Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. April 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 305/03
(BPatG: Beschluss v. 25.04.2006, Az.: 27 W (pat) 305/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. März 2003 und 13. August 2003 aufgehoben.
Gründe
I Die Anmelderin begehrt die Eintragung der Kennzeichnung Kennzeichnung als dreidimensionale Marke in den Farben "violett, schwarz, braun"
als dreidimensionale Marke in den Farben "violett, schwarz, braun" für
"Schuhe, nämlich ramengenähte Herrenschuhe in klassischen Formen, nämlich Derbyschnitt, Oxfordschnitt, Monkschnitt und Loaferschnitt, jeweils mit und ohne Lochmuster".
Der Anmeldung hat sie folgende Beschreibung beigefügt:
"Violettes Einfassband von 2 mm Breite, welches entlang der der Einstiegsöffnung zugewandten Kante der Zunge des Schuhs verläuft".
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die angemeldete Marke mit den im Tenor genannten Beschlüssen nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen, weil die angesprochenen Verkehrskreise die farbliche Einfassung einer Schuhlasche nur unter dem Aspekt seiner optischen Wirkung als dekorative Gestaltung und nicht als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem ganz bestimmten Herstellerbetrieb ansähen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält die beanspruchte dreidimensionale farbige Einfassung für unterscheidungskräftig, weil eine solche Gestaltung bei den ganz speziellen beanspruchten Schuhwaren üblicherweise gerade nicht verwendet werde und daher so außergewöhnlich wirke, dass die angesprochenen Verbraucher hierin einen Herkunftshinweis sähen. Hierzu hat sie umfängliches Material über die Angebote von Konkurrenzunternehmen zur Akte gereicht.
II Die zulässige Beschwerde ist begründet. Für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen entbehrt die angemeldete Bezeichnung nicht der Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns) die Eignung einer Marke, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft stets dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen, was etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) oder bei Werbeaussagen allgemeiner Art (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 - Unter uns; WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - Test it; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft) der Fall ist.
Auch die Schutzfähigkeit von farbigen Aufmachungen, zu welchen die vorliegend als dreidimensionale Marke angemeldete Kennzeichnung zu rechnen ist, ist nach diesen markenrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 169). Unter der gebotenen Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse auf dem hier in Rede stehenden Warengebiet ist dabei davon auszugehen, dass der Verkehr - das sind vorliegend alle inländischen Verbraucher - an unterschiedlichste äußere Aufmachungen von Schuhen gewöhnt ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft zu Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b) der Gemeinschaftsmarkenverordnung, der dem durch § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in das deutsche Recht umgesetzten Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b) der Ersten Markenrechtslinie entspricht, verfügt daher nur eine farbige Aufmachung, die erheblich von der Branchenüblichkeit abweicht, über die für eine Marke erforderliche konkrete originäre Unterscheidungskraft, weil sie nur dann ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllt (vgl. EuGH MarkenR 2004, 224, 229 [Rz. 39] - Waschmitteltabs; MarkenR 2004, 231, 236 [Rz. 37] - Quadratische Waschmitteltabs). In einer beliebigen Kombination üblicher Gestaltungselemente vermag der Verkehr in der Regel keinen Hinweis auf eine betriebliche Herkunft zu erkennen (vgl. BGH GRUR 2001, 416, 417 - OMEGA).
Der Senat hat anhand des von der Anmelderin vorgelegten und des von ihm selbst ermittelten Bild- und Prospektmaterials zwar feststellen können, dass es durchaus üblich ist, die so genannten Schuhzungen an ihrer äußeren Kante mit einem Einfassband zu versehen; auf dem hier in Rede stehenden engen Warengebiet so genannter klassischer Herrenschuhe, die üblicherweise in den klassischen Farben schwarz und braun gehalten sind, ist es aber ungewöhnlich und wohl auch wegen des hierdurch angesichts der üblichen Schuh-Grundfarbe entstehenden Kontrastes besonders auffällig, das Einfassband mit der hier konkret beanspruchten Farbe zu versehen. Begegnen die Verbraucher daher so genannten klassischen Herrenschuhen, die in der beanspruchten Weise ausgestaltet sind, werden sie eher dazu neigen, diese konkrete, von dem Üblichen abweichende, ja zu ihm geradezu kontrastierende Gestaltung als Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Herrenschuhe aus einem bestimmten Unternehmen und damit als Marke anzusehen. Aus diesem Grund kann der hier in Rede stehenden konkreten Aufmachung auf dem begrenzten Warengebiet das nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft letztlich nicht abgesprochen werden.
Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zu Unrecht die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war auf die Beschwerde der Anmelderin der Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
Eine für ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sprechende warenbeschreibende Aussage sah auch die Markenstelle in der farbig gehaltenen Lasche nicht.
BPatG:
Beschluss v. 25.04.2006
Az: 27 W (pat) 305/03
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