Bundesgerichtshof:
Urteil vom 18. Dezember 2000
Aktenzeichen: II ZR 1/99
(BGH: Urteil v. 18.12.2000, Az.: II ZR 1/99)
Tenor
Die Revisionen der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2 gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe -14. Zivilsenat in Freiburg -vom 13. November 1998 werden hinsichtlich des Bestätigungsbeschlusses der Hauptversammlung der Beklagten vom 26. Juni 1997 zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin zu 1 zu 1/3 und dem Kläger zu 2 zu 2/3 auferlegt.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Kläger sind Aktionäre der Beklagten. Am 6. Dezember 1996 beschloß deren außerordentliche Hauptversammlung mit der erforderlichen Mehrheit die formwechselnde Umwandlung in eine GmbH. Die hiergegen von der Klägerin zu 1 erhobene Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage ist erstinstanzlich abgewiesen, das Berufungsverfahren gemäß § 148 ZPO im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit ausgesetzt worden. Da die Klägerin zu 1 das Fehlen eines Prüfungsberichts zur angebotenen Barabfindung beanstandet hatte, ließ der Vorstand der Beklagten einen solchen Bericht durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellen. Die ordentliche Hauptversammlung der Beklagten vom 26. Juni 1997 beschloß mit der erforderlichen Mehrheit u. a. die Entlastung des Vorstands und die Bestätigung des Umwandlungsbeschlusses vom 6. Dezember 1996; dagegen erklärten die Kläger Widerspruch zur Niederschrift des Notars. Mit der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage wenden sich sämtliche Kläger gegen den Bestätigungsbeschluß, die Kläger zu 2 und 3 außerdem gegen den Entlastungsbeschluß. Bezüglich des Bestätigungsbeschlusses machen die Kläger u.a. eine Verletzung ihres Auskunftsrechts hinsichtlich der Herleitung, Plausibilität und Angemessenheit des Barabfindungsangebots sowie hinsichtlich des Prüfungsberichts geltend; insbesondere seien Fragen zur voraussichtlichen Geschäftsentwicklung der Beklagten im ersten Halbjahr 1997 und zu den Prognosen für die Folgejahre, zu der im Prüfungsbericht erwähnten Dokumentation des Vorstands für die Ermittlung der angebotenen Abfindung, zur Bewertung der Beklagten in der Bilanz ihrer Großaktionärin und zum Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens - speziell zu den Feuerversicherungswerten der Gebäude - nicht oder nur unzureichend beantwortet worden; ferner leide der Prüfungsbericht selbst an Mängeln. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die nur von den Klägern zu 1 und 2 eingelegte Berufung zurückgewiesen. Dagegen wenden sich diese Kläger mit der Revision. Der Senat hat durch Beschluß vom 7. Februar 2000 die Rechtsmittel beider Kläger hinsichtlich des Bestätigungsbeschlusses angenommen, die weitergehende Revision des Klägers zu 2 bezüglich des Entlastungsbeschlusses hingegen verworfen.
Gründe
Die Revisionen der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2 hinsichtlich des Bestätigungsbeschlusses der Hauptversammlung der Beklagten vom 26. Juni 1997 sind unbegründet.
I.
Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, die von den Klägern behaupteten Verletzungen ihres aktienrechtlichen Auskunftsrechts im Zusammenhang mit Fragen zum Barabfindungsangebot und zum hierzu eingeholten Prüfungsbericht berechtigten nicht zur Anfechtung des von der Hauptversammlung gemäß § 244 AktG gefaßten Bestätigungsbeschlusses, weil auch sie dem Klageausschluß nach § 210 UmwG unterfielen. Bei derartigen Informationsmängeln sei die Barabfindung bereits als "nicht ordnungsgemäß angeboten" im Sinne des § 210 UmwG anzusehen, zumindest ergebe sich der Anfechtungsausschluß aus dem Gesetzeszweck; wenn nämlich schon das völlige Fehlen eines Barabfindungsangebots nicht zur Anfechtung berechtige, so müsse dies erst recht für den Fall der weniger schwerwiegenden Verletzung des Informationsrechts der Aktionäre im Zusammenhang mit dem Barabfindungsangebot und dem hierzu erstellten Prüfungsbericht gelten. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
II.
