Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 13. September 2002
Aktenzeichen: 11 K 7221/00

(VG Köln: Urteil v. 13.09.2002, Az.: 11 K 7221/00)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diesen selbst zur Last fallen.

Tatbestand

Die Klägerin erbringt Telekommunikationsdienstleistungen auf der Grundlage eines eigenen Telekommunikationsnetzes sowie einer Zusammenschaltungsvereinbarung mit der S. Die Beigeladene zu 1) bot ebenfalls Telekommunikationsdienstleistungen an, im wesentlichen durch Verkauf von Telefonkarten. Sie verfügte in Deutschland nicht über eine eigenes Netz, sondern betätigte sich als Wiederverkäuferin von Dienstleistungen, die sie bei Dritten - u.a. bei der Klägerin - einkaufte.

Hierbei schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) einen Vertrag über die Erbringung von Wholesale-Sprachdienstleistungen vom 15.04.1998 sowie einen weiteren Vertrag über die Implementierung einer 0800er-Rufnummer vom 06.07.1998. In diesen Verträgen verpflichtete sich die Klägerin, der Beigeladenen zu 1) gegen entsprechende Vergütung Telekommunikationsleitungen und -dienste für Telefongespräche von Kunden der Beigeladenen zu 1) sowie Einstell- und Anschlussmöglichkeiten für Telekommunikationsausrüstung zur Verfügung zu stellen. Der Erwerber einer Telefonkarte der Beigeladenen zu 1) konnte sich über die Telefonnummer auf der Karte auf der Kartenplattform der Beigeladenen zu 1) einwählen. Diese Einwahl erfolgte über verschiedene von der Klägerin für die Beigeladene zu 1) eingerichtete 0800er-Rufnummern, deren Nutzung für die Kunden der Beigeladenen zu 1) kostenfrei war und die der Beigeladenen zu 1) von der Beklagten zugeteilt worden waren. Die Klägerin leitete den Anruf dann über einen von der Beigeladenen zu 1) in den Räumen der Klägerin eingerichteten Vermittlungsrechner (Switch) weiter. Abhängig von der Zielnummer warf der Switch den Anruf entweder auf das Netz der Klägerin zurück, um dort den vom Anrufer gewünschten Anschluss herzustellen, oder leitete den Anruf an einen anderen Netzbetreiber zur Verbindungsherstellung weiter. Das Einsammeln und Übergeben der 0800er-Anrufe an den Switch der Beigeladenen zu 1) regelte der erwähnte Vertrag über die Implementierung von 0800er-Rufnummern. Die Verbindungsherstellung im Netz der Klägerin sowie die Überlassung von Stellplatz für den Switch war Gegenstand des ebenfalls erwähnten Vertrages über die Erbringung von Wholesale-Sprachleistungen.

Seit Ende 1999 kam es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) zu Rechnungsstreitigkeiten. Als Folge hiervon kündigte die Klägerin am 10.03.2000 die Verträge mit der Beigeladenen zu 1) zum 15.04.2000 (Wholesale- Sprachdienstleistungen) bzw. zum 06.07.2000 (Implementierung von 0800er- Rufnummern). Nach ihrer Aufstellung beliefen sich ihre offenen Forderungen gegen die Beigeladene zu 1) Ende Juni 2000 auf 00.000.000,00 DM. Mit Schreiben vom 07.07.2000 teilte sie der Beigeladenen zu 1) mit, dass die Geschäftsbeziehungen beendet seien und sie aufgrund ihrer offenen Forderungen an den in ihrem Netz implementierten 0800er-Rufnummern der Beigeladenen zu 1) sowie an den in ihren Räumen eingebrachten Gegenständen der Beigeladenen zu 1) ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB geltend mache.

Am 10.07.2000 erteilte die Beigeladene zu 1) der Klägerin den Auftrag, die im Netz der Klägerin implementierten Rufnummern 0800-3838386, 0800-3838387 und 0800-3838388 zu einem anderen Diensteanbieter - einer Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2) - zu portieren. Dies lehnte die Klägerin am 12.07.2000 ab; aufgrund offener Forderungen werde ein Zurückbehaltungsrecht an den Nummern geltend gemacht, so dass diese nicht zur Portierung freigegeben würden.

