Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 24. April 1995
Aktenzeichen: 16 U 117/94
(OLG Köln: Urteil v. 24.04.1995, Az.: 16 U 117/94)
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in dem jetzt noch zur
Entscheidung gestellten Umfang Erfolg. Die Klägerin kann über den
ihr nach Berufungsrücknahme rechtskräftig zugesprochenen Betrag von
10.822,80 DM hinaus von den Beklagten aus dem fehlgeschlagenen
Grundstückskaufvertrag der Parteien keinen weiteren Schadensersatz
verlangen. Es gibt insbesondere keine rechtliche Grundlage dafür,
daß die Beklagten der Klägerin auch Anwaltskosten von 3.199,30 DM
ersetzen müssen.
Die der Klägerin durch den Vertragsverstoß der Beklagten
entstandenen Anwaltskosten sind ihr schon rechtskräftig
zugesprochen worden. In einem durch Urteil des erkennenden Senates
vom 19.9.1994 abgeschlossenen Vorprozeß der Parteien - 16 U 10/94 -
wurde entschieden, welche Schadensersatzforderungen die Klägerin
gegen die Beklagte geltend machen kann. Dabei sind die der Klägerin
angefallenen Anwaltskosten beachtet. Der Begründung des
vorbezeichneten Urteils ist zu entnehmen, daß die Beklagten der
Klägerin für deren außergerichtliche Auseinandersetzung mit der
Grundstücksverkäuferin Sch. 4.558,40 DM und deren außergerichtliche
Vertretung gegenüber den Beklagten 1.979,30 DM erstatten müssen.
Mit der vorgenannten Summe von 4.558,40 DM ist die Tätigkeit des
erstinstanzlichen Anwaltes der Klägerin aus der rechtlichen
Beziehung der Klägerin zur Grundstücksverkäuferin Sch. vollständig
ausgeglichen. Ausweislich der beigezogenen Akten des Vorprozesses -
16 U 10/94 - hat Rechtsanwalt P. V seiner Abrechnung des Komplexes
D./Sch. einen
Gebührenstreitwert von 250.000 DM und damit den Wert der
gesamten Auseinandersetzung zugrundegelegt. Schon dies führt zu der
naheliegenden Schlußfolgerung, daß mit der Abrechnung auch der
Gesamtkomplex vergütet und keineswegs Teile daraus, wie etwa die
Frage der Vertragsstrafe, ausgespart werden sollten. Eine solche
Absicht ist überdies weder konkret vorgetragen noch aus den
Umständen im übrigen zu entnehmen. Vielmehr wird die vorgenannte
Einschätzung, daß Rechtsanwalt P. V das gesamte Verfahren D./Sch.
abgerechnet und in den angesprochenen ersten Schadensersatzprozeß
gegen die Beklagten eingestellt hat, bestätigt und untermauert.
Wenn Rechtsanwalt P. V in der Klageschrift des Vorprozesses
ausführt, die Klägerin sehe sich heftigen Angriffen der Verkäuferin
Sch. ausgesetzt, die den Restkaufpreis nebst Zinsen und eine
Vertragstrafe von 25.000 DM fordere, sagt er damit selbst, daß sich
alle seine entsprechenden Bemühungen für die Klägerin
gebührenrechtlich auf diesen Gesamtkomplex beziehen. An dieser
Sichtweise ändert auch der in der Klageschrift des Vorprozesses
enthaltene Vorbehalt nichts, Ansprüche aus einer möglichen Zahlung
der Vertragsstrafe blieben vorbehalten, wenn Rechtsanwalt P. V
diesen Vorbehalt nicht durch eine entsprechende Reduzierung des
Streitwertes in seine Abrechnung übernahm, sondern nach dem vollen
Wert abrechnete.
Bei dem dargestellten Ausgangspunkt ist die jetzt nachgeforderte
Vergütung von 3.199,30 DM mit § 13 BRAGO nicht zu vereinbaren,
wonach Anwaltsgebühren in der gleichen
gebührenrechtlichen Angelegenheit, nur einmal verlangt werden
dürfen. Die im gegenständlichen Verfahren beanspruchten Gebühren
beziehen sich auf dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit, wie
die Gebühren, die von Rechtsanwalt P. V bereits abgerechnet und in
den Vorprozeß eingestellt worden waren. Dafür, wann dieselben und
wann verschiedene Angelegenheiten vorliegen, existiert keine
allgemeingültige Richtlinie. Die notwendige Abgrenzung muß in jedem
Einzelfall erfolgen. Dabei dürfte dann von derselben Angelegenheit
gesprochen werden können, wenn sie einheitliche innerlich
zusammenhängende Lebensvorgänge erfasst und von einem einheitlichen
Auftrag getragen wird. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden
Fall gegeben. Alle Umstände sprechen dafür, daß die Klägerin
Rechtsanwalt P. V ohne Einschränkung damit beauftragt hat, für sie
sämtliche Probleme aus dem Vertragsverstoß der Beklagten zu
bewältigen und abzuwickeln. Rechtsanwalt P. V ist in diesem Umfang
augenscheinlich auch tätig geworden und hat, wie ausgeführt, in
dieser Größenordnung uneingeschränkt abgerechnet. Weder in seinem
Vorgehen gegenüber den Beklagten noch in seinen Interventionen
gegenüber der Grundstücksverkäuferin Sch. zeigen sich Anhaltspunkte
dafür, daß Rechtsanwalt P. V nur eingeschränkte Befugnisse besessen
hätte. Die vorliegende außergerichtliche Korrespondenz belegt
stattdessen das Gegenteil. Bezüglich der Grundstücksverkäuferin
Sch. wird insbesondere die hier maßgebende Problematik der
Vertragsstrafe deutlich angesprochen. Die Anwälte von Frau Sch.