§ 210 UmwG schließt Klagen gegen die Wirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses aus, die darauf gestützt werden, daß das Barabfindungsangebot zu niedrig bemessen oder die Barabfindung im Umwandlungsbeschluß nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist; § 212 UmwG sieht für diese Fälle vor, daß die angemessene Barabfindung auf Antrag des gemäß § 207 UmwG antragsberechtigten Anteilsinhabers durch das Gericht im Spruchverfahren gemäß §§ 305 ff. UmwG zu bestimmen ist. Nach Sinn und Zweck dieser Vorschriften gilt der Klageausschluß - verbunden mit der entsprechenden Verweisung in das Spruchverfahren -auch insoweit, als die von der Strukturmaßnahme betroffenen Minderheitsaktionäre die Verletzung von Informations-, Auskunfts- oder Berichtspflichten im Zusammenhang mit der gemäß § 207 UmwG anzubietenden Barabfindung geltend machen.
1. Die §§ 210, 212 UmwG verfolgen das Ziel, zu einem angemessenen Ausgleich der Interessen der Gesellschaft und der ihr weiter angehörenden Gesellschafter einerseits und der aus Anlaß der Umwandlung ausscheidenden Gesellschafter andererseits beizutragen. Im Hinblick auf das berechtigte Unternehmensinteresse an einer zügigen Durchführung der beschlossenen Strukturmaßnahme beschränkt § 210 UmwG den Umfang der Eintragungssperre, die § 198 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 und 3 UmwG bei Erhebung einer Anfechtungsklage anordnet und die zu erheblichen finanziellen Schäden bei der Gesellschaft führen kann. Den schutzwürdigen Belangen der freiwillig ausscheidenden Anteilsinhaber wird gemäß § 212 UmwG dadurch Rechnung getragen, daß die Höhe der ihnen nach § 207 UmwG zustehenden Abfindung im gerichtlichen Spruchverfahren gemäß §§ 305 ff. UmwG überprüft und festgesetzt wird; dadurch ist sichergestellt, daß ihnen voller Wertausgleich für die aufgegebene Beteiligung zuteil wird. Vor diesem Hintergrund ist aus dem systematischen Zusammenhang der drei Tatbestandsvarianten des zu niedrigen, des fehlenden und des nicht ordnungsgemäßen Barabfindungsangebots in § 210 UmwG zugleich der weiterreichende generelle Ausschluß von Anfechtungsklagen wegen Verletzung der Informationsrechte zur Barabfindung (§ 131 AktG) abzuleiten.
a) Das wirklich oder nur angeblich zu niedrige Angebot (§ 210, 1. Alt. UmwG) berechtigt nicht zur Anfechtungsklage. Demgegenüber dienen Rügen, die abfindungswertbezogene Informationsmängel -wie fehlende Angaben zur Berechnung der Höhe der Abfindung oder die mangelnde Plausibilität der Begründung zur Angebotshöhe oder die Unrichtigkeit der zugrundeliegenden Berechnungen -beanstanden, fast ausschließlich dem Ziel, die "Hauptrüge", das Angebot sei zu niedrig, zu begründen. Insofern könnten derartige abfindungswertbezogene Rügen schon deshalb als unzulässig anzusehen sein, weil sie den Gesetzeszweck, die Durchführung der im Unternehmensinteresse liegenden Umwandlung nicht durch einen bloßen Streit über die Höhe der Abfindung zu blockieren, unterlaufen würden. Allerdings griffe eine solche Argumentation zu kurz, weil die Information über die Abfindung auch dem weitergehenden Ziel dient, daß der noch unentschiedene Gesellschafter in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob der angebotene bzw. vereinbarte Ausgleichsanspruch angemessen ist und der Zustimmung zu der Strukturmaßnahme unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken entgegenstehen (vgl. z.B.: BGH, Urt. v.
18. Dezember 1989 -II ZR 254/88, WM 1990, 140, 142 - zu § 352 c AktG a. F.; BGHZ 122, 211, 238 - zu § 304 AktG; Urt. v. 19. Juni 1995 -II ZR 58/94, ZIP 1995, 1256, 1258 - zu § 305 Abs. 5 AktG). Allein aus dem zu niedrigen Angebot ließe sich daher der vollständige Anfechtungsausschluß für die Rüge abfindungswertbezogener Informationsmängel nicht herleiten. Er ergibt sich jedoch aus dem Zusammenhang mit den Regelungen über das fehlende und das nicht ordnungsgemäße Angebot, die weitergehend auch Fälle von Beeinträchtigungen Informationsrechte betreffen.
