 452). Im
technischen Bereich ist zu berücksichtigen, daß
technischfunktionale Gestaltungsmerkmale der Verwirklichung einer
technischen Lehre dienen. Ist diese - wie im Streitfall -
sonderrechtlich nicht durch Gebrauchsmuster- oder Patentrecht
geschützt, darf ihre freie Benutzung nicht dadurch unzumutbar
erschwert oder gar unmöglich gemacht werden, daß die Verwendung
einer willkürlich wählbaren und austauschbaren Ausführungsform, die
durch die technische Herstellung oder den technischen
Gebrauchszweck bedingt ist, als wettbewerbswidrig angesehen wird.
Vielmehr sind auch technisch bedingte Gestaltungsmerkmale
freizuhalten, die lediglich zweckmäßig in dem Sinne sind, daß sie
als eine nach dem Stand der Technik angemessene Verwirklichung
einer technischen Aufgabe erscheinen. Freizuhalten sind alle
technischen Gestaltungen, die "ein vernünftiger Gewerbetreibender,
der auch den Gebrauchszweck und die Verkäuflichkeit der Ware im
Auge hat, dem offenbarten Stand der Technik einschließlich der
praktischen Erfahrung als angemessene technische Lösung entnehmen
kann" (BGH, GRUR 1996, 210, 213 - "Vakuumpumpen" -; BGH, GRUR 1981,
517, 519 - "Rollhocker" -). Auch wenn der Verkehr an gemeinfreie
technische Gestaltungsmerkmale Herkunfts- und besondere
Gütevorstellungen knüpft, bleibt der Nachbau bei Óbernahme
gemeinfreier technischer Gestaltungsmerkmale grundsätzlich
zulässig. Unter mehreren Lösungen, die als angemessene
Verwirklichung einer technischen Aufgabe erscheinen, kann der
Nachbauende frei wählen, da andernfalls eine auswechselbare, nicht
unter Sonderrechtsschutz stehende Gestaltungsform monopolisiert
würde (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdnr. 463). Das Korrelat
für die weitestgehende Zulässigkeit der Óbernahme gemeinfreier
technischer Gestaltungsmerkmale bei technischen Erzeugnissen liegt
darin, daß der Nachbauende wettbewerbsrechtlich verpflichtet ist,
alle ihm zuzumutenden Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind,
die Gefahr einer Irreführung des Verkehrs über die betriebliche
Herkunft auszuschließen oder jedenfalls möglichst einzudämmen. Je
stärker die wettbewerbliche Eigenart des Originals ist, desto
höhere Anforderungen sind die dem Nachbauenden zuzumutenden
Maßnahmen zu stellen, durch die sich die Gefahr von
Herkunftsverwechslungen beseitigen oder verringern läßt. Umgekehrt
reichen bei nur geringer wettbewerblicher Eigenart des Originals
bereits relativ marginale Abweichungen, um die Herkunftstäuschung
auszuschließen. Hat der Nachbauende alle für ihn zumutbaren
Maßnahmen getroffen, um eine Herkunftstäuschung auszuräumen, und
liegen auch sonstige Unlauterkeitsmerkmale nicht vor, so ist sein
Verhalten nicht wettbewerbswidrig (Baumbach/Hefermehl, § 1 UWG
Rdnr. 464). Das gilt selbst dann, wenn die beteiligten
Verkehrskreise an die übernommenen technischen Gestaltungsmerkmale
und die Gebrauchsvorteile besondere Gütevorstellungen knüpfen (BGH,
GRUR 1968, 581 - "Pulverbehälter" -). Zusammenfassend ausgedrückt:
Der Nachbau eines technischen Erzeugnisses bei Óbernahme
gemeinfreier technischer Merkmale als solcher kann niemals
wettbewerbswidrig sein, und zwar auch dann nicht, wenn er
maßstäblich genau ist. Auch der Vertrieb solcher nachgebauten
technischen Erzeugnisse ist für sich allein nicht
wettbewerbswidrig, solange nicht besondere wettbewerbliche Umstände
hinzutreten.
