Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2008
Aktenzeichen: 27 W (pat) 9/08
(BPatG: Beschluss v. 22.01.2008, Az.: 27 W (pat) 9/08)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Anmelder erstrebt die Eintragung der am 21. September 2004 angemeldeten Wortmarke Innovation Insidefür die Dienstleistung
"Qualitativer Hinweis des Anmelders bei Verfahrens- und Prozesstechnologien im Bereich Recycling und bei der Optimierung von Produktionsprozessen".
Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 2. Juli 2007 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. "Innovation" entspreche dem deutschen Wort "Innovation" und stehe nach dem Duden für "Erneuerung, Veränderung, Realisierung einer neuartigen und fortschrittlichen Lösung". Das englische Wort "Inside" bedeute im Deutschen "innerhalb, drinnen" und sei den inländischen Verkehrskreisen insbesondere aus der in den deutschen Wortschatz übernommenen Ableitung "Insider" geläufig. In Bezug auf die beanspruchten Prozess- und Produktionstechnologien verstünden die angesprochenen inländischen Verkehrskreise unter der Anmeldung das Angebot innovativ konzipierter Dienstleistungen, welche die Realisierung fortschrittlicher Lösungen zum Gegenstand haben. Es handele sich um einen ganz allgemein sachlichen Qualitätshinweis, der von den normal informierten Verkehrskreisen sofort so verstanden werde. Einen individualisierenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft würden die Verkehrskreise der Bezeichnung nicht entnehmen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Der Begriff "Innovation" werde von den meisten Marktteilnehmern oberflächlich und fälschlicherweise als neuartig bezeichnet, ohne jedoch konkret zu begründen, wie die Neuartigkeit definiert werde. Im Fall des Anmelders solle der Begriff "Innovation" für die "Echte Innovation" gemäß der Tschumpeterschen Definition stehen und gegenüber den anderen Marktteilnehmern die "absolute Neuartigkeit" begründen. Der Begriff "Inside" solle für "beinhaltend" stehen. Übersetzt sei die angemeldete Wortmarke "Innovation Inside" gleichzusetzen mit "absolute Neuartigkeit beinhaltend". Von anderen Marktteilnehmern, welche Kreationen und Mutationen bereits als Innovationen bezeichneten und verkauften, wolle sich der Anmelder dadurch abgrenzen, indem er dem Markt nur echte Innovationen beinhaltende technische Entwicklungen anbiete.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass der angemeldeten Marke das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegensteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005, 2012, Rdn. 27 ff. BioID; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Sicht des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdn. 50 - Henkel; GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 24 - SAT.2). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdn. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Enthält eine Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, so ist ihr die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Dies gilt auch für fremdsprachige Bezeichnungen, die aus gängigen Ausdrücken einer Welthandelssprache oder der einschlägigen Fachsprache gebildet sind (Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 85). Dabei ist die Unterscheidungskraft auch solchen Zeichen abzusprechen, die lediglich allgemeine Sachaussagen vermitteln (BPatG GRUR 2006, 766, 767 - Choco'n'More).
Ist - wie hier - die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Wortfolgen sind dann nicht unterscheidungskräftig, wenn es sich um beschreibende Angaben oder um Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art handelt (vgl. z. B. BlPMZ 2000, 161 - Radio von hier). Letzteres ist vorliegend der Fall.
Die aus dem deutschen und englischen Wort "Innovation" (= Erneuerung) und dem englischen Wort "inside" (=innerhalb) zusammengesetzte Wortfolge wird der Verkehr in Bezug auf die beanspruchte Dienstleistung in dem von der Markenstelle aufgezeigten Sinn verstehen; zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.
Der Anmelder ist der Annahme der Markenstelle, die angemeldete Wortfolge stelle einen allgemeinen sachlichen Qualitätshinweis dar, in seiner Beschwerdebegründung nicht entgegengetreten. Er hat diese Bedeutung im Gegenteil bestätigt, indem er ausgeführt hat, die Wortmarke sei gleichzusetzen mit "absolute Neuartigkeit beinhaltend", und er wolle sich damit von anderen Marktteilnehmern dadurch abgrenzen, dass er nur echte Innovationen beinhaltende technische Entwicklungen anbiete. Daraus folgt, dass der Anmelder die von ihm angemeldete Wortfolge selbst als eine Werbeaussage allgemeiner Art versteht. Werbeaussagen allgemeiner Art entnimmt der Verkehr jedoch keinen Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb. Auf die von dem Anmelder in seiner Beschwerdebegründung angesprochene Frage, was konkret als echte Innovation anzusehen ist, kommt es für die Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht an.
Ob der Eintragung der angemeldeten Marke auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
Dr. van Raden Schwarz Kruppabr/Na
BPatG:
Beschluss v. 22.01.2008
Az: 27 W (pat) 9/08
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