b) Das Fehlen des Barabfindungsangebots im Umwandlungsbeschluß bewirkt das weitestgehende Informationsdefizit des Anteilsinhabers in bezug auf die ihm nach § 207 UmwG geschuldete Abfindung. Der für diesen Fall angeordnete Anfechtungsausschluß steht daher in einem Spannungsfeld zu den Bestrebungen des Reformgesetzgebers, den Interessen der von der Strukturmaßnahme der formwechselnden Umwandlung betroffenen Anteilsinhaber an hinreichend ausführlicher Vorabinformation auch hinsichtlich der zu gewährenden Barabfindung durch Formalisierung grundlegender Information in einer Reihe von Vorschriften Rechnung zu tragen: So muß der ausführliche schriftliche Umwandlungsbericht gemäß § 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. §§ 193, 194 Abs. 1 Nr. 6 UmwG auch eine Darstellung und Erläuterung des Abfindungsangebots nach § 207 UmwG enthalten; gemäß § 238 i.V.m. §§ 230, 231 UmwG hat die formwechselnde Kapitalgesellschaft anläßlich der Vorbereitung der Hauptversammlung den Anteilsinhabern das Barabfindungsangebot nach § 207 UmwG zu übersenden oder im Bundesanzeiger und den sonst bestimmten Gesellschaftsblättern bekannt zu machen, ferner den Umwandlungsbericht in ihren Geschäftsräumen zur Einsicht der Aktionäre auszulegen und ihnen auf Verlangen in Abschrift zu übersenden; weiterhin hat gemäß §§ 208, 30 UmwG eine Prüfung der Barabfindung durch Umwandlungsprüfer zu erfolgen; schließlich ist bezüglich der Durchführung der Hauptversammlung gemäß § 239 UmwG die Auslegung des Umwandlungsberichts und eine mündliche Erläuterung des Entwurfs des Umwandlungsbeschlusses der Aktiengesellschaft durch das Vertretungsorgan vorgeschrieben. Gleichwohl hat der Gesetzgeber in §§ 210, 212 Satz 2 UmwG auch für das fehlende und das nicht ordnungsgemäße Abfindungsangebot -in bewußter Abkehr von den früheren Regelungen der §§ 375 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG a.F., 13 UmwG 1969, die in diesen Fällen eine Subsidiarität des Spruchstellenverfahrens gegenüber der Anfechtungsklage vorsahen - den Klageausschluß und damit zugleich die ausschließliche Überprüfung im Rahmen des Spruchverfahrens angeordnet. Im Falle des fehlenden Barabfindungsangebots sind sämtliche vorstehend erwähnten, durch das Umwandlungsgesetz eingeräumten Informationsrechte der Anteilsinhaber tangiert. Fehlt das Barabfindungsangebot im Umwandlungsbeschluß, so gibt es mangels Darstellung auch keine Herleitung und Erläuterung hierzu im Umwandlungsbericht, keine entsprechende Barabfindungsprüfung und keine der verschiedenen Mitteilungen aus Anlaß der Vorbereitung der Hauptversammlung. Dieses durch das fehlende Barabfindungsangebot verursachte Ausbleiben der vorgesehenen Vorabinformation des Anteilsinhabers unterfällt ebenso dem Anfechtungsausschluß wie die daraus resultierenden sachlichen Informationsdefizite im Zusammenhang mit Berichten oder Auskünften des Vertretungsorgans der Gesellschaft auf Fragen der Aktionäre in der Hauptversammlung. Denn es ist nicht ersichtlich, welche essentiellen mündlichen Erläuterungen des Entwurfs des Umwandlungsbeschlusses gemäß § 239 UmwG der Vorstand in bezug auf ein fehlendes Abfindungsangebot geben könnte. Der Bericht -und dasselbe muß, da die Informationspflicht als Gesamtheit zu sehen ist, auch für Auskünfte gemäß § 131 AktG gelten -könnte allenfalls (wahrheitsgemäß) ausführen, man habe das Angebot schlicht vergessen oder bewußt unterlassen, um Anfechtungsklagen, die auf die unvollständige Begründung eines solchen Angebots gestützt werden, den Boden zu entziehen; man wolle sich mit etwa ausscheidenden Anteilseignern darüber erst im Beschlußverfahren auseinandersetzen. Danach ist in diesem Fall das gesamte die Barabfindung betreffende Verfahren -ohne daß eine Anfechtung unter dem Blickwinkel einer Verletzung des aktienrechtlichen Auskunftsrechts im Sinne des § 131 AktG in Betracht käme -von Gesetzes wegen in das Spruchverfahren verwiesen. Soweit in der Kommentarliteratur (Decher in: Lutter, UmwG 2. Aufl. § 210 Rdn. 3 unter Hinweis auf Grunewald in: Lutter aaO § 32 Rdn. 3, 4) die Ansicht vertreten wird, bei fehlendem Angebot könne der Registerrichter die Eintragung der Umwandlung ablehnen, steht dies nicht in Einklang mit den §§ 210, 212 UmwG; denn dadurch würde eine Blockade des Vollzugs der Umwandlung bewirkt, die durch den Ausschluß der Anfechtungsklage in § 210 UmwG gerade verhindert werden soll.
