Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 9. November 2006
Aktenzeichen: 1 StR 474/06

(BGH: Beschluss v. 09.11.2006, Az.: 1 StR 474/06)

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 12. Mai 2006 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht Landshut hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt.

Die Revision ist aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 13. September 2006 dargelegten Gründen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Der ergänzenden Erörterung bedarf nur die Rüge eines Verstoßes gegen § 265 Abs. 4 StPO wegen Ablehnung des Aussetzungsantrags am letzten Verhandlungstag beziehungsweise gegen § 137 Abs. 1 Satz 1 StPO und gegen die Pflicht zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens durch Fortsetzung der Verhandlung am letzten Verhandlungstag ohne den Wahlverteidiger.

I.

Der Rüge liegt folgender Verhandlungsgang zugrunde:

1. Vorgeschichte:

Nach Zulassung der Anklage der Staatsanwaltschaft vom 8. November 2005 mit Eröffnungsbeschluss der Strafkammer vom 25. Januar 2006 war die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten K. - seit dem 27. März 2005 in Untersuchungshaft - und einen weiteren, ebenfalls inhaftierten Mitangeklagten auf den 6., 10. und 13. April 2006 terminiert worden. An diesen Tagen wurde dann auch verhandelt. Denn der am 30. März vorgetragenen Bitte des erst am 20. März 2006 vom Angeklagten neu beauftragten Wahlverteidigers, Rechtsanwalt M. , der das Mandat in Kenntnis der Terminierung angenommen hatte, die Hauptverhandlung um einen Monat zu verschieben, um ihm angesichts der Verständigungsschwierigkeiten mit dem Angeklagten und des umfangreichen Akten- und Datenmaterials (insbesondere eine CD mit aufgezeichneten Telefonaten in 6.231 Dateien mit einem Speichervolumen von 450 MB) ausreichend Gelegenheit zur sachgerechten Vorbereitung zu geben, hatte der Vorsitzende nicht entsprochen, da - insbesondere - "die vom Verteidiger zutreffend vorgetragenen Vorlaufzeiten bis zum heutigen Beginn der Hauptverhandlung ausreichend sind, um sich in dem gebotenen Maß in die Sache einzuarbeiten und diese mit dem Mandanten zu besprechen. Ab Erhalt der Akteneinsicht standen RA M. immerhin noch 9 Tage zur Verfügung. Es ist dem Verteidiger zuzumuten, bei bekannt nahem Hauptverhandlungstermin kanzleiintern Organisationsmaßnahmen zu treffen, um dem neuen Mandat die gebotene Priorität einräumen zu können". Außerdem bestellte der Vorsitzende der Strafkammer Rechtsanwalt G. , der den Angeklagten bis zum 23. Februar 2006 als Wahlverteidiger vertreten hatte und nach eigenem Bekunden mit "der aktuellen Verfahrenslage vertraut" war, zum Pflichtverteidiger. "Der Angeklagte ist damit schon allein durch RA G. ordnungsgemäß verteidigt. Es kommt deshalb auf eine möglicherweise nicht ausreichende Vorbereitung des Verteidigers RA M. nicht an".

Am ersten Verhandlungstag fanden noch vor Anhörung der Angeklagten Gespräche über eine verfahrensabkürzende Vereinbarung statt, die ohne Ergebnis endeten, da der Angeklagte K. dem in den Raum gestellten Ergebnis nicht zustimmte. Den dann von Rechtsanwalt M. gestellten - ersten - Aussetzungsantrag (§ 265 Abs. 4 StPO) - um ihm Gelegenheit zur sachgerechten Vorbereitung zu geben - lehnte die Strafkammer ab. Einen daraufhin gegen den Vorsitzenden der Strafkammer gestellten Befangenheitsantrag wies die Strafkammer in der Besetzung gemäß § 27 StPO als unbegründet zurück.

Die Hauptverhandlung wurde daraufhin an den ursprünglich anberaumten Sitzungstagen in Anwesenheit beider Verteidiger fortgeführt. Am 13. April 2006 verfügte der Vorsitzende die Fortsetzung der Hauptverhandlung - über die ursprünglich vorgesehene Terminierung hinaus - am 4. Mai 2006.

