Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 10. Februar 2012
Aktenzeichen: 6 U 124/11
(OLG Köln: Urteil v. 10.02.2012, Az.: 6 U 124/11)
Tenor
1.) Die Beschwerde der Beklagten gegen den Berichtigungsbeschluss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27.7.2011 betreffend das Urteil vom 26.5.2011 - 31 O 424/09 - wird zurückgewiesen.
2.) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 26.5.2011 - 31 O 424/09 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27.7.2011 wird zurückgewiesen.
3.) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
4.) Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 €, des Auskunftsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € und des Kostenanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung des Kostenanspruchs Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages und im Übrigen eine Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5.) Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien sind pharmazeutische Unternehmen. Sie vertreiben jeweils chemisch weitgehend identisch zusammengesetzte Darmreinigungspräparate zur Vorbereitung einer Koloskopie (Darmspiegelung). Das von der Beklagten seit Mai 2005 angebotene Mittel "Globance-Lavage" enthielt als wirksame Bestandteile zunächst 52,5 g Macrogol 3350, 1,4 g Natriumchlorid, 0,715 g Natriumhydrogencarbonat und 0,185 g Kaliumchlorid. Seit 2007 enthält das Mittel 52,236 g Macrogol 3350, 1,4 g Natriumchlorid, 0,716 g Natriumhydrogencarbonat und 0,184 g Kaliumchlorid. Für die Wirkung des Mittels sind diese Veränderungen unerheblich. Das Mittel wird zur Anwendung in 3-4 Liter Wasser aufgelöst getrunken. Der Wirkstoff Macrogol bewirkt eine Vermehrung des Wasservolumens im Darmtrakt. Dadurch wird der vorhandene Stuhl hydratisiert und nimmt ebenfalls an Volumen zu; die Darmwand wird gedehnt und ein Defäkationsreflex ausgelöst, so dass der Darm erheblich beschleunigt entleert wird. Die in dem Mittel enthaltenen Elektrolyte dienen dazu, einen eventuellen Elektrolytverlust auszugleichen. Weitere Einzelheiten der Wirkweise des Mittels sind zwischen den Parteien streitig.
Die Klägerin vertreibt ihr Mittel "Endofalk" als Arzneimittel, die Beklagte "Globance Lavage" als Medizinprodukt. Sie ließ ihr Mittel durch die Fa. N. als Benannte Stelle nach dem MPG zertifizieren. Nachdem die Klägerin im Sommer 2005 das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. aufgefordert hatte, den Vertrieb von "Globance Lavage" zu unterbinden, weil es sich dabei um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handele, teilte das staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. der Beklagten mit Schreiben vom 27.3.2006 mit, sie habe das Mittel als Medizinprodukt eingestuft. Am 18.09.2006 teilte das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. mit, es prüfe nun, nachdem es das Mittel Anfang 2006 als Medizinprodukt eingestuft habe, ob dieses der Apothekenpflicht unterliege. Dies bejahte das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. in weiteren Schreiben.
Die Klägerin hält den Vertrieb von "Globance Lavage" für unzulässig, da das Mittel ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG sei. Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, das streitgegenständliche Mittel in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist, und Auskunft, in welchem Umfang dies bisher geschehen ist; außerdem begehrt sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.
Das Landgericht hat unter Verwertung der Erkenntnisse aus einem früheren, ein vergleichbares Produkt betreffenden Verfahren ohne erneute Beweisaufnahme der Klage im Wesentlichen stattgegeben und sie lediglich hinsichtlich der Schadensersatzpflicht wegen Verjährung insoweit abgewiesen, als der Zeitraum vor dem 7.1.2009 betroffen ist. Im Unterlassungsausspruch hat das Landgericht den Anteil des Natriumhydrogencarbonat dem Antrag entsprechend mit 0,815 g oder 0,816 g angegeben. Dies hat das Landgericht nach § 319 ZPO durch Beschluss vom 27.7.2011 dahin berichtigt, dass dieser Anteil 0,185 g oder 0,184 g betrage.
Die Beklagte, die mit der Berufung ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt, vertieft und ergänzt ihren erstinstanzlichen Vortrag und hat außerdem Beschwerde gegen den Berichtigungsbeschluss der Kammer eingelegt mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 319 ZPO für eine Urteilsberichtigung seien nicht erfüllt.
