Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 23. Januar 2013
Aktenzeichen: VI - U (Kart) 5/12
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 23.01.2013, Az.: VI - U (Kart) 5/12)
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. Februar 2012 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren und die Beschwer der Klägerin werden auf jeweils 100.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin ist seit 1982 bundesweit als Großhändlerin im Bereich "Haustechnik", schwerpunktmäßig in der Heizungs- und Sanitärsparte, daneben aber auch auf dem Gebiet der Klima- und Lüftungstechnik, tätig. An ihrem Firmensitz in B. unterhält sie ein Ladengeschäft; zum Geschäftsbetrieb gehören darüber hinaus vier Abhollager. Die Klägerin verlegt einen jährlich neu erscheinenden Versandhandelskatalog. Abnehmer der Klägerin sind ausschließlich Fachhandwerker und Installateure.
Der Beklagte ist der - im Jahre 1900 gegründete - Verband ...
Die Klägerin begehrt seit 2008 die Aufnahme in den beklagten Verband. Im Dezember 2009 ist ihr Aufnahmegesuch auf der Grundlage der damals gültigen Satzung (Stand: 1994) vom Vorstand des Beklagten mit der Begründung abgelehnt worden, dass die Klägerin nicht alle satzungsmäßigen Aufnahmekriterien erfülle (vgl. Schreiben des Beklagten vom 10.12.2009, GA 165 - 168). Die damalige Satzung enthielt dazu auszugsweise die folgenden Bestimmungen:
§ 5 Mitgliedschaft
...
2.0 Die Mitgliedschaft kann erworben werden von:
2.1 Haustechnik-Fachgroßhandels-Unternehmen
3.0 Aufnahmevoraussetzungen
...
3.4 Haustechnisches Sortiment / Erfüllung der Fachgroßhandelsfunktionen:
Nachweis der Betätigung als Fachgroßhandelsunternehmen für Haustechnik oder Führung des haustechnischen Vollsortiments bzw. eines Teils des haustechnischen Sortiments (§ 4) in solchem Umfang, daß durch die Erfüllung der branchenüblichen Funktionen zur Lösung der Berufsaufgaben wirkungsvoll beigetragen werden kann.
Hierzu gehören mindestens:
3.4.1 Nachweis der dauernden Führung des haustechnischen Fachsortiments (Vollsortiment in Sanitär- und/oder Klima-, Lüftungs-Artikeln) und einer für die Funktionserfüllung ausreichenden Lagerhaltung.
...
3.4.3 Nachweis der Warenbestellung im branchenüblichen Umfang auf das eigene Lager.
...
3.4.6 Nachweis der Erfüllungsmöglichkeit der Kreditfunktion in branchenüblicher Weise.
3.5 D.-Mitglieder können in der Zeit bis zum 31. Oktober 1994 die Mitgliedschaft erklären und werden Mitglieder, unabhängig davon und ohne Prüfungsverfahren, ob sie die Voraussetzungen für die Aufnahme im einzelnen erfüllen. Sie bleiben Mitglieder, solange sich die im Zeitpunkt der Beitrittserklärung bestehenden Verhältnisse nicht wesentlich ändern.
4.0 Versagung der Mitgliedschaft
Einschlägige Fachgroßhandelsunternehmen im Sinne dieser Satzung sind insbesondere nicht:
Fertigungsbetriebe, Konstruktions- und Montagebüros, ausschließliche Werkauslieferungs- und Konsignationslager, Handwerks- und Verarbeitungsbetriebe, Handelsvertreter sowie Ingenieurbüros für Projektbearbeitung und -beratung ...
Die Klägerin hat daraufhin gegen den Beklagten Klage auf Aufnahme als ordentliches Mitglied erhoben.
