Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. März 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 93/00

(BPatG: Beschluss v. 06.03.2002, Az.: 29 W (pat) 93/00)

Tenor

Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Dezember 1999 wird aufgehoben.

Gründe

I Die Wortfolge Online Ecosoll für die Waren und Dienstleistungen

"Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger, Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer.

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel).

Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen.

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I).

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen, Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluß vom 14. Dezember 1999 teilweise und zwar für alle Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von "Büroartikel; Erziehung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen" gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG als ohne weiteres verständlichen Hinweis auf einen günstigen Internettarif zurückgewiesen, der freizuhalten und nicht unterscheidungskräftig sei. Der Markenbestandteil "Eco", zu deutsch "Öko", sei zwar insofern doppeldeutig, als er die Abkürzung sowohl für ecologic/ökologisch als auch für economic/ökonomisch darstelle. In der Kombination mit dem Bestandteil "Online" sei der Abkürzung "Eco" jedoch eindeutig zu entnehmen, daß es sich um eine Angabe der Wirtschaftlichkeit der Online-Anbindung handeln müsse, weil der Zugang zum Internet nicht mehr oder weniger ökologisch angeboten werde. Die Bestandteile "Online" wie "Eco" hätten sich in der internationalen Fach- bzw. inländischen Werbesprache allgemein durchgesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, daß die angemeldete Bezeichnung schon im Hinblick auf den geringen Grad an Unterscheidungskraft, den eine Marke nach Rechtsprechung und Literatur erfüllen müsse, unterscheidungskräftig sei. Die angemeldete Bezeichnung sei kein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer gängigen Fremdsprache. Dies gelte bereits für den Begriff "Online", der verschiedene Bedeutungsinhalte aufweise und mit "angeschlossen; mit einer Datenverarbeitungsanlage verbunden; im Inter- oder Intranet; in einem (Mobil-)Funknetz, angeschlossen an jegliche Geräte, die geeignet sind, ein Netzwerk darzustellen" übersetzt werden könne. Die Bezeichnung "Online" sei schwammig und unbestimmt und damit bereits an sich unterscheidungskräftig. Der Bestandteil "Eco" sei doppeldeutig und ausführungsbedürftig, da auch ein ökologischer Internet-Anschluß in Betracht zu ziehen sei. Vor allem sei die angemeldete Marke insgesamt zu betrachten. Dabei handele es sich um ein Kunstwort ohne beschreibenden Produktbezug, für das kein konkretes Freihaltungsbedürfnis bestehe. Es sei weder aktuell noch zukünftig die Verwendung der Bezeichnung "Online Eco" zur Beschreibung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen im allgemeinen Geschäftsverkehr zu erwarten.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der angemeldeten Marke fehlt weder jegliche Unterscheidungskraft noch ist sie als freihaltebedürftige beschreibende Angabe von der Eintragung ausgeschlossen (§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, das heißt, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (stRspr; BGH, Beschl. v. 5.7.2001 - I ZB 8/99, GRUR 2002, 261, 262 = WRP 2002, 91, 93 - AC, mwN; vgl auch EuGH GRUR 2001, 1145 = WRP 2001, 1276 - Babydry). Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist gegeben, wenn einer Marke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stRspr; BGH, Beschl. v. 22.9.1999 - I ZB 19/97, GRUR 2000, 231, 232 = WRP 2000, 95 - FÜNFER; Beschl. v. 23.11.2000 - I ZB 34/98, GRUR 2001, 735, 736 = WRP 2001, 692 - Test it; GRUR 2002, 261, 262 - AC, jeweils mwN; vgl auch EuGH GRUR 2001, 1145 - Babydry; zuletzt BGH, Beschl v. 28.2.2002 - I ZB 10/99 - BONUS II). Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine als Marke verwendete Bezeichnung vom Verkehr in der Regel so aufgenommen wird, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (stRspr BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH; Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl Rdn 19 mwN). Darüber hinaus muß der insgesamt beschreibende Begriffsinhalt eindeutig und ohne weiteres zu erkennen sein und nicht nur anklingen oder angedeutet werden.