haben den Betrag von 25.000 DM verlangt. Rechtsanwalt P. V hat
dieses Ansinnen zurückgewiesen. Bei dieser Sachlage unterliegt es
keinem vernünftigen Zweifel, daß die Problematik der Vertragsstrafe
gebührenrechtlich mit dem Gesamtauftrag zusammenhängt und nicht
gemäß den Vorstellungen der Klägerin dort herausgelöst und nochmals
abgerechnet werden kann. Diese Einheitlichkeit bleibt bestehen,
auch wenn die Anwälte der Grundstücksverkäuferin Sch. die
Vertragsstrafe nicht sofort gerichtlich anhängig gemacht haben.
Rechtsanwalt P. V hat dies ausdrücklich anheimgegeben. Dann kann
keine Rede davon sein, daß gebührenrechtlich ein neuer Vorgang
beginnt, wenn die Anwälte der Grundstücksverkäuferin Sch. dieser
Vorgabe des Anwaltes der Klägerin entsprachen. Im Hinblick auf
diese Vorgabe von Rechtsanwalt P. V war die ursprüngliche
Angelegenheit entgegen der Auffassung der Klägerin noch nicht
erledigt.
Abgesehen von alledem ist nicht erkennbar, nach welcher
rechtlichen Grundlage die Beklagten verpflichtet wären, der
Klägerin über den bisher festgelegten Rahmen hinaus weitere
Anwaltskosten zu erstatten. Die Vorinstanz hat eine entsprechende
Ersatzpflicht aus § 286 BGB hergeleitet. Das dürfte nicht tragfähig
sein, da die Klägerin den hier zum Ersatz gestellten Vorprozeß zu
einem Zeitpunkt eingereicht hat, als die Klägerin bereits vom
Vertrag mit den Beklagten zurückgetreten war. Danach bestand keine
Erfüllungspflicht der Beklagten mehr, mit der Folge, daß sie auch
nicht mehr wegen Verzuges der Erfüllungsverpflichtung in Anspruch
genommen werden konnten.
Unbeschadet des bisher Gesagten kann der Auffassung der Klägerin
nicht gefolgt werden, sie müsse sich die ihr bereits zugesprochenen
Kosten von Rechtsanwalt P. V auf die jetzt nachgeforderten Gebühren
allenfalls teilweise anrechnen lassen, wonach ein noch
erstattungspflichtiger Rest bleibe. Solche Vorstellungen übersehen,
daß es auf den Gesamtbetrag der ursprünglichen Kostennote von
Rechtsanwalt P. V ankommt, und daß dieser die jetzt nachgeforderten
Anwaltsgebühren übersteigt. Bei dieser Situation ist nicht
erkennbar, inwieweit nach einer Anrechnung noch eine
erstattungspflichtige Anwaltsgebührenforderung verbleiben soll.
Selbst wenn eine solche Forderung zu unterstellen wäre, ist nicht
ersichtlich, daß sie von den Beklagten bezahlt werden müßte. Gemäß
der Entscheidung des Senats im vorausgegangenen Verfahren ist den
Beklagten aufgegeben worden, der Klägerin die Kosten von
Rechtsanwalt P. V und einen Teil der Kosten für die Rechtsanwälte
Siebertz und Preiss zu erstatten. Óberdies müssen die Beklagten der
Klägerin die von ihr vergleichsweise übernommene Vertragsstrafe
ausgleichen, in welche ebenfalls Anwaltskosten eingerechnet waren.
Mit diesen Verpflichtungen sind die der Klägerin durch den
Vertragsbruch der Beklagten entstandenen Kosten der
Rechtsverfolgung ausreichend berücksichtigt. Ein über den
vorbezeichneten Rahmen hinausgehender Anspruch dürfte mit der
allgemeinen Schadensminderungspflicht der Klägerin nicht zu
vereinbaren sein.
Die hinsichtlich der Zinshöhe eingelegte Anschlußberufung ist
begründet. Die Klägerin hat durch Banktestat vom 14.3.1995 belegt,
daß sie im Umfang der Klageforderung Bankkredit zu 7,5 % p.a. in
Anspruch nimmt. Nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Beklagten
verpflichtet, der Klägerin diesen Zinsschaden zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 515 Abs. 3 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den
§§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt bis zum 27.3.1995
13.420,10 DM, seitdem 3.199,30 DM.
Dr. Schuschke Schneider Merzbach
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Urteil v. 24.04.1995
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