2. Das der Revisionsrüge zugrunde liegende Kerngeschehen:

Während der Hauptverhandlung am 4. Mai 2006 ergab sich die Notwendigkeit der Vernehmung eines weiteren Zeugen. Der Vorsitzende teilte mit, dass die Hauptverhandlung deshalb am 12. Mai 2006 fortgesetzt und an diesem Tag dann auch mit den Plädoyers und der Urteilsverkündung zu Ende geführt werden solle. Ein anderer Termin sei seitens der Strafkammer nicht möglich, da diese wegen umfangreicher Schwurgerichtsverfahren "austerminiert" sei. Während die übrigen Verfahrensbeteiligten - insbesondere der Verteidiger des Mitangeklagten sowie der Pflichtverteidiger des beschwerdeführenden Angeklagten K. , Rechtsanwalt G. - dies akzeptierten, erklärte Rechtsanwalt M. , dass er an diesem Tag wegen der seit langem geplanten Teilnahme am XI. Frühjahrssymposium der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins in Karlsruhe verhindert sei. Gleichwohl verfügte der Vorsitzende nach kurzer Sitzungsunterbrechung Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung auf Freitag, den 12. Mai 2006, 9.00 Uhr. Dem von Rechtsanwalt M. noch am 4. Mai 2006 schriftlich gestellten Verlegungsantrag entsprach der Vorsitzende nicht.

Am 12. und 13. Mai nahm Rechtsanwalt M. am XI. Frühjahrssymposium der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins in Karlsruhe teil. In der Hauptverhandlung am 12. Mai war der Angeklagte K. nur durch seinen Pflichtverteidiger vertreten. Dieser beantragte zu Beginn des Termins die Aussetzung der Hauptverhandlung, da der Angeklagte die Verteidigung durch seinen Wahlverteidiger wünsche. Dies lehnte die Strafkammer durch Beschluss mit folgender Begründung ab:

"Der Angeklagte K. ist im heutigen Termin durch seinen Pflichtverteidiger RA G. ausreichend vertreten. Die Abwesenheit des Wahlverteidigers am heutigen Tag beruht nach dessen eigener Mitteilung auf einem Fortbildungstermin. Verhandlungstermine in Haftsachen wie der vorliegenden gehen derartigen Verpflichtungen vor, zumal das Verfahren bereits fortgeschritten ist.

Angesichts der Terminplanung der Kammer, die durch zahlreiche Termine in Haftsachen geprägt ist, kommt eine Unterbrechung auf dieser Tatsachengrundlage nicht in Betracht."

Im Anschluss daran wurde ein Ermittlungsbeamter als Zeuge gehört, wurden die Schlussvorträge gehalten - für den Angeklagten K. plädierte der Pflichtverteidiger, Rechtsanwalt G. -, hatten die Angeklagten das letzte Wort und wurde das Urteil verkündet.

II.

1. Es kann dahinstehen, ob die Revisionsbegründung zu dieser Rüge den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt oder ob sie mangels umfassenden Vortrags der den Mangel enthaltenden Tatsachen bereits unzulässig ist.

So wird das Antwortschreiben des Vorsitzenden vom 5. Mai 2006 auf den schriftlichen Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Mai 2006 auf Verlegung des auf den 12. Mai bestimmten Termins zwar in der Revisionsbegründung insoweit zutreffend erwähnt, dass dem Antrag nicht entsprochen werden könnte. Die Begründung hierzu wird jedoch nicht mitgeteilt, insbesondere nicht der entscheidende Satz: "Innerhalb der maximal möglichen Unterbrechungsfrist ist dem Gericht die Fortführung des Verfahrens aufgrund eines im übrigen voll belegten Terminplans nur am Freitag, 12. Mai 2006 möglich" (GA Bl. 988). Außerdem bleibt unerwähnt, dass der Vorsitzende bei der Vorsprache des Wahlverteidigers am 30. März 2006 mit der Bitte um Verschiebung der Hauptverhandlung um einen Monat auch äußerte, dass die Strafkammer "bis August" austerminiert sei (GA Bl. 921). Der Beschwerdeführer muss jedoch alle für die Terminierung maßgeblichen Gesichtspunkte, auch soweit sie geeignet sind, seiner Rüge den Boden zu entziehen, darlegen (vgl. BVerfG - Kammer - Beschluss vom 27. September 2006 - 2 BvR 1377/06 -; Kuckein in Karlsruher Kommentar 5. Aufl. § 344 Rdn. 38 f. m.w.N.).

Jedoch kann die Mitteilung, die Strafkammer sei "austerminiert" und im Mai sei eine Hauptverhandlung nicht möglich, dementsprechend dahingehend verstanden werden, dass dem Verlegungswunsch des Wahlverteidigers durch eine Fortsetzung der Hauptverhandlung an einem anderen Tag als dem 12. Mai 2006 innerhalb der Unterbrechungsfrist des § 229 Abs. 1 StPO nicht hätte Rechnung getragen werden können. Es hätte einer Aussetzung des Verfahrens gegen den Angeklagten K. und deren Neubeginn (§ 229 Abs. 4 Satz 1 StPO) in mehreren Wochen, ja Monaten bedurft. Auf die weitergehende Mitteilung des genauen Wortlauts der Antworten kommt es dann letztlich im vorliegenden Fall wohl nicht mehr entscheidend an. Dies kann hier aber dahinstehen.

