Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 10. November 2008
Aktenzeichen: 31 Wx 87/08, 31 Wx 087/08
(OLG München: Beschluss v. 10.11.2008, Az.: 31 Wx 87/08, 31 Wx 087/08)
Tenor
I. Die Beschwerden der Antragsteller zu 27 und 31 gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 11.6.2008 werden verworfen.
II. Die Antragsteller zu 27 und 31 tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 20.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerde führenden Antragsteller zu 27 und 31 waren Minderheitsaktionäre der C. AG. Deren Hauptversammlung hat am 17.6.2005 die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin beschlossen. In dem seit 30.11.2005 vor dem Landgericht anhängigen Spruchverfahren beantragen die Beschwerdeführer und 44 weitere Antragsteller die Festsetzung einer angemessenen Barabfindung. Mehrere Verfahrensbeteiligte sind der Ansicht, dass bei der Unternehmensbewertung zum Stichtag der Wert der von der C. AG gehaltenen Beteiligung an der E. AG zu berücksichtigen sei.
Zur Klärung dieser Frage hat das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2007 zunächst den Antragsteller zu 31 als Beteiligten sowie einen auf Seiten der Antragsgegnerin im fraglichen Zeitraum in entsprechende Verhandlungen eingebundenen Rechtsanwalt als Zeugen vernommen. Nachdem es am 24.4.2008 einen weiteren Zeugen zum selben Beweisthema vernommen hatte, hat das Landgericht mit Beschluss vom 11.6.2008 unter Ziffer I darauf hingewiesen, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Wert der E.-Beteiligung nicht zu berücksichtigen und die Einvernahme einer weiteren, zum selben Beweisthema benannten Zeugin nicht angezeigt sei. Unter Ziffer II hat es die zu Sachverständigen bestellten Wirtschaftsprüfer mit der Ermittlung des Unternehmenswerts der C. AG ohne Berücksichtigung der E.-Beteiligung beauftragt.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller zu 31 mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 30.6.2008 sofortige (hilfsweise einfache) Beschwerde und der Antragsteller zu 27 mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 21.7.2008 €Beschwerde€ eingelegt. Mit Schriftsatz vom 20.8.2008 hat der Antragsteller zu 31 lediglich die einfache Beschwerde aufrechterhalten.
II.
Die Beschwerden der Antragsteller zu 27 und 31 waren jeweils als unzulässig zu verwerfen, da gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 11.6.2008 weder die einfache noch die sofortige Beschwerde statthaft ist.
1. Da das Spruchverfahren seit November 2005 beim Landgericht anhängig ist, kommt das Spruchverfahrensgesetz zur Anwendung, § 17 Abs. 2 SpruchG.
a) Die sofortige Beschwerde gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 SpruchG ist nicht statthaft, da der Beschluss des Landgerichts vom 11.6.2008, durch welchen lediglich ein gerichtlicher Hinweis erteilt und der Umfang der von den Sachverständigen vorzunehmenden Begutachtung festgelegt wurde, die Instanz nicht abschließt und damit eine Zwischenentscheidung darstellt. § 12 Abs. 1 Satz 1 SpruchG bezieht sich jedoch nur auf Endentscheidungen im Sinne des § 11 SpruchG (Simon SpruchG § 12 Rn. 3).
7Der angefochtene Beschluss stellt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass hierdurch eine Beteiligung der C. AG aus dem Kreis der bei der Unternehmensbewertung einzustellenden Positionen ausgenommen wurde, entgegen der Ansicht des Antragstellers zu 27 keine mit einer die Instanz abschließenden Endentscheidung oder einem €Zwischenurteil€ vergleichbare Entscheidung, sondern lediglich eine die Endentscheidung vorbereitende Zwischenentscheidung in der Form eines Hinweis- und Beweisbeschlusses dar.