Mit Wirkung ab dem 13. Januar 2010 hat der Beklagte seine Satzung geändert. Anlass war das klägerische Aufnahmegesuch. In der aktuellen Fassung lauten die Satzungsbestimmungen zu den Aufnahmekriterien auszugsweise wie folgt (Hervorhebung der Änderungen durch den Senat):
§ 5 Mitgliedschaft
...
2.0 Die Mitgliedschaft kann erworben werden von:
2.1 Haustechnik-Fachgroßhandels-Unternehmen
3.0 Aufnahmevoraussetzungen
...
3.4 Erfüllung der Fachgroßhandelsfunktionen:
Nachweis der Betätigung als Fachgroßhandelsunternehmen für Haustechnik in solchem Umfang, dass durch die Erfüllung der branchenüblichen Funktionen zur Lösung der Berufsaufgaben wirkungsvoll beigetragen werden kann.
Hierzu gehören mindestens:
3.4.1 Nachweis der dauernden Führung des haustechnischen Fachsortiments (Vollsortiment in Sanitär- und/oder Klima-, Lüftungs-Artikeln) und einer für die Funktionserfüllung ausreichenden Lagerhaltung; ein Vollsortiment beinhaltet das regelmäßige Führen eines repräsentativen Querschnitts der wesentlichen Warengruppen des jeweiligen Sortiments.
3.4.2 Nachweis der ständigen Ausstellung der Produkte in einem branchenüblichen und dem Geschäftsumfang angemessenen Umfang in einem oder mehreren Schauräumen. ...
...
3.4.8 Nachweis der nicht nur gelegentlichen Erfüllung der üblichen Beratungsfunktion des Fachgroßhandels, insbesondere durch
· die Beschäftigung von geschultem Fachpersonal in den Schauräumen und im Außendienst,
· Kalkulation der Materialkosten nach Leistungsverzeichnis zur Unterstützung der Teilnahme des Handwerks an Ausschreibungen,
· Beratung in Bezug auf historische Ersatzteile (einschließlich deren Beschaffung).
3.4.9 Nachweis der nicht nur gelegentlichen Erfüllung der üblichen Dienstleistungsfunktionen des Fachgroßhandels, insbesondere durch
· Lagerbevorratung von Bestellware ...
· Terminlieferung ... an und auf die Baustelle,
· Einrichtung und Betrieb eines Notdienstes
· ein branchenübliches Schulungsangebot für das Handwerk.
4.0 Versagung der Mitgliedschaft
Einschlägige Fachgroßhandelsunternehmen im Sinne dieser Satzung sind insbesondere nicht:
Fertigungsbetriebe, Konstruktions- und Montagebüros, ausschließliche Werkauslieferungs- und Konsignationslager, reine oder schwerpunktmäßige Versandhändler, die ihre Produkte vorwiegend im Fernabsatz anbieten und die in Ziffern 3.4.2/ 3.4.8/ 3.4.9 genannten Leistungen nicht, nur gelegentlich oder nur in Sonderfällen erbringen, Handwerks- und Verarbeitungsbetriebe, Handelsvertreter sowie Ingenieurbüros für Projektbearbeitung und -beratung ...
Der Beklagte lehnt eine Mitgliedschaft der Klägerin auch auf der Grundlage der neuen Satzung ab. Zur Rechtfertigung beruft er sich insbesondere darauf, dass die Klägerin schwerpunktmäßige Versandhändlerin sei, die nach Ziffer 4.0 der Satzung von einer Mitgliedschaft ausgeschlossen sei.
Das Landgericht hat sich diesem Standpunkt angeschlossen und die Klage abgewiesen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, sie (die Klägerin) als ordentliches Mitglied aufzunehmen und die dazu notwendigen Willenserklärungen abzugeben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen im Einzelnen entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von dem Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Aufnahme als ordentliches Verbandsmitglied verlangen.