Es muss hier deshalb auch nicht darüber befunden werden, ob der Beschwerdeführer bei der Rüge der rechtsfehlerhaften Ablehnung einer Terminsverlegung in der Revisionsbegründung grundsätzlich die Terminplanung des entsprechenden Gerichts im Einzelnen mitteilen muss. Denn hier war - wie schon dargelegt - nach der in der Revisionsbegründung zitierten Auskunft des Vorsitzenden die Strafkammer "austerminiert" und zwar zumindest im Monat Mai, sodass eine Fortsetzung der Hauptverhandlung nach einer Unterbrechung innerhalb der Frist des § 229 Abs. 1 StPO außer am 12. Mai 2006 nicht möglich war. Dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr bestätigt der Aussetzungsantrag, dass auch aus seiner Sicht eine Fortsetzung der Hauptverhandlung an einem anderen Tag innerhalb der Unterbrechungsfrist nicht möglich gewesen wäre. Da auch sonst keine Anhaltspunkte für Gegenteiliges ersichtlich sind, kann auch bei der revisionsrechtlichen Überprüfung von diesem Sachverhalt als zutreffend ausgegangen werden. Dass anderweitig, nämlich durch die Abterminierung und Verschiebung einer anderen weniger eilbedürftigen (Haft-)Sache der Terminnot im vorliegenden Verfahren hätte abgeholfen werden können, trägt die Revision nicht vor und liegt bei einer "austerminierten" Schwurgerichtskammer auch fern.

2. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.

Der Angeklagte hat das Recht auf wirksame Verteidigung (Art. 6 Abs. 3 Buchst. c MRK). Er kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen (§ 137 Abs. 1 Satz 1 StPO). Wenn die Hauptverhandlung vor dem Landgericht stattfindet, ist die Mitwirkung eines Verteidigers zwingend (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO). Im Grundsatz soll dies der vom Angeklagten gewählte Verteidiger (§ 138 StPO), der Anwalt seines Vertrauens sein (BGH StV 1992, 53). Deshalb muss das Gericht - der Vorsitzende - bei der Terminsbestimmung ernsthaft versuchen, diesem Recht des Angeklagten, sich in einem Strafverfahren von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, soweit wie möglich Geltung zu verschaffen (BGH NStZ 1999, 527; StV 1992, 53).

Nicht jede Verhinderung eines Verteidigers kann zur Folge haben, dass eine Hauptverhandlung nicht durch- oder fortgeführt werden kann, sondern ausgesetzt werden muss (§ 228 Abs. 2 StPO; vgl. BGH NStZ 1999, 527; NStZ 1998, 311, 312). Allerdings ist der Vorsitzende gehalten, über Anträge auf Verlegung eines Termins nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminplanung, der Gesamtbelastung des Spruchkörpers, des Gebots der Verfahrensbeschleunigung und den berechtigten Interessen der Prozessbeteiligten zu entscheiden (BGH NStZ-RR 2006, 271, 272; NStZ 1998, 311, 312; GA 1981, 37, 38). Bei der danach gebotenen Abwägung kommen dem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) und aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK folgenden Gebot, über eine strafrechtliche Anklage in angemessener Zeit zu verhandeln, und dem in Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 GG (vgl. auch § 121 Abs. 1 StPO; Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 MRK) zu beachtenden besonderen Beschleunigungsgebot in Haftsachen hohes Gewicht zu (vgl. BVerfG - Kammer - StV 2006, 251; NJW 2006, 1336; NJW 2006, 672; NStZ 2006, 47; NStZ 2000, 153).

Der Fortsetzung des Verfahrens innerhalb der Unterbrechungsfrist des § 229 Abs. 1 StPO, nämlich an dem dazu einzig für eine Verhandlung bei der Strafkammer noch freien 12. Mai 2006, stand die Absicht des Wahlverteidigers des Angeklagten K. entgegen, an diesem Tag - und dem folgenden - das XI. Frühjahrssymposium der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins in Karlsruhe zu besuchen, wie das von ihm schon lange geplant war. Die Revision trägt dazu zutreffend vor, dass ein Rechtsanwalt zur Fortbildung verpflichtet ist (§ 43a Abs. 6 BRAO) und als Fachanwalt für Strafrecht gehalten ist, jährlich mindestens 10 Stunden an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen (§ 15 Fachanwaltsordnung).

