Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 6. August 2001
Aktenzeichen: 10A D 180/98.NE

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 06.08.2001, Az.: 10A D 180/98.NE)

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird geändert.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle wird angewiesen, zugunsten der Antragsteller einen weiteren Betrag von 347,01 DM als erstattungsfähige Kosten festzusetzen.

Die weitergehende Erinnerung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens, für das Gerichtsgebühren nicht erhoben werden, tragen die Antragsteller zu einem Drittel und die Antragsgegnerin zu zwei Dritteln. Die Antragsteller haften für ihren Kostenanteil als Gesamtschuldner.

Gründe

Über den Antrag der Antragsteller auf Entscheidung des Gerichts (Erinnerung) hat gemäß § 87 a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 VwGO der Berichterstatter als Einzelrichter zu entscheiden. Die Entscheidung über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren ist eine solche über Kosten im Verständnis von § 87 a Abs. 1 Nr. 5 (vgl. BVerwG NJW 1995, 2179; OVG Hamburg NVwZ-RR 1998, 462; OVG NRW, Beschluss vom 2. Dezember 1999 - 10a D 7/99.NE - ). Die Entscheidung ergeht (noch) im vorbereitenden Verfahren. Das Normenkontrollverfahren ist vor einer Befassung des Senats mit der Sache durch gerichtlichen Vergleich beendet und durch Beschluss des Berichterstatters vom 22. März 2001 eingestellt worden. Grundlage der Festsetzung ist die Kostenentscheidung in dem Einstellungsbeschluß des Berichterstatters als Einzelrichters (vgl. BVerwG NVwZ 1996, 786; OVG Hamburg NVwZ-RR 1998, 462; OVG NRW, Beschluss vom 2. Dezember 1999 - 10a D 7/99.NE -).

Die gemäß § 165 VwGO zulässige Erinnerung hat in dem im Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet.

Die Antragsteller erstreben, wie aus den Ausführungen ihrer Prozeßbevollmächtigten in den Schriftsätzen vom 6. und 8. Juni 2001 folgt, mit ihrer Erinnerung die Entscheidung des Gerichts dahin, dass auf der Grundlage der Kostenentscheidung im Beschluss vom 22. März 2001 die ihnen von der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten über den bisher festgesetzten Betrag (11.187,77 DM) hinaus auf weitere 463,90 DM (218,- DM + 245,90 DM), zzgl. Mehrwertsteuer für den letztgenannten Teilbetrag (39,34 DM), d.h. auf insgesamt 503,24 DM, festgesetzt werden.

a) Die Erinnerung der Antragsteller ist insoweit begründet, als sie die Festsetzung von - ihnen persönlich entstandenen - Fahrtkosten (180 km x 0,40 DM = 72,- DM), "Verdienstausfall" (5 Stunden zu je 20,- DM = 100,- DM) und "Aufwandsentschädigung" (6,- DM) begehren. Die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten dem Grunde nach lässt sich nicht mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses verneinen, dass die Antragsteller in der Besprechung mit der Antragsgegnerin am 22. März 2001 durch ihren Prozessbevollmächtigten ausreichend vertreten gewesen seien und es ihrer Anwesenheit nicht bedurft habe. Der zwischen den Beteiligten in mehreren Besprechungen ausgehandelte und sodann gerichtlich protokollierte Vergleich weist einen ungewöhnlichen Umfang (dreieinhalb Seiten DIN A 4) und zahlreiche Detailregelungen auf, deren Fassung - schon wegen der in vielfacher Hinsicht erforderlichen genauen Kenntnis der Verhältnisse vor Ort, aber auch wegen der Berücksichtigung der Interessenlage der Antragsteller - die Anwesenheit eines der Antragsteller zweckmäßig, wenn nicht gar geboten erscheinen ließ. Auch gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten bestehen in festsetzungsmäßiger Hinsicht keine Bedenken. Die angesetzten Fahrtkilometer und Abwesenheitszeiten erscheinen glaubhaft. Die Höhe der geltend gemachten Kosten entspricht den Sätzen gemäß § 173 VwGO, § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 9 Abs. 3 Nr. 2 ZSEG (Fahrtkosten) bzw. § 10 Abs. 1 und 2 Satz 1 ZSEG (Verdienstausfall/Abwesenheitsentschädigung) bzw. § 10 Abs. 2 Satz 2 bzw. Abs. 3 ZSEG (Aufwandsentschädigung/Auslagenpauschale für Abwesenheit/Zehrgeld).

