Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Juli 2007
Aktenzeichen: 27 W (pat) 91/06
(BPatG: Beschluss v. 31.07.2007, Az.: 27 W (pat) 91/06)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Widersprechende hat gegen die am 15. Oktober 2004 veröffentlichte Eintragung der am 5. Mai 2004 angemeldeten und für eine Reihe von Waren, darunter:
Klasse 18 Aktentaschen, Dokumententaschen, Badetaschen, Brieftaschen, Campingtaschen, Dokumentenkoffer, Dosen aus Leder oder Lederpappe, Einkaufstaschen, Geldbörsen, Handkoffer, Rucksäcke, Schulranzen, Kosmetikkoffer, Regenschirme, Reisekoffer, Reisenecessaires, Reisetaschen, Tornister, Taschen mit Rollen;
geschützten Marke Nr. 304 25 661 Grafik der Marke 30425661.7 aus ihrer Wortmarke Nr. 397 16 510 ELEPHANT sowie aus ihrer Marke Nr. 2036037 Grafik der Marke 2036037 die jeweils für Klasse 18 "Freizeittaschen, Reisetaschen, Handtaschen, Schultaschen, Schulranzen, Koffer, Einkaufsbeutel, Sporttaschen, Geldbeutel, Rucksäcke, Brustbeutel, Maniküre-Etuis, alle diese Waren aus Leder, Lederersatzstoffen und/oder Textilstoffen" eingetragen sind, Widerspruch hinsichtlich der Waren der Klasse 18 eingelegt.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 23. Juni 2006 beide Widersprüche zurückgewiesen, weil eine Verwechslungsgefahr selbst im Bereich identischer oder hochgradig ähnlicher Waren nicht bestehe. Der Bildbestandteil des angegriffenen Zeichens könne zwar in den Hintergrund treten, da er den Wortbestandteil bildhaft wiedergebe und bei Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen grundsätzlich das Wort eine prägende Bedeutung habe. Das angegriffene Zeichen werde jedoch nicht allein durch das in ihm enthaltene Wort "Elephant" dominiert. Vielmehr erwecke der Wortbestandteil "Elephant Polo" den Eindruck eines einheitlichen Gesamtbegriffs, der in seiner Kombination in Erinnerung bleibe und nicht auf das für eine Verwechslung in Frage kommende Wort "Elephant" verkürzt werde.
Dieser Beschluss wurde der Widersprechenden am 7. Juli 2006 zugestellt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden vom 4. August 2006. Mit Blick auf die einander gegenüberstehenden identischen bzw. hochgradig ähnlichen Waren hält sie eine Verwechslungsgefahr für gegeben. Die Widerspruchsmarken seien bekannt. Seit 1999 seien Jahresumsätze um ... € getätigt worden. Für Werbung würden jährlich an die ... € aufgewendet. Im Jahre 2006 seien etwa ... Artikel in der Warengruppe "ELEPHANT" verkauft worden. Es würden ... Kataloge pro Saison aufgelegt. Die Waren seien auf allen einschlägigen Messen präsent.
Die Marken seien hochgradig ähnlich, da alle drei Marken das gemeinsame Wort bzw. den gemeinsamen Wortbestandteil "Elephant" aufwiesen, die Bildbestandteile der Streitmarke und der Widerspruchsmarke 2 036 037 jeweils einen Elefanten darstellten und die beschreibenden Begriffe "Polo" bzw. "World-Tours" in den Hintergrund rückten. Dem Begriff "Elephant" sei somit sowohl in den Widerspruchsmarken als auch im angegriffenen Zeichen eine prägende Stellung zuzumessen, die eine klangliche und begriffliche Verwechslungsgefahr begründe. Ferner sei eine assoziative Verwechslungsgefahr gegeben, da die Wortmarke "Elephant" als Dachmarke wirke.
Die Widersprechende beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle den Widersprüchen stattzugeben.