c) Der verbleibende Bereich zwischen dem zu niedrigen und dem fehlenden Angebot wird durch das ebenfalls dem Klageausschluß unterliegende nicht ordnungsgemäße Angebot ausgefüllt. Es ist -entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. Grunewald in: Lutter aaO § 32 Rdn. 4; Kallmeyer/ Marsch-Barner, UmwG § 32 Rdn. 2) -nicht nur bei unklarer, widersprüchlicher oder unvollständiger Formulierung gegeben, sondern erfaßt darüber hinaus sämtliche Verstöße -einzeln oder kombiniert -gegen die bereits vorstehend unter 1. b) erwähnten, durch das UmwG 1994 zugunsten der Anteilsinhaber angeordneten Informations- bzw. Mitteilungspflichten der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem Barabfindungsangebot (vgl. § 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. §§ 193, 194 Abs. 1 Nr. 6 UmwG; §§ 238 i.V.m. 230, 231 UmwG; § 239 sowie §§ 208, 30 UmwG; vgl. insoweit auch zum alten Umwandlungsrecht: § 375 Abs. 2 Satz 2 und 3 i.V.m. § 369 Abs. 4 AktG a.F.). Bei Informationsrechtsverstößen solcher Art ist die Barabfindung im Umwandlungsbeschluß sowohl im Wort- als auch im Rechtssinne "nicht ordnungsgemäß angeboten" worden.
Auch die von der Revision in den Vordergrund gestellte Verletzung des Auskunftsrechts gemäß § 131 AktG durch Nichtbeantwortung oder unzureichende Beantwortung abfindungswertrelevanter Fragen unterfällt dem Anfechtungsausschluß, da sie dem nicht ordnungsgemäßen Angebot im Sinne des § 210 UmwG zumindest gleichsteht. Gerade im Verhältnis zu einer fehlerhaften, unvollständigen oder sogar ganz fehlenden Darstellung und Erläuterung der Barabfindung im schriftlichen Umwandlungsbericht oder seiner mündlichen Erläuterung gemäß § 239 UmwG, die dem Anfechtungsausschluß unmittelbar unterliegen, ist eine unterschiedliche Behandlung von Informationsdefiziten unter dem Blickwinkel des § 131 AktG nicht gerechtfertigt.
Die Gleichstellung derartiger Verstöße gegen das Auskunftsrecht gemäß § 131 AktG mit dem nicht ordnungsgemäßen Angebot im Sinne des § 212 UmwG in bezug auf wertrelevante, das Abfindungsangebot betreffende Fragen ist jedenfalls im Vergleich zu dem fehlenden Angebot gerechtfertigt: Wenn nicht einmal das gänzliche Fehlen eines Abfindungsangebots, das ein vollständiges Informationsdefizit des Aktionärs zur Folge hat, die Anfechtbarkeit des Umwandlungsbeschlusses begründet, kann erst recht nicht eine Auskunftspflichtverletzung in Form des nur unvollständig oder mangelhaft begründeten und erläuterten Abfindungsangebots -als geringerer Mangel im Hinblick auf die Willensbildung des Aktionärs - die Anfechtungsklage eröffnen.
