Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juni 2001
Aktenzeichen: 17 W (pat) 53/00

(BPatG: Beschluss v. 21.06.2001, Az.: 17 W (pat) 53/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist am 28. Mai 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt mit der Bezeichnung

"Baueinheit mit elektronischem Mehrfach-Münzprüfer"

eingereicht worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 07 D mit Beschluß vom 15. Juni 2000 mangels erfinderischer Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Die Anmelderin verfolgt ihr Patentbegehren nach Haupt- und Hilfsanträgen weiter.

Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, mit einer Gliederung versehen, lautet:

"Baueinheit mit elektronischem Mehrfach-Münzprüfer zum Einbau in einen Automatena) mit wenigstens einer vorgegebenen Schnittstelle, b) mit einer rechteckigen Frontplatte, die einen Münzeinwurfschlitz und gegebenenfalls einen Münzrückgabeschlitz sowie eine Münzrückgabetaste aufweist, c) und mit einem dahinter angeordneten Gestell, das einen Münzprüfkanal hinter dem Münzeinwurfschlitz und eine Münzdaten-Auswerteschaltung mit einem Anschlußbus zur Verbindung mit der Schnittstelle aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß

d) die Frontplatte (2) neben dem Münzeinwurfschlitz (5) einen etwa vertikal verlaufenden Chipkarten-Einsteckschlitz (8) aufweist, e) daß das Gestell (3) eine Chipkarten-Kontaktiereinheit (14) hinter dem Einsteckschlitz (8) und eine Kartendaten-Auswerteschaltung (19) aufweist, f) und daß die beiden Auswerteschaltungen (17, 19) anschlußseitig elektrisch kompatibel sind und ihnen der Anschlußbus (21) gemeinsam ist."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I, ebenfalls mit einer Gliederung versehen, lautet:

"Baueinheit mit elektronischem Mehrfach-Münzprüfer zum Einbau in einen Automatena) mit wenigstens einer vorgegebenen Schnittstelle, b) mit einer rechteckigen Frontplatte, die einen Münzeinwurfschlitz und gegebenenfalls einen Münzrückgabeschlitz sowie eine Münzrückgabetaste aufweist, c) und mit einem dahinter angeordneten Gestell, das einen Münzprüfkanal hinter dem Münzeinwurfschlitz und eine Münzdaten-Auswerteschaltung mit einem Anschlußbus zur Verbindung mit der Schnittstelle aufweist, c1) wobei die elektrische Belegung des Anschlusses sowie die Höhe und Breite des Gestells dem Industriestandard G 13 angepaßt ist, dadurch gekennzeichnet, daß

d) die Frontplatte (2) neben dem Münzeinwurfschlitz (5) einen etwa vertikal verlaufenden Chipkarten-Einsteckschlitz (8) aufweist, e) daß das Gestell (3) eine Chipkarten-Kontaktiereinheit (14) hinter dem Einsteckschlitz (8) und eine Kartendaten-Auswerteschaltung (19) aufweist, f) und daß die beiden Auswerteschaltungen (17, 19) anschlußseitig elektrisch kompatibel sind und ihnen der Anschlußbus (21) gemeinsam ist."

Bezüglich der jeweils weiteren Ansprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Der einzige Anspruch gemäß Hilfsantrag II lautet:

"Baueinheit (1) für das Einsetzen in eine Aufnahmeöffnung eines Automaten, mit einer rechteckigen, an den Automaten anzuschraubenden Frontplatte (2) und einem dahinter angeordneten Gestell (3), a) bei der die Frontplatte (2) einen Münzeinwurfschlitz (5) mit dahinterliegendem, in dem Gestell (3) vertikal angeordneten Münzprüfkanal (12), der den Münzeinwurfschlitz (5) mit einem darunter liegendem Münzrückgabeschlitz (6) verbindet und mit einer Münzrückgabetaste (7) versehen ist, undb) einen etwa vertikal verlaufenden Chipkarten-Einsteckschlitz (8) mit dahinterliegender Einsteckvorrichtung (13), im wesentlichen unmittelbar neben dem Münzeinwurfschlitz (5) und dem Münzprüfkanal (12) liegend in dem Gestell (3) angeordnet, aufweistc) bei der die Frontplatte (2) ein Display (9) und unter dem Einsteckschlitz (8) Bedienungstasten (10), im wesentlichen unmittelbar neben dem Münzrückgabeschlitz (6) angeordnet, aufweistd) bei der das Gestell (3) eine Münzdaten - und eine Kartendaten-Auswerteschaltung (17, 19) zusammengefaßt in einer Schaltungsanordnung (15) auf einer gemeinsamen Platine aufweist, angeordnet unter der Einsteckvorrichtung (13) und neben dem Münzprüfkanal (12), welche Auswerteschaltungen (17,19) das Display (9) ansteuern unde) deren Anschlußbusse (18,21) kompatibel ausgelegt sind und die zu einem gemeinsamen Anschlußbus (21) vereinigt sind, der aus der Schaltungsanordnung (15) herausgeführt über einen Mehrfachstecker (22) mit der Schnittstelle (23) des Automaten verbunden werden kann, undf) wobei die Schaltungsanordnung (15) eine Sperrvorrichtung (26) aufweist, die jeweils die eine Auswerteschaltung sperrt, wenn die andere aktiviert ist."