Zur Berufung trägt sie vor, § 21 AMG sei keine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Die dies annehmende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überschreite die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und sei daher verfassungswidrig.
"Globance Lavage" sei kein Arzneimittel. Hierfür fehle es an der "pharmakologischen" Wirkung des Mittels. Entscheidend sei allein die Hauptwirkweise des Mittels. Pharmakologisch sei diese nur dann, wenn festgestellt werden könne, dass die Hauptwirkung durch eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen des zugeführten Stoffes und einem Zellbestandteil (Rezeptor) bewirkt werde, die entweder zu einer direkten Wirkung führe oder die Wirkung auf einen anderen Wirkstoff blockiere. Im Zweifelsfall liege ein Medizinprodukt vor. Unerheblich sei es, ob ein Produkt körpereigene Vorgänge massiv beschleunige oder sogar erhebliche Risiken habe. Sie verweist darauf, dass insofern die Entscheidung des Senats vom 11.12.2009 - 6 U 90/09 - in der Fachliteratur auf Kritik gestoßen sei. Auch das Revisionsurteil in dieser Sache (BGH, Urteil vom 24.11.2010 - I ZR 204/09) veranlasse nicht, derartige Produkte als Arzneimittel einzuordnen, wie sich aus der Stellungnahme des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller (Anlage B 23) ergebe. Schließlich hätte das Landgericht dem Antrag de Beklagten entsprechen müssen, den Sachverständigen anzuhören.
Ihr Verhalten könne jedenfalls deshalb nicht als wettbewerbswidrig bewertet werden, weil das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. durch einen mündlichen Verwaltungsakt, der schriftlich bestätigt worden sei, "Globance Lavage" als Medizinprodukt eingestuft habe. Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. sei hierfür auch zuständig gewesen, weil es nach §§ 64 Abs. 3 Satz 1, 69 Abs. 2 Nr. 1 AMG zuständig sei, sich davon zu überzeugen, dass die Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln beachtet werden und das Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Arzneimittels zu untersagen. Daraus ergebe sich eine Zuständigkeit auch für Entscheidungen über die Zulassungspflichtigkeit; dem entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hält die Beklagte unter Hinweis auf eine Kommentarmeinung für überholt.
Durch den Schriftwechsel mit dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt I. sei zugleich ein Vertrauenstatbestand entstanden, der aus verfassungsrechtlichen Gründen im Rahmen einer Abwägung dazu führen müsse, eine Untersagung des Inverkehrbringens von "Globance Lavage" als für die Beklagte unzumutbar anzusehen.
Jedenfalls stehe der Klägerin kein Anspruch auf Schadensersatz zu, weil es an dem insoweit erforderlichen Verschulden fehle. Die Beklagte habe aufgrund der Zertifizierung des Mittels als Medizinprodukt und aufgrund der Äußerungen des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts I. davon ausgehen dürfen, "Globance Lavage" sei kein Arzneimittel. Jedenfalls im Hinblick auf das "Golly Telly"-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.12.2009 - I ZR 189/07 (GRUR 2010, 754 = WRP 2010, 869), in dem die Einstufung eines vergleichbaren Mittels durch das Oberlandesgericht Hamburg als Medizinprodukt nicht beanstandet worden sei, könne der Beklagten nicht vorgeworfen werden, den Vertrieb ihres Mittels als Medizinprodukt für zulässig gehalten zu haben.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen Prof. G.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2.12.2011 (Bl. 628 ff.) Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde gegen den Berichtigungsbeschluss hat keinen Erfolg. Ob ein Fehler offenbar im Sinne des § 319 ZPO ist, bestimmt sich nach der Perspektive einer sachkundig beratenen Verfahrenspartei, die sich des Vorliegens eines Fehlers anhand aller ihr verfügbaren Unterlagen und Informationsquellen, insbesondere auch der Prozessakten, vergewissern kann (PG-Thole, § 319 Rdn. 4).So lag es hier. Es steht außer Zweifel, dass das "Globance Lavage" in der Zusammensetzung verboten werden sollte, die das Mittel tatsächlich hat. Die zutreffende Zusammensetzung ergibt sich zuverlässig aus den zu den Prozessakten gereichten Gebrauchsinformationen zu dem Produkt. Die abweichende Angabe in Tatbestand und Tenor der Entscheidung war daher offenbar unrichtig.