Die ferner von den Antragstellern persönlich zur Erstattung angemeldete "Unkostenpauschale" in Höhe von 40,- DM kann demgegenüber nicht festgesetzt werden. Im Gegensatz zu der für Rechtsanwälte geltenden Regelung des § 26 Satz 2 BRAGO fehlt es an einer Vorschrift, die der Partei selbst eine pauschale Geltendmachung von Telekommunikations- und Portokosten gestattete. Insoweit hätte es im Einzelnen des Nachweises der entstandenen Kosten bedurft.

b) Hinsichtlich der von dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller zur Erstattung angemeldeten Kopierkosten ist zunächst klarzustellen, dass es sich nicht um Kosten für Kopien von Schriftsätzen und Schriftstücken handelt, die im Rahmen des normalen Geschäftsbetriebs angefertigt worden sind. Diese Kopierkosten wären durch die normalen Gebühren abgegolten (§ 25 Abs. 1 BRAGO). Gegenstand der Erinnerung sind vielmehr Kosten für Kopien aus Behörden- und Gerichtsakten.

Insoweit ist die Erinnerung ebenfalls teilweise begründet. Die Festsetzungsfähigkeit dieser Kosten bestimmt sich nach § 162 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 27 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Nach letzterer Vorschrift hat der Rechtsanwalt Anspruch auf Ersatz der Schreibauslagen für Abschriften und Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Diese Voraussetzung, deren Vorliegen der Anwalt mit seinem Kostenfestsetzungsantrag darzulegen und gegebenenfalls glaubhaft zu machen hat, ist nur hinsichtlich eines Teils der Kopien erfüllt.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller die gerichtlich beigezogenen Aufstellungsvorgänge zu dem angegriffenen Bebauungsplan offenbar komplett kopiert hat (608 Seiten), war dies für eine sachgemäße Prozessführung nicht erforderlich. Die Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller, in Normenkontrollverfahren komme es "sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht immer auf die mosaiksteinmäßig zusammengesetzten Planaufstellungsvorgänge an", rechtfertigt es nicht, vorsorglich die gesamten Unterlagen ungeachtet ihrer Bedeutung zu kopieren. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es angesichts der Komplexität und des Umfangs von Normenkontrollverfahren häufig schwierig sein wird, bei Durchsicht der Akten die rechtlich relevanten Unterlagen auf Anhieb von den sonstigen Unterlagen zu unterscheiden. Es ist daher im Grundsatz eine großzügige Betrachtungsweise angezeigt mit der Folge, dass auch die Kopierkosten für solche Unterlagen als erstattungsfähig festzusetzen sind, die sich zwar letztlich als für die Entscheidung bedeutungslos erwiesen haben, die aber aus der Sicht eines verständigen und durchschnittlich erfahrenen Prozessbevollmächtigten im Zeitpunkt der Akteneinsicht nicht von vornherein als irrelevant auszuscheiden waren. Dies erfordert eine Durchsicht und Bewertung des Akteninhalts durch den Prozessbevollmächtigten. Hiervon kann - trotz der für den Rechtsanwalt damit verbundenen zeitlichen und arbeitsmäßigen Belastung - nicht abgesehen werden, weil es letztlich um die Erstattung von Kosten geht, mit denen ein anderer Prozessbeteiligter belastet werden soll. Dafür, dass es den Prozeßbevollmächtigten der Antragsteller aus irgendeinem Grund unzumutbar gewesen wäre, die Unterlagen zu sichten und die Fertigung von Ablichtungen auf diejenigen zu beschränken, die ihnen zur ordnungsgemäßen Bearbeitung der Sache ständig zur Verfügung stehen mussten,

vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 19. Januar 1983 - 7 B 2412/82 - und 26. Februar 1997 - 10a D 116/95.NE - sowie VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. Dezember 1983 - 2 S 2782/83 -, VBlBW 1984, 376,

spricht nichts.

