Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 18. Juli 2002
Aktenzeichen: 5 W 52/02

(OLG Hamm: Beschluss v. 18.07.2002, Az.: 5 W 52/02)

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird teilweise abgeändert.

Der Klägerin wird Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung Herrn Rechtsanwalt Dr. I aus G für folgenden Antrag bewilligt:

Die Beklagte wird verurteilt, bei der Berichtigung der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde vom 07.06.1994 (UR-Nr.: 649/1994 des Notars G T in H) über eine Grundschuld in Höhe von 180.000,00 DM mitzuwirken. Die Berichtigung hat dergestalt zu erfolgen, daß die Übernahme der persönlichen Haftung unter Ziffer 4 der vorbezeichneten Grundschuldbestellungsurkunde durch Frau N für den Betrag der Grundschuld nebst Zinsen, Nebenleistungen und Kosten und die deswegen erklärte Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung gelöscht oder gestrichen wird.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

I.

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

Hinsichtlich des Antrages zu Ziffer 2 im Entwurf der Klageschrift vom 31.10.2001 (Bl. 13) hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Klägerin hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig im Sinne von § 114 ZPO.

1.

Die beabsichtigte Klage ist insoweit zulässig. Insbesondere fehlt dem Begehren auf Mitwirkung bei Streichung oder Löschung der Passage unter Ziffer 4 der Grundschuldbestellungsurkunde vom 07.06.1994 (UR-Nr. 649/1994 - Notar G T, H/Bl. 40 ff.) nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Unter Ziffer 4 der vorbezeichneten Grundschuldbestellungsurkunde übernimmt die Klägerin neben ihrem Ehemann die persönliche Haftung für den Betrag der Grundschuld nebst Zinsen, Nebenleistungen und Kosten und unterwirft sich gleichzeitig dieserhalb der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in ihr gesamtes Vermögen.

Die Beklagte hat zwar inzwischen der zutreffenden Rechtsauffassung der Klägerin zugestimmt, wonach diese Klausel wegen Verstoßes gegen § 9 AGB-Gesetz unwirksam ist (vgl. BGH NJW 1991, 1677 f). Auch hat sie der Klägerin nach Aufgabe ihrer zunächst gegenteiligen Auffassung (vgl. das Schreiben der Beklagten vom 21.03.2001, Bl. 86) mehrfach versichert, daß eine Inanspruchnahme der Klägerin aus persönlicher Haftung nicht erfolgen werde (vgl. die vorprozessualen Schreiben der Beklagten vom 20.08. und 20.09.2001, Bl. 87 - 90 und Bl. 106). Gleichwohl besteht auf Seiten der Klägerin ein Rechtsschutzinteresse an der begehrten Berichtigung der Urkunde. Wegen der entsprechenden Interessenlage haben dieselben Grundsätze wie bei einer Vollstreckungsgegenklage zu gelten. Dort beseitigt ein bloßer Verzicht des Gläubigers auf seine Rechte aus dem Vollstreckungstitel ohne dessen Herausgabe an den Schuldner das Rechtsschutzbedürfnis nicht (vgl. Zöller-Herget, 23. Aufl., § 767 ZPO, Rn. 8; BGH NJW 1984, 2826; OLG Hamm WRP, 1992, 195).

2.

Der Klageanspruch auf Mitwirkung bei der begehrten Berichtigung der Grundschuldbestellungsurkunde ergibt sich aus den §§ 371, 368 BGB; Art. 39 Abs. 1 und Abs. 3 WG analog.

Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften hinsichtlich eines Anspruches auf Herausgabe eines Vollstreckungstitels hat der Bundesgerichtshof bereits bejaht (BGH NJW 1994, 1161; vgl. auch Palandt-Heinrichs, 61. Aufl., § 371 BGB, Rn. 4). Voraussetzungen sind danach, daß das Erlöschen der Titelschuld und die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung unstreitig sind.

Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen, soweit es die unter Ziff. 4 der Grundschuldbestellungsurkunde fixierte Übernahme der persönlichen Haftung betrifft, erfüllt. Es besteht lediglich das technische Problem, daß die Grundschuldbestellungsurkunde neben ihrer Ziffer 4 weitere, rechtlich einwandfreie Titel enthält. Mithin ist die aus entsprechender Anwendung der §§ 371, 368 BGB; Art. 39 Abs. 1 WG grundsätzlich geschuldete Herausgabe des Titels hier nicht möglich. Entsprechend Art. 39 Abs. 3 WG kommt daher nur eine Berichtigung der Urkunde dergestalt in Betracht, daß die persönliche Haftungsübernahme durch die Klägerin unter Ziffer 4 zu streichen oder zu löschen ist.

Da es sich bei der Bestellung der Grundschuld um ein notariell zu beurkundendes Geschäft im Sinne der §§ 873 Abs. 2, 128 BGB handelt, ist auch die Berichtigung notariell zu beurkunden. Es gilt daher § 13 Abs. 1 BeurkG, wonach die Niederschrift in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden muß. Die Beklagte wird daher die begehrte Berichtigung nicht ohne die Klägerin durchführen können. Diesem Umstand ist in dem Klageantrag Rechnung zu tragen.