III.
Die Berufung hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vertrieb eines zulassungspflichten Arzneimittels ohne die erforderliche Zulassung gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 3a HWG, 21 Abs. 1 AMG verstößt.
a) § 21 Abs. 1 AMG ist eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Die Zulassung eines Mittels als Arzneimittel erfolgt - wie die Beklagte in der Berufungsbegründung auch selbst ausgeführt hat - aufgrund eines kostenintensiven und aufwendigen Verfahrens. Es stellt daher einen erheblichen (und daher auch im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG spürbaren) Wettbewerbsvorteil dar, wenn ein Mitbewerber ein zulassungsbedürftiges Mittel vertreibt, ohne dieses Zulassungsverfahren durchlaufen zu haben. Auch unter Berücksichtigung der Grundrechte eines pharmazeutischen Unternehmens ist es daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein gegen § 21 Abs. 1 AMG verstoßendes Verhalten auch wettbewerbsrechtlich geahndet werden kann.
b) Das Präparat "Globance Lavage" der Beklagten ist ein Arzneimittel.
aa) Der Senat hat in seinem Urteil vom 11.12.2009 - 6 U 90/09 - zum Begriff des Arzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG ausgeführt:
"Gemäß Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG (EG-HumanarzneimittelkodexRL) in der bis zum 29.4.2004 geltenden Fassung waren Arzneimittel u.a. alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs waren bei der Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter die Definition des Funktionsarzneimittels fällt, alle seine Merkmale und insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen Eigenschaften, wie sie sich beim jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellen lassen, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern sowie die Risiken zu berücksichtigen, die seine Verwendung mit sich bringen kann (EuGH GRUR 2008, 271, 272 (Tz. 55) - Knoblauch-Extrakt-Pulver-Kapsel; vgl. auch BGH GRUR 2008, 830 = WRP 2008, 1213, Tz. 18 - L-Carnitin II).
... Der Europäische Gerichtshof hat eine pharmakologische Eigenschaft bei solchen Mitteln angenommen, die dazu geeignet sind, sich auf Körperfunktionen auszuwirken; diese weite Definition hat er dahin eingeschränkt, dass Mittel, die sich nicht nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und somit dessen Funktionsbedingungen nicht wirklich beeinflussen, nicht als Funktionsarzneimittel einzustufen seien. Vom Arzneimittelbegriff wurden daher solche Mittel nicht erfasst, deren Wirkung auch durch die Aufnahme "normaler" Nahrungsmittel erreicht werden könnte (EuGH GRUR 2008, 271, 273 (Tz. 60, 66) - Knoblauch-Extrakt-Pulver-Kapsel, mwN.).
... Daran hat sich durch die Neufassung der Definition des Arzneimittels durch die Richtlinie 2004/27/EG, wie sie in § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG der geltenden Fassung umgesetzt hat und der daher richtlinienkonform auszulegen ist (vgl. BGH GRUR 2008, 830 = WRP 2008, 1213, Tz. 16 - L-Carnitin II), nichts geändert. Nach Art. 1 Nr. 1 b dieser Richtlinie ist der Definition des Arzneimittels hinzugefügt worden, dass die Einwirkung auf die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung erfolgen muss. Die Änderung ist zu dem in Erwägungsgrund 7 der Richtlinie genannten Zweck erfolgt, die Entstehung neuer Therapien und die steigende Zahl so genannter "Grenzprodukte" zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR 2009, 511, 513 (Tz. 33 f.) - Hecht-Pharma). Sie sollte die von dem Europäischen Gerichtshof entwickelten Kriterien nicht ändern, abgesehen von der Notwendigkeit, von nun an neben den pharmakologischen Eigenschaften nunmehr auch dessen immunologische und metabolische Eigenschaften zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2009, 511, 513 (Tz. 35) - Hecht-Pharma). Der Europäische Gerichtshof hat daher die Änderung des Richtlinientextes als "Klarstellung" bezeichnet, die der Gemeinschaftgesetzgeber für erforderlich gehalten haben mag (EuGH, aaO., Tz. 34). Daraus folgt, dass in der Sache der Arzneimittelbegriff unverändert geblieben ist. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass der Terminus "pharmakologische Wirkung" eine andere Bedeutung als der Begriff "pharmakologische Eigenschaft" hat, der bereits nach früherem Recht ein entscheidender Faktor für die Einordnung als Arzneimittel war (vgl. EuGH GRUR 2008, 271, 272 (Tz. 59) - Knoblauch-Extrakt-Pulver-Kapsel).