Zur Begründung der Beschwerde trägt die Anmelderin vor, daß es nunmehr bei vorhandenen Automaten mit einer vorgegebenen Schnittstelle für eine gesondert ausgebildete, in den Automaten einzusetzende Baueinheit für Münzzahlung oder Kartenzahlung möglich ist, beide Vorrichtungen trotz der räumlichen Enge, insbesondere bei Einhaltung des Industriestandards, zu kombinieren. Hierzu sei nicht nur eine spezielle räumliche Anordnung der die Zahlung ermöglichenden Bauteile nötig, sondern auch eine spezielle elektrische/elektronische Verschaltung. Aus diesem Grund käme dem Gegenstand des Patentbegehrens eine ausreichende, wenn auch nur geringe Erfindungshöhe zu.

Zur mündlichen Verhandlung ist die Anmelderin nicht erschienen.

Die Anmelderin hat schriftsätzich sinngemäß den Antrag gestellt, den angefochtenen Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes aufzuheben und ein Patent mit den nachfolgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 14, Beschreibung Seiten 1 bis 10, 1 Blatt Zeichnungen mit den Figuren 1 bis 3, jeweils eingegangen am 28. Mai 1999;

hilfsweise mit den am 2. Mai 2000 eingegangenen Ansprüchen 1 bis 11, übrige Unterlagen wie Hauptantrag (Hilfsantrag I);

weiterhin hilfsweise mit dem am 6. November 2000 eingegangenen einzigen Anspruch, übrige Unterlagen wie Hauptantrag (Hilfsantrag II).

II.

Die in rechter Frist und Form eingelegte Beschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, da der beanspruchte Gegenstand weder nach Hauptantrag, noch nach den Hilfsantragen patentfähig ist, § 1 Abs. 1 iVm § 4 PatG.

Die Druckschrift EP 0 696 020 A1 (nachfolgend mit Druckschrift 1 bezeichnet) offenbart eine Baueinheit mit elektronischem Mehrfach-Münzprüfer (1) zum Einbau in einen Automaten (Sp 2, Z 23; So 3, Z 22) mit wenigstens einer Schnittstelle (des Rechners 34 zu Betätigungseinheiten 35, 36), vergl insbes Fig 1, 2 und 5. Zur bekannten Baueinheit gehört eine Frontplatte mit einem Münzeinwurfschlitz 7 und einer Münzrückgabevorrichtung (Klappe 4) sowie einer Münzrückgabetaste (Sp 3, Z 24-26).

Hinter der Frontplatte befindet sich ein Gestell, das einen Münzprüfkanal 15 hinter dem Münzeinwurfschlitz 7 und eine Münzdaten-Auswerteschaltung mit Prüfsensoren 19 und einer Auswertungseinheit im Rechner 34 (Sp 3, Z 11-16) aufweist. Insoweit zeigt Druckschrift 1 zunächst die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 nach Hauptantrag.

Die Frontplatte der bekannten Baueinheit enthält weiterhin neben dem Münzeinwurfschlitz (7) einen etwa vertikal verlaufenden Chipkarten-Einsteckschlitz 8, hinter dem sich eine im Gestell untergebrachte Chipkarten-Kontaktiereinheit (10) und eine Kartendaten-Auswerteschaltung im Rechner 34 befinden, wobei über eine (weitere) Schnittstelle in Abhängigkeit vom Ergebnis der Kartenauswertung Betätigungseinheiten 38, 6 für Automatenfunktionen angesteuert werden. Demnach sind vom kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 nach Hauptantrag die Merkmale d) und e) ebenfalls aus Druckschrift 1 bekannt. Auch ohne direkte Erwähnung ist bei der Baueinheit nach Druckschrift 1 davon auszugehen, daß die Anschlüsse der (zum Rechner 34 gehörenden) Auswerteschaltungen elektrisch kompatibel sind, da die vom Automaten zu erbringenden Reaktionen (zB Warenausgabe etc.) von der Art der Bezahlung - Münzen oder Chipkarten - selbstverständlich unabhängig sein müssen. Ein Unterschied zwischen der aus Druckschrift 1 bekannten Baueinheit und jener nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag besteht folglich nur insoweit, als bei letzterer die Frontplatte rechteckig gestaltet ist (Merkmal b) und den Auswerteschaltungen der Anschlußbus (zum Automaten) gemeinsam ist. Diese Unterschiede lassen die Baueinheit nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen, da der einschlägige Fachmann - ein FH-Ingenieur der Fachrichtung Mechatronik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Automatentechnik - eine rechteckige Frontplatte entsprechend den mechanischen Randbedingungen vorsehen wird und auch der Einsatz eines gemeinsamen Anschlußbusses zu seinem üblichen Repertoire gehört.