Für den Streitfall bedeutet das: Um unter dem Gesichtspunkt der
vermeidbaren Herkunftstäuschung ergänzenden wettbewerbsrechtlichen
Leistungsschutz in Anspruch nehmen zu können, müßte die Klägerin
nicht zuletzt mit Rücksicht darauf, daß nach dem übereinstimmenden
Sachvortrag der Parteien der Aufbau, das Aussehen und die
Konstruktion der Spezialwerkzeuge wenn nicht ausschließlich, so
jedoch jedenfalls weitestgehend technisch funktionsbedingt sind,
zunächst einmal darlegen, daß und welche technischfunktionalen und
frei wählbaren Gestaltungselemente geeignet sein sollen, als
Herkunfts- bzw. Qualitätsnachweis zu dienen. Hieran fehlt es. Die
Klägerin hat ihren diesbezüglichen Vortrag auch nach entsprechendem
Hinweis des Senats in seinem Beschluß vom 09.04.1998 ausdrücklich
auf die Behauptung beschränkt, die wettbewerbliche Eigenart liege
"im Gesamtprogramm mit den besonderen Innen- und Außenmaßen
(Anschlußmaßen)", der Schutz ihrer Werkzeuge folge "nicht aus der
äußeren Gestaltung, die hier nicht so maßgeblich" sei (vgl.
Berufungsbegründung vom 07.04.1997, dort Seite 11, Blatt 138 d.A.),
es gehe im Streitfall "nicht um die Größen, sondern um die
Kompatibilität durch identische Anschlußgewinde" (Schriftsatz der
Klägerin vom 18.09.1998, dort Seite 7, Blatt 305 d.A.). Bei diesen
Anschlußgewinden handelt es sich indes ungeachtet der Frage, ob die
konkret gewählten Maße technisch zwingend vorgegeben oder
jedenfalls zweckmäßig sind, nicht um Gestaltungselemente, aus denen
der Verkehr auf die betriebliche Herkunft der von der Klägerin
vertriebenen Werkzeuge schließt oder mit denen er bestimmte
Qualitätserwartungen verbindet. Die Erzeugnisse der Parteien müssen
Anschlußgewinde haben, wenn sie ihren Gebrauchszweck erfüllen
sollen. Der Verkehr erwartet deshalb, daß Erzeugnisse dieser Art
das betreffende Merkmal aufweisen, zieht aus der Verwendung eines
bestimmten Gewindemaßes aber nicht den Schluß, das solchermaßen
ausgestattete Produkt stamme aus einem bestimmten Betrieb oder
weise eine bestimmte Qualität auf. Deshalb kann im Rahmen des
Tatbestandes der vermeidbaren Herkunftstäuschung im übrigen
offenbleiben, ob die Beklagte unter mehreren Lösungen, die als
angemessene Verwirklichung einer technischen Aufgabe erscheinen,
frei wählen durfte oder ob sie gezwungen wäre, trotz des
Grundsatzes der Nachahmungsfreiheit und des Rechts auf Benutzung
des freien Stands der Technik hier eine andere technische Lösung zu
suchen und dabei Gefahr zu laufen, daß die Verkäuflichkeit ihrer
Spezialwerkzeuge - nach ihrem Vortrag beruhen die Gewindemaße auf
Kompatibilitätsanforderungen namentlich ihres Abnehmers M. -
darunter leiden würde.