Auch der Bundesgerichtshof hat unter Geltung des neuen Rechts als pharmakologisch die tatsächlichen Wirkungszusammenhänge zwischen einem dem Organismus zugeführten Stoff und dessen (also des Organismus‘) Reaktion bezeichnet (BGH GRUR 2008, 830 = WRP 2008, 1213, Tz. 26 - Carnitin II). Dies entspricht einer auch in der medizinischen Wissenschaft verbreiteten Definition (vgl. Pschyrembel, 261. Auflage, S. 1483). Auch der Bundesgerichtshof erfordert aber zusätzlich, dass die Auswirkung auf den Stoffwechsel "nennenswert" ist und somit dessen Funktionsbedingungen "wirklich" beeinflussen (BGH, aaO., Tz. 19).
Damit ist eine wissenschaftlich überprüfbare Einschränkung des Begriffs "pharmakologisch" vorgenommen, die auch für die Abgrenzung von Arzneimitteln zu Medizinprodukten herangezogen werden kann. Insbesondere wird der Anwendungsbereich des Medizinproduktegesetzes damit nicht unangemessen eingeschränkt. Zunächst ist daran zu erinnern, dass ein erheblicher Anteil der Medizinprodukte nicht aus Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen besteht, wie dies das Vorliegen eines Arzneimittels voraussetzt. Aber auch im Bereich der Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen finden sich zahlreiche Mittel, wie etwa Augentropfen, die physiologisch wirken, aber nicht die Schwelle der pharmakologischen Wirkung in dem oben beschriebenen Sinne überschreiten.
Zwar mag die von der Beklagten befürwortete Abgrenzung nach den Maßstäben der MEDDEV-Leitlinien theoretisch klare und eindeutige Ergebnisse zu zeitigen. Die praktische Anwendung zeigt aber die Schwierigkeiten, die - wie hier - mit dem Nachweis einer unmittelbaren Reaktion eines Zellbestandteils auf ein Molekül der aufgenommenen Substanz verbunden sind. Daher mag zwar dem Umstand, dass ein Mittel zunächst physikalisch wirkt, erhebliche Bedeutung zukommen und grundsätzlich dazu führen, dass die Arzneimitteleigenschaft zu verneinen ist. Denn rein mechanisch oder physikalisch wirkende Stoffe oder Stoffzusammensetzungen rufen typischerweise keine Wirkungen hervor, die über die körpereigenen Funktionen hinausgehen, so dass unter das Medizinproduktegesetz grundsätzlich all jene Produkte fallen, die zwar physiologisch wirken, aber bei bestimmungsgemäßer Anwendung lediglich die normalen Körperfunktionen unterstützen. Ein macrogolhaltiges Laxativum (Abführmittel) kann demnach durchaus ein Medizinprodukt sein. Diese typischerweise eingeschränkte Wirkung physikalisch wirkender Mittel erfordert aber nicht eine generelle Einschränkung des Begriffs der pharmakologischen Wirkung. Maßgeblich und erforderlich im Hinblick auf das Ziel, Gesundheitsschutz und Warenverkehrsfreiheit in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, bleibt vielmehr die im Einzelfall durchzuführende Gesamtabwägung. Führt ein Mittel zu derart heftigen Reaktionen des Organismus, dass der hervorgerufene Zustand als pathologisch zu bezeichnen ist, und stellt es sich auch im Übrigen als Arzneimittel dar, so ist es - wie das streitgegenständliche Produkt - ein Arzneimittel.