Gleichwohl ist die Entscheidung der Strafkammer, das Verfahren am 12. Mai zu Ende zu führen, frei von Rechtsfehlern, auch wenn an diesem Tag die Schlussvorträge, denen im Verfahrensablauf besondere Bedeutung zukommt, gehalten werden sollten und gehalten wurden. Als Alternative stand nicht die Verschiebung eines einzelnen Verhandlungstags um wenige Tage zur Verfügung. Vielmehr hätte die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten - nach Abtrennung vom Verfahren gegen den Mitangeklagten, das am 12. Mai auf jeden Fall hätte zu Ende geführt werden können - ausgesetzt werden müssen mit Neubeginn in mehreren Wochen oder Monaten. Dem konnte auch nicht durch Aufhebung einer bereits erfolgten Bestimmung der Hauptverhandlungstermine in einem anderen (Schwur-)Gerichtsverfahren abgeholfen werden, da dies naturgemäß in diesem anderen Verfahren zu unakzeptabler, dem Be-

schleunigungsgebot widerstreitender Verzögerung hätte führen müssen. Auf diese Möglichkeit hebt auch der Beschwerdeführer nicht ab.

In Verhältnis zur Aussetzung der Hauptverhandlung und der Verschiebung der Haftsache um Wochen, ja Monate, hatte im vorliegenden Fall das Fortbildungsinteresse des Wahlverteidigers geringeres Gewicht. Jedenfalls war es frei von Ermessensfehlern, wenn dies die Strafkammer so bewertete. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Besuch des XI. Frühjahrssymposiums an dessen zweitem Tag, am Samstag, dem 13. Mai 2006, nichts im Wege stand. Da das Symposium sich auch aus thematisch selbständigen Blöcken zusammensetzt, wie der Senat weiß, ist die Teilnahme an Teilen der Veranstaltung insoweit ohne Einbuße an Weiterbildung möglich. Die zu den Themenblöcken gehaltenen Vorträge werden zudem in aller Regel anschließend veröffentlicht. Nicht aufgenommen werden kann allein die Diskussion. Wegen dieses damit vergleichsweise geringen Verlustes an Fortbildung, das - auch um die gemäß § 15 Fachanwaltsordnung erforderliche Stundenzahl zu erreichen - sicherlich auf andere Weise hätte ausgeglichen werden können, musste, ja durfte die Hauptverhandlung nicht ausgesetzt werden.

Zudem war eine ordnungsgemäße Verteidigung des Angeklagten durch den Pflichtverteidiger, Rechtsanwalt G. , auch hinsichtlich des Schlussvortrags, gewährleistet. Anderes wird auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Weder werden mangelndes Vertrauen des Angeklagten in seinen Pflichtverteidiger noch gar ein Zerwürfnis, das eine Kommunikation und eine sinnvolle Verteidigung unmöglich gemacht hätte, vorgetragen. Allein aus dem Aussetzungsantrag des Angeklagten mit der Begründung, er wolle - auch - von seinem Wahlverteidiger vertreten sein, kann dies nicht geschlossen werden. Dass auch der Wahlverteidiger von einer wirksamen Verteidigung allein durch den Pflichtverteidiger ausging - wenn es im Zweifelsfall auch auf die Sicht des Angeklagten angekommen wäre -, kann aus dem Verhalten von Rechtsanwalt M. nach der definitiven Ablehnung seines Antrags auf Terminsverlegung vom 4. Mai 2006, womit er auch mit der Ablehnung des späteren Aussetzungsantrags jedenfalls rechnen musste, geschlossen werden. Der Wahlverteidiger stand nun selbst vor der Entscheidung, ob er der Verteidigung seines Mandanten oder der Teilnahme am ersten Tag des XI. Frühjahrssymposiums der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins in Karlsruhe den Vorrang geben sollte (sofern nicht sein Fernbleiben von der Hauptverhandlung von seinem Mandanten trotz dessen grundsätzlichen Wunsches - entsprechend der Begründung des Aussetzungsantrags -, auch am 12. Mai 2006 über den Beistand von Rechtsanwalt M. verfügen zu können, für den Fall der Ablehnung gebilligt worden war). Denn hätte der Wahlverteidiger damit rechnen müssen, dass eine sachgerechte Verteidigung des Angeklagten nicht auch ohne ihn gewährleistet ist, hätte seine Entscheidung für die Teilnahme auch am 1. Tag des Symposiums sehr wohl mit seiner Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung (§ 1 BRAO) kollidieren können. Zu entscheiden hat dies der Senat nicht. Er kann sich aber nicht vorstellen, dass Rechtsanwalt M. ein derart gravierendes standeswidriges Verhalten auch nur in Kauf genommen hat.

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BGH:
Beschluss v. 09.11.2006
Az: 1 StR 474/06


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