Ist demnach allein aufgrund der identischen Anschlußgewinde
zwischen dem Grundgerät und dem jeweiligen Anschlußstück eine
Herkunftstäuschung nicht zu befürchten, vermag der Senat zwar nicht
auszuschließen, daß jedenfalls den von der Klägerin verwendeten
Grundgeräten und auch den Anschlußstücken, jedenfalls zum Teil,
aufgrund anderer Gestaltungselemente eine - wenn auch geringe -
wettbewerbliche Eigenart zukommt. Da die Klägerin jedoch trotz des
Inhalts des Hinweis- und Auflagenbeschlusses des Senats vom
09.04.1998 (Blatt 284 f. d.A.) davon abgesehen hat, hier im
einzelnen vorzutragen und sämtliche - angeblich - nachgeahmten und
alle angegriffenen Geräte der Beklagten durch jeweils deutliche
Abbildungen bildlich zu dokumentieren und gegebenenfalls - soweit
vorhanden - die Originalgeräte der Parteien vorzulegen, sieht sich
der Senat nicht imstande, durch die Inaugenscheinnahme der sich
gegenüberstehenden Produkte oder zumindest durch die
Inaugenscheinnahme ihrer bildlichen Dokumentation diejenigen
Gestaltungselemente festzustellen, die der Verkehr als
herkunftshinweisend begreifen könnte. Aufgrund des vorhandenen
Bildmaterials, namentlich des im einstweiligen Verfügungsverfahren
31 0 406/96 zu den Akten gereichten Katalogs der Klägerin und des
als Anlage 3 zum Schriftsatz der Klägerin vom 02.03.1998 (Blatt 219
ff. d.A.) zu den Akten gereichten Katalogs der Beklagten
"Spezialwerkzeuge für die Automobilindustrie", sieht sich der Senat
hierzu ohne begleitenden, das vorhandene Bildmaterial erläuternden
Sachvortrag der Klägerin nicht in der Lage. Das Bildmaterial als
solches ist von seiner Qualität her zu schlecht, als daß es ohne
jedweden Sachvortrag der Klägerin hierzu Feststellungen im
vorbezeichneten Sinne erlaubt. Namentlich vermag der Senat aufgrund
des M.gelnden Sachvortrags der Klägerin hierzu und aufgrund des
vorliegenden Bildmaterials, das jedenfalls bei einer beachtlichen
Zahl der sich gegenüberstehenden Geräte Unterschiede auch und
gerade in Bereichen offenbart, die offensichtlich nicht technisch
vorgegeben sind, nicht zu beurteilen, aufgrund welcher
Gestaltungselemente technischer oder ästhetischer Natur der Verkehr
Herkunftsvorstellungen entwickeln könnte.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang schon in ihrer
Berufungsbegründung vom 07.04.1997 die Auffassung vertreten hat, es
sei Sache der Beklagten, die Originalprodukte vorzulegen, sofern
sich die gerügten Óbereinstimmungen anhand der Prospektabbildungen
nicht feststellen ließen, vermag sich der Senat dem nicht
anzuschließen. Abgesehen davon, daß die Beklagte stets vorgetragen
hat, bei dem auf Blatt 142 der Akten abgebildeten
Rillenlagerabzieher habe es sich um einen Prototypen gehandelt, den
sie nicht (mehr) im Programm habe, und der auf Blatt 145 der Akten
abgebildete, mit der Klage angegriffene Bremsbolzenabzieher sei von
ihr niemals hergestellt worden, trägt die Klägerin die Darlegungs-
und Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen
einer ihr günstigen Rechtsnorm. Deshalb wäre es ihre Sache gewesen,
unter Vorlage ihrer eigenen Werkzeuge die Gestaltungsmerkmale
vorzutragen, die die wettbewerbliche Eigenart ihrer Erzeugnisse
ausmachen.
Sind solche Merkmale nicht vorgetragen und ist eine
Herkunftstäuschung aufgrund der Verwendung identischer
Anschlußgewinde nach dem Vorgesagten schon deshalb ausgeschlossen,
weil die Innen- und Außenmaße der Gewinde nicht geeignet sind,
herkunftshinweisend im vorbezeichneten Sinne zu wirken, brauchte
sich der Senat nicht mehr mit der Frage auseinanderzusetzen, ob
eine Herkunftstäuschung jedenfalls auch deshalb ausgeschlossen
erscheint, weil der Vertrieb der Spezialwerkzeuge ähnlich wie in
dem vom Bundesgerichtshof in der Vakuumpumpen-Entscheidung (GRUR
1996, 210 ff.) zugrunde liegenden Lebenssachverhalt an Fachpublikum
erfolgt, das - anders als das breite Publikum bei Alltagsgeschäften
- die in Rede stehenden Erzeugnisse aufmerksamer und mit mehr
Sachverstand anschaut, als dies gewöhnlicherweise der Fall ist.