Wie sich aus Art. 2 Abs. 2 der Humanarzneimittelkodexrichtlinie ergibt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Medizinproduktegesetz spezieller als das Arzneimittelgesetz wäre (vgl. zu dieser Auffassung die Nachweise bei Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, § 2 AMG A 1.10 Nr. 154 - Stand: 2009) mit der Folge, dass ein Mittel, das in den Regelungsbereich beider Gesetze fällt, allein nach dem Medizinproduktegesetz zu behandeln wäre. Vielmehr sind nach der genannten Richtlinienbestimmung in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von "Arzneimittel" als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, die arzneimittelrechtlichen Bestimmungen maßgeblich. Dies gilt ausweislich des Erwägungsgrundes 7 der Richtlinie 2004/27/EG auch im Hinblick auf die Abgrenzung zu Medizinprodukten. Da aus den oben dargestellten Gründen das streitgegenständliche Mittel als Arzneimittel zu definieren ist, ist der Anwendungsbereich der genannten Richtlinienbestimmung eröffnet (vgl. EuGH GRUR 2009, 511, 512 (Tz. 29) - Hecht-Pharma; BVerwG NVwZ 2009, 1038 - Tz. 15). Verbleibende Zweifel hinsichtlich der Einordnung als Arzneimittel oder Medizinprodukt gehen daher zu Lasten der Beklagten."
Diese Auffassung hat der Bundesgerichtshof im Revisionsurteil (Urteil vom 24.11.2010 - I ZR 204/09) bestätigt (Tz. 7 ff):
"Für die im Grenzbereich zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten vorzunehmende Einordnung eines Produkts als Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 2 AMG aF und § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG nF oder aber als Medizinprodukt im Sinne von § 3 Nr. 1 Buchst. a MPG kommt es auf die bestimmungsgemäße Hauptwirkung des Produkts an: Wirkt das Präparat vor allem auf pharmakologischem oder immunologischem Weg oder durch Metabolismus, handelt es sich um ein Arzneimittel (vgl. Art. 1 Nr. 2 Buchst. b RL 2001/83/EG; Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte; BGH, GRUR 2010, 169 = WRP 2010, 247, Rn. 14 - CE-Kennzeichnung; GRUR 2010, 754 = WRP 2010, 869, Rn. 16 - Golly Telly; GRUR 2010, 1026 = WRP 2010, 1393, Rn. 14 - Photodynamische Therapie). Erreicht das Produkt seine Hauptwirkung dagegen auf physikalischem Weg, liegt grundsätzlich ein Medizinprodukt vor. ...
Bei der jeweils im Einzelfall zu treffenden Entscheidung, ob ein Erzeugnis ein Funktionsarzneimittel oder ein Medizinprodukt ist, sind im Übrigen alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen und metabolischen Eigenschaften - wie sie sich beim jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellen lassen -, die Modalitäten seines Gebrauchs, den Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann (EuGH, Urteil vom 5. März 2009 - C-88/07, Slg. 2009, I-1353 = ZLR 2009, 321 Rn. 72 - Kommission/Königreich Spanien, mwN; Urteil vom 30. April 2009 - C-27/08, Slg. 2009, 3785 = GRUR 2009, 790 Rn. 18 - BIOS Naturprodukte).
