Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Oktober 2006
Aktenzeichen: 5 W (pat) 9/05
(BPatG: Beschluss v. 16.10.2006, Az.: 5 W (pat) 9/05)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer hat durch seine Verfahrensbevollmächtigte am 11. Februar 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt das Gebrauchsmuster 20 2005 002 173 angemeldet, das eine Beleuchtungseinrichtung betrifft und das am 28. April 2005 in das Register eingetragen worden ist. Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer noch ein weiteres, mittlerweile ebenfalls eingetragenes Gebrauchsmuster angemeldet. Jeweils zusammen mit den Anmeldungen wurde das für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vorgesehene Formblatt mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt, am Ende des Erteilungsantrags für das Gebrauchsmuster war unter dem von der Patentanwältin handschriftlich hinzugefügten Punkt 7. angemerkt: "VKH-Antrag (Unterlagen)". Im vorliegenden Verfahren wurde dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 10. März 2005 Verfahrenskostenhilfe bewilligt. In diesem Beschluss wurde seitens der Gebrauchsmusterstelle festgestellt, dass ein Antrag auf Beiordnung eines Vertreters nicht gestellt worden sei.
Mit Formblattschreiben vom 27. April 2005 hat die Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers ihre Gebühren und Auslagen für das Gebrauchsmusteranmeldeverfahren von insgesamt 440,80 € geltend gemacht. Nach dem Hinweis der Gebrauchsmusterstelle vom 2. Juni 2005, dass ein Beiordnungsantrag nicht gestellt sei, weshalb kein Erstattungsanspruch bestehe, hat der Beschwerdeführer am 9. Juni 2005 die Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten beantragt.
Diesen Antrag hat die Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts am 1. August 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Beiordnung zur sachdienlichen Erledigung nicht mehr erforderlich war, als sie beantragt worden sei. Denn bei Antragstellung sei das Verfahren bereits soweit fortgeschritten gewesen, dass der Antragsteller alle danach noch erforderlichen Handlungen selbst habe vornehmen können. Eine auf einen Zeitpunkt vor ihrer Beantragung rückwirkende Beiordnung sei grundsätzlich nicht möglich. Auf einen der in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmetatbestand könne sich der Antragsteller nicht berufen. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Anmeldung vom 11. Februar 2005 und dem Antrag auf Beiordnung vom 9. Juni 2005 sei durch den Abstand von mehr als 3 Monaten nicht gegeben. Der grundsätzlich gesondert zu stellende Antrag auf Beiordnung habe bei Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe nicht vorgelegen, worauf im Bewilligungsbeschluss ausdrücklich hingewiesen worden sei. Die Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers habe darauf auch nicht nur mit ihrem Einverständnis mit der Beiordnung vom 27. April 2005 reagieren dürfen. Denn das Eintragungsverfahren war bereits mit der Eintragungsverfügung vom 18. März 2005, spätestens mit der Eintragung am 28. April 2005 beendet. Der ausdrückliche Antrag auf Beiordnung vom 9. Juni 2005 sei demnach verspätet.
Mit seiner gegen die Zurückweisung gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag auf Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten weiter. Er macht geltend, dass aus der Gesamtheit der von seiner anwaltlichen Vertreterin vorgelegten Unterlagen der klare Wille, dass ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung der Vertreterin gestellt werden sollte, ohne Weiteres erkennbar gewesen sei. Zum Einen seien die Anmeldeunterlagen von der Vertreterin vorbereitet worden. Im Anmeldeformular sei bei "Anlagen" per Hand der Zusatz "VKH-Antrag" eingetragen worden, des Weiteren sei in den Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die anwaltliche Vertretung durch seine Patenanwältin angezeigt worden, die am 16. März 2005 explizit den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt habe. Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe sei aber nicht wegen dieses explizit gestellten Antrags, sondern bereits am 10. März 2006 auf Grund des aus den Anmeldeunterlagen sinngemäß entnehmbaren Antrags auf Verfahrenskostenhilfe gewährt worden. Im Übrigen beruft sich der Antragsteller auf eine Senatsentscheidung vom 8. März 2002, deren zugrunde liegender Sachverhalt mit Ausnahme der Daten mit dem vorliegenden identisch sei. Dass die anwaltliche Ausarbeitung der Unterlagen für den russischmuttersprachlichen Anmelder für eine ordnungsgemäße Anmeldung, die eine unbeanstandete Registrierung ermöglichte, unbedingt notwendig gewesen sei, sei ohne Weiteres verständlich.