Daraufhin wandte sich die Beigeladene zu 1) am 14.07.2000 an die Beklagte und teilte ihr mit, dass ihr - der Beigeladenen zu 1) - durch die Verweigerung der Portierung ein immenser Schaden drohe, da bereits Telefonkarten ausgegeben worden seien, deren Einwahlnummern z.Zt. nicht erreichbar seien. Falls die Klägerin tatsächlich offene Forderungen habe, was zwischen den Beteiligten streitig sei, sollten diese auf dem ordentlichen Rechtswege geltend gemacht werden. Sie bat die Beklagte um Einschreiten gegenüber der Klägerin. Auch die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2) ersuchte die Beklagte, alles Notwendige zu veranlassen, damit die Portierung zu ihr - der Rechtsvorgängerin - fristgerecht umgesetzt werden könne (Telefax vom 12.07.2000). Unter dem 17.07.2000 beantragte die Beigeladene zu 1) sodann bei der Beklagten, gemäß § 43 Abs. 7 TKG die für die Rufnummernportabilität des § 43 Abs. 5 Satz 1 TKG erforderlichen Anordnungen gegen die Klägerin zu erlassen, um u.a. die Portierung der 0800er- Nummern 3838386, 3838387 und 3838388 sicherzustellen; insbesondere sollte die Klägerin verpflichtet werden, für die genannten Rufnummern in die bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post in Mainz geführte Portierungsdatenbank die sog. Portierungskennung (A-Kennung) einzutragen. Nach ihrer Auffassung war ein Zurückbehaltungsrecht an den hoheitlich vergebenen Rufnummern ausgeschlossen. Auch bestünden die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen nicht bzw. seien die Rechnungen nicht fällig. Die Beigeladene zu 1) drohe ohne die beantragte Anordnung vom Markt verdrängt zu werden und Insolvenz beantragen zu müssen. Die Beigeladene zu 1) habe insgesamt ca. 700.000 Telefonkarten mit einem Gesamtwert von ca. 23 Mio DM verkauft, die als Einwahlnummern die genannten 0800er Nummern aufgedruckt hätten. Diese Einwahlnummern seien seit dem 07.07.2000 nicht mehr erreichbar, so dass die Beigeladene zu 1) alle Kunden einschließlich ihrer gesamten Marktstellung endgültig und unwiderruflich zu verlieren drohe. Die Klägerin habe nämlich angekündigt, dass sie ab dem 17.07.2000 für die 0800er-Nummern der Beigeladenen zu 1) die Ansage aufspielen werde, dass kein Anschluss unter der betreffenden Nummer bestehe.

Die Klägerin teilte im Rahmen der Anhörung hierzu mit, sie verweigere im Wege des Zurückbehaltungsrechtes die Abgabe von Erklärungen, die gemäß den im Arbeitskreis für technische und betriebliche Fragen der Nummerierung und der Netzzusammenschaltung - AKNN - vereinbarten Regeln Voraussetzung für die Portierung einer Rufnummer seien. Hierbei handele es sich um eine (nach)vertraglich geschuldete Leistung, mithin um eine "zurückbehaltungsfähige" Handlung im Sinne von § 273 BGB. Sie gehe davon aus, dass die Beklagte sich in einem solchen Fall neutral verhalte und lediglich diejenigen Eintragungen vornehme, die von den Parteien freigegeben seien.

Mit Bescheid vom 02.08.2000 ordnete die Beklagte gemäß § 43 Abs. 7 Satz 1 TKG gegenüber der Klägerin an, die Portierung der der Beigeladenen zu 1) zugeteilten Rufnummern 0800 3838386, 0800 3838387 und 0800 3838388 zur Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2) bis spätestens zum Tag nach der Bescheidzustellung durchzuführen; für den Unterlassensfall wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 DM angedroht.