Ob der Klageanspruch sich auch aus c.i.c. (vgl. Palandt-Heinrichs, 61. Aufl., § 276 BGB, Rn. 84 f.) ergeben könnte, mag dahinstehen.

Die beabsichtigte Klage ist auch nicht mutwillig, da die Klägerin ihr Klageziel nicht einfacher zu erreichen vermag. Vorprozessual war die Beklagte zu einer Berichtigung der Grundbestellungsurkunde bereits ergebnislos aufgefordert worden.

II.

Die Beschwerde ist im übrigen unbegründet.

Die beabsichtigten Klageanträge zu Ziffer 1, 3 und 4 (Bl. 13 f.) haben keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO.

1.

Dem Klageantrag zu Ziffer 3 (Feststellung des Nichtbestehens einer persönlichen Haftung der Klägerin) fehlt neben dem Klageantrag zu Ziffer 2 (Berichtigung) das Rechtsschutzbedürfnis. Er ist gegenstandslos, wenn dem Klageantrag zu Ziffer 2 entsprochen würde. Dies sieht die Klägerin in der Begründung ihrer sofortigen Beschwerde selbst so (Bl. 171). Eine Bewilligung von Prozeßkostenhilfe kommt bezüglich des beabsichtigten Klageantrages zu Ziffer 3 daher nur in Betracht, wenn er ausdrücklich als Hilfsantrag formuliert wird.

2.

Dem beabsichtigten Klageantrag zu Ziffer 4 (Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten) fehlt ebenfalls das Rechtsschutzbedürfnis. Dieser Antrag ist gegenstandslos, weil gemäß § 118 Abs. 2 BRAGO die aufgrund des Berichtigungsbegehrens der Klägerin angefallenen außergerichtlichen Anwaltskosten auf das nunmehr durchzuführende gerichtliche Verfahren anzurechnen sind.

3.

Der beabsichtigte Klageantrag zu 1 (Leistung von 15.000,00 DM) bietet ebenfalls keine Erfolgsaussicht. Das Begehren der Klägerin auf Rückzahlung der von ihr an die Beklagte geleisteten 15.000,00 DM nebst Zinsen ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet. Insbesondere besteht kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB. Die Leistung der Klägerin erfolgte mit Rechtsgrund, nämlich nach der Vereinbarung der Parteien vom 23.09.1998 (Bl. 53 f.) auf die Hauptforderung. Dabei handelt es sich um die mit der bestellten Grundschuld gesicherten, unstreitigen Darlehensforderung der Rechtsvorgängerin der Beklagten gegen den Ehemann der Klägerin. Dem Landgericht ist beizupflichten, daß in diesem Zusammenhang die Unwirksamkeit der Übernahme der persönlichen Haftung in Ziffer 4 der Grundbestellungsurkunde unbeachtlich ist, weil es sich dabei allein um ein zusätzliches Sicherungsmittel handelte. Die Vereinbarung vom 23.09.1998 (Bl. 53 f.) hätte die Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten auch dann getroffen, wenn sie von der Unwirksamkeit der persönlichen Haftungsübernahme in Ziffer 4 der Grundbestellungsurkunde gewußt hätte. Denn im September 1998 drohte die Zwangsvollstreckung aus der rechtswirksam bestellten Grundschuld in das von der Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch bewohnte Hausgrundstück. Die Klägerin hatte mithin ein dringendes wirtschaftliches Eigeninteresse an einer Einigung mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten dahingehend, daß gegen Zahlung von monatlichen Raten in Höhe von 500,00 DM auf die Hauptforderung von Vollstreckungsmaßnahmen gegen das Hausgrundstück zunächst abgesehen wurde. Die Klägerin leistete sodann an die Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend der vorskizzierten Vereinbarung 30 Raten à 500,00 DM. Für die Zeit der Ratenzahlung verhinderte sie die Einleitung der Zwangsvollstreckung und sicherte sich die Nutzung des Hausgrundstückes. Mithin erfolgte die Leistung der 15.000,00 DM nicht rechtsgrundlos im Sinne von § 812 Abs. 1 BGB.

Es drohen der Klägerin auch nach Zwangsvollstreckung und Verwertung des Hausgrundstückes keine wirtschaftlichen Nachteile dergestalt, daß die Beklagte zu den 15.000,00 DM auch den aus der Versteigerung erzielten Verwertungserlös und damit eventuell mehr erhält, als ihr nach dem Sicherungsvertrag aus der Grundschuld zusteht. Soweit die Grundschuld nicht mehr valutiert, ist ein in der Zwangsversteigerung erzielter Übererlös an die Klägerin auszukehren (vgl. Palandt-Bassenge, 61. Aufl., § 1191 BGB, Rn. 39 f.).

Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht veranlaßt, § 127 Abs. 4 ZPO.






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Az: 5 W 52/02


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