Der Antragsteller beantragt, den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle vom 1. August 2005 aufzuheben und dem (expliziten) Antrag vom 9. Juni 2005 auf Beiordnung von Patentanwältin A... stattzugeben.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Gebrauchsmusterstelle hat den Antrag auf Beiordnung zu Recht zurückgewiesen. Bei Antragstellung am 9. Juni 2005, auf die sich das Beschwerdebegehren ausdrücklich bezieht, lagen die Voraussetzungen für eine Beiordnung nicht mehr vor.
1. Grundsätzlich ist der frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem ein Anwalt beigeordnet werden kann, der Zeitpunkt der entsprechenden Antragstellung (h. M., vgl. BPatG Mitt. 2003, 310 f.). Ein solcher Antrag liegt vor, er wurde am 9. Juni 2005 gestellt. Die laut Antrag in der Beschwerdeschrift vom 12. August 2005 begehrte Beiordnung gemäß diesem Antrag ist jedoch nicht möglich. Denn am 9. Juni 2005 war das Eintragungsverfahren über das Gebrauchsmuster 20 2005 002 173 bereits abgeschlossen, so dass weitere Verfahrenshandlungen durch den Anmelder selbst nicht mehr notwendig waren und Gang und Inhalt des Verfahrens nicht mehr beeinflusst werden konnten. Demnach war zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Beiordnung nicht mehr erforderlich im Sinne von § 133 PatG (vgl. Busse a. a. O. Rn. 4; BPatGE 22, 39 ff.).
2. Die Beschwerde erweist sich aber auch dann nicht als begründet, wenn man die Gesamtheit der von der anwaltlichen Vertreterin des Beschwerdeführers im Anmeldeverfahren vorgelegten Unterlagen berücksichtigt. Denn aus ihnen lässt sich auch durch Auslegung der Wille, dass mit dem Eintragungsantrag ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe und auf Beiordnung der Vertreterin gestellt werden sollte, nicht entnehmen.
2.1. Nach § 21 GebrMG i. V. m. § 133 PatG muss für die Beiordnung eines Vertreters ein entsprechender Antrag gestellt werden.
2.1.1. Die überwiegende Rechtsprechung und Literatur zu § 121 Abs. 2 ZPO, der insoweit weitgehend der Regelung des § 133 PatG entspricht, fordert hierbei einen ausdrücklichen Antrag (vgl. Kalthoener/Büttner, Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. 2005, Rn. 258 m. w. N.; Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl. 2005, Rn. 4 zu § 121 m. w. N.; Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, Rn. 2 zu § 133). Allerdings wird in Rechtsprechung und Literatur weitergehend die Auffassung vertreten, dass zwar grundsätzlich ein ausdrücklicher Antrag auf Beiordnung eines Vertreters neben dem Antrag auf Gewährung der Verfahrenskostenhilfe gestellt werden müsse, dass aber auch eine konkludente Antragstellung möglich sei. Eine solcher konkludenter Antrag liegt nach dieser Auffassung bereits dann vor, wenn der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe (Prozesskostenhilfe) durch einen Anwalt gestellt wird (Kalthoener/Büttner, Wrobel-Sachs a. a. O m. w. N..; Engels, Prozesskostenhilfe, 1990, Rn. 59 zu § 121 ZPO m. w. N.; Zöller-Philippi a. a. O., Rn. 14 m. w. N.; vgl. auch LAG Niedersachsen, MDR 1999, 190; OLG Düsseldorf, MDR 1981, 502). In diesem Sinn hat auch der erkennende Senat im Beschluss vom 8. März 2002 (5 W (pat) 23/01; Mitt. 2003, 310 f.) entschieden. Anderer Ansicht sind beispielsweise der VGH Baden-Württemberg, JurBüro 1989, 124 ff., das LG Bayreuth, JurBüro 1982, 1735 und das LAG Schleswig-Holstein im Beschluss vom 15. August 2003, Az. 2 Ta 173/03. Das LAG Schleswig-Holstein erachtet es wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen für Prozesskostenhilfe und Beiordnung nicht für zulässig, den Schluss zu ziehen, dass ein Antrag auf Prozesskostenhilfe durch einen Anwalt gleichzeitig einen Antrag auf seine Beiordnung enthält. Der VGH Baden-Württemberg hat festgestellt, dass der Antrag des Anwalts auf Prozesskostenhilfe kein stillschweigender Antrag auf Beiordnung sei und dass ein ausdrücklicher Antrag gestellt werden müsse. Das LG Bayreuth hält einen konkludenten Antrag nur dann für gegeben, wenn entweder Anwaltszwang herrscht oder eindeutig ist, dass eine Beiordnung erforderlich ist. Hartmann mahnt bei seiner Kommentierung zum Antragserfordernis bei der Beurteilung eines stillschweigenden Antrags zur Vorsicht (Baumbach-Lauterbach-Hartmann (BLAH), ZPO, 64. Aufl. 2006, Rn. 30 zu § 121).