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt: Es sei Aufgabe der Beklagten, dafür zu sorgen, dass die in Deutschland tätigen Betreiber von Telekommunikationsnetzen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Sicherstellung der Netzbetreiberportabilität gegenüber den Nutzern in vollem Umfang nachkämen. Dabei müsse in konkreten Einzelfällen die Durchführung auch ohne Überprüfung vertraglicher Modalitäten angeordnet werden können, da ansonsten der Zweck der Netzbetreiberportabilität unterlaufen werden könne. Das hierbei bestehende Ermessen müsse im konkreten Fall im Sinne des Erlasses einer solchen Anordnung ausgeübt werden, da diese Anordnung die Klägerin weitaus weniger beeinträchtige als die gegenteilige Entscheidung die Beigeladene zu 1) betroffen hätte. Die Durchführung der Portierung habe nämlich keinen Einfluss auf die Ansprüche der Klägerin gegen die Beigeladene zu 1; im übrigen seinen die zivilrechtlichen Ansprüche der Beteiligten gegeneinander nicht im vorliegenden Verfahren, sondern vor den Zivilgerichten zu klären.

Die Klägerin kam dieser Verpflichtung nach.

Am 01.09.2000 hat sie Klage erhoben, mit der sie im wesentlichen geltend macht: Zwar habe sich die Anordnung erledigt, da die Klägerin sie befolgt habe. Es bestehe jedoch aufgrund konkreter Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit; inzwischen habe es bereits zwei ähnlich gelagerte Fälle gegeben. Die Anordnung der Beklagten sei rechtswidrig. Sie sei zum einen nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 43 Absätze 7 und 5 TKG gedeckt. § 43 Abs. 5 TKG enthalte lediglich die generelle Verpflichtung der Netzbetreiber, in ihren Netzen die technische Möglichkeit der Netzbetreiberportabilität sicherzustellen und umfasse nicht die Möglichkeit, konkrete einzelfallbezogene Portierungsmaßnahmen zu Lasten eines Netzbetreibers anzuordnen. Eine solche Anordnung würde auch die in § 19 TKV vorgesehene Sperre von Dienstleistungen aushebeln, die ihrerseits nichts weiter als eine spezialgesetzliche Form des Zurückbehaltungsrechts sei. Im übrigen biete das Zivilrecht ein ausreichendes Instrumentarium, um rechtswidrige Verweigerungen der Portierung zu regeln. Zum anderen habe die Beklagte mit der Anordnung das ihr zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Die Anordnung stelle einen schwerwiegenden Eingriff in die vertraglich geregelten Beziehungen zwischen Netzbetreiber und Nutzer dar. Die Klägerin sei zivilrechtlich zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes an der Vornahme der Nummernportierung berechtigt. Daneben bestehe zwar die Möglichkeit der zivilrechtlichen Inanspruchnahme der Beigeladenen zu 1), die sie - die Klägerin - auch wahrnehme. Dies sei jedoch sehr zeitaufwendig und es bestehe das Risiko, etwa wegen einer Insolvenz des Schuldners mit der Forderung auszufallen; so habe die Beigeladene zu 1) inzwischen einen Insolvenzantrag gestellt. Dies verkenne die Beklagte, wenn sie der Ansicht sei, die Anordnung greife nicht in vertragsrechtliche Ansprüche der Klägerin ein; vielmehr habe sie der Klägerin die Anwendung des einzig erfolgversprechenden. Druckmittels untersagt, um etwaige Außenstände zu realisieren, nämlich die (zeitweilige) Versagung der Portierungsleistung. Damit habe sie die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin falsch gewichtet. Die Beigeladene zu 1) wiederum habe die Berechtigung des Zurückbehaltungsrechtes von den dafür vorgesehenen Zivilgerichten überprüfen lassen und dort die Herausgabe der Nummern verlangen können. Schließlich gehe auch die "Spezifikation Administrative und betriebliche Abläufe zwischen Netzbetreibern im Zusammenhang mit Diensterufnummern" des AKNN, Version 0.8.1 unter Ziffer 2.6 davon aus, dass der abgebende Netzbetreiber bei einer Potierung prüfen müsse, ob aus seiner Sicht einem Wechsel des Netzbetreibers etwas entgegensteht.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass der Bescheid der S und Post vom 02.08.2000 - 117c B 3812 - rechtswidrig gewesen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, dass § 43 Abs. 5 u. 7 TKG eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die getroffene Anordnung seien. Der vom Gesetzgeber herausgestellte wettbewerbsfördernde Zweck der Nummernportabilität könne nicht allein durch die schlichte Möglichkeit der Portierung in den Netzen erreicht werden, sondern nur dadurch, dass auch eine Pflicht der Netzbetreiber zur Portierung im konkreten Einzelfall bestehe, zu deren Durchsetzung auch entsprechende Anordnungen zu treffen seien. § 19 TKV stehe dem nicht entgegen. Die Sperre nach dieser Vorschrift solle nur das Entstehen neuer Außenstände verhindern, nicht aber ein Druckmittel gegenüber dem Kunden darstellen; letzteres sei in einem liberalisierten Telefonmarkt, bei dem die Kunden ihren Anschluss bei einem anderen Anbieter einrichten könnten, ohnehin nicht denkbar. Ein Zurückbehaltungsrecht an der Portierungsleistung könne schon deshalb nicht bestehen, weil die Pflicht zur Nummernportierung nicht nur im Interesse des jeweiligen Nutzers der Nummer, sondern auch im öffentlichen Interesse in das TKG aufgenommen worden sei; eine im öffentlichen Interesse gesetzlich verankerte Verpflichtung könne jedoch nicht Gegenstand eines zivilrechtlichen Zurückbehaltungsrechts sein. Vielmehr sei die Beklagte unabhängig von eventuellen Zahlungsansprüchen aus schuldrechtlichen Verhältnissen zwischen den Beteiligten zur Gewährleistung der Einhaltung der telekommunikationsrechtlichen Vorschriften berufen, so dass ihre Entscheidung auch nicht ermessensfehlerhaft sei. Auf das Geschäftsverhalten des Nummerninhabers habe die Beklagte keinen Einfluss; es sei im übrigen ggf. straf- und zivilrechtlich sanktionierbar.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) stellen keinen Antrag.