A. Ein kartellrechtlicher Aufnahmeanspruch aus §§ 33 Abs. 1 und 3, 20 Abs. 6 GWB steht der Klägerin nicht zu.
Gemäß § 20 Abs. 6 GWB dürfen Wirtschaftsvereinigungen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen würde und die Ablehnung zu einer unbilligen Behinderung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde. Im Streitfall fehlt es an einer Ungleichbehandlung. Der Beklagte hat das Aufnahmegesuch fehlerfrei an den maßgeblichen Bestimmungen seiner Satzung gemessen und entschieden, dass die Klägerin als eine schwerpunktmäßige Versandhändlerin von einer Mitgliedschaft ausgeschlossen ist. Der Beklagte hat die Klägerin auch nicht auf andere Weise diskriminiert, etwa dadurch, dass er in seinen Reihen Mitglieder duldet, die dieselbe oder eine vergleichbare Aufnahmevoraussetzung nicht erfüllen oder indem zum Nachteil der Klägerin ein besonders strenger Überprüfungsmaßstab angelegt wird.
1. Die Klägerin erfüllt nicht die satzungsmäßigen Aufnahmekriterien des Beklagten. Als eine schwerpunktmäßige Versandhändlerin ist die Klägerin von einer Mitgliedschaft ausdrücklich ausgeschlossen.
a) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass das Aufnahmebegehren der Klägerin an den Aufnahmekriterien der aktuellen Satzung des Beklagten und nicht an den Satzungsbestimmungen zu messen ist, die bei Anbringung des Aufnahmegesuchs im Jahre 2008 oder im Zeitpunkt der Ablehnung des Aufnahmegesuchs durch den Vorstand des Beklagten im Dezember 2009 in Kraft waren. Denn zur gerichtlichen Prüfung steht nicht, ob das ursprüngliche Aufnahmegesuch der Klägerin begründet gewesen ist. Ebenso wenig ist über die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung des Beklagten aus Dezember 2009 zu befinden. Zur Beurteilung steht alleine die Frage, ob die Voraussetzungen des eingeklagten (kartell-)gesetzlichen Aufnahmeanspruchs aus §§ 33 Abs. 1 und 3, 20 Abs. 6 GWB vorliegen. Für die Beantwortung dieser Frage kann es nur auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - vorliegend also auf die Satzungslage bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - ankommen.
Dass der Beklagte den Aufnahmeantrag der Klägerin zum Anlass für die Satzungsänderung genommen hat und sich die geänderten Aufnahmekriterien auch (und gerade) gegen die von der Klägerin begehrte Aufnahme richten, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle (a.A. OLG Düsseldorf, WuW/E OLG 4698 - Gütegemeinschaft Kachelöfen). Der Beklagte kann im Rahmen seiner durch Art. 9 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Satzungsautonomie grundsätzlich den Zweck seiner Vereinigung, den eigenen Tätigkeitsrahmen und die dadurch bedingten Aufnahmevoraussetzungen eigenverantwortlich bestimmen (vgl. nur BGH, WuW/E BGH 2226, 2230 - Aikido-Verband; Markert in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht GWB, 4. Aufl., § 20 Rdnr. 345 m.w.N.). Es besteht kein Grund, diese Satzungsautonomie einzuschränken und es einer Wirtschaftsvereinigung zu verwehren, ihre Statuten während eines laufenden Aufnahmeverfahrens in zulässiger Weise zu ändern. Der Aufnahmeinteressent besitzt deshalb auch kein berechtigtes und schutzwürdiges Vertrauen, dass die Satzungslage bis zum Abschluss seines Aufnahmeverfahrens unverändert bleibt und sie nicht in einem zulässigen Umfang zu seinem Nachteil verändert wird.
b) Die Klägerin ist von der Mitgliedschaft im beklagten Verband ausgeschlossen, weil sie ihre Produkte der Haustechnik nicht als stationäre Fachgroßhändlerin, sondern als eine schwerpunktmäßige Versandhändlerin vertreibt.