Demgegenüber beantragt die Inhaberin des angegriffenen Zeichens, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bestreitet die Benutzung der Widerspruchsmarken.
Im Übrigen trägt sie vor, weder das Wort "Elefant" noch dessen bildliche Darstellung sei wegen zahlreicher Drittmarken als Serienbestandteil geeignet. Die Widerspruchsmarken hätten keine gesteigerte Kennzeichnungskraft.
Elefantenpolo sei eine durchaus bekannte Sportart, bei der deutsche Teams sogar sehr erfolgreich seien.
Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen, wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.
II.
1) Die Beschwerde der Widersprechenden ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 66 MarkenG), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die einander gegenüberstehenden Marken unterliegen nicht der Gefahr einer Verwechslung im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Markenstelle hat die Widersprüche daher zu Recht nach § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen.
Zwischen den für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren, Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Art und Aufmerksamkeit des beteiligten Publikums, besteht eine Wechselwirkung. So kann etwa ein höherer Grad an Ähnlichkeit der Waren oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Marken ausgleichen und umgekehrt (EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2005, 326 - IL PATRONE / PORTONE).
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend keine Gefahr von Verwechslungen gegeben.
a) Die Widerspruchsmarken sind durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Die vorgelegten Verkaufszahlen sind zu undifferenziert und lassen keine Marktanteile erkennen. Sie rechtfertigen daher die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft nicht.
b) Die für die Widerspruchsmarken einerseits und für das angegriffene Zeichen andererseits registrierten Waren der Klasse 18 sind - die Benutzung unterstellt - teilweise identisch.
c) Selbst im Bereich identischer Waren ist aber der Grad an Markenähnlichkeit zu gering, um eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr zu begründen.
aa) Bildlich unterscheiden sich die Marken aufgrund der graphischen Gestaltung des angegriffenen Zeichens ausreichend. Die Widerspruchsmarke 397 16 510 hat als Wortmarke keine Entsprechungen.
Die Widerspruchsmarke 2 036 037 zeigt einen statisch abgebildeten Elefanten, dessen Konturen sowie Hautstrukturen mit weißen Linien auf schwarzem Grund dargestellt sind. Das unterscheidet sich deutlich von der scherenschnittartigen Darstellung eines in Bewegung befindlichen und berittenen Elefanten des angegriffenen Zeichens.
bb) Wenn man aus der Widerspruchsmarke 2 036 037 allein den Bestandteil "Elephant" herausnimmt, so steht bei beiden Widersprüchen übereinstimmend dieses Wort dem angegriffenen Zeichen gegenüber. Die Tatsache, dass auch die jüngere Marke "Elephant" als Bestandteil enthält, führt aber nicht zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr (EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE), weil dieser Bestandteil innerhalb der Gesamtmarke nicht selbstständig kollisionsbegründend wirkt.
Die Aneinanderreihung der Wörter "Elephant" und "Polo" führt nämlich zu einem Gesamtbegriff, den die deutschen Verbraucher zwanglos als Hinweis auf Elefantenpolo auffassen werden, also auf eine Variante des Polospiels, die nicht auf Pferden sondern auf Elefanten durchgeführt wird. Die beiden Wörter sind grammatikalischformal und in ihrem Sinngehalt in gängiger Weise aufeinander bezogen und weisen so einen gesamtbegrifflichen Charakter auf. Diesen unterstreicht der Bildbestandteil noch, denn er zeigt einen Elefanten mit zwei Reitern auf dem Rücken, wobei der hintere einen Schläger schwingt.
cc) Es besteht auch nicht die Gefahr der Verwechslung unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen In-Verbindung-Bringens nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG. Diese Art der Verwechslungsgefahr hat zur Voraussetzung, dass die Verbraucher die Unterschiede beider Marken zwar wahrnehmen, auf Grund von Gemeinsamkeiten in der Zeichenbildung oder in prägenden Einzelteilen jedoch das angegriffene Zeichen der Inhaberin der Widerspruchsmarken zuordnen oder auf sonstige wirtschaftliche bzw. organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern schließen. Das setzt jedoch voraus, dass der betreffende Stammbestandteil in den einander gegenüberstehenden Marken identisch oder zumindest wesensgleich enthalten ist.