Die Beigeladene zu 2) trägt vor: Die Beigeladene zu 1) habe nach der Portierung zur Beigeladenen zu 2) innerhalb weniger Monate eine Forderung von 1,3 Mio DM produziert, die unbezahlt sei; Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seien gescheitert. Von den Schulden der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin habe sie bei Vertragsschluss keine Kenntnis gehabt. Hier liege ein strafrechtlich relevanter Missbrauch der portierten Rufnummern vor, der der Beklagten aufgrund der Angaben der Klägerin bereits im Zeitpunkt der Portierungsanordnung habe erkennbar sein müssen. Rufnummernportierungen im Einzelfall dürften jedoch nicht entgegen den berechtigten Interessen von Netzbetreibern und zu deren erheblichem Schaden durchgesetzt werden. Dies werde auch daran deutlich, dass die Beigeladene zu 1) mit Verweis auf die Anordnung der Beklagten sie - die Beigeladene zu 2) - nach erfolgter Sperre wegen aufgehäufter Außenstände wiederum zur Portierung in ein Drittnetz gezwungen habe.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist zwar zulässig, weil das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage notwendige Rechtsschutzinteresse der Klägerin aus dem Gesichtspunkt einer Wiederholungsgefahr besteht: die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass die im vorliegenden Fall streitige Problemstellung immer wieder auftrete und eine erneute Anordnung der Beklagten drohe.

Zum Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr vgl. Schmieszek in: Brandt/Sachs, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 1999, Rz. M 115 m.w.N.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, da die Anordnung der Beklagten vom 02.08.2000 rechtmäßig war.