b) Zwischenentscheidungen sind grundsätzlich unanfechtbar. Hierzu gehören insbesondere verfahrensleitende Verfügungen wie Beweisanordnungen, die Ablehnung von Beweisanträgen oder die Festlegung des Umfangs der Beweisaufnahme (vgl. Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 19 Rn. 9 m.w.N.). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Gesetz die Anfechtbarkeit der Zwischenentscheidung ausdrücklich vorsieht oder durch diese unmittelbar in erheblichem Maße in Rechte eines Beteiligten eingegriffen wird (allgemeine Meinung; BayObLGZ 1996, 4/5; BayObLG NJW-RR 2002, 13; OLG Frankfurt/M. FamRZ 1993, 442). Dies gilt auch in Spruchverfahren (vgl. Kölner Kommentar SpruchG/Wilske § 12 Rn. 5 m.w.N.; Klöcker/Frowein SpruchG § 12 Rn. 3; MünchKommAktG/Volhard 2. Aufl. § 12 SpruchG Rn. 15; Simon § 12 Rn. 6). Nur wenn eine Zwischenentscheidung in so einschneidender Weise in Rechte von Beteiligten eingreift, dass ihre selbständige Anfechtbarkeit unbedingt geboten ist (vgl. BGH NJW-RR 2003, 1369 m.w.N.), ist die einfache Beschwerde nach § 19 FGG i.V.m. § 17 Abs. 1 SpruchG eröffnet. Der unmittelbare und erhebliche Eingriff in eigene Rechte ist dabei Zulässigkeitsvoraussetzung, nicht Teil der Begründetheitsprüfung.
c) Nach diesen Grundsätzen sind die Beschwerden der Antragsteller zu 27 und 31 unzulässig. Ein unmittelbarer, erheblicher Eingriff in die Rechte der Beschwerdeführer liegt nicht vor. Durch den angefochtenen Hinweis- und Beweisbeschluss wird den Beschwerdeführern keine Rechtsposition genommen, die sich nicht € sollte sich die dem Beschluss zugrunde liegende Würdigung des Landgerichts als unzutreffend erweisen € wiederherstellen ließe. Das gilt zum einen für das Landgericht selbst, das seinen eigenen Beweisbeschluss, wenn es im weiteren Verlauf des Verfahrens etwa im Lichte der vorgetragenen Argumente der Beteiligten zu anderer Erkenntnis gelangt, gegebenenfalls auch wieder ändern kann. Zum anderen ist die Frage, ob die hier inmitten stehende Beteiligung der C. AG an der E. AG bei der Unternehmensbewertung zu berücksichtigen ist oder nicht, im Rechtsmittelverfahren gegen die spätere Endentscheidung des Landgerichts überprüfbar, falls sie sich in der Endentscheidung überhaupt zum Nachteil der Beschwerdeführer auswirkt. Die Beschwerdeführer sind nicht mehr belastet als jede andere Partei, die mit der in einem Hinweis- und Beweisbeschluss zum Ausdruck gelangenden vorläufigen Rechtsauffassung des Gerichts und dem vom Gericht einem Sachverständigen vorgegebenen Umfang der Begutachtung nicht einverstanden ist. Nach ständiger Rechtsprechung sind derartige verfahrensleitende Verfügungen nicht gesondert anfechtbar; die ihnen zugrunde liegenden Würdigungen und Rechtsauffassungen des Gerichts können, soweit sie in die Endentscheidung zum Nachteil einer Partei einfließen, erst mit dem gegen die Endentscheidung gegebenen Rechtsmittel zur Überprüfung durch die nächste Instanz gestellt werden.
2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens legt der Senat den Beschwerdeführern auf, da dies vorliegend der Billigkeit entspricht, § 15 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz SpruchG. Aus demselben Grund sieht der Senat von der Möglichkeit ab, die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer der Antragsgegnerin aufzuerlegen, § 15 Abs. 4 SpruchG.
3. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 15 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO. Der Senat hält es für angemessen, für die unstatthaften Beschwerden gegen eine nicht anfechtbare Zwischenentscheidung des Landgerichts ein Zehntel des in § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG vorgesehenen Mindestgeschäftswerts von 200.000 € anzunehmen.
OLG München:
Beschluss v. 10.11.2008
Az: 31 Wx 87/08, 31 Wx 087/08
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