Auch andere Tatbestände, die den Unlauterkeitsvorwurf im Sinne
des § 1 UWG nach sich ziehen könnten, sind nicht schlüssig
vorgetragen. Namentlich teilt der Senat die Auffassung des
Landgerichts, daß ergänzender wettbewerbsrechtlicher
Leistungsschutz unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensbruchs nicht
in Betracht kommt. Dabei kommt es aus den Gründen, die das
Landgericht aufgezeigt hat, in tatsächlicher Hinsicht nicht darauf
an, ob die Beklagte sich in ihrer Eigenschaft als ehemals für die
Klägerin tätige Lohnherstellerin bestimmte Kenntnisse angeeignet
hat oder ob der ehemalige Mitarbeiter der Klägerin, E. M., nach
oder gar vor seinem Ausscheiden aus den Diensten der Klägerin ihm
anvertraute Kenntnisse an die Beklagte weitergegeben hat und diese
bei der Erstellung ihrer Produkte über die im Schriftsatz der
Klägerin vom 02.03.1998 erwähnten Zeichnungen verfügte. Das kann
alles dahinstehen. Zwar kann der Vertrieb einer Nachbildung unter
Ausnutzung eines eigenen oder fremden Vertrauensbruchs sittenwidrig
im Sinne des § 1 UWG sein. Die Klägerin hat aber nicht dargetan,
welche Kenntnisse die Beklagte in unlauterer Weise ausgenutzt haben
soll. Es fehlen jedwede nachvollziehbaren Darlegungen der Klägerin
dazu, daß und welche Konstruktionsdetails die Beklagte unter
Ausnutzung ihres eigenen Wissens oder der Kenntnisse des Zeugen M.
bei der Herstellung der mit der Klage angegriffenen Werkzeuge
übernommen haben könnte. Sie selbst greift die Geräte der Beklagten
nur an, weil die Anschlußgewinde zwischen Grundgerät und
Anschlußstücken identisch sind. In diesem Zusammenhang ist aber
nicht ersichtlich und erst recht nicht vorgetragen, welche
Kenntnisse die Beklagte sich entweder selbst verschafft oder durch
den Mitarbeiter M. vermittelt bekommen haben könnte, die notwendig
gewesen sein könnten, um solche Anschlußgewinde herzustellen. Der
Senat vermag nicht zu erkennen, daß hierzu ein beachtenswerter
Konstruktionsaufwand hätte betrieben werden müssen, zumal die
Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 24.10.1996, dort Seite 2 (Blatt
68 d.A.), selbst ausdrücklich vorgetragen hat, ihre Produkte
stellten "technisch keine besonderen Anforderungen". Bei dieser
Sachlage ist nicht erkennbar, welche Kenntnis dem Zeugen M. oder
der Beklagten anvertraut gewesen sein und welche Informationen die
Beklagte in unlauterer Weise für die Herstellung der
streitgegenständlichen Werkzeuge verwendet haben könnte. Im übrigen
kann, worauf es aber entscheidend nicht ankommt, entgegen dem
Vortrag der Klägerin auch nicht davon ausgegangen werden, die
Beklagte habe den Zeugen M. schon zu einer Zeit beschäftigt, als
dieser noch bei der Klägerin tätig war. Aus den in diesem
Zusammenhang von der Klägerin mit Schriftsatz vom 02.03.1998 zu den
Akten gereichten "Erläuterungen zur Berufungserwiderung H.K. vom
13. August 1997" erschließt sich entgegen der Auffassung der
Klägerin nicht, daß M. bereits vor seinem Ausscheiden aus den
Diensten der Klägerin für die Beklagte tätig gewesen sein
könnte.