1.) § 43 Abs. 5 Satz 1 1. Halbsatz TKG war (in Verbindung mit Abs. 7 dieser Vorschrift) taugliche Ermächtigungsgrundlage für die getroffene Anordnung. Danach haben Betreiber von Telekommunikationsnetzen in ihren Netzen sicherzustellen, dass Nutzer bei einem Wechsel des Betreibers und Verbleiben am selben Standort ihnen zugeteilte Nummern beibehalten können (Netzbetreiberportabilität).

Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die Einführung der technischen Rahmenbedingungen der Netzbetreiberportabilität, sondern enthält auch die Verpflichtung zur Sicherstellung der Nummernportabiltät im Einzelfall. Die freie Übertragbarkeit von Nummern gilt als Schlüsselelement für die Herstellung von Wettbewerb auf den Telekommunikationsmärkten; die Sicherstellung der Rufnummernportabilität wird als mitausschlaggebend für den Erfolg des TKG angesehen.

Bundestagsdrucksache 13/4864 S. 79,75; VG Köln, Urteil vom 23.03.2001 - 11 K 4430/00 -, S. 15 der Ausfertigung, MMR 2001, S. 556 ff. (insoweit nicht mitabgedruckt).

Sie ist jedoch nur gewährleistet, wenn - über die generelle technische Machbarkeit hinaus - auch in jedem Einzelfall des Wechsels eines Netzbetreibers oder Diensteanbieters

vgl. zu letzteren VG Köln aaO., S. 17

der Anspruch des Nutzers auf Mitnahme der Rufnummer besteht, den die S ggf. mit den aufsichtsrechtlichen Mitteln des § 43 Abs. 7 TKG durchsetzen kann.

Manssen/Demmel, Telekommunikations- und Multimediarecht, Loseblattsammlung, § 43 Rz. 109; vgl. auch Schütz, Recht auf eigene Telefonnummer €, MMR 1998, 287, 288 (dort unter III).

Nur in diesem Fall ist gesichert, dass der "gewünschte wettbewerbsfördernde Effekt der Portabilität"

Bundestagsdrucksache 13/4864 S. 75

in der Praxis auch tatsächlich und lückenlos eintritt und sich die Wirkungen der Portabilität nicht im bloß abstrakten Prinzip der reinen technischen Machbarkeit erschöpfen. Letztere Gefahr bestünde jedoch, wenn die tatsächliche Durchführung der Portierung davon abhängig wäre, ob es gelingt, sie im Streitfall zivilgerichtlich durchzusetzen. Dies war nicht Intention des Gesetzgebers; vielmehr geht dieser davon aus, dass die S in der Lage sein muss, die Regelungen des TKG zur Nummerierung umzusetzen und ihre diesbezüglichen Anordnungen gegenüber Netzbetreibern und Dienstanbietern durchzusetzen, und hat deshalb die Eingriffsermächtigung des § 43 Abs. 7 TKG geschaffen.

Vgl. Bundestagsdrucksache 13/4864 S. 9 (zum Entwurf des damaligen § 42 Abs. 7 TKG); Manssen/Demmel, aaO.

Auch dies spricht dafür, dass die Durchsetzung der Nummernportabilität nicht dem Rechtsschutz vor den Zivilgerichten überlassen bleiben soll. Diese werden auch nur im jeweiligen Einzelfall auf Anforderung tätig, während die S von Amts wegen eingreifen kann und ggf. muss. Nur dies entspricht aber der dargestellten wettbewerbsrechtlichen Bedeutung des Instituts der Portabilität sowie einer weiteren wesentlichen Aufgabenstellung der S, nämlich der Wahrung der Interessen der Nutzer auf dem Gebiet der Telekommunikation (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG). Diese Interessen - etwa der Nutzer der von der Beigeladenen zu 1) verkauften Telefonkarten - stünden aber bei einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) um die Berechtigung eines Zurückbehaltungsrechtes an der Portierung von Nummern nicht im Vordergrund des Interesses. Auch dies spricht dagegen, die tatsächliche Umsetzung des Portabilitätsprinzipes vom Ausgang zivilrechtlicher Streitigkeiten abhängig zu machen.