aa) § 5 Ziffer 4.0 der Satzung bestimmt, dass (reine oder schwerpunktmäßige) Versandhändler dem Beklagten nicht als Mitglied beitreten können. Der Begriff des Versandhändlers wird in der Satzung selbst definiert, und zwar dahin, dass es sich um Großhändler handelt, die ihre Produkte vorwiegend im Fernabsatz anbieten und die in § 5 Ziffern 3.4.2 (Nachweis der ständigen Ausstellung der Produkte in einem branchenüblichen und dem Geschäftsumfang angemessenen Umfang), 3.4.8 (Nachweis der nicht nur gelegentlichen Erfüllung der üblichen Beratungsfunktionen des Fachgroßhandels u.a. durch Fachpersonal in den Schauräumen) und 3.4.9 (Nachweis der nicht nur gelegentlichen Erfüllung der üblichen Dienstleistungsfunktionen des Fachgroßhandels) genannten Leistungen nicht oder nur gelegentlich oder nur in Sonderfällen erbringen. Fernabsatz bedeutet der Absatz von Waren (oder Dienstleistungen) unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebssystems (vgl. § 312 b Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Begriff des Fernabsatzes erfasst neben den Verträgen des E-Commerce auch das traditionelle Distanzgeschäft, insbesondere den Versandhandel (vgl. nur: Grüneberg in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl., § 312 b Rn. 6). Demgegenüber wird - anders als die Klägerin meint - ein Geschäft nicht alleine dadurch zum Fernabsatzgeschäft, dass die Bestellung mit Fernkommunikationsmitteln (z.B. telefonisch, per Telefax oder per E-Mail) erteilt wird. Zum einen bezieht sich das Erfordernis der ausschließlichen Verwendung von Fernkommunikationsmitteln nämlich nicht nur auf den Vertragsschluss, sondern auch auf die Vertragsanbahnung (vgl. nur: Grüneberg in Palandt, a.a.O. § 312 b Rn. 8); zum anderen stellt der bloße Telefon-, Telefax- und/oder E-Mail-Anschluss des Auftragnehmers noch kein "für den Fernabsatz organisiertes Vertriebssystem" dar.
bb) Die Satzungsbestimmung in § 5 Ziffer 4.0 ist wirksam, weil die Nichtaufnahme von (reinen oder schwerpunktmäßigen) Versandhändlern eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Haustechnik-Großhändlern darstellt.
Die sachliche Rechtfertigung ist auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung zwischen dem Interesse des Bewerbers an der Mitgliedschaft und dem Interesse des Verbandes an der Nichtaufnahme des Bewerbers zu beurteilen (vgl. BGH, WuW/E BGH 2226 - Aikido-Verband; Markert in Immenga/Mestmäcker, a.a.O. § 20 Rdnr. 344 m.w.N.). Im Streitfall fällt diese Interessenabwägung zugunsten des Beklagten aus.
(1) Aufgrund der verfassungsrechtlich verbürgten Verbandsautonomie kann der Beklagte seinen Verbandszweck, den eigenen Tätigkeitsrahmen und die dadurch bedingten generellen Aufnahmevoraussetzungen grundsätzlich frei festlegen. Eine Aufnahmebeschränkung nach der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Wirtschaftszweig, einer bestimmten Wirtschaftsstufe, aber auch nach der Vertriebsform (Bedienungshandel, Selbstbedienungshandel, Versandhandel, Fachhandel, Warenhäuser etc.) ist im Allgemeinen sachlich gerechtfertigt (vgl. nur: Markert in Immenga/Mestmäcker, a.a.O. § 20 Rdnr. 345 m.w.N.). Auch vorliegend ist die Versagung einer Mitgliedschaft von Versandhändlern von der Verbandsautonomie gedeckt. Der Beklagte hat ein berechtigtes Interesse an einer homogenen Mitgliederstruktur, damit die wirtschaftlichen und wettbewerblichen Interessen der Verbandsmitglieder effektiv wahrgenommen werden können. Stationäre Haustechnik-Großhändler bilden eine in diesem Sinne hinreichend homogene Gruppe. Sie vertreiben ihre Haustechnik-Produkte regional in einem Lieferradius von bis zu 100 km, indem sie an ihrem Standort sowohl für die Handwerker als unmittelbare Abnehmer als auch für die Bauherren als Endverbraucher in einem branchenüblichen Umfang Beratungs- und Dienstleistungen vorhalten sowie eine Ausstellung mit Schauräumen unterhalten. Versandhändler praktizieren ein gänzlich anderes Vertriebskonzept. Sie vertreiben ihre Waren nicht regional von einzelnen Standorten aus, sondern über Kataloge und/oder das Internet bundesweit. Zum Absatz ihrer Produkte unterhalten sie keine Ausstellungsräume; ebenso wenig bieten sie für die Handwerker oder Endverbraucher Beratungs- und sonstige branchenübliche Dienstleistungen an.
