Landesarbeitsgericht Köln:
Beschluss vom 20. Oktober 2011
Aktenzeichen: 9 Ta 304/11
(LAG Köln: Beschluss v. 20.10.2011, Az.: 9 Ta 304/11)
Umfang der Belehrungspflicht über die Erfolgsaussicht einer Klage gegen eine ordentliche Kündigung, die nicht unter den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fällt.
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts Hgegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 19. August 2011 1 Ca 1731/09 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Beschwerdewert: EUR 603,93
Gründe
I. Der Antragsgegner hat den Antragsteller damit beauftragt, ihn in einem von ihm angestrengten Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Siegburg zu vertreten und zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu beantragen.
Nachdem das Arbeitsgericht Siegburg den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss vom 13. Januar 2010 wegen mangelnder hinreichender Aussicht auf Erfolg für diese Klage zurückgewiesen hatte, hat der Kläger Rechtsanwalt B aus M mit der Vertretung in dem Klageverfahren beauftragt. Der Antragsteller daraufhin angezeigt, dass er den Antragsgegner nicht mehr vertritt.
Das Landesarbeitsgericht Köln hat auf die von Rechtsanwalt B eingelegte sofortige Beschwerde den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 13. Januar 2010 abgeändert und Rechtsanwalt B dem Kläger zur Wahrnehmung der Rechte in dem Kündigungsschutzverfahren nach § 11 a ArbGG beigeordnet, wobei der Kläger keinen eigenen Kostenbeitrag zu leisten hat.
Das Klageverfahren ist durch gerichtlichen Vergleich vom 14. Oktober 2010 vor dem Arbeitsgericht Siegburg beendet worden.
Nach Abschluss des Verfahrens beantragt der Antragsteller, Gebühren und Auslagen gegen den Antragsgegner in Höhe von EUR 603,93 festzusetzen.
Der Antragsgegner wendet dagegen ein, "es sei um seine Kündigung gegangen und Herr H habe ihm gesagt, er hätte Prozesskostenhilfe beantragt, da er (der Antragsgegner) ja keine Arbeit mehr habe." Zudem bekomme er aufgrund eines Arbeitsunfalls und seiner chronischen Erkrankungen Rente und sei nicht in der Lage, Raten zu zahlen.
Die Rechtspflegerin beim Arbeitsgericht Siegburg hat durch Beschluss vom 19. August 2011 den Antrag auf Kostenfestsetzung zurückgewiesen und der dagegen fristgerecht eingelegten Beschwerde nicht abgeholfen. Sie hat dies damit begründet, der Antragsgegner habe Einwendungen, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund hätten, gegen die Kostenfestsetzung erhoben, so dass die Festsetzung nach § 11 Abs. 5 RVG abzulehnen sei.
II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht erhoben.
Die sofortige Beschwerde ist aber nicht begründet.
Die Festsetzung der von dem Antragsteller angemeldeten Kosten aus der anwaltlichen Vertretung des Antragsgegners vor dem Arbeitsgericht Siegburg kann nicht erfolgen, da der Antragsgegner gemäß § 11 Abs. 5 S. 1 RVG in zulässiger Weise Einwendungen erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben.
Der Antragsgegner wendet gegen den Gebührenanspruch des Antragstellers die Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages ein. Eine nähere Substantiierung der Einwände oder sogar deren Schlüssigkeit kann nicht verlangt werden, da über die Begründetheit einer solchen Einwendung nicht im vereinfachten Vergütungsfestsetzungsverfahren des § 11 RVG entschieden werden kann. Es muss lediglich erkennbar sein, dass der Einwand irgendeinen sachlichen Hintergrund hat und nicht offensichtlich aus der Luft gegriffen oder bewusst rechtsmissbräuchlich gestellt wird (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 14. August 2002 7 (10) Ta 129/02 und Beschluss vom 14. Oktober 2004 9 Ta 327/04 -; LAG Düsseldorf LAGE Nr. 3 zu § 19 BRAGO). Auch wenn die Erfolgsaussichten in materieller Hinsicht noch so gering sind, muss die Kostenfestsetzung unterbleiben (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., § 11 Rdn. 137 ff.; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Aufl., § 11 Rdn. 29).
Mit dem Vorbringen des Antragsgegners steht der Vorwurf im Raum, der Antragsteller habe bei ihm den Eindruck erweckt, ihm werde Prozesskostenhilfe für den Kündigungsrechtsstreit bewilligt werden, weil er arbeitslos sei.
Es ist anerkannt, dass gerade im Zusammenhang mit der Beantragung von Prozesskostenhilfe besondere Belehrungspflichten des beauftragten Rechtsanwalts bestehen und deren Verletzung als nichtgebührenrechtliche Einwendung nach § 11 Abs. 5 RVG geltend gemacht werden kann (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., § 11 Rdn. 184).
Hier bestand besonderer Anlass, auf eine zweifelhafte Erfolgsaussicht für eine Klage gegen die Kündigung und damit eine mögliche Verweigerung der Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO hinzuweisen. Es handelte sich um eine ordentliche Kündigung, die nicht unter den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fiel. Ob das Arbeitsgericht die Kündigung als treuwidrig einstufen würde, weil der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hatte, war ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung sehr zweifelhaft. Selbst nachdem Rechtsanwalts B die Treuwidrigkeit der Kündigung damit begründet hatte, aufgrund von angeblichen Versäumnissen der Beklagten sei es zu dem Arbeitsunfall gekommen, der zu der Kündigung geführt habe, hat das Beschwerdegericht nur eine Beiordnung nach § 11 a ArbGG vorgenommen, weil sich in der Zwischenzeit ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter für die Beklagte bestellt hatte. Bei einer Beiordnung nach § 11 a ArbGG kommt es nicht darauf an, ob die Klage hinreichende Erfolgsaussicht hat. Sie kann nur verweigert werden, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich mutwillig ist (§ 11 a Abs. 2 ArbGG).
Ob der Antragsteller tatsächlich im Zusammenhang mit der Erörterung der Kostentragung und der Beantragung von Prozesskostenhilfe eine ihm obliegende Belehrungspflicht verletzt und sich dadurch schadensersatzpflichtig gemacht hat, ist im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu entscheiden. Das Festsetzungsverfahren ist seiner Natur nach auf die Prüfung der gebührenrechtlichen Seite des anwaltlichen Vergütungsanspruchs beschränkt (vgl. OLG Koblenz JurBüro 1998, S. 307). Der Antragsteller muss daher auf den allgemeinen Klageweg verwiesen werden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller nach § 97 ZPO zu tragen.
Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig.
Schwartz
LAG Köln:
Beschluss v. 20.10.2011
Az: 9 Ta 304/11
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