Ergebnis solcher zivilrechtlicher Auseinandersetzungen um die Berechtigung der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes an der Portierungsleistung könnte im übrigen auch sein, dass es dem wechselwilligen Nummerninhaber nicht gelänge, ein solches Zurückbehaltungsrecht - wenn es denn bestünde - erfolgreich abzuwehren. In diesem Fall wäre die streitige Rufnummer auf unabsehbare Zeit nicht erreichbar.

Dies wäre jedoch nicht zulässig. Bei Telefonnummern handelt es sich um eine knappe Ressource i. S. des Art. 11 II der Richtlinie 97/13/EG vom 10.04.1997, Abl. EG Nr. L 117, S. 15.

OVG NRW, Urteil vom 06.12. 2001 - 9 A 589/01 -, TMR 2002, S. 298 m.w.N:

Ihre Zahl ist nicht beliebig reproduzierbar; eine unbegrenzte Generierung neuer Zahlenfolgen ist aus rechtlichen, technischen, wirtschaftlichen und praktischen Gründen nicht möglich.

VG Köln, Beschluss vom 05.02.2002 - 11 L 1829/01 -, NVwZ-RR 2002, 606, 607 = TMR 2002, 305,309.

Da sowohl auf der Nachfrage-/Nutzer- wie auch auf der Anbieterseite des Telekommunikationsverkehrs ein Anstieg zu beobachten ist, werden Rufnummern immer mehr und rascher zu einem auch wirtschaftlich knappen Gut, insbesondere wenn es sich um eine solche mit besonderer Qualität - etwa wie hier um eine Nummer für entgeltfreie Mehrwertdienste - handelt. Angesichts dessen bedarf es bei der Nutzung von Nummern in besonderem Maße der Regulierung.

OVG NRW, Urteil vom 06.12.2002, aaO, S. 299; OVG NRW, Urteil vom 06.12.2001 - 9 A 670/01 -, S. 10 des Urteilsabdrucks; VG Köln, Beschluss vom 05.02.2002, aaO, S. 606 = TMR S. 309.

Dies allein spricht schon gegen die Annahme, die Effektivität der Portierungspraxis könne dem Erfolg bei zivilrechtlichen Auseinandersetzungen überlassen werden. Vielmehr entscheidet allein der Nutzer selbst, ob und inwieweit er die Möglickeit der Portierung in Anspruch nimmt.

Paul/Mellewigt in: Beck`scher TKG-Kommentar, 2. Aufl. 2000, § 43 Rz. 23.

Darüber hinaus führt aber wegen dieser Knappheit und des wirtschaftlichen Wertes einer Rufnummer insbesondere für entgeltfreie Mehrwertdienste eine länger als 180 Tage dauernde Abschaltung der Nummer grundsätzlich zur Rückgabepflicht der zugeteilten Nummer, die von der S auch durchgesetzt werden kann.

VG Köln, Beschluss vom 05.02.2002, aaO.

Im Hinblick darauf ist eine ggf. zeitliche unbegrenzte Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes an der Portierungsleistung systemfremd, da sie zu einem Untergang der Nummernberechtigung beim Nummerninhaber führen kann, was nicht Sinn eines Zurückbehaltungsrechtes sein dürfte. Im Hinblick hierauf würde ein derartiges Zurückbehaltungsrecht zu einem reinen Druckmittel gegenüber dem Nummerninhaber werden. Systemfremd ist ein solches Zurückbehaltungsrecht aber auch hinsichtlich der Materie, die es betreffen soll, nämlich die Mitwirkung an der Portierung einer Rufnummer. Ein zivilrechtlich begründetes Zurückbehaltungsrecht kann hier schon deshalb nicht bestehen, weil die Portabilität - und damit auch die Portierung in jedem Einzelfall - den Wettbewerb fördern soll und die Sicherstellung eines funktionsfähigen Wettbewerbs eine hoheitliche Aufgabe ist (§ 2 Abs. 1 u. 2 Nr. 2 TKG); ein Zurückbehaltungsrecht würde hiermit kollidieren. Darüber hinaus sind Rufnummern unabhängig vom Nutzungsrecht des Inhabers ein öffentliches Gut.