Diese Voraussetzungen liegen zwar bei dem Markenteil "Online" vor, der nach dem gegenwärtigen Verständnis vom Verkehr in erster Linie als Hinweis auf den "Netzzugang bzw auf die Verbindung in das Internet" aufgefaßt wird und eine zentrale Bedeutung auf dem Gebiet der Telekommunikation und der Datenverarbeitung hat. Der Senat nimmt insoweit auf die Gründe in dem Parallelverfahren der Markenanmeldung "Online Mobil" (29 W (pat) 94/00) Bezug. Auch die Anmelderin geht von der hier im Vordergrund stehenden Bedeutung der Internet-Anbindung aus.

Bei dem weiteren Markenelement "Eco" handelt es sich dagegen um eine Buchstabenfolge, die - wenn sie überhaupt als Abkürzung aufgenommen wird - nicht in der von der Markenstelle angegebenen Weise mit günstig oder günstigem Tarif gleichgesetzt werden kann, wenn sie wie hier allein und dazu noch nachgestellt auftritt.

Die Ermittlungen des Senats haben ergeben, daß Eco/eco überwiegend als unselbständige Vorsilbe in bereits existierenden (ecology, economy) wie in neuen Gesamtbegriffen (ecotourism, ecosphere, ecosystem) verwendet wird. Soweit Eco als selbständiger Wortteil erscheint, hat er die Bedeutung von "ökologisch" und entspricht damit dem deutschen Kürzel "Öko" (vgl ecopledge, ecoleaders, Ecosystems, Eco-Training, Eco-Games, The Online Eco Magazine for Ocean Watchers, Outside Online: Eco News, ECO Journals, Eco-Info, ECO-World news, www.Google Recherche vom 1.3.2000). "Eco" als Abkürzung für "economy" oder "economic" läßt sich weder im englischen noch im deutschen Sprachraum belegen, mag es in den zurückgewiesenen Markenanmeldungen ecoLine, Ecomix, ECOTEC, ECO LIFT, Ecomaster auch mitschwingen. Obwohl es seit langem bei Fluggesellschaften die Economy Class und Economy Tarife gibt, spricht man gleichwohl nicht von "Eco Class" oder "Eco Tarifen". Hinzu kommt, daß ECO im Internet ua als Akronym für "Electronic Collections Online", als Abkürzung des "Electronic Commerce Forum (eco)", des "eco-Verbandes" sowie in "Spiegel ONLINE" im Zusammenhang mit einem Essay des Schriftstellers Umberto Eco erscheint. Die Anmelderin wirbt zwar unter der Marke "T-Online eco" für einen Interneteinsteigertarif und mit T-Mobile: "Jetzt günstiger mobil ins Internet". Ohne die erforderlichen Erklärungen erschließt sich dem angesprochenen Verkehr der Anklang an "economic" jedoch nicht, da die Bedeutung von "Eco" im Sinne von "Öko'" den Sinngehalt überdeckt. "Online ökologisch" oder "ökologische Internetverbindung" ergibt aber keine ohne weiteres Nachdenken erkennbar beschreibende Gesamtaussage für die Waren und Dienstleistungen der Teilzurückweisung, so daß der angemeldeten Marke ein wenn auch geringes Maß an Unterscheidungskraft eigen ist.

2. Aus diesen Gründen bestehen auch keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte, daß die angemeldete Marke im Verkehr als eindeutige Bezeichnung für einen günstigen Internetzugang im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zu dienen geeignet und freizuhalten ist.

Grabrucker Richter Baumgärtner befindet sich im Urlaub und kann daher nicht unterschreiben.

Grabrucker Pagenberg Hu






BPatG:
Beschluss v. 06.03.2002
Az: 29 W (pat) 93/00


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