d) Die solchermaßen gesetzlich vorgesehene Einbeziehung von Informationsmängeln über die Höhe der angemessenen Abfindung in den Ausschluß des Anfechtungsrechts wegen eines zu niedrig bemessenen, nicht ordnungsgemäßen oder gar fehlenden Angebots der Abfindung (§ 210 UmwG) führt allerdings dazu, daß die Gesellschaft Auseinandersetzungen über die Höhe der Abfindung durch Unterlassen von Angaben, die zu ihrer Berechnung erforderlich sind, ganz oder teilweise in das Spruchstellenverfahren verlagern kann. Damit wird zwar sowohl den zum Ausscheiden entschlossenen als auch den noch unentschlossenen Anteilseignern zugemutet, über die Umwandlung zu befinden, ohne konkret zu wissen, wie hoch die ihnen bei ihrem Ausscheiden zustehende Abfindung wäre. Diese Rechtsfolge ist indessen infolge der teilweisen Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Anfechtungsklage und Spruchverfahren hinzunehmen. Wenn die Anteilsinhaber diesen Unsicherheitsfaktor nicht in Kauf nehmen wollen, steht es ihnen frei, die Umwandlung insgesamt abzulehnen. Im übrigen besteht die Ungewißheit praktisch ohnehin fast immer, weil in nahezu allen Fällen die Höhe der Abfindung erst Jahre später nach Abschluß eines langwierigen Spruchverfahrens feststeht; wie die bisherige Erfahrung mit Anfechtungsklagen bei anderen Strukturmaßnahmen zeigt, ist der durch Anfechtung erzielbare Informationsgewinn mit Blick auf die Frage der Durchführung des Spruchverfahrens eher gering. Von daher bedeutet der Verzicht des Gesetzgebers in den §§ 210, 212 UmwG auf die frühere Zweigleisigkeit gerichtlicher Verfahren bezüglich der Barabfindung bei der formwechselnden Umwandlung zugleich eine Straffung und Beschleunigung, die sogar auch dem wohlverstandenen Interesse der ausscheidenswilligen Minderheitsaktionäre an einem gezielten und effektiven Rechtsschutz entspricht (vgl. schon Hommelhoff, ZGR 1993, 452, 471). Eine bleibende rechtliche Beeinträchtigung derjenigen, die ausscheiden wollen, ist in keinem Falle zu befürchten. Ihr Anspruch auf die volle, dem Wert ihrer aufgegebenen Beteiligung entsprechende Abfindung ist durch das von Amts wegen zu führende, zugunsten aller, nicht nur der Beteiligten wirkende streitige Spruchverfahren gemäß §§ 305 ff. UmwG in vollem Umfang sichergestellt. Auch Kostennachteile muß der ausscheidende Gesellschafter nicht befürchten, weil gerade in den von §§ 210, 212 UmwG erfaßten Fällen des zu niedrigen, nicht ordnungsgemäßen oder gar fehlenden Barabfindungsangebots eine Abweichung von der Grundregel des § 312 Abs. 4 Satz 1 UmwG, wonach der Rechtsträger neuer Rechtsform die Gerichtskosten des Spruchverfahrens zu tragen hat, nicht veranlaßt ist; entsprechendes gilt gemäß § 13 a Abs. 1 FGG hinsichtlich der nach Billigkeit von der Gesellschaft zu übernehmenden außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
2.
Gegen eine Erstreckung des Anfechtungsausschlusses gemäß § 210 UmwG auf Verletzungen des allgemeinen aktienrechtlichen Auskunftsund Fragerechts zur Angemessenheit des Barabfindungsangebots läßt sich nicht der Gang des Gesetzgebungsverfahrens zum Klageausschluß hinsichtlich des Verschmelzungsbeschlusses bei zu niedrigem Umtauschverhältnis gemäß § 14 Abs. 2 UmwG anführen. Zwar ist danach ein Vorschlag des Bundesrats, daß nach § 14 Abs. 2 UmwG bereits die unzureichende Erläuterung des Umtauschverhältnisses zur Anfechtung des Strukturbeschlusses nicht genügen soll, nach ablehnender Stellungnahme der Bundesregierung nicht Gesetz geworden (vgl. Begr. RegE bei Neye, UmwG/UmwStG 1994, S. 137 f.). Dieser Umstand läßt indes sichere Rückschlüsse für den hier betroffenen weiter gehenden Anfechtungsausschluß im Zusammenhang mit der Barabfindung gemäß § 210 UmwG (vgl. bei der Verschmelzung: § 32 UmwG) nicht zu, zumal ein vergleichbarer Hinweis in den Gesetzesmaterialien zu §§ 210, 212 UmwG nicht zu finden ist. Dagegen spricht vor allem die bereits erwähnte bewußte Erweiterung des Anfechtungsausschlusses in Abkehr von den einschlägigen Regelungen des alten Rechts in §§ 375 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG, 13 UmwG a. F..