Die Berufung bleibt auch ohne Erfolg, soweit das Landgericht
auch eine sittenwidrige Behinderung im Sinne des § 1 UWG verneint
hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. u.a.:
BGH, GRUR 1996, 210, 212 - "Vakuumpumpen" -) kann der
systematische Nachbau einer Vielzahl eigenartiger Erzeugnisse eines
Mitbewerbers den Vorwurf einer systematischen Behinderung und damit
eines unlauteren Vorgehens begründen. Baut ein Wettbewerber
systematisch und zielbewußt jedes oder fast jedes vom Mitbewerber
auf den Markt gebrachte Erzeugnis nach, um die geschäftliche
Betätigung seines Mitbewerbers, womöglich noch durch Unterbietung
im Preis, zu behindern, dann kann dieses Verhalten selbst bei
Erzeugnissen, die keine wettbewerbliche Eigenart besitzen, unter
dem Gesichtspunkt der systematischen Behinderung wettbewerbswidrig
sein (vgl. BGH, a.a.O. und Baumbach/Hefermehl, § 1 UWG Rdnr. 480).
Die Beurteilung, ob eine sittenwidrige Behinderung durch
systematischen Nachbau vorliegt, erfordert grundsätzlich eine
umfassende Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Umstände
unter Einbeziehung der erwähnten Wechselwirkung mit dem Grad der
wettbewerblichen Eigenart und mit dem der Nachahmung. Zu
berücksichtigende Umstände können insbesondere ein schrittweises
und zielbewußtes Anhängen an eine Vielzahl von Produkten, die freie
Wählbarkeit einer Fülle von Gestaltungselementen und die aufgrund
der Ersparung kostspieliger, eigener Entwicklungsarbeit mögliche
erhebliche Preisunterbietung in Verbindung mit den daraus erzielten
Wettbewerbsvorteilen sein (BGH, a.a.O., - "Vakuumpumpen" -).
Im Streitfall vermag der Senat auf der Basis des Sachvortrags
der Klägerin schon das schrittweise und zielbewußte Anhängen an
eine Vielzahl der Produkte der Klägerin nicht festzustellen. Der
Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, daß die Klägerin
bereits den systematischen Nachbau nicht dargetan hat. Wegen der
Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der
Art und Weise und der Intensität der Óbernahme sowie den besonderen
wettbewerblichen Umständen müßte die Klägerin nämlich darlegen, was
genau die Beklagte bei welchen einzelnen Produkten nachgebaut haben
soll. Auch hier beschränkt sich ihr Sachvortrag jedoch darauf, die
Beklagte habe die Kompatibilität ihrer Geräte mit denen der
Klägerin gesucht. Dagegen fehlt es an jedwedem weiteren Vortrag der
Klägerin, der im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung zu der
Annahme eines systematischen Nachbaus und letztlich einer
sittenwidrigen Behinderung führen könnte. Namentlich kann der Senat
auf der Basis des Sachvortrags der Klägerin nicht feststellen, daß
- abgesehen von der Gewindekompatibilität - die Beklagte ohne Not
frei wählbare technischfunktionale Einzelheiten der Werkzeuge der
Klägerin oder gar austauschbare ästhetische Gestaltungselemente
übernommen haben könnte. Auch ist nicht ersichtlich und erst recht
nicht vorgetragen, daß die Óbernahme identischer Gewindemaße bei
der Beklagten zu bestimmten Kostenersparnissen geführt hätte.
Letztlich hat die Klägerin auch keinen Sachverhalt vorgetragen,
der das Verhalten der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des
Einschiebens in eine fremde Serie als unlauter erscheinen lassen
könnte.