Nach den obigen Maßstäben nicht erforderlich für eine sachgemäße Prozessführung waren zunächst die aus der als Beiakte geführten Gerichtsakte VG Düsseldorf 7 K 2427/91 gefertigten 75 Kopien. Es ist weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich, inwieweit der damalige Rechtsstreit, in dem es um eine erstrebte Genehmigung des Antragstellers zu 1. für den Betrieb eines Biergartens ging, Bedeutung für das vorliegende Normenkontrollverfahren gehabt hat. Im Übrigen hätte der Antragsteller zu 1. seinen Prozessbevollmächtigten mit den erforderlichen Unterlagen aus dem früheren Verfahren ausstatten können.

Des Weiteren waren für ein sachgemäßes Betreiben des Normenkontrollverfahrens auch bei großzügiger Betrachtung nicht erforderlich Kopien - der Anschriftenliste der Träger öffentlicher Belange (4 Seiten, Bl. 49-52 der Aufstellungsvorgänge) - der Teilnehmerliste der Bürgerversammlung (6 Seiten, Bl. 176- 182) - der Unterschriften-/Adressenliste als Anhang zur Sammeleingabe vom 20. Mai 1994 (9 Seiten, Bl. 224-232) - der Bedenken und Anregungen von Trägern öffentlicher Belange und von Bürgern, soweit die in den Aufstellungsvorgängen im Original vorhandenen Schreiben dem Satzungsbeschluss des Rates nochmals als Kopien beigefügt waren (54 Seiten, Bl. 302-355) - des Amtsblattes der Stadt vom 15. November 1994, soweit es andere Angelegenheiten betrifft (11 Seiten, Bl. 368-474 und 376-379) - der Zurückweisung der in einer Sammeleingabe erhobenen Einwendungen durch textidentische Schreiben (110 Seiten, Bl. 392-501) - des Verzeichnisses der Grundstückseigentümer (15 Seiten, Bl. 551-565) - des Postausgangsbuchs betr.Benachrichtigung der Einwender (12 Seiten, Bl. 539-550) - des Amtsblattes der Stadt vom 3. April 1995, soweit es andere Angelegenheiten betrifft (18 Seiten, Bl. 579-589 und 593-599).

Schließlich können Kopierkosten für weitere 20 Kopien nicht als festsetzungsfähig anerkannt werden, weil nicht dargetan oder ersichtlich ist, um welche Kopien es sich insoweit handeln soll. Geltend gemacht sind die Kosten für 703 Kopien; die gesamten Beiakten (und die hieraus gefertigten Kopien) umfassen aber nur 683 Seiten (75 + 608).

Nach der vorstehenden Auflistung können von den gefertigten und zur Erstattung angemeldeten 703 Kopien insgesamt (nur) 369 Kopien (703 - 75 - 4 - 6 - 9 - 54 -11 - 110 - 15 - 12 - 18 - 20 = 369) als für eine sachgemäße Prozeßführung erforderlich angesehen werden.

Die Höhe der Schreibauslagen in gerichtlichen Angelegenheiten bemisst sich nach den für die gerichtlichen Schreibauslagen im Gerichtskostengesetz bestimmten Beträge. Diese betragen gemäß Nr. 9000 des Gebührenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG) für die ersten 50 Seiten je 1,- DM und für jede weitere Seite je 0,30 DM. Hieraus ergibt sich ein festzusetzender Betrag für Kopierkosten von 145,70 DM (50 Seiten zu je 1,- DM = 50,- DM + 319 Seiten zu je 0,30 DM = 95,70 DM), zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer (23,31 DM), d.h. 169,01 DM.

c) Insgesamt errechnet sich hieraus unter Einschluß der unter a) und b) ermittelten Teilbeträge ein festsetzungsfähiger Gesamtbetrag von 347,01 DM (178,- DM + 169,01 DM) DM. Daraus folgt zugleich, dass der weiter gehenden Erinnerung nicht entsprochen werden konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 06.08.2001
Az: 10A D 180/98.NE


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e34ca145638a/OVG-Nordrhein-Westfalen_Beschluss_vom_6-August-2001_Az_10A-D-180-98NE




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share