Der technische Lehre des Anspruchs 1 nach Hauptantrag hat aus den aufgezeigten Gründen zur Druckschrift 1 und dem üblichen fachmännischen Wissen keinen erfinderischen Abstand; dieser Anspruch ist demzufolge nicht gewährbar.

Vom Anspruch 1 nach Hauptantrag unterscheidet sich jener nach Hilfsantrag I durch das zusätzlich vorgesehene Merkmal "wobei die elektrische Belegung des Anschlusses, sowie die Höhe und Breite des Gestells dem Industriestandard G 13 angepaßt ist". Auch zur Anwendung dieser Maßnahme ist keine erfinderische Tätigkeit erforderlich, da die Anpassung an vorgegebene Randbedingungen wie die Einbaubreite und Einbauhöhe nur voraussetzt, daß vorliegende Industriestandards, wie beispielsweise G 13, berücksichtigt werden. Es ist zwingend notwendig, daß einbaufähige Baueinheiten die vom Automaten vorgegebenen, standardisierten Abmessungen einhalten, so daß dies auch dem hier einschlägigen Fachmann geläufig ist.

Die Baueinheit mit den Merkmalen des einzigen Anspruchs nach Hilfsantrag II beruht ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Das einleitende und die Merkmale a), b) und e) dieses Anspruchs sind unter Bezugnahme auf die entsprechende Argumentation zum Anspruch 1 nach Hauptantrag durch die Druckschrift 1 und das übliche fachmännische Wissen nahegelegt.

Zu Merkmal c) ist auf die Druckschrift DE 92 06 970 U1 (nachfolgend Druckschrift 2 genannt) zu verweisen. Hieraus ist eine Baueinheit zum Einsetzen in die Aufnahmeöffnung eines Automaten ersichtlich, bei der die Frontplatte ein Display und unter dem Einsteckschlitz für die Chipkarte Bedienungstasten aufweist (vergl die einzige Figur). Diese aus Druckschrift 2 bekannten Merkmale bei der Baueinheit nach Druckschrift 1 einzusetzen und hierbei auch die Bedienungstasten im wesentlichen unmittelbar neben dem Münzrückgabeschlitz anzuordnen, erfordert vom Fachmann angesichts der Schlichtheit dieser Maßnahmen kein erfinderisches Handeln.

Die gemäß Merkmal d) vorgenommene Zusammenfassung der Auswerteschaltungen für die Münz- und Kartendaten in einer Schaltungsanordnung auf einer Platine ist durch Druckschrift 1 nahegelegt, denn der dort auswertende Rechner 34 stellt bereits eine solche "Zusammenfassung" dar. Die weiteren nach Merkmal d) getroffenen Maßnahmen sind trivial.

Die nach Merkmal f) vorhandene Sperrvorrichtung setzt der Fachmann ein, um die Anforderungen aus der Praxis nach einem störungsfreien Betrieb der Baueinheit zu erfüllen. Auch hierzu bedarf es folglich keiner erfinderischen Tätigkeit. Demnach beschreibt der Anspruch nach Hilfsantrag II lediglich Maßnahmen, die der Fachmann aus seiner Kenntnis der genannten Druckschriften und aus seinem üblichen Fachwissen, dh ohne erfinderisches Handeln trifft. Dieser Anspruch ist folglich ebenfalls nicht gewährbar.

Da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann, sind auch die zum Hauptantrag und zum Hilfsantrag I gehörenden Unteransprüche nicht gewährbar (vgl. BGH GRUR 1997,120).

Die Beschwerde war demzufolge zurückzuweisen.

Bertl Prasch Püschel Schusterprö






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Az: 17 W (pat) 53/00


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