OVG NRW, Urteil vom 06.12.2002 - 9 A 670/01 -, S. 10 des Urteilsabdrucks m.w.N.; VG Köln, Beschluss vom 05.02.2002, aaO.

Dieses öffentliche Gut steht ferner unter der öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung der unbeschränkten Portierung aus § 43 Abs. 5 TKG. Dann aber kann weder die Nummer selbst noch ihre Portierung einem Zurückbehaltungsrecht unterliegen, da dies gerade der öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung widerspräche; in diesem Fall ist ein Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen.

Vgl. LG Baden-Baden, Beschluss vom 09.08.1977 - 1 T 76/77 -, NJW 1978, 1750 für einen Reisepass; s. ferner Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl. 2002, § 273 Rz. 15 mwN.

Insoweit besteht auch kein Wertungswiderspruch zu § 19 Telekommunikations- Kundenschutzverordnung (TKV) v. 11.12.1997, BGBl. I 2910, der unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer Sperre der Leistungsinanspruchnahme gegenüber dem Kunden eröffnet. Hier handelt es sich um eine spezialgesetzliche Ausformung des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB im liberalisierten Telekommunikationsmarkt,

Kerkhoff in: Beck`scher TKG-Kommentar, 2. Aufl. 2000, § 19 TKV Rz. 3, die das Begehren der Klägerin jedoch nicht erfasst und im übrigen von engen rechtlichen Voraussetzungen abhängig ist (so etwa bei Erheben begründeter Einwendungen gegen die Rechnung unterbleibt, so dass eine Sperre gerade nicht als Druckmittel in zivilrechtlichen Auseinandersetzungen zum Tragen kommt, wie es der Klägerin jedoch vorschwebt). Infolgedessen besteht auch kein Widerspruch zu den vorstehenden Ausführungen der Kammer. Eine darüber hinausgehende erfolgreiche Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes setzte nach den obigen Ausführungen eine weitere spezialgesetzliche Grundlage voraus, die jedoch für das Begehren der Klägerin nicht existiert. Eine solche ist insbesondere nicht in der "Spezifikation Administrative und betriebliche Abläufe zwischen Netzbetreibern im Zusammenhang mit Diensterufnummern" des AKNN zu sehen; im übrigen stellt die von der Klägerin daraus zitierte Ziffer 2.6 lediglich auf die vertragliche Terminsituation und nicht auf sonstige Streitfälle aus den Vertragsbeziehungen ab.

Im Hinblick darauf konnte die Beklagte im vorliegenden Fall daher die Portierung gemäß § 43 Abs. 5 und 7 TKG anordnen und war daran auch nicht aufgrund eines etwa zugunsten der Klägerin bestehenden Zurückbehaltungsrechtes an der Mitwirkung bei der Portierungsleistung gehindert. 2:) Die entsprechende Entscheidung der Beklagten war auch nicht ermessensfehlerhaft. Die Beklagte hat bei dem in § 43 Abs. 7 eingeräumten Ermessen zum Erlass von Anordnungen zur Durchsetzung der Portierungspflicht nach § 43 Abs. 5 TKG weder die gesetzlichen Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten noch von ihrem Ermessen in einer dem Zweck des Ermessens nicht ensprechenden Weise Gebrauch gemacht.

Nachdem die Beigeladene zu 1) als Nutzerin von Telefonnummern einen Portierungswunsch zu einem anderen Diensteanbieter geäußert hatte, die Klägerin diesem Wunsch jedoch nicht entsprechen wollte, konnte die Beklagte - wie zuvor ausgeführt - zur Sicherstellung des allein maßgeblichen Portierungswunsches des Nutzers die getroffene Anordnung auf der Grundlage des § 43 Abs. 7 TKG (einschließlich der Androhung eines Zwangsgeldes) erlassen. Sie überschritt damit nicht die gesetzlichen Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens, da ein Zurückbehaltungsrecht der Klägerin an der Portierungsleistung nicht bestand.

