Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Januar 2002
Aktenzeichen: 10 W (pat) 56/01

(BPatG: Beschluss v. 28.01.2002, Az.: 10 W (pat) 56/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Andreas Hilker reichte am 10. Februar 1996 eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Verfahren und Vorrichtung zur Unkrautbekämpfung auf befestigten Flächen" als Zusatzanmeldung zur Patentanmeldung 195 30 356.3 ein. Das Patentamt gewährte dem Anmelder antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe; dieser stellte am 25. Februar 1997 Prüfungsantrag.

Mit Wirkung vom 29. Juli 1998 ordnete das Patentamt dem Anmelder antragsgemäß Patentanwalt H... (i.F.: Antragsteller) bei. Dieser erklärte für den Anmelder am 20. April 1999 die Zustimmung zur Aussetzung der Patentanmeldung und beantragte am 22. Januar 2000, den Antrag auf Erteilung des Zusatzpatents in einen Antrag auf Erteilung eines selbständigen Patents umzuwandeln.

Die Anmeldung wurde schließlich am 27. Juli 2001 zurückgenommen. Am gleichen Tage reichte der Antragsteller eine Kostenrechnung über insgesamt 1.676,20 DM beim Patentamt ein.

Durch Beschluß vom 5. September 2001 (und weiteren inhaltsgleichen Beschluß vom 29. Oktober 2001) setzte das Patentamt die zu erstattenden Kosten auf 620,60 DM fest. Zur Begründung führte es aus, daß dem Vertreter die über den zuerkannten Betrag hinaus geltend gemachte 13/10-Gebühr von 910,00 DM nicht zustehe, da dieser weder bei der Anmeldung noch im Offensichtlichkeitsverfahren mitgewirkt habe.

Mit der Beschwerde macht der Antragsteller geltend, seine Beiordnung sei schon vor Eröffnung des Prüfungsverfahrens erfolgt. Der Prüfungsantrag sei zwar im Zeitpunkt der Beiordnung schon gestellt gewesen, habe aber nicht greifen können, da das Prüfungsverfahren der Hauptanmeldung noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Erst mit dem Antrag auf Weiterführung der Zusatzanmeldung als selbständige Patentanmeldung habe das Patentamt mit der Prüfung der Schutzvoraussetzungen beginnen können. Der Prüfungsantrag sei somit erst am 20. Januar 2000 wirksam geworden. Aus diesem Grunde habe er, der bereits am 29. Juli 1998 als Vertreter beigeordnet worden sei, bei der Patentanmeldung mitgewirkt, so daß ihm über den festgesetzten Betrag hinaus eine 13/10-Verfahrensgebühr zustehe.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den Kostenfestsetzungsbeschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. September 2001 bzw. 29. Oktober 2001 abzuändern und weitere Kosten in Höhe von 910,00 DM festzusetzen.

II Die Beschwerde, die vorsorglich gegen beide inhaltsgleiche Beschlüsse eingelegt wurde, ist gemäß § 7 Nr. 2 Vertretergebühren-Erstattungsgesetz (VertrGebErstG) in Verbindung mit §§ 62 Abs. 2 Satz 4, 73 Patentgesetz (PatG) zulässig, sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Dem Antragsteller steht die begehrte 13/10 Gebühr weder für die Anmeldung des Patents noch für das Verfahren gemäß § 42 PatG zu (II § 2 Abs 2 Nr 1 VertrGebErstG).

1. für die Entstehung der 13/10 Gebühr nach II § 2 Abs. 2 Nr. 1 VertrGebErstG ist zunächst nicht erforderlich, daß ein Vertreter sowohl bei der Anmeldung als auch im Verfahren nach § 42 PatG mitgewirkt hat. Diesem bisher in der Praxis schon vorherrschenden Gesetzesverständnis hat der Gesetzgeber durch die Ersetzung des Wortes "und" durch "oder" in II § 2 Abs. 2 Nr. 1 Rechnung getragen (vgl Art 13 des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001, BlPMZ 2002, 14 ff, 29).

2. Der Antragsteller ist weder bei der Anmeldung des Patents noch im Verfahren nach § 42 PatG (Offensichtlichkeitsverfahren) tätig geworden.

a) Die Anmeldung eines Patents richtet sich nach § 34 Abs. 1 und 3 PatG in Verbindung mit §§ 1 ff Patentanmeldeverordnung. Danach muß eine wirksame Anmeldung den Namen des Anmelders, einen Erteilungsantrag mit Bezeichnung der Erfindung, einen oder mehrere Patentansprüche, eine Beschreibung der Erfindung und gegebenenfalls Zeichnungen enthalten. Diese Voraussetzungen erfüllt der am 10. Februar 1996 beim Patentamt eingegangene Antrag auf Erteilung eines Patents. Der Anmelder (und nicht der Patentanwalt) hat den Antragsvordruck selbst ausgefüllt, unterschrieben und mit Ansprüchen, Beschreibung, Zusammenfassung und Zeichnungen beim Patentamt eingereicht. Der Patentanwalt hat auch nicht dadurch im Anmeldeverfahren mitgewirkt, daß er später den Antrag auf Umwandlung der Zusatzanmeldung in eine selbstständige Patentanmeldung gestellt hat. Durch diesen Antrag wurde zwar die ursprüngliche (Zusatz)-Anmeldung geändert. Eine derartige Änderung ist aber in jedem Verfahrensabschnitt möglich, zu dem sie dann auch gebührenrechtlich gehört. Wie ausgeführt, war der Verfahrensabschnitt "Anmeldung" mit Eingang der vollständigen Unterlagen beim Patentamt abgeschlossen. Dabei hatte der Patentanwalt nicht mitgewirkt, eine Gebühr für die Anmeldung ist deshalb nicht entstanden.

