Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Januar 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 129/01
(BPatG: Beschluss v. 14.01.2003, Az.: 27 W (pat) 129/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für
"Wissenschaftliche, elektrische und optische Meß-, Signal-, Kontroll- und Unterrichtsapparate und -instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Magnetaufzeichnungsträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Ausbildung, Schulungen im Bereich Datenverarbeitung; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung"
eingetragene Wort/Bildmarkeist u.a. Widerspruch eingelegt worden aus der für
"Computerprogramme; Telekommunikationsdienstleistungen; Schulungen auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Beratung auf dem Gebiet der Datenverarbeitung"
farbig eingetragenen Wort/Bildmarke 397 09 237
.
Die Markenstelle für Klasse 9 hat durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 8. Juni 2001, auf den Widerspruch aus der Marke 397 09 237 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Für das Publikum bestehe die Gefahr von Verwechslungen im Sinne vom § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, weil angesichts der Ähnlichkeit, teilweise sogar Identität der angebotenen Waren und Dienstleistungen und einer zumindest durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke der erforderliche Abstand, den die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke einzuhalten habe, jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht gewahrt sei.
Der Wortbestandteil "IRKAS" präge den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke. In dem prägendem Wortbestandteil hebe sich ercas klanglich zu wenig von dieser Bezeichnung ab, da der klangliche Unterschied nur in den kurzen hellen Vokalen am Wortanfang liege. Zudem handele es sich in beiden Fällen um Phantasiebezeichnungen, bei denen keine Begriffsanklänge Orientierungs- oder Unterscheidungshilfe bieten können.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin vom 27. Juli 2001, mit der sie beantragt, den genannten Beschluss der Markenstelle aufzuheben. Zur Begründung führt sie aus: Selbst bei hochgradiger Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sei angesichts des maßgeblichen Gesamteindrucks eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben. Die Wort/Bildmarke IRKAS werde immer mit assoziativem Einbezug des Bildbestandteils der Pyramide gesehen, während "erc@s" nur eine leicht verfremdete Wortmarke sei. Die klangliche Markenähnlichkeit werde hier durch die Abweichungen in Schriftbild und Grafik aufgewogen.
Die Widersprechende und Beschwerdegegnerin beantragt unter Bezugnahme auf ihr früheres Vorbringen, in dem sie vor allem die klangliche Ähnlichkeit der Marken hervorgehoben hatte, die Zurückweisung der Beschwerde.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat die Löschung der angegriffenen Marke zu Recht angeordnet, denn zwischen den beiden einander gegenüberstehenden Marken besteht die Gefahr von Verwechslungen (§§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).
Die jüngere Marke hält den angesichts der teilweise hochgradigen Ähnlichkeit der angebotenen Waren und Dienstleistung und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu fordernden Abstand zur älteren Marke nicht ein.
Zwar ist grundsätzlich bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen auf deren jeweiligen Gesamteindruck abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1998, 397, 390 Tz 23 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 233 f. - RAUSCH/ELFI RAUCH). Das schließt aber nicht aus, dass einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist und deshalb bei Übereinstimmung der Marken in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen zu bejahen ist. Dies ist dann der Fall, wenn diesem Bestandteil eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, weil die weiteren Bestandteile so in den Hintergrund treten, dass sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und zum Gesamteindruck des Zeichens nicht beitragen (vgl. BGH, a.a.O., S 234 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Eine Verwechslungsgefahr zwischen zwei Marken kann folglich auch dann gegeben sein, wenn nur ein Bestandteil der beiden Zeichen identisch oder verwechselbar ähnlich ist, der in diesen Marken jeweils eine selbständig kennzeichnende Stellung hat.
Im vorliegenden Fall hat die Markenstelle zutreffend die Widerspruchsmarke kollisionsbegründend auf den Wortbestandteil IRKAS verkürzt, entsprechend dem Erfahrungsgrundsatz, dass sich der Verkehr bei einer kombinierten Marke regelmäßig am Wortbestandteil orientieren wird, da er an der einfachsten und kürzesten Bezeichnungsform interessiert ist. Dieser Erfahrungssatz ist bei den für die jeweiligen Marken beanspruchten Waren- und Dienstleistungsbereicht schon deshalb gültig, weil sich die beiden Zeichen im Verkehr nicht nur in ihrer schriftlichen Gestaltung, sondern auch in ihrer mündlichen Benennung begegnen.
Somit stehen sich bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr die Markenbestandteile "IRKAS" und "ERCAS" gegenüber. Bei ihnen besteht eine hochgradige klangliche Ähnlichkeit, aufgrund derer mit Verwechslungen zwischen beiden Marken zu rechnen ist. Insoweit wird Bezug genommen auf die zutreffenden Ausführungen der Markenstelle, die die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde nicht angreift.
Wegen der Kosten des Beschwerdeverfahrens wird auf § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG verwiesen.
Dr. Schermer Friehe-Wich Dr. van Raden Na
BPatG:
Beschluss v. 14.01.2003
Az: 27 W (pat) 129/01
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