Gegen die Annahme einer solchen Verwechslungsgefahr spricht hier aber, dass sich "Polo" und "Elephant" zu einem Gesamtbegriff verbinden. Dies führt von der Vorstellung weg, dass es sich beim angegriffenen Zeichen um eine Marke handelt, die unter eine Dachmarke "Elephant" fallen könnte. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin das Vorliegen entsprechender Serienmarken mit dem Stammbestandteil "Elephant" in einer dem angegriffenen Zeichen entsprechenden Bildungsschema nicht dargetan. Vielmehr hat die Inhaberin des angegriffenen Zeichens aufgezeigt, dass das Wort "Elefant" und die Darstellung eines Elefanten so verbreitet sind, dass beides nicht geeignet ist, als Stammbestandteil zu wirken. In zahlreichen Marken finden Elefantendarstellungen und deren Benennung in deutscher ebenso wie in englischer Sprache Verwendung, um die damit verbundenen Assoziationen, zu "Stärke" zu nutzen.
Auch für eine sonstige gedankliche Verbindung i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG fehlen durchgreifende Anhaltspunkte. Die bloße Möglichkeit einer gedanklichen Verbindung zwischen den Marken führt noch nicht zu einer Verwechslungsgefahr. Der Begriff der gedanklichen Verbindung stellt keine Alternative zum Begriff der Verwechslungsgefahr dar, sondern bestimmt dessen Umfang nur näher, so dass die Fälle, in denen der Verkehr lediglich eine rein assoziative gedankliche Verbindung zwischen den Marken herstellt, weil die Wahrnehmung der einen Marke die Erinnerung an die andere Marke weckt, obwohl beide nicht miteinander verwechselt werden, nicht zur Begründung einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr ausreicht (vgl EuGH, GRUR 1998, 387, 389 - SABEL / PUMA).
Eine Gefahr der Verwechslung ist nicht wegen einer Übereinstimmung im Sinngehalt gegeben. Zwischen einer Wort-/Bildmarke und einer Bildmarke kann zwar eine Verwechslungsgefahr wegen einer Übereinstimmung im Bedeutungsgehalt der Zeichen bestehen. Voraussetzung ist aber, dass das Wort aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher die nahe liegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung des Bildes ist (vgl. BGH GRUR 1999, 990, 992 - SCHLÜSSEL; GRUR 2004, 779, 783 - ZWILLING / ZWEIBRÜDER). Hier gibt "Elefant" den Sinngehalt des Bildbestandteils der jüngeren Marke nicht erschöpfend wieder, weil der Elefant dort im Rahmen einer sportlichen Bewegung und als Reittier dargestellt ist. Dieser Bedeutungsgehalt erschließt sich auch dem angesprochenen Durchschnittsverbraucher aus dem Bild und dem Text "Elephant Polo" in naheliegender und ungezwungener Weise.
Es besteht kein Anlass, das angegriffene Zeichen unter Vernachlässigung dieser Aspekte mit dem Begriff "Elefant" zu benennen oder zu erinnern. Weder der einen Gesamtbegriff bildende Wortbestandteil "Elephant Polo" noch "Polo" sind für die relevanten Waren beschreibend.
Insgesamt besteht deshalb ein so geringer Ähnlichkeitsgrad der Marken, dass selbst bei Identität der Waren bzw. Dienstleistungen und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie Berücksichtigung allgemeiner Verkehrskreise keine Verwechslungsgefahr besteht.
2) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Dr. Albrecht Schwarz Kruppa Ju/Me
BPatG:
Beschluss v. 31.07.2007
Az: 27 W (pat) 91/06
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