b) Das Verfahren nach § 42 PatG, die Offensichtlichkeitsprüfung, beginnt nach dem Eingang einer rechtswirksamen Anmeldung, dh mit der Begründung eines Anmeldetags (vgl Schulte, Patentgesetz, 6. Aufl, § 42 Rnr 27). Eine rechtswirksame Anmeldung liegt nach § 35 Abs. 2 PatG (vgl auch Ziff 2.1 der Prüfungsrichtlinien des Patentamts) dann vor, wenn sie eine Erfindung offenbart und ein Patenterteilunsantrag gestellt wird, der einer Person zweifelsfrei zugeordnet werden kann. Diese Voraussetzungen waren hier mit Einreichung des Antrags am 10. Februar 1996 gegeben, so daß sich die Offensichtlichkeitsprüfung unmittelbar anschließen konnte. Das Ende der Offensichtlichkeitsprüfung ist im Patentgesetz nicht geregelt. Sie soll aber spätestens 4 Monate nach dem Anmeldetag abgeschlossen sein, insbesondere um in Fällen, in denen eine Priorität in Anspruch genommen wird, eine Offenlegung der Anmeldung noch mit den berichtigten Unterlagen zu ermöglichen (vgl Prüfungsrichtlinien 2.7.). Ergeben sich keine Beanstandungen, stellt die Prüfungsstelle die Offensichtlichkeitsprüfung ein und vermerkt dies in den Akten (Busse, Patentgesetz, 5. Aufl, § 42 Rnr 53; Prüfungsrichtlinien 2.7.). Die Offensichtlichkeitsprüfung endet spätestens mit der Stellung des (wirksamen) Prüfungsantrags; nach dessen Eingang ist sie abzubrechen und die weitere Prüfung auf alle Patenterfordernisse zu erstrecken (BGH BlPMZ 1985, 117 f), da die Sachprüfung nach § 44 PatG weiter geht als die Offensichtlichkeitsprüfung (Busse aaO, § 42 Rnr 34, 35).

Vorliegend hatte das Patentamt mit Bescheid vom 4. November 1996 den Anmelder im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung auf die noch nicht entrichtete Anmeldegebühr hingewiesen; der Anmelder hatte - ohne anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen - fristgemäß bezahlt. Am 25. Februar 1997 ging der Prüfungsantrag des Anmelders ein; mit Bescheid vom 3. September 1997 teilte das Patentamt dem Anmelder unter Hinweis auf den wirksam gestellten Prüfungsantrag das Aktenzeichen des Prüfungsverfahrens mit. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte die Prüfungsstelle die Offensichtlichkeitsprüfung beendet und war in das Prüfungsverfahren eingetreten. Der Antragsteller ist erst mit Wirkung vom 29. Juli 1998, also während des Prüfungsverfahrens, beigeordnet und damit im Offensichtlichkeitsverfahren nicht tätig geworden.

Sein Vorbringen, der Prüfungsantrag sei erst mit Umwandlung der Zusatzanmeldung in eine selbständige Anmeldung wirksam geworden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar ist das Bestehen des Hauptpatents Voraussetzung für die Erteilung eines Zusatzpatents (Schulte, aaO, § 16 Rnr 14 mN). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß sich bei Zusatzanmeldungen die Phase der Offensichtlichkeitsprüfung bis zur Erteilung des Hauptpatents oder Umwandlung der Zusatzanmeldung in eine selbständige Patentanmeldung verlängert. Hierfür gibt es keine gesetzliche Grundlage; eine derartige Regelung ist auch nicht notwendig. Denn Zweck der vorläufigen Prüfung nach § 42 PatG ist, die Anmeldung auf offensichtliche - und damit meist leicht behebbare - Mängel zu überprüfen. Dazu ist nicht erforderlich, daß das Hauptpatent erteilt bzw. die Zusatzanmeldung in eine selbständige Patentanmeldung umgewandelt ist. Im übrigen ist die Offensichtlichkeitsprüfung insofern unabhängig von einem etwa gestellten Prüfungsantrag, als sie - wenn sich keine Beanstandungen ergeben - jederzeit vor dessen Stellung und damit vor Beginn der Sachprüfung beendet werden kann.

Selbst wenn also - wie der Antragsteller meint - erst mit Stellung des Umwandlungsantrags (22. Januar 2000) mit der Prüfung der - sachlichen - Schutzvoraussetzungen begonnen werden konnte, waren zu diesem Zeitpunkt sowohl die Anmeldung erfolgt als auch das Offensichtlichkeitsverfahren abgeschlossen, so daß die Tätigkeit des Patentanwalts durch die zuerkannte Gebühr für das Prüfungsverfahren mit abgegolten ist.

Schülke Püschel Schuster Be






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Az: 10 W (pat) 56/01


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