Der Beklagte hat überdies ein Interesse daran, Versandhändler zur Vermeidung einer Trittbrettfahrerproblematik von der Mitgliedschaft auszuschließen. Das Geschäft des Versandhändlers baut in einem nicht unerheblichen Umfang auf den vom stationären Großhandel bereitgestellten Beratungs- und Dienstleistungen auf. Insbesondere den Bauherren bietet der stationäre Fachgroßhandel die Möglichkeit, sich in den Ausstellungsräumen und mit Hilfe der dort angebotenen fachkundigen Beratung über das Leistungsangebot zu informieren und die für das eigene Bauvorhaben benötigten Produkte auszuwählen. Das gilt insbesondere für den Bereich der Sanitärprodukte. Es liegt auf der Hand, dass sich vor allem in diesem Produktsegment Bauherren zunächst beim stationären Fachgroßhandel informieren und beraten lassen, um die ausgewählten Produkte anschließend beim Versandhandel zu bestellen. Die für Ausstellungsräume und fachkundiges Beratungspersonal ersparten Aufwendungen kann der Versandhändler im Preiswettbewerb gegen den stationären Fachhandel einsetzen. Nicht ohne Grund bezeichnet sich die Klägerin selbst als ein "preisaktiver" Konkurrent (vgl. Seite 8 der Klageschrift, GA 8), der in den vergangenen Jahren gegen den allgemeinen Markttrend seine Umsätze von rund .. Mio. € im Jahre 2005 auf .. Mio. € im Jahr 2009 und auf etwa ... Mio. € in 2010 gesteigert und für das erste Halbjahr 2011 erneut eine .. %-ige Umsatzsteigerung angekündigt hat. Es ist kartellrechtlich nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte zur Vermeidung des dargestellten wettbewerblichen Konflikts dazu entschlossen hat, Versandhändler von der Verbandsmitgliedschaft auszuschließen.
(2) Das Interesse des Versandhändlers, durch die fehlende Mitgliedschaft im beklagten Verband nicht in seiner Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt zu werden, tritt hinter den Belangen des Beklagten zurück. Denn es ist weder dargetan noch sonst zu erkennen, dass die Mitwirkung im Verband des Beklagten oder die vom Beklagten in § 7 der Satzung gewährten Mitgliedschaftsrechte (Recht auf Teilnahme an den Verbandseinrichtungen, Stimmrecht, Recht auf Beratung, Betreuung, Förderung, Unterrichtung und Vertretung im Rahmen des Verbandszwecks) für einen Versandhändler derart wichtig sind, dass die Verbandsautonomie und das Interesse des Beklagten an einer homogenen Mitgliederstruktur ohne Trittbrettfahrerproblematik dahinter zurücktreten müsste. Dass die Satzung nicht nur den reinen, sondern auch den nur schwerpunktmäßig tätigen Versandhändler von der Mitgliedschaft ausschließt, ist vor dem Hintergrund der dargestellten Interessenlage unbedenklich.
