Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 5. Juni 2001
Aktenzeichen: 23 W 167/01
(OLG Hamm: Beschluss v. 05.06.2001, Az.: 23 W 167/01)
Tenor
In Abänderung der angefochtenen Entscheidung hat die Beklagte an die Klägerin 5.265,04 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. Dezember 2000 zu erstatten.
Im übrigen werden die Beschwerde und das Kostenfestsetzungsgesuch der Klägerin zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten trägt die Klägerin nach einem Gegenstandswert von 115,63 DM.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach einem Wert von 225,56 DM gegeneinander aufgehoben.
Gründe
Die als sofortige Beschwerde zulässige Erinnerung der Klägerin hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Absetzung von Geschäftsreisekosten ihres Prozeßbevollmächtigten in Höhe von 151,76 DM (226,60 DM angemeldete Kosten abzüglich 74,84 DM berücksichtigte Kosten) richtet. Außerdem kann die Klägerin eine weitere Kopie mit 1,00 DM erstattet verlangen. Angesichts der Kostenquote und des einzubeziehenden Gegenanspruchs der Beklagten erhöht sich ihre Erstattungsforderung damit um 109,93 DM von 5.155,11 DM auf den tenorierten Betrag.
1.
Infolge der Novellierung des § 78 Abs. 1 ZPO (Wegfall der Lokalisation) hat der Senat seine Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Kosten eines "Distanzanwalts" geändert. Nunmehr ist eine Partei nach dem Gebot zur sparsamen Prozeßführung nur noch dann gehalten, von der Beauftragung eines nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts abzusehen, wenn sie von vornherein erkannt hat oder bei gehöriger Überlegung hätte erkennen müssen, daß hierdurch letztlich höhere Kosten als bei der Auswahl eines am Gerichtsort ansässigen Anwalts entstehen. Insoweit hat der Kostenschuldner darzulegen, daß tatsächlich Mehrkosten angefallen sind und von einer kostenbewußten Partei durch Beauftragung eines anderen Anwalts vermieden worden wären (vgl. Senatsbeschluß vom 12. Februar 2001 in AGS 2001, 114). Derartige Feststellungen lassen sich hier aber nicht treffen, so daß gegen die angemeldeten Geschäftsreisekosten des Anwalts der Klägerin insgesamt nichts einzuwenden ist.
Gleiches muß aber auch für die entsprechenden Kosten der Beklagten gelten, die mit 145,80 DM angemeldet wurden und von der Rechtspflegerin auf 46,60 DM gekürzt worden sind. Zwar hat die Beklagte den Kostenfestsetzungsbeschluß nicht angegriffen. Aus Gründen materieller Gerechtigkeit ist jedoch im Rahmen einer Kostenausgleichung ein identischer Gebührentatbestand auf beiden Seiten gleich zu behandeln, auch wenn er nur von einer Seite mit der Beschwerde weiterverfolgt wird (vgl. Senatsbeschluß vom 16. April 1998 zu 23 W 59/98 für die Beweisgebühr und vom 12. Dezember 1996 zu 23 W 295/96 für Verkehrsanwaltskosten). Die Klägerin muß sich daher die von der Rechtspflegerin vorgenommene Kürzung der erstattungsfähigen Kosten der Beklagten um 99,20 DM an Geschäftsreisekosten in Höhe ihres Kostenanteils von 16,86 DM (17 % von 99,20 DM) gegenrechnen lassen. Dem steht ein eigener Anspruch von 125,96 DM (83 % von 151,76 DM) gegenüber, weshalb insoweit für die Klägerin ein Habensaldo von 109,10 DM verbleibt.
2.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde sind die mit 100,00 DM angemeldeten Parteikosten für die Wahrnehmung des Ortstermins am 18. Juli 2000 und des Termins bei dem Sachverständigen am 6. November 2000 nicht außer Ansatz geblieben. Nach den von der Rechtspflegerin vorgenommenen Kürzungen der Anwaltskosten ergab sich insoweit ein Endbetrag von 6.089,84 DM. Darauf sind die 100,00 DM aufgeschlagen worden, so daß sich der in die Ausgleichung eingestellte Betrag zugunsten der Klägerin von 6.189,84 DM errechnet.
3.
Die von der Beschwerde zitierte Rechtsprechung des Senats zur Entstehung und Erstattungsfähigkeit von Kopiekosten ist ebenfalls überholt. Kopien für die Handakten des eigenen Prozeßbevollmächtigten fallen nicht unter die Regelung des § 27 Abs. 1 BRAGO; sie werden gemäß § 25 Abs. 1 BRAGO durch die Prozeßgebühr erfaßt und abgegolten (vgl. Senatsbeschluß vom 22. November 1999 zu 23 W 168/99). Nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO besonders abgerechnet werden können nur Schriftsatzanlagen. Diese erweisen sich als notwendig, soweit sie zur Unterrichtung des Gerichts und des Gegners beigefügt werden, falls diesem die Anlagen nicht schon bekannt sind. Zu berücksichtigen ist jeweils ein Exemplar. Ob der Gegenanwalt zur Unterrichtung seiner Partei weitere Kopien anfertigt, ist seine Angelegenheit.
Die Rechtspflegerin hat diese Grundsätze beachtet, allerdings wohl übersehen, daß die drei Anlagen zum Schriftsatz vom 17. April 2000 der Beklagten noch nicht vorgelegen haben dürften. Jedoch kann die Klägerin daraus keinen weiteren Erstattungsanspruch herleiten, weil sie bereits materiellrechtlich, nämlich aufgrund des Werkvertrages verpflichtet gewesen ist, der Beklagten die Aufmaßprotokolle zukommen zu lassen. Eine zusätzliche Übersendung im Rahmen des Prozesses war daher nicht erforderlich. Die Klägerin hatte aber Veranlassung, ihre "Lieferungs- und Zahlungsbedingungen" in zweifacher Ausfertigung einzureichen, weil die Beklagte deren Kenntnis bestritten hatte. Dadurch erhöht sich ihr Erstattungsanspruch um 0,83 DM (83 % von 1,00 DM).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO und Nr. 1953 der Anlage 1 zu § 11 GKG. Der Gegenstandswert folgt hinsichtlich der Gerichtskosten aus dem Unterliegen der Klägerin und im übrigen aus ihrem Abänderungsbegehren.
OLG Hamm:
Beschluss v. 05.06.2001
Az: 23 W 167/01
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