2.1.2. Angesichts der Tatsache, dass Verfahrenskostenhilfe im Gebrauchsmusteranmeldeverfahren entgegen der ursprünglichen Tendenz des Gesetzgebers in bedenklicher Weise leicht zu erlangen ist, dürfen die Anforderungen für die Übernahme zusätzlicher Kosten durch die öffentliche Hand nicht unter das vom Gesetz geforderte Maß herabgesetzt werden. Insofern kann allein aus dem Antrag eines Anwalts, einem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe zu gewähren, nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass gleichzeitig seine Beiordnung beantragt werde.
Bei der Einführung der damals noch als Armenrecht bezeichneten Regelung der Verfahrenskostenhilfe durch das 5. Überleitungsgesetz vom 18. Juli 1953 hat der Gesetzgeber für das Gebrauchsmustereintragungsverfahren die Anwendbarkeit der entsprechenden Vorschriften des PatG davon abhängig gemacht, dass die rechtlichen Schwierigkeiten die Beiordnung eines Vertreters erforderlich machten (§ 12 Abs. 2 GebrMG i. d. F. d. 5. ÜG), ein über die Beiordnung hinausgehendes Armenrecht gab es nicht. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich beim Gebrauchsmustereintragungsverfahren im Wesentlichen um ein Registrierungsverfahren handle, bei dem nur die formellen Voraussetzungen überprüft würden. "Die im Armenrechtsverfahren vorgeschriebene Voraussetzung, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat, würde also im Gebrauchsmustereintragungsverfahren entweder dazu führen, dass die angemeldete Erfindung bereits im Eintragungsverfahren auf Neuheit geprüft wird, oder dass das Merkmal der Erfolgsaussicht praktisch gegenstandslos wird und das Armenrecht schon dann erteilt wird, wenn der Anmelder bedürftig ist." Aus diesem Grunde wurde es nicht für angemessen erachtet, das Armenrechtsverfahren allgemein auf das Gebrauchsmustererteilungsverfahren auszudehnen (vgl. amtl. Begründung BlPMZ 1953, 302). Diese immer noch zutreffenden Überlegungen wurden bei den folgenden Gesetzesänderungen nicht mehr aufgegriffen, ohne dass sich daraus schließen ließe, dass sie nicht mehr gelten sollten. Denn dort lagen die Schwerpunkte auf anderen Punkten. Insoweit ist daher eine Lücke entstanden, die allerdings nur durch den Gesetzgeber selbst wieder zu schließen ist.