cc) Die Klägerin ist eine Fachgroßhändlerin, die schwerpunktmäßig einen Versandhandel betreibt und deshalb unter § 5 Ziffer 4.0 der Satzung fällt. Einen Großhandel mit Ausstellungsräumen und der Bereitstellung von Beratungs- und Dienstleistungen (namentlich von Schulungen) unterhält die Klägerin seit 2011 lediglich an ihrem Geschäftssitz in B.. Ausschließlich in dem dortigen Einzugsgebiet mit einem Radius von bis zu 100 km betätigt sie sich als ein stationärer Großhändler für Haustechnik. Das restliche Bundesgebiet beliefert die Klägerin demgegenüber im Fernabsatz als Versandhändlerin. Dass dieser Versandhandel nicht den Schwerpunkt ihres Geschäftsbetriebes bildet, trägt die Klägerin - der für die Erfüllung der satzungsmäßigen Aufnahmekriterien die Darlegungs- und Beweislast obliegt - nicht vor; dazu ist auch sonst nichts ersichtlich. Angesichts eines bundesweiten Vertriebs und Jahresumsätzen in ...-stelliger Millionenhöhe liegt es im Gegenteil fern, dass die Klägerin den überwiegenden Teil ihres Umsatzes mit dem stationären Großhandel in B. erwirtschaftet.
c) Erfüllt die Klägerin somit das Ausschlusskriterium in § 5 Ziffer 4.0 der Satzung, kann ihre Nichtaufnahme als Mitglied gleichwohl eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung sein, wenn die Interessenabwägung im konkreten Einzelfall zu ihren Gunsten ausfällt.
Das ist im Ergebnis nicht der Fall. Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang geltend, dass sie von etlichen namhaften Herstellern ohne eine Mitgliedschaft im beklagten Verband nicht beliefert werde. Der Klägerin ist allerdings ein Bezug der betreffenden Produkte nicht gänzlich verschlossen. Nach eigenem Bekunden kann sie die Waren aus dem benachbarten Ausland oder über den Handel beziehen. Bereits erstinstanzlich hat die Klägerin eingeräumt, trotz der beschriebenen Lieferprobleme eine Belieferungsquote von 98 % gewährleisten, d.h. von 100 bestellten Artikeln 98 Stück sofort ausliefern zu können (Seite 3 des Schriftsatzes vom 16.11.2010, GA 280). Dass der Warenbezug über das Ausland oder den Handel gleichwohl mit konkreten nachteiligen Auswirkungen auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit verbunden ist, trägt die Klägerin - die im Senatstermin auf diesen Gesichtspunkt hingewiesen worden ist (vgl. Seite 2 der Sitzungsniederschrift vom 12.12.2012, GA 825) - nicht vor. Angesichts der bereits erwähnten erheblichen Umsatzzuwächse, die die Klägerin seit 2005 zu verzeichnen hat, sind signifikante Wettbewerbsnachteile auch sonst nicht zu erkennen. Dann lässt sich aber auch nicht feststellen, dass das Direktbelieferungsinteresse der Klägerin ein derartiges Gewicht besitzt, dass die Satzungsautonomie und das Interesse des Beklagten an einer homogenen Mitgliederstruktur ohne Trittbrettfahrerproblematik dahinter zurücktreten müssen.