Nach Art. 2 Abs. 2 RL 2001/83/EG in der durch die Richtlinie 2004/27/EG geänderten Fassung gilt die Richtlinie 2001/83/EG in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Arzneimitteldefinition in Art. 1 Nr. 2 RL 2001/83/EG als auch unter die Definition eines durch andere Vorschriften des Unionsrechts geregelten Erzeugnisses fallen kann. Diese Regelung ... kommt ... [allerdings] nur dann zur Anwendung, wenn die Arzneimitteleigenschaft des Produkts festgestellt ist... Die Vorschrift des Art. 2 Abs. 2 RL 2001/83/EG bestimmt aber - abgesehen von der durch sie angeordneten vorrangigen Anwendung des Arzneimittelrechts - immerhin auch, dass bei der Beurteilung der Frage, ob ein Produkt ein Funktionsarzneimittel ist, nicht allein seine unmittelbaren Wirkungen, sondern ebenso seine Neben- und Folgewirkungen zu berücksichtigen sind. Ein Produkt ist daher auch dann ein Arzneimittel, wenn es durch seine auf physikalischem Gebiet liegende primäre Wirkung eine auf pharmakologischem Gebiet liegende weitere Wirkung auslöst und diese weitere Wirkung die bestimmungsgemäße Hauptwirkung darstellt (BGH, GRUR 2010, 1026 = WRP 2010, 1393, Rn. 15 ff. - Photodynamische Therapie; vgl. auch BGH, GRUR 2010, 1140 = WRP 2010, 1479, Rn. 12 f. - Mundspüllösung, zur Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und kosmetischen Mitteln). Ein Medizinprodukt ist es dagegen dann, wenn seine auf physikalischem Gebiet liegende Wirkungsweise durch pharmakologisch oder immunologisch oder metabolisch wirkende Mittel lediglich unterstützt wird (§ 3 Nr. 1 MPG; BGH, GRUR 2010, 754 = WRP 2010, 869 Rn. 16 - Golly Telly; GRUR 2010, 1026 = WRP 2010, 1393, Rn. 14 - Photodynamische Therapie)."
Danach sieht der Senat keine Veranlassung, nunmehr das allein auf die primäre Wirkweise abstellende Verständnis der Beklagten für die Abgrenzung von Medizinprodukten und Arzneimitteln zugrunde zu legen. Diese Auffassung berücksichtigt nicht, dass nach den europarechtlichen Vorgaben und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Gesamtabwägung auch unter Berücksichtigung der Nebenfolgen vorzunehmen ist.
c) Nach diesen Grundsätzen ist das Mittel "Globance Lavage" ein Arzneimittel. Der Senat hat zu dem Mittel, das Gegenstand des Verfahrens 6 U 90/09 war, und das stofflich und in seiner bestimmungsgemäßen Wirkung dem Mittel der Beklagten entspricht, festgestellt:
"Indem das streitgegenständliche Mittel dazu führt, dass der Darm entleert wird, wirkt es auf einen physiologischen Vorgang ein. Dieser Vorgang kann durch eine Aufnahme von Nahrungsmitteln in dieser Weise nicht ausgelöst werden. Das Landgericht hat festgestellt, dass das Mittel zu einer Defäkation führt, die nicht dem normalen Verlauf entspricht, und einen pathologischen Zustand hervorruft. Unzweifelhaft wirkt sich das streitgegenständliche Mittel daher in ganz erheblichem Maß auf Körperfunktionen aus. Dies ist nach dem oben dargestellten Verständnis eine pharmakologische Wirkung. Zudem kann das Mittel erhebliche, gesundheitsgefährdende Nebenwirkungen haben. Dies spricht ebenso für eine Einordnung als Arzneimittel wie die Modalitäten des Gebrauchs, denn die "Darmspülung H." wird in einer für Arzneimittel typischen Weise eingenommen."
Die Beweisaufnahme hat zu keinen abweichenden Feststellungen geführt; auch für die Einholung eines weiteren Gutachtens besteht kein Anlass. Zwar streiten die Parteien über die exakte Wirkweise des streitgegenständlichen Mittels. Insoweit vermag sich der Senat des gerichtlichen Sachverständigen wie auch des sachkundigen Beraters der Beklagten, Prof. W., anzuschließen, dass weitere Forschungen wünschenswert wären. Dies ist allerdings im vorliegenden Verfahren nicht erforderlich, denn auch die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass eine mittels "Globance Lavage" bestimmungsgemäß durchgeführte Darmreinigung auf Körperfunktionen einwirkt und eine Diarrhoe verursacht, die als pathologisch in dem Sinne bezeichnet werden kann, dass eine Darmentleerung dieses Umfangs durch eine normale Nahrungsaufnahme nicht verursacht erreicht werden kann. Gerade dies entspricht auch dem Zweck des Mittels. Die Beklagte hat auch nicht in Abrede gestellt, dass "Globance Lavage" in einer für Arzneimittel typischen Weise eingenommen wird und dieselben erheblichen, gesundheitsgefährdenden Nebenwirkungen haben kann wie das von der Klägerin vertriebene Mittel und das Präparat, das Gegenstand des früheren Verfahrens vor dem Senat war.
