Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 12. Januar 1999
Aktenzeichen: 4 U 199/98

(OLG Hamm: Urteil v. 12.01.1999, Az.: 4 U 199/98)

Tenor

Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 06. August 1998 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum abge-ändert.

Die Beschlußverfügung des Vorsitzenden der vorbezeichneten Kammer des Landgerichts Bochum vom 25. Mai 1998 wird auf-gehoben und der ihr zugrunde liegende Antrag insgesamt zu-rückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragstellerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)

Die Berufung des Antragsgegners ist begründet. Das Verfügungsbegehren der Antragstellerin muß zurückgewiesen werden, weil die Antragstellerin einen Verfügungsgrund nicht hat glaubhaft machen können, wie der Antragsgegner in seiner Berufungsbegründung auch ausdrücklich gerügt hat.

Vorliegend geht es nicht um eine wettbewerbsrechtliche Streitigkeit, so daß die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG nicht eingreift. Wie in anderen Verfügungsverfahren auch hätte die Antragstellerin die Eilbedürftigkeit ihres Verbotsbegehrens vielmehr ausdrücklich darlegen und glaubhaft machen müssen.

Nach §§ 935, 940 ZPO ist dafür erforderlich, daß über das Erfüllungsinteresse des Gläubigers hinaus eine vorläufige Sicherung der Gläubigerrechte von Nöten ist, weil zu besorgen ist, daß der im Hauptsacheverfahren noch zu titulierende Anspruch nicht oder nur unter wesentlich erschwerten Umständen durchzusetzen ist, weil eine Veränderung des bestehenden Zustandes droht (Schuschke/Walker ZPO § 935 Randziffer 12 mit weiteren Nachweisen), oder weil sonst wesentliche Nachteile für den Gläubiger zu befürchten sind. So wie sich in § 935 ZPO die Erforderlichkeit einer Sicherungsmaßnahme aus der Gefährdung der Verwirklichung des Verbotsanspruches ergeben muß, so muß auch im Rahmen des § 940 ZPO die Notwendigkeit einer einstweiligen Regelung sich aus einer aktuellen Gefährdung des konkreten Rechtsverhältnisses und damit der aus diesen abzuleitenden Verbotsansprüche ergeben (Schuschke/Walker ZPO § 940 Randziffer 8 mit weiteren Nachweisen).

Solche Umstände hat die Antragstellerin nicht darlegen können.

Dabei ist zu beachten, daß es im vorliegenden Verfahren nur mittelbar um die Nutzungsmöglichkeiten des Internet geht. Es kann nicht darum gehen, der Antragstellerin statt des Antragsgegners den Zugang zum Internet unter der umstrittenen Domain zu eröffnen (Senatsurteil vom 13. Januar 1998 - MKR 1998, 215 mit Anmerkungen von Berlit = CR 1998, 242 mit Anmerkungen von Bettinger). Es geht allein um den Namensschutz der Antragstellerin, der nicht dadurch verwässert werden darf, daß neben ihr in der Öffentlichkeit unter dem gleichen Firmenschlagwort "L" der Antragstellerin aufgetreten wird. Von daher spielt die Frage, ob und wie die Antragstellerin das Internet nutzen kann, auch wenn der Antragsgegner die Domain "L de" weiter besetzt, für die hier maßgebliche Frage der Eilbedürftigkeit des begehrten Nutzungsverbotes keine Rolle.

Es geht vorliegend allein darum, ob ausnahmsweise deshalb bereits ein vorläufiges Nutzungsverbot auszusprechen ist, weil ein Verbotsausspruch erst im Hauptsacheverfahren zu spät käme, um die berechtigten Namensinteressen der Antragstellerin ausreichend zu schützen. Das hat die Antragstellerin nicht darlegen können. Dabei kann zugunsten der Antragstellerin unterstellt werden, daß der Antragsgegner unter der umstrittenen Internet-Domain seine Homepage jederzeit zugreifbar machen kann. Auch dann ist nicht ersichtlich, daß die Antragstellerin einen merklichen Ansehensverlust dadurch erleidet, daß der Antragsgegner weiterhin bis zur Entscheidung in der Hauptsache unter der beanstandeten Internet-Domain auftritt.

Die Antragstellerin kann die Eilbedürftigkeit dabei auch nicht aus dem Zusammenwirken des Antragsgegners mit seinem Vater herleiten, durch die die zwischenzeitliche Eintragung der Antragstellerin unter der umstrittenen Internet-Domain verhindert worden ist. Die Frage der Eilbedürftigkeit eines vorläufigen Nutzungsverbotes kann sich nicht aus der Art und Weise herleiten, durch die sich der Antragsgegner die Nutzung verschafft hat. Ob dies zu Recht geschehen ist, muß im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Die Eilbedürftigkeit des begehrten Nutzungsverbotes kann sich vielmehr nur aus der Position der Antragstellerin herleiten lassen, inwieweit es ihr zumutbar ist, bis zu einer Entscheidung über ihr Verbotsbegehren in der Hauptsache zuzuwarten. Insoweit ist aber nicht ersichtlich, daß sich die Umstände dann dergestalt verändert hätten, daß ein erst dann ausgesprochenes Nutzungsverbot des Firmenschlagwortes "L" im Internet ins Leere ging. Vielmehr muß zugunsten des Antragsgegners davon ausgegangen werden, daß sich die Sachlage bis zu einem Urteil in der Hauptsache nicht wesentlich zum Nachteil der Antragstellerin verändern wird, daß eben der Antragsgegner dann nach wie vor so mit der beanstandenden Internet-Domain eingetragen sein wird wie bisher auch. Die Benachteiligung, die die Antragstellerin durch diese Eintragung in der Werbekraft und dem Ansehen, das sich mit ihrem Firmenschlagwort verbindet, hinnehmen muß, wird sich ebenfalls bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht dergestalt zunehmend verdichten, daß zur gebotenen Interessenwahrung der Antragstellerin ein vorläufiges Nutzungsverbot erforderlich ist. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft machen können, im Kern ihres Namensrechtes betroffen zu sein. Vielmehr muß zugunsten des Antragsgegners davon ausgegangen werden, daß das Auftreten des Antragsgegners unter der beanstandeten Domain im Internet die namensmäßigen Belange der Antragstellerin nur in Randbereichen berührt, so daß eine ernsthafte Gefährdung ihres Rufes und ihres Ansehens, die ein umgehendes Einschreiten gegen die Nutzung des Namens durch den Antragsgegner erforderlich sein lassen könnten, nicht zu befürchten sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziffer 10 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 12.01.1999
Az: 4 U 199/98


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