2. Durch die Ablehnung ihres Aufnahmeantrags wird die Klägerin nicht im Vergleich zu den aktuellen Mitgliedern des Beklagten diskriminiert.
a) Es verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 20 Abs. 6 GWB, wenn die satzungsmäßigen Aufnahmekriterien gegenüber einem Bewerber angewendet werden und gleichzeitig einzelne Mitglieder von den betreffenden (oder vergleichbaren) Satzungsanforderungen freigestellt werden. Die Wirtschaftsvereinigung ist allerdings befugt - und im Allgemeinen auch verpflichtet -, ihren Mitgliedern eine angemessene Zeitspanne einzuräumen, um geänderten Satzungsanforderungen zu genügen (Senatsurteil vom 23.3.2011, VI - U(Kart) 29/11). Ob eine Ungleichbehandlung gegenüber Mitgliedern vorliegt, beurteilt sich auch insoweit nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Die Darlegungs- und Beweislast für die Ungleichbehandlung trägt der Bewerber um die Mitgliedschaft, vorliegend also die Klägerin. Für eine sekundäre Darlegungslast des Beklagten besteht - entgegen der Auffassung der Klägerin - kein Anlass. Denn die Klägerin kann durch eigene Recherchen selbst feststellen, ob die Mitglieder des Beklagten die in Rede stehenden Aufnahmekriterien erfüllen.
b) Eine Ungleichbehandlung der Klägerin in diesem Sinne lässt sich nicht feststellen.
aa) Dass irgendein aktuelles Mitglied des Beklagten einen (reinen oder schwerpunktmäßigen) Versandhandel betreibt, ist weder vorgetragen noch sonst zu erkennen.
bb) Ebenso wenig ist substantiiert und nachvollziehbar vorgetragen, dass ein aktuelles Mitgliedsunternehmen des Beklagten die Satzungsanforderungen in § 5 Ziffern 3.4.2 , 3.4.8 und 3.4.9 über den Nachweis branchenüblicher Ausstellungsräume sowie der nicht nur gelegentlichen Erfüllung der üblichen Beratungs- und Dienstleistungsfunktionen des Fachgroßhandels nicht erfüllt. Angesichts der eigenen Darlegungslast kann sich die Klägerin nicht mit einem bloßen Bestreiten begnügen. Unzureichend sind auch nur allgemein gehaltene Überlegungen, ob Mitgliedsunternehmen mit bestimmten (niedrigen) Jahresumsätzen die in Rede stehenden Satzungsanforderungen erfüllen können (Seite 4 f. des Schriftsatzes vom 16.11.2010, GA 281 f.). Die Umsatzzahlen als solche tragen schon deshalb nicht den Schluss auf das Nichterfüllen eines Aufnahmekriteriums, weil die Satzung des Beklagten in § 5 Ziffern 3.4.2 , 3.4.8 und 3.4.9 nur verlangt, dass eine dem jeweiligen Geschäftsumfang angemessene Geschäftsausstattung vorhanden ist und dem jeweiligen Geschäftsbetrieb entsprechende Beratungs- und Dienstleistungen angeboten werden.
cc) Dass ein aktuelles Mitglied des Beklagten die Anforderungen in § 5 Ziffer 3.4.1 zum Vollsortiment in einem der drei Bereiche Heizung, Sanitär oder Klimatechnik und/oder zu einer ausreichenden Lagerhaltung nicht erfüllt, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar vorgetragen. Die von der Klägerin dazu vorgelegten Anlagen K 9 und K 10 sind ohne jede Aussagekraft, weil sie sich darin erschöpfen, hinsichtlich einzelner Mitgliedsunternehmen des Beklagten entweder ein Vollsortiment in Abrede zu stellen oder bloß pauschal ein Teilsortiment zu behaupten. Da die Satzung des Beklagten die Anforderung eines Vollsortiments dahin definiert, dass "...ein Vollsortiment ... das regelmäßige Führen eines repräsentativen Querschnitts der wesentlichen Warengruppen des jeweiligen Sortiments (beinhaltet)", lässt sich die Frage, ob einzelne Mitgliedsunternehmen satzungswidrig kein Vollsortiment unterhalten, nur dann beantworten, wenn das jeweilige Sortiment unter Angabe der Sortimentsbreite und Sortimentstiefe beschrieben wird. Darauf ist die Klägerin im Senatstermin hingewiesen worden (Seite 2 der Sitzungsniederschrift vom 12.12.2012, GA 825). Gleichwohl hat sie ihren Sachvortrag nicht ergänzt und substantiiert.