Dass der Senat auf der Grundlage dieser Feststellungen ein Darmreinigungsmittel als Arzneimittel eingestuft hat, hat der Bundesgerichtshof ebenfalls nicht beanstandet (BGH, aaO., Tz. 10 f.):
"Das Berufungsgericht hat das Produkt der Beklagten nach Maßgabe dieser Grundsätze ohne Rechtsfehler als ein (Funktions-)Arzneimittel eingeordnet, das ohne eine entsprechende Zulassung weder vertrieben noch beworben werden darf (§ 21 Abs. 1 AMG; § 3a Satz 1 HWG).
Nach den vom Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht getroffenen Feststellungen wirkt sich das streitgegenständliche Mittel in ganz erheblichem Maß auf Körperfunktionen aus, indem es zu einer dem normalen Verlauf nicht entsprechenden Entleerung des Darms führt und so auf einen physiologischen Vorgang einwirkt, der durch eine Aufnahme von Nahrungsmitteln in dieser Weise nicht ausgelöst werden kann. Seine damit gegebene pharmakologische Wirkung spreche - so das Berufungsgericht - ebenso für seine Einordnung als Arzneimittel wie der Umstand, dass das Mittel erhebliche Nebenwirkungen habe, die die Gesundheit gefährdeten; außerdem werde es in einer für Arzneimittel typischen Weise eingenommen."
Ausdrücklich hat der Bundesgerichtshof auch in diesem Zusammenhang der Auffassung der damaligen wie der jetzigen Beklagten, dass "es ausschließlich auf die spezifischen Wirkungsläufe und insbesondere bei der bestimmungsgemäßen Hauptwirkung nicht auf die weitere Wirkung des Mittels ankomme, sondern allein auf die zunächst ausgelöste primäre Wirkung", eine Absage erteilt (BGH, aaO., Tz. 12). Insofern liegen die Erwägungen der Beklagten, nach den Ausführungen des Sachverständigen könne auch ein Händedruck als Arzneimittel eingestuft werden, neben der Sache. Dies steht in Übereinstimmung damit, dass der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, das Revisionsurteil vom 24.11.2010 - I ZR 204/09 - stehe nicht im Widerspruch zu seiner Entscheidung "Golly Telly" (GRUR 2010, 754 = WRP 2010, 869). Denn zu dem dort streitgegenständlichen Mittel war weder eine die Gesundheit gefährdende Wirkung des Mittels noch ein durch dieses verursachter pathologischer Zustand festgestellt.
d) Die Beklagte kann nicht mit Erfolg einwenden, ihr sei das Inverkehrbringen von "Globance Lavage" durch Verwaltungsakt des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts I. gestattet worden mit der Folge, dass dieses nicht als wettbewerbswidrig angesehen werden könne. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. für die Entscheidung über die Zulassungspflichtigkeit zuständig wäre. Das ist aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der Fall.
Die Vorschrift des § 21 Abs. 4 AMG soll nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 13, 13/9996, S. 21, BT-Drs. 13/8805, S. 18, 22) der Rechtsklarheit dienen. Mit der Festlegung einer zentralen Abgrenzungszuständigkeit einer Bundesoberbehörde soll ausgeschlossen werden, dass es wegen der regionalen Zuständigkeiten mehrerer Landesbehörden hinsichtlich desselben Produkts zu widersprechenden Entscheidungen zur Zulassungspflicht kommt. Mit der Entscheidung über die Zulassungspflicht wird notwendigerweise auch über die Arzneimitteleigenschaft entschieden. Der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erlassene Verwaltungsakt bindet die Landesbehörden (OVG Lüneburg, Beschluss vom 25.05.2011 (13 LA 213/10 - BeckRS 2011, 50871). Die Aufgabe der nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG zuständigen Landesbehörden besteht danach darin, alle notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Bestimmungen sowie die notwendigen Anordnungen zur Unterbindung künftiger Verstöße zu treffen. Daher ist es Sache der Landesbehörden, den Vertrieb eines nicht zugelassenen Arzneimittels zu unterbinden. Grundlage für ihr Einschreiten ist aber die Einstufung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 30. Mai 2001 - 1 U 171/01 -, Juris). Die Verteilung der Zuständigkeit folgt damit dem in vielen Bereichen geltenden Prinzip, dass der Bund die Zuständigkeit für die Rechtssetzung bzw. hier Rechtsfeststellung hat, während den Landesbehörden die Umsetzung und Durchsetzung dieser Rechtslage obliegt. Der Senat sieht daher die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt: GRUR 2010, 1026 = WRP 2010, 1393, Rdn. 19 - Photodynamische Therapie), allein das Bundesinstitut sei für Entscheidungen und Auskünfte hinsichtlich seiner Zulassungspflicht zuständig, entgegen der Auffassung der Beklagten nicht für überholt an. Daher kann auch wettbewerbswidrig im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 21 Abs. 1 AMG handeln, wer auf die Richtigkeit der vom Landesamt erteilten günstigen Auskünfte vertraut; dasselbe gilt, soweit eine Benannte Stelle i.S.v. § 3 Nr. 20 AMG einem Produkt bescheinigt, es erfülle die Anforderungen an ein Medizinprodukt (BGH, ebd.). So liegt der Fall hier.