Das o. g. Erfordernis der rechtlichen Schwierigkeiten wurde durch das Gesetz vom 4. September 1967 beseitigt. Jedoch bedeutete dies noch keine unbeschränkte Einführung des Armenrechts in das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren. Denn nach der durch die Verweisung in § 12 GebrMG a. F. geltenden Vorschrift des damaligen § 46 b Abs. 2 Nr. 1 PatG war die Anmeldegebühr vom Armenrecht ausgenommen, die Erleichterung für bedürftige Anmelder betraf demnach nur das Beschwerdeverfahren (vgl. amtl. Begründung BlPMZ 1967, 244 ff., 270), für die Beiordnung galt § 46 e PatG, der insoweit dem heutigen § 133 PatG entsprach. Aufgrund des Gesetzes über die Prozesskostenhilfe vom 13. Juni 1980 erfolgte eine Angleichung der Vorschriften des PatG an die ZPO. Die danach im Patenterteilungsverfahren mögliche Einbeziehung der Anmeldegebühr sollte der Förderung der erfinderischen Tätigkeit von Einzelerfindern und kleinen und mittleren Unternehmen dienen. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass durch das nunmehr vorgesehene Ratensystem ein geeigneter Weg gefunden worden sei, das Patentamt vor einer Überflutung mit unausgereiften Ideen zu bewahren (vgl. amtl. Begründung BlPMZ 1980, 249 ff., 260). Zum Gebrauchsmustergesetz wurde lediglich ausgeführt, dass es bisher auf die Armenrechtsvorschriften verwiesen habe und nunmehr auch im Gebrauchsmusterverfahren die neuen Vorschriften gelten sollten (vgl. amtl. Begründung BlPMZ 1980, 249 ff., 261). Hierbei wurde offenkundig nicht beachtet, dass mangels Prüfung der Neuheit und der Erfindungshöhe allein eine Anmeldung, gegen die keine formalen Bedenken bestehen, zur Bejahung der Erfolgsaussichten und damit zu einem Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe führen. Damit wird aber im Ergebnis der unbemittelte Anmelder besser gestellt als der nicht bedürftige, da er bedenkenlos und ohne finanzielle Risiken Anmeldungen einreichen kann. Dies hätte weiter zur Folge, dass - folgte man der in der Entscheidung vom 8. März 2002 (Mitt. 2003, 310 f.) - in allen Fällen, in denen der Eintragungsantrag durch einen Anwalt gestellt wird, automatisch seine Beiordnung rückwirkend auf den Zeitpunkt der Einreichung des Antrags erfolgen müsste, sofern nur irgendwann im Verfahren Gründe für die Erforderlichkeit der Beiordnung "unwiderlegt" dargetan würde. Eine Widerlegung schlüssig vorgetragener Gründe wird dem Deutschen Patent- und Markenamt grundsätzlich nicht gelingen, so dass eine Honorierung des Anwalts erfolgen müsste, dem eine von Formalfehlern freie Anmeldung keinerlei Schwierigkeiten bereiten dürfte, unabhängig von deren materiellem Gehalt. Eine derartige Sichtweise unterläuft den Grundsatz, dass für das Verfahrenskostenhilfeverfahren keine Verfahrenskostenhilfe gewährt wird. Für die in den Entscheidungen BPatGE 22, 39 ff. und Mitt. 2003, 310 f. angestellten Überlegungen, dass Ausarbeitung und Einreichung der Anmeldeunterlagen ein einheitlicher Gesamtvorgang seien, und damit eine Rückwirkung auf einen Vorgang sogar noch vor Antragstellung begründet wird, findet im Gesetz keinerlei Stütze und ist daher abzulehnen. Sie kann insbesondere auch keinen Bestand haben vor der Intention des Instituts der Verfahrenskostenhilfe, das lediglich eine Angleichung der Situation von Unbemittelten und Bemittelten erreichen will, keine Gleichstellung und erst Recht keine Besserstellung.
2.2. Demzufolge ist aus Gründen der Rechtsklarheit ein eindeutiger auf die Rechtsfolge der Beiordnung gerichteter Antrag erforderlich. Voraussetzung für die Annahme eines mit dem Eintragungsantrag konkludent gestellten Antrags auf Beiordnung ist daher, dass die Auslegung des Eintragungsantrags eindeutig einen entsprechenden Willen erkennen lässt. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
2.2.1. Die in der Entscheidung Mitt. 2003, 310 f. angestellten wirtschaftlichen Überlegungen sind kein geeignetes Auslegungskriterium. Eine entsprechende Interessenlage ist in allen Verfahrenskostenhilfe-Fällen gegeben und damit nicht tauglich, bei der gebotenen Einzelfallbeurteilung herangezogen zu werden. Dass es nahe liegt, sich Entlastung von der durch die Einschaltung eines Anwalts entstandenen Kosten zu verschaffen, kann das Antragserfordernis nicht leer laufen lassen. Im Übrigen spricht der konkrete weitere Verlauf in diesem Verfahren und in dem insoweit gleichen Parallelverfahren gegen einen Willen, dass mit dem Eintragungsantrag die Beiordnung beantragt werden sollte.