3. Die Klägerin wird im Vergleich zu den aktuellen Mitgliedern des Beklagten ebenso wenig dadurch diskriminiert, dass ihr Aufnahmeantrag einer dezidierten und gründlichen Prüfung unterzogen worden ist.
a) Da der Beklagte gehalten ist, die satzungsmäßigen Anforderungen an eine Mitgliedschaft diskriminierungsfrei anzuwenden, hat er sich im Rahmen des Nötigen und Möglichen auch davon zu überzeugen, dass seine Mitglieder innerhalb einer angemessenen Frist die geänderten Satzungsanforderungen erfüllen. Der Beklagte muss insoweit allerdings nicht in jedem Fall eine vollständige Überprüfung seines Mitgliederbestandes durchführen. Eine Prüfung der Satzungsanforderungen hat nur dort stattzufinden, wo aufgrund konkreter Anhaltspunkte Veranlassung zu Zweifeln besteht.
b) Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte diesen Anforderungen nicht genügt hat. Der Beklagte hat bereits in erster Instanz vorgetragen, dass er bei einer Vielzahl von Mitgliedsunternehmen vor Ort überprüft habe, ob ein satzungskonform ausgestatteter Geschäftsbetrieb vorhanden ist (Seite 6 des Schriftsatzes vom 19.10.2010, GA 222). Er ist durch eine schriftliche Befragung überdies der Frage nachgegangen, ob diejenigen 11 Mitgliedsunternehmen, für welche die Klägerin ein bloßes Teilsortiment behauptet hatte (Seite 23 der Klageschrift, GA 23), das Erfordernis eines Vollsortiments im Sinne der Satzung erfüllen. Der Beklagte hat ferner zwischenzeitlich zwei Mitgliedsunternehmen ausgeschlossen. Weitere 20 Unternehmen haben ihre Mitgliedschaft selbst beendet oder sind infolge von Unternehmenszusammenschlüssen aus dem beklagten Verband ausgeschieden. Dadurch hat sich der Mitgliederbestand von ... auf .. Unternehmen reduziert. Dass eines dieser verbliebenen .. Mitgliedsunternehmen eine Satzungsanforderung für die Verbandsmitgliedschaft nicht erfüllt, behauptet die Klägerin selbst nicht; dazu ist auch sonst nichts ersichtlich.
4. Eine Diskriminierung der Klägerin gegenüber (aktuellen) Mitgliedern des Beklagten ergibt sich schließlich nicht aus der - bis zum 12.1.2010 gültigen - Satzung 1994. Zwar hält die dort in § 5 Ziffer 3.5 enthaltene Aufnahmeregelung - wonach Unternehmen in der Zeit bis 31. Oktober 1994 die Mitgliedschaft erwerben konnten, ohne dass sie die Voraussetzungen für die Aufnahme erfüllen mussten - schon auf erste Sicht einer kartellrechtlichen Überprüfung nicht stand. Aus dieser kartellrechtswidrigen Satzungslage kann die Klägerin indes keine Rechte herleiten, weil der Beklagte - unstreitig - unter Geltung der genannten Bestimmung kein einziges Unternehmen als Mitglied aufgenommen hat.
B. Lehnt der Beklagte nach alledem den Aufnahmeantrag der Klägerin unter Hinweis auf seine satzungsmäßigen Aufnahmekriterien berechtigterweise ab, scheidet von vornherein auch ein Aufnahmeanspruch aus dem Gesichtspunkt der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) und der gezielten Mitbewerberbehinderung (§ 4 Nr. 10 UWG) aus.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die Entscheidung des Senats beruht in den maßgeblichen Rechtsfragen auf gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Rechtsanwendung auf den Streitfall ist einzelfallbezogen. Die Sache hat daher weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 23.01.2013
Az: VI - U (Kart) 5/12
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