Die Herstellung und Lieferung von Ersatzteilen für unbrauchbar
gewordene Bestandteile einer Hauptware, für die wegen des normalen
Verschleißes oder sonstiger Umstände erfahrungsgemäß ein
Ergänzungsbedarf besteht, sind, soweit - wie hier - kein
Sonderrechtsschutz (mehr) besteht, grundsätzlich zulässig. Gleiches
gilt für die Herstellung und Lieferung von Zubehör oder
Zusatzgeräten für eine Hauptware fremder Herkunft. Nur dann, wenn
ausnahmsweise eine bestimmte Ware nach ihrer Zweckbestimmung von
vornherein auf Ergänzung, Erweiterung und Vervollständigung durch
weitere Gegenstände der gleichen Art angelegt ist, wodurch sich
Gebrauchszweck und Wert der Ausgangsware erhöhen, so daß der volle
Markterfolg erst durch den laufenden Ergänzungsbedarf erreicht
wird, kann die Herstellung und Lieferung von kompatiblen Teilen
unter dem Gesichtspunkt des Einschiebens in eine fremde Serie
wettbewerbswidrig sein (BGH, GRUR 1964, 621, 624/625 -
"Klemmbausteine I" -; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdnr. 490
und 492 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Dagegen bleibt der Nachbau
zu Ersatzzwecken oder zu Zwecken der Ergänzung und der Fortführung
grundsätzlich zulässig (BGH, GRUR 1996, 210, 212 - "Vakuumpumpen"
-). So liegt es hier. Die Werkzeuge der Klägerin nebst den
Anschlußstücken sind ihrer Zweckbestimmung nach nicht von
vornherein im Sinne der Klemmbausteine I-Entscheidung des
Bundesgerichtshofs auf Ergänzung, Erweiterung und Vervollständigung
durch weitere Gegenstände der gleichen Art angelegt. Die Klägerin
erzielt ihren wirtschaftlichen Markterfolg nicht erst durch den
laufenden Ergänzungsbedarf, sondern bereits mit dem erstmaligen
Verkauf ihrer Geräte. Erst dann, wenn diese infolge ihres Einsatzes
in der Praxis verschlissen oder aus anderen Gründen nicht mehr
einsetzbar sind, müssen sie ausgetauscht werden. Das aber stellt
sich als typisches Ersatzteilgeschäft und nicht als ein Fall dar,
in dem von vornherein Fortsetzungsbedarf geschaffen worden ist.
Zwar mag erfahrungsgemäß irgendwann Ergänzungsbedarf eintreten. Bei
diesem Ergänzungsbedarf handelt es sich aber nicht um einen bewußt
geschaffenen Fortsetzungsbedarf im Sinne der vorerwähnten
Rechtsprechung.
Erweist sich demnach der behauptete Nachbau auch unter dem
Gesichtspunkt des Einschiebens in eine fremde Serie nicht als
wettbewerbswidrig, und kommen sonstige Unlauterkeitsmerkmale nicht
näher in Betracht, stehen der Klägerin die mit dem Haupt- und
Hilfsantrag geltend gemachten Unterlassungsansprüche und folglich
auch die erhobenen Folgeansprüche (Auskunft- und
Schadensersatzfeststellung) ungeachtet weiterer Zweifel nicht zu.
Deshalb sind nähere Ausführungen dazu, daß und warum die Klägerin
auch dann, wenn sie mit ihrem Hauptklageantrag zu 1 a - c) Erfolg
hätte, mit ihrem Unterlassungsantrag aus anderen Gründen auf keinen
Fall durchdringen könnte, soweit "übrige Geräte aus dem
übernommenen Programm der Klägerin" (Hauptunterlassungantrag zu 1
d) in Rede stehen.
Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 01. und
02.03.1999 haben vorgelegen, geben zur Wiedereröffnung der
mündlichen Verhandlung keinen Anlaß.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708
Nr. 10, 711, 108 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer der Klägerin
beträgt 130.000,00 DM.
OLG Köln:
Urteil v. 05.03.1999
Az: 6 U 23/97
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e2f035bdf8eb/OLG-Koeln_Urteil_vom_5-Maerz-1999_Az_6-U-23-97