Sonstige Ermessensfehler sind nicht erkennbar.

Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung bestand kein hinreichender Anlass für die Beklagte zu der Annahme, dass die Beigeladene zu 1) sich gegenüber der Klägerin in strafbarer Weise verhalten hätte und dies auch gegenüber der Beigeladenen zu 2) fortsetzen wollte. Selbst wenn dieser Gesichtspunkt im Rahmen der Portierung überhaupt zu berücksichtigen wäre - wofür Anhaltspunkte noch zu ermitteln wären -, lägen jedenfalls seine Voraussetzungen nicht vor. Dies gilt um so mehr, als zum damaligen Zeitpunkt auch die Beigeladene zu 2) sich bei der Beklagten vehement dafür einsetzte, der Beigeladenen zu 1) die Portierung zu ihr - der Beigeladenen zu 2) - zu ermöglichen. Weitergehende Aspekte des Standes der vertraglichen Beziehungen zwischen dem wechselwilligen Nutzer und dem Netzbetreiber sind von der Beklagten nicht einzubeziehen, da dies ausschließlich der vertraglichen Sphäre zwischen den Beteiligten unterfällt, die der Nachprüfung und Bewertung seitens der Beklagten bei der Vollziehung der gesetzlichen angeordneten Portierungspflicht nicht obliegt. Hier kann der Netzbetreiber bereits im Vorfeld der Trennung von seinem Vertragspartner die schon erwähnten Möglichkeiten des § 19 TKV nutzen oder auch später die dafür vorgesehene Hilfe der Zivilgerichte bei der Sicherung und Durchsetzung seiner Forderungen in Anspruch nehmen. Ebenso wie eine Sperre nach § 19 TKV bei Erheben begründeter Einwendungen gegen eine Rechnung unterbleibt (§ 19 Abs. 4 TKV), ist es nicht Aufgabe der Regulierungsbehörde, durch Würdigung zivilrechtlicher Streitfragen unter den Beteiligten (wie sie im Zeitpunkt der Anordnung bestanden) eine Vorentscheidung über den Ausgang dieser Streitigkeiten zu treffen, indem etwa die Portierung entgegen dem gesetzlichen Auftrag nicht ermöglicht würde. Gerade eine solche Verfahrensweise der S würde vielmehr die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschreiten, da eine Verweigerung der Portierungsanordnung aus einem solchen Blickwinkel gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Vielmehr kann die S keinen Teilnehmer des liberalisierten Telefonmarktes davor schützen, im Rahmen seiner Vertragsbeziehungen wirtschaftlichen Schaden zu erleiden. Dies ist auch nicht ihre Aufgabe, wie § 2 Abs. 2 TKG zeigt. Vielmehr muss hier zunächst jeder Marktteilnehmer durch die Fassung der vertraglichen Bestimmungen einschließlich ausreichender Sicherheitsleistungen versuchen, sein Risiko zu begrenzen; ferner kann er ggf. von Schutzbestimmungen wie § 19 TKV Gebrauch machen. Jenseits dessen besteht für die S weder die Möglichkeit noch die Pflicht, die beantragte Anordnung zur Durchsetzung der gesetzlich vorgesehenen Portierungspflicht aus zivilrechtlichen Gründen zu unterlassen oder mit Auflagen zu versehen. Sie war sich der von der Klägerin vorgetragenen Problematik bewusst, hat aber zum maßgeblichen Zeitpunkt deshalb zu Recht keine Veranlassung gesehen, anders zu entscheiden. Das Ergebnis ihrer Abwägung ist daher nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht für erstattungsfähig zu erklären, da sie keine Anträge gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben.






VG Köln:
Urteil v. 13.09.2002
Az: 11 K 7221/00


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