2.2.2. Der Formblattantrag bezieht sich seinem unmittelbaren Wortlaut nach nur auf die Eintragung eines Gebrauchsmusters. Er weicht allerdings insofern von den üblichen Anträgen ab, als er an seinem Ende einen nicht vorgesehenen, handschriftlich hinzugefügten Zusatz "7. VKH-Antrag (Unterlagen)" enthält. In Verbindung mit dem dem Eintragungsantrag beigefügten Formblatt für die "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse", das für einen Verfahrenskostenhilfe-Antrag vorgeschrieben ist, erweist sich der Inhalt des Antragsformblatts als nicht eindeutig und dementsprechend nach den allgemeinen auch für Verfahrenshandlungen geltenden Regeln auslegungsbedürftig. Die Gebrauchsmusterstelle hat den Antrag als Verfahrenskostenhilfe-Antrag ausgelegt. Ob diese Auslegung zutreffend ist, erscheint nach dem Gesamtverlauf des Verfahrens zweifelhaft.
Für eine solche Auslegung spricht zwar, dass mit ihm die vollständigen Unterlagen vorgelegt worden waren, die zur Gewährung der Verfahrenskostenhilfe erforderlich waren. Dies ist bei einer später geplanten Beantragung grundsätzlich nicht nötig. Auch enthält das Formblatt unter (A) den Hinweis, dass Verfahrenkostenhilfe für den Beschwerdeführer beantragt werde. Schließlich waren für die Gebrauchsmusteranmeldung keine Gebühren gezahlt worden und die entsprechende Rubrik 10 "Gebührenzahlung" war auch nicht vollständig ausgefüllt.
Gegen die Auslegung eines mit dem Erteilungsantrag konkludent gestellten Antrags auf Verfahrenskostenhilfe spricht aber in hohem Maße der am 16. März 2005 eingereichte ausdrückliche Antrag. Diese ausdrückliche Verfahrenserklärung zu einem Zeitpunkt, als dem Beschwerdeführer die hier bereits erfolgte Bewilligung noch nicht bekannt war, zeigt eindeutig, dass mit dem Erteilungsantrag zunächst nur die Unterlagen für einen Verfahrenskostenhilfeantrag vorgelegt werden sollten. Einen entsprechenden Inhalt hat auch die dortige Formulierung "7. VKH-Antrag (Unterlagen)" und der Schriftsatz vom 16. März 2005: "Die diesbezüglichen Unterlagen wurden bereits mit Einreichung der Anmeldungsunterlagen zur Amtsakte gereicht."
Insofern erweist sich die Auslegung durch die Gebrauchsmusterstelle aufgrund des erklärten Willens des Beschwerdeführers als unzutreffend. Unrichtig vor dem Hintergrund des tatsächlichen Verfahrensablaufs sind auch die Ausführungen im angefochtenen Beschluss, dass der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe durch die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers am 16. März 2005 ausdrücklich nachgeholt worden sei, "woraufhin dem Antragsteller mit Beschluss der Gebrauchsmusterstelle vom 10. März 2005 Verfahrenskostenhilfe für das Eintragungsverfahren gewährt wurde". Denn das Beschlussdatum liegt 6 Tage vor der "Nachholung" des Antrags. Dies hat aber vorliegend keine Auswirkungen, da dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, was keiner Überprüfung unterliegt.
2.2.3. Lassen die Gesamtumstände danach schon eine Auslegung des Eintragungsantrags als kombinierten Eintragungs- und Verfahrenskostenhilfe-Antrag nicht zu, so sind sie keinesfalls geeignet für eine noch weitere Auslegung als ebenfalls gewollten Antrag auf Beiordnung der Anwältin.
Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen wie der vorliegenden ist darauf abzustellen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben verstehen durfte. Weder aus den konkret abgegebenen Erklärungen noch aus den bei der Auslegung zu berücksichtigenden Umständen ergibt sich ein entsprechender Wille, auch einen Antrag auf Beiordnung stellen zu wollen. Für die Gebrauchsmusterstelle war ein solcher Erklärungsinhalt aus dem Formblatt und den Anlagen nicht erkennbar. Der ausdrücklich erklärte Inhalt bezog sich nur auf die Eintragung eines Gebrauchsmusters. Dass der durch Auslegung noch ermittelbare Inhalt auch die Beantragung der Verfahrenskostenhilfe umfasste, ist nach den konkreten Umständen des Falles - wie dargelegt - nicht möglich. Dies gilt erst Recht für die Beantragung einer Beiordnung. Vor dem Hintergrund, dass ein ausdrücklicher Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe rund einen Monat nach dem Eintragungsantrag gestellt wurde, kann eine solche Auslegung insbesondere nicht mehr darauf gestützt werden, dass eine Anwältin den Verfahrenskostenhilfe-Antrag mit dem Eintragungsantrag eingereicht hat und dass sie in dem "Erklärungsformblatt" fälschlich als "gesetzliche Vertreterin" bezeichnet worden ist. Nachdem sich der Beschwerdeführer ganz offensichtlich darüber im Klaren war, dass allein die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe grundsätzlich einen ausdrücklichen Antrag erfordert, wäre bei einem entsprechenden Willen im Antrag vom 16. März 2005 ein irgendwie gearteter Hinweis auf den Wunsch einer Beiordnung enthalten gewesen. Gegen die Annahme, dass der Beschwerdeführer während des Anmeldeverfahrens eine Beiordnung anstrebte, spricht auch der Umstand, dass er der Feststellung im Beschluss vom 10. März 2005, wonach ein Antrag auf Beiordnung nicht gestellt worden sei, nicht widersprochen hat. Die Erklärung der Patentanwältin, dass Einverständnis mit der Beiordnung bestehe, die zugleich mit der Kostenberechung eingereicht wurde, spielt hier keine Rolle, da sie nicht vom Beschwerdeführer stammt.
Die Gebrauchsmusterstelle musste auch nicht aufgrund der Angaben zur Person des Beschwerdeführers annehmen, dass er eine Beiordnung beantragen wollte. Vor Allem enthielten die Unterlagen keinerlei Hinweis darauf, dass die Beiordnung "erforderlich" im Sinne von § 133 PatG war. Der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist lediglich zu entnehmen, dass der Antragsteller und seine Familie aus Osteuropa stammen. Nicht erkennbar ist aber, seit wann er in Deutschland lebt und welche Sprachkenntnisse er hat. Die Berufsangabe "Ingenieur" spricht zwar nicht schon als solche dafür, dass der Anmelder ohne anwaltliche Hilfe in der Lage ist, eine Gebrauchsmusteranmeldung selbst zu erstellen. Ohne weitere Angaben war aber erst Recht nicht ersichtlich, dass er nicht dazu in der Lage war, also anwaltliche Betreuung benötigte, zumal in der Praxis eine Vielzahl von ausländischen Anmeldern ihre Anmeldungen ohne anwaltliche Hilfe verfassen.
3. Aus den zuletzt genannten Überlegungen ist die Beschwerde nicht einmal dann begründet, wenn man eine konkludente Antragstellung unterstellt, da der Antrag erst in der Beschwerdeinstanz vollständig war. Eine Rückwirkung ist im Rahmen von Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe grundsätzlich nur auf den Zeitpunkt möglich, zu dem der vollständige Antrag vorlag (Busse PatG 6. Aufl. 2003, § 130 Rn. 44 m. w. N.).
Der Antragsteller hat erst in der Beschwerdeinstanz dazu etwas vortragen lassen, warum er ohne anwaltliche Hilfe die Anmeldung nicht hätte abfassen können. Hier unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem der Entscheidung BPatG Mitt. 2003, 310 f. zugrunde liegenden. Unabhängig davon, dass dies nicht ausreicht (s. o. 2.1.2.) hatten die Antragstellerinnen dort immerhin noch im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt die entsprechenden Erklärungen abgegeben. Demgegenüber hat der Antragsteller hier erst in der Beschwerde die Erforderlichkeit der Beiordnung dargetan und dies auch noch sehr kursorisch. Damit lag vor Ende des Eintragungsverfahrens kein bewilligungsreifer Antrag vor, was zu Lasten des Antragstellers geht (vgl. BLAH a. a. O. Rn. 34 zu § 121, 19 zu § 119).
BPatG:
Beschluss v. 16.10.2006
Az: 5 W (pat) 9/05
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