e) Nach dem Vorgesagten kann sich die Beklagte auch nicht auf eine verfassungsrechtlich geschützte Vertrauensposition berufen, die sich aus der Auskunft des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts I., wie auch der Benannten Stelle ergebe und dazu führe, trotz Wettbewerbswidrigkeit könne der Vertrieb "Globance Lavage" aus Verfassungsgründen nicht verboten werden. Denn die Auskünfte einer nicht zuständigen Behörde können auch in diesem Sinn ein schützenswertes Vertrauen nicht begründen. Es wäre der Beklagten möglich und zumutbar gewesen, den von § 2 Abs. 4 Satz 2 AMG vorgesehenen Weg zu beschreiten und um eine Auskunft des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nachzusuchen. Dass dies mit Aufwand und Kosten verbunden ist, steht dem nicht entgegen. Vielmehr musste der Beklagten klar sein, dass sie ohne diesen Aufwand nicht über eine verlässliche Grundlage für den Vertrieb ihres Mittels als Arzneimittel verfügte.
f) Nach alledem kann die Klägerin als Mitbewerberin der Beklagten von dieser die begehrte Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 UWG verlangen.
Die Beklagte ist der Klägerin außerdem zum Schadensersatz gemäß § 9 UWG verpflichtet. Die Beklagte trifft an dem Verstoß ein Verschulden. Ihr musste jedenfalls bewusst sein, dass die Rechtslage unklar war, so dass Anlass bestand, eine Entscheidung des zuständigen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 2 Abs. 4 Satz 2 AMG einzuholen. Dagegen konnte die Beklagte aus den dargelegten Gründen auf Äußerungen insoweit unzuständiger Behörden nicht vertrauen. Für die "Golly Telly"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs gilt nichts anderes. Denn auch der Bundesgerichtshof ist für eine Entscheidung nach § 2 Abs. 4 Satz 2 AMG nicht zuständig und kann auch keine wirkungsgleiche Entscheidung treffen, weil er die hierfür erforderliche Sachaufklärung nicht durchführen kann. Zudem hätte die Beklagte erkennen können, dass die Wirkungen von "Globance Lavage" über die Wirkungen hinausgehen, die der Bundesgerichtshof seiner Entscheidung zugrunde legen musste.
Die Auskunftsverpflichtung der Beklagten folgt aus § 242 BGB.
IV.
1. Die Kostenentscheidungen im Beschwerde- und Berufungsverfahren beruhen auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
2. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Die Entscheidung wendet die Grundsätze der genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs an. Soweit die Beklagte die Rechtseinheitlichkeit im Hinblick auf die Golly-Telly Entscheidung gefährdet sieht, ist anzumerken, dass die von der Beklagten gewünschte Rechtseinheitlichkeit nicht durch ein Revisionsverfahren, sondern nur durch ein Eingreifen des zuständigen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte hergestellt werden kann.
3. Streitwert für das Berufungsverfahren: 250.000 €
OLG Köln:
Urteil v. 10.02.2012
Az: 6 U 124/11
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