3.
Soweit der Senat -wie bereits erwähnt -zu Teilausschlüssen des Klagerechts im Zusammenhang mit Abfindungsregelungen aus Anlaß anderer aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen entschieden hat, die Aktionäre müßten durch hinreichende Informationen in die Lage versetzt werden zu beurteilen, ob der angebotene bzw. vereinbarte Ausgleichsanspruch angemessen sei und der Zustimmung zu der Strukturmaßnahme unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken entgegenstünden (vgl. z.B.: BGH, Urt. v. 18. Dezember 1989 -II ZR 254/88, WM 1990, 140, 142 - zu § 352 c AktG a. F.; BGHZ 122, 211, 238 - zu § 304 AktG; Urt. v. 19. Juni 1995 -II ZR 58/94, ZIP 1995, 1256, 1258
- zu § 305 Abs. 5 AktG), kann daran im Hinblick auf die gesetzlichen Neuregelungen der §§ 210, 212 UmwG, soweit es den Abfindungsanspruch betrifft, nicht festgehalten werden (Aufgabe von BGH, Urt. v. 19. Juni 1995 -II ZR 58/94, ZIP 1995, 1256, 1258 - zu § 305 Abs. 6 AktG).
4. Aus dem Umstand, daß die §§ 210, 212 UmwG keine ausdrückliche Aussage hinsichtlich eines zu hohen Angebots enthalten, läßt sich nichts Entscheidendes gegen die vom Senat für richtig gehaltene Auslegung der Varianten des fehlenden oder des nicht angemessenen Angebots in § 210 UmwG ableiten. Ein zu hohes Angebot kann für die bei dem Unternehmensträger der neuen Rechtsform verbleibenden Anteilseigner eine Beeinträchtigung darstellen, gegen die sie sich gerichtlich zur Wehr setzen können müssen. Soweit das neue Umwandlungsgesetz für diese Form der Beeinträchtigung nicht ausdrücklich ein Spruchverfahren vorsieht, könnte ihnen Rechtsschutz sowohl durch die analoge Anwendung der Vorschriften über das Spruchverfahren als auch durch die Eröffnung der Möglichkeit einer Anfechtungsklage gewährt werden. Die Eröffnung der Anfechtungsklage stünde allerdings im Widerspruch zu den Zielen, die der Gesetzgeber mit den §§ 210, 212 UmwG verfolgt, und könnte den erforderlichen Rechtsschutz der verbleibenden Anteilsinhaber überdies auch nur in einem Teil der in Betracht kommenden Fälle gewährleisten. Wird nämlich die Abfindung ausscheidender Anteilseigner erst im Spruchverfahren heraufgesetzt oder erstmals zu hoch festgesetzt und ist dann wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist die Anfechtungsklage für die betroffenen, im Unternehmen verbliebenen Anteilseigner nicht mehr möglich, so stünde ihnen - vom Gesetzgeber offenbar nicht bedacht -kein Rechtsbehelf offen, mit dessen Hilfe sie auf eine zutreffende Festsetzung der Abfindung hinwirken könnten. Deshalb könnte es auch von Verfassungs wegen geboten sein, ihnen ebenfalls Rechtsschutz im Spruchverfahren zu eröffnen, weil sie ansonsten einen Vermögensverlust erleiden müßten, der möglicherweise auf eine verfassungswidrige Beeinträchtigung ihres durch Art. 14 GG geschützten Mitgliedschaftsrechts hinausliefe.
III.
Das Berufungsgericht hat daher die von den Klägern gerügte Verletzung ihres Auskunftsrechts hinsichtlich der Herleitung, Plausibilität und Angemessenheit des Barabfindungsangebots sowie hinsichtlich des Prüfungsberichts bezüglich des Bestätigungsbeschlusses mit Recht als von dem Anfechtungsausschluß des § 210 UmwG erfaßt angesehen und die Kläger gemäß §§ 212, 305 ff. UmwG insoweit auf das Spruchverfahren verwiesen.
Weitergehende substantiierte Rügen zum angefochtenen Urteil enthält die Revisionsbegründung nicht; dieses läßt im übrigen auch keinen sonstigen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Kläger erkennen.
BGH:
Urteil v. 18.12.2000
Az: II ZR 1/99
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