Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 3. Dezember 2001
Aktenzeichen: NotZ 13/01

(BGH: Beschluss v. 03.12.2001, Az.: NotZ 13/01)

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 1. Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Mai 2001 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin darin entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert wird für beide Rechtszüge auf 100.000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1941 geborene Antragsteller wurde 1971 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Am 3. Januar 1974 wurde er zum Notar mit dem Amtssitz in B. bestellt.

Durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts G. vom 14. März 2000 wurde der Antragsteller wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Dieser Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 27. August 1997 beurkundete der Antragsteller einen Grundstückskaufvertrag mit Auflassung. Verkäuferin war eine Erbengemeinschaft. Der Kaufpreis von 395.000,-- DM sollte auf ein Notaranderkonto des Antragstellers gezahlt werden, fällig vier Wochen nach Eingang der Nachricht über die Eintragung der Auflassungsvormerkung. Nach Vorliegen aller Genehmigungen mit Ausnahme der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes war der Kaufpreis an die Mitglieder der Erbengemeinschaft in Höhe ihrer jeweiligen Anteile auszuzahlen. Nach Eintragung der Auflassungsvormerkung am 4. Februar 1998 ging der Kaufpreis bis zum 4. März 1998 vollständig auf dem Notaranderkonto ein. Am 26. März 1998 hob der Antragsteller 150.000,-- DM von dem Notaranderkonto ab und überwies diesen Betrag (Durchbuchung) auf sein Geschäftskonto. Zugleich überwies er von diesem 50.000,-- DM an ein Mitglied der Erbengemeinschaft. Zu diesem Zeitpunkt befand der Antragsteller sich in Folge einer Erkrankung in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen. Sein Geschäftskonto wies bei einer Kreditlinie von 50.000,-- DM einen Sollsaldo von 81.814,04 DM auf. Nachdem ein anderes Mitglied der Erbengemeinschaft mehrfach die Abwicklung angemahnt hatte, überwies der Antragsteller mit Wertstellung vom 24. Juli 1998 71.400,-- DM auf das Notaranderkonto zurück. Von diesem zahlte er im Wege einer Zwischenabrechnung am 27. Juli 1998 insgesamt ca. 313.000,-- DM an die Mitglieder der Erbengemeinschaft aus. Den Restbetrag der Umbuchung von ca 28.500,-- DM überwies er nebst Zinsen erst am 4. März 1999 nach Einleitung des Vorermittlungsverfahrens auf das Notaranderkonto zurück. Schlußabrechnung und Auszahlung des Restbetrags erfolgte an die Erbengemeinschaft im Mai 1999.

Durch Bescheid vom 14. Juni 1999 eröffnete der Antragsgegner dem Antragsteller seine Absicht, ihn gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO des Notaramtes zu entheben, weil er bei der Durchführung von Verwahrungsgeschäften die Interessen der Rechtsuchenden gefährde. Den gegen diesen Bescheid gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen und festgestellt, die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung des Antragstellers lägen vor. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.

II.

Die gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Oberlandesgericht hat zu Recht festgestellt (§ 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO), daß die Voraussetzungen für die Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 7 BNotO in der zum Begehungszeitpunkt (März 1998) maßgeblichen Fassung (jetzt: § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO) vorliegen, weil die Art der Wirtschaftsführung die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet.

Gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 7 BNotO (a.F.) ist der Notar seines Amtes zu entheben, wenn seine wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Art seiner Wirtschaftsführung die Interessen der Rechtsuchenden gefährden. Die Wirtschaftsführung des Notars gefährdet die Interessen der Rechtsuchenden insbesondere dann, wenn die Art der Behandlung fremder Gelder erhebliche Bedenken gegen seine Zuverlässigkeit begründet (Senat, Beschluß vom 12. Oktober 1990, NotZ 21/89, DNotZ 1991, 94 = BGHR BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 7, Interessengefährdung 1; Beschluß vom 16. März 1998, NotZ 14/97, DNotZ 1999, 170 = BGHR BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 7, Interessengefährdung 2). Peinliche Genauigkeit bei Treuhandgeschäften ist für den Notar eine grundlegende Pflicht. Erweckt der Notar auch nur den Anschein, daß Treuhandgelder bei ihm gefährdet seien oder die Beachtung von Treuhandbedingungen nicht gewährleistet sei, leidet das Vertrauen der Betroffenen in die Integrität des Berufstandes (Senat, Beschluß vom 14. Oktober 1985, NotSt (B) 3/85, DNotZ 1986, 310; Beschluß vom 16. März 1998 aaO). Diese Rechtspraxis ist durch Gesetz vom 31. August 1998 (BGBl. I 2585) in dem Gesetzestext des § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO in der heutigen Fassung im Sinne einer Klarstellung berücksichtigt worden. Danach muß die Amtsenthebung auch erfolgen, wenn die Durchführung von Verwahrungsgeschäften die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet. Voraussetzung ist eine schwere Pflichtverletzung (vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 13/4184, S. 29). Das ist hier der Fall.

In dem notariellen Kaufvertrag vom 27. August 1997 haben die Vertragsparteien die Abwicklung des Rechtsgeschäfts und Auskehrung des Erlöses über das Notaranderkonto des Antragstellers vereinbart. Der Antragsteller hat mit der Entgegennahme des Erlöses den (öffentlichrechtlichen) Treuhandauftrag übernommen und sich verpflichtet, den Erlös auf dem Notaranderkonto zu verwahren (§ 23 BNotO). Die Übernahme der Treuhandtätigkeit begründete die Amtspflicht des Antragstellers, nach Art und Umfang der Treuhandaufgabe die Verwahrung durchzuführen. Dazu gehörte es, das Geld bis zur Auszahlungsreife auf dem Notaranderkonto sachgerecht zu verwalten (§ 12 Abs. 2 DONot a.F., heute: § 54 a BeurkG) und bei Vorliegen der kaufvertraglich festgelegten Bedingungen die Auszahlung an die Empfangsberechtigten vorzunehmen (zur notariellen Verwahrung als Teil eines notariellen Treuhandverfahrens vgl. Schippel/Reithmann, BNotO, 7. Aufl., § 50 Rdn. 30 ff.).

Der Antragsteller hat unstreitig einen Betrag von 150.000,-- DM von dem Notaranderkonto abgebucht und seinem Geschäftskonto gutgeschrieben. Er hat durch die Entnahme der Fremdgelder seine den Beteiligten des Kaufvertrages gegenüber bestehende Amtspflicht verletzt und deren Vermögensinteressen gefährdet, weil er die Gelder dem Zugriff seiner Gläubiger preisgegeben hat und (zunächst) nicht abzusehen war, ob er angesichts seiner damaligen Vermögensverhältnisse in Vermögensverfall geraten und damit gar nicht in der Lage sein würde, die Gelder zurückzuzahlen. Daß der Antragsteller entsprechend seiner ursprünglichen Absicht die in sein Vermögen überführten Beträge später an die Berechtigten auszahlte, macht die Pflichtverletzung nicht ungeschehen. Es war letztlich dem Zufall überlassen, ob er zur Rückzahlung der entnommenen Gelder imstande sein würde. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß er nach seiner Darstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat damals über ausreichende Liquidität verfügte.

Macht sich der Notar, wie hier, einer strafrechtlichen Untreue (§ 266 StGB) schuldig, so bestehen stets erhebliche Bedenken gegen seine Zuverlässigkeit. In einem solchen Fall ist regelmäßig die Amtsenthebung bereits bei einem einmaligen Pflichtverstoß des Notars geboten und mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Besonderheiten, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind, wie auch das Oberlandesgericht im einzelnen dargelegt hat, nicht ersichtlich.

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BGH:
Beschluss v. 03